Hier soll eine genauere betrachtung alterthümlicher ansichten von glück und schicksal eingefügt werden, als sie sich im sechzehnten cap. vornehmen ließ, wo der halbgöttlichen lenkerinnen menschliches geschickes gedacht wurde. auch greift das eigentliche fatum in die vorstellungen von geburt, vorzüglich aber von tod, welche eben erst auseinander gesetzt worden sind: ein mensch, über den naher unausweichlicher tod verhängt ist, heißt in der alten sprache feig [Fußnote].
Unsere vorfahren scheinen, gleich andern Heiden, einen unterschied gekannt zu haben zwischen schicksal und glück. ihre götter verleihen heil und seeligkeit, vor allen ist Wuotan geber und verleiher jegliches gutes, schöpfer und urheber des lebens und sieges (s. 110. 114). Aber auch er, samt den übrigen gottheiten, war nicht im anfang der schöpfung, sondern ist aus dieser selbst erst hervorgegangen (s. 464), er vermag nichts gegen eine höhere weltordnung, die weder ihn, noch den siegverleihenden Zeus [Fußnote] von einem allgemeinen verderben ausnimmt (s. 263. 264). einzelnes entscheidet sich wider seinen willen, Balders unheil vermochten weder Ođinn noch die Asen abzuwenden; ein andres beispiel der übergewalt des schicksals s. 352. Ragnarök, der weltuntergang, reicht über die macht der götter weit hinaus.
Diese urbestimmung und nothwendigkeit aller werdenden, bestehenden und vergehenden dinge hieß mit einer pluralform altn. scöp, alts. giscapu, ags. gesceapu; ein ahd. scaf, kiscaf in gleichem sinn habe ich nicht angemerkt, obwol der sg. vorhanden ist und wie der altn. sg. skap indoles, consilium ausdrückt (Graff 6, 450). die spätere isländische sprache verwendet das masc. skapnađr, die dän. skiebne (altn. skepna, forma, indoles). verstärkt wird jener begrif alts. durch praefixe: wurdigiscapu Hel. 103, 7. reganogiscapu (oben s. 22), decreta fati, superorum, wobei die heidnischen vorstellungen regin und wurd deutlich vorherschen. Der altn. pl. neutr. lög (statuta) gilt nicht vom schicksal, wol aber verbunden mit der partikel ör (für or) örlög, welches in den übrigen dialecten zum sg. wird, ahd. urlac (neutr.? die stellen bei Graff 2, 96. 97 entscheiden nicht, bei N. ist urlag masc, pl. urlaga), alts. orlag, ags. orläg, und urfestsetzung bezeichnet, weil aber den Heiden der ausgang des kriegs wichtigster moment des geschickes war, frühe in den begrif von bellum übertrat, Hel. 132, 3 scheint urlagi bellum von jenem orleg, orlag fatum unterschieden, eigentlich sind beide dasselbe. auch ahd. urteil urteili, ags. ordæl gehn von dem begrif des richtspruchs über in den des kampfes. Das alts. compositum aldarlagu (vitae decretum) Hel. 125, 15 hat noch die alte pluralform. aldr, aldar ist eigentlich aevum (s. 661), hveila, ahd. huîla tempus, zugleich aber vitae tempus, daher auch diese ausdrücke in den Begrif des fatums einfließen, vgl. ags. gesceaphvîl Beov. 52, alts. orlaghuîla Hel. 103. 8, ahd. huîlsâlida [Fußnote]. auch auđna, schwed. öde ist altn. das schicksal und auđinn fato concessus: auđna raeđr hvörs manns lîfi. fornald. sög. 1, 95. die nhd., erst spät eingeführten benennungen schicksal (von schicken aptare, vgl. geschickt aptus), verhängnis, fügung kommen den alten weder an kraft noch einfachheit bei.
Jenem scapu und lagu entsprechen die verbalausdrücke schaffen und legen, welche technisch von den anordnungen des schicksals gelten (s. 337. 340). ›ist tha kinde eskepen‹ (ist es dem kinde geschaffen) heißt es in dem altfries. recht 49, 10. man sagte aber auch altn. ætla (destinare), einem etwas zudenken, ahd. ahtôn (vielleicht auch ahtilôn), mhd. ahten und beslahten (weil ahte und slahte sich nahe stehn) [Fußnote].
Das schicksal hat es hauptsächlich mit beginn und schluß des menschlichen lebens zu thun. zu dem neugebornen und dem sterbenden tritt die Wurd, und vorhin angeführte benennungen des schicksals werden von den dichtern meistentheils für eins oder das andre dieser ereignisse verwendet, z. b. Beov. 51 tô gesceaphvîle (zur beschafnen zeit) sterben; Hel. 103, 7: thô quâmun wurdegiscapu themu ôdagan man, orlaghuîle, that he thit licht farlêt. Aber schon die geburtsstunde entscheidet über des lebens verlauf und ausgang. ›qualem Nascentia attulit talis erit‹. ›Parcae, dum aliquis nascitur, valent eum designare ad hoc quod volunt‹. (abergl. A. C. 198c.) Wie die eintretenden nornen oder feen begraben, wie sie schaffen, danach fügt sich der ganze lebenslauf des neugebornen [Fußnote].
Es ist abweichung von dieser ältesten ansicht, wenn die bestimmung des schicksals in die hände der götter gelegt wird, aber auch eine sehr alte. Gewis setzte frühe schon vieler menschen glaube den höchsten gott an die spitze aller weltordnung und ließ jene weisen frauen nur seine befehle verkünden. im schoße der götter ruht die zukunft, θεω̃ν εν γούνασι κει̃ται, damit berührt sich auch das kniesetzen und schoßnehmen von seite der väterlichen oder mütterlichen gottheit (s. 534. 700). Wenn über den göttern selbst eine noch höhere gewalt des beginns und endes aller dinge gedacht werden konnte, so galt doch ihr ansehn und einfluß unter den menschen für unbegrenzt und unermeßlich, alle menschlichen angelegenheiten standen unzweifelhaft unter ihrer leitung [Fußnote]
Schon in alter zeit wird das schicksal in die hand der götter gelegt:
Ζεὺς δ'αυτός νέμει όλβον ’Ολύμπιος ανθρώποισιν
εσθλοι̃ς' ηδὲ κακοι̃σιν, όπως εθέλησιν, εκάστω. Od. 6, 188.
κακὴ Διὸς αι̃σα. Od. 9. 52.
ανέρος ω̃ τε Κρονίων
ólbon epikl´wsh γαμέοντι τε γινομένω τε. Od. 4, 207.
ού μοι τοιου̃τον επέκλωσαν θεοὶ όλβον. Od. 3, 208.
ώς τάρ οι επέκλωσεν τά γε δαίμων. Od. 16, 64.
in den drei letzten stellen wird επικλώθω (ich spinne zu) gebraucht, wie sonst von den parzen.
.
Gautrekssaga meldet (fornald. sög. 3, 32), Hrosshârsgrani [Fußnote] habe um mitternacht seinen pflegesohn Starkađr geweckt und im boot mit sich auf eine insel geführt. hier saßen in einem wald eilf männer zu gericht, der zwölfte stuhl war leer; ihn nahm Hrosshârsgrani ein und wurde von allen als Ođinn begrüßt. Ođinn sprach, die richter sollen Starkađrs schicksal bestimmen (dômendr skyldi dœma örlug St.). da hub Thôr an, welcher der mutter des jünglings zürnte: ich schaffe ihm, daß er weder sohn noch tochter haben und seinen stamm enden soll. Ođinn sprach: ich schaffe ihm, daß er drei mannesalter leben soll [Fußnote]. Thôr: in jedem alter soll er ein ›nîđingsverk‹ thun. Ođinn: ich schaffe ihm, er soll die besten waffen und kleider haben. Thôr: er soll weder land noch grund haben. Ođinn: ich gebe ihm, daß er viel geld und gut habe. Thôr: ich lege ihm, in jedem kampf soll er schwere wunden empfangen. Ođinn: ich gebe ihm die gabe der dichtkunst. Thôr: was er dichtet soll er nicht behalten können. Ođinn: das schaff ich ihm, daß er den edelsten und besten männern werth erscheine. Thôr: dem volk soll er verhaßt sein. Da sprachen die richter alles dem Starkađr zu, was bestimmt war, das gericht hatte ein ende und Hrosshârsgrani mit seinem zögling gieng zum boot.
Thôr spielt hier ganz die rolle der feindlichen fee (s. 341–343), er sucht jede gabe durch üble zuthat zu mindern. nicht dem neugebornen, vielmehr anwachsenden knaben, in seiner gegenwart, wird das schicksal geschaffen.
Nach der gr. sage entschied Zeus nicht immer unmittelbar, sondern bediente sich zweier schalen, in welchen er die geschicke wog: so zwischen Troern und Achäern, zwischen Achilles und Hector:
καὶ τότε δὴ crúseia πατὴρ επίταινε τάλαντα·
εν δ' ετίθει δύο κη̃ρε τανηλεγέος θανάτοιο,
Τρώων θ' ιπποδάμων καὶ ’Αχαιω̃ν χαλκοχιτώνων.
έλκε δὲ μέσσα λαβών· ρέπε δ' αίσιμον ημαρ ’Αχαιω̃ν
Il. 8, 69. 22, 209; vgl. 16, 658. 19,223. ebenso zwischen Aeneas und Turnus Aen. 12, 723:
Jupiter ipse duas aequato examine lances
sustinet, et fata imponit diversa duorum,
quem damnet labor et quo vergat pondere letum.
ich führe das darum näher an, weil auch die christliche legende dem seelengeleitenden erzengel Michael schalen beilegt, worin die guten und bösen thaten sterbender gegeneinander abgewogen und nach dem befund die schicksale der seelen bestimmt werden [Fußnote] [Fußnote]
Sant Michel richtet ûf sîn wâge
und henket sich der vâlant dran,
doch schaffet er niht, der swarze man,
wan sîn slecken ist umbsus. Conr. v. Dankrotsh. namenb. 118. Berthold s. 17.
. die anwendung der wagschale auf handlungen und sünden liegt nahe; auch im (apocryphen) vierten buch Esrae 3, 44 heißt es: ›nunc ergo pondera in statera nostras iniquitates‹, und 4, 36: ›quoniam in statera ponderavit seculum‹. Jomsvîkîngasaga cap. 42 (fornm. sög. 11, 128. 129) beschreibt zauberhafte glücks oder wunschschalen des Hâkon iarl: sîđan tekr iarl skâlir gâđar þær er hann âtti, þær voro gervar af brendu silfri ok gylldar allar, en þar fylgđo 2 met, annat af gulli en annat af silfri; â hvârotveggja metino var gert sem væri lîkneskja, ok hêto þat hlotar, en þat voro reyndar hlutir, sem mönnum var tîtt at hafa, ok fylgđi pesso nâttûra mikil, ok til þess alls, er iarli þôtti skipta, þâ hafđi hann þessa hluti. iarl var þvî vanr at leggja hluti þessa î skâlirnar, ok kvađ â hvat hvâr skyldi merkja fyrir honum, ok âvalt er vel gêngo hlutir, ok sâ kom upp, er hann vildi, þâ var sâ ôkyrr hlutrinn î skâlinni, er þat merkđi at hann vildi at yrđi, ok breysti sâ hlutrinn nokkot svâ î skâlinni, at glam varđ af.
Ich finde nicht, daß in unserm ältesten heidenthum das fatum aus den gestirnen bei der geburt beurtheilt wurde. diese weissagung (s. 602) scheint erst dem späteren MA. bekannt. Radulphus ardens (ein aquitanischer geistlicher des 11 jh.) sagt in seinen homilien (Antverp. 1576. p. 41b): cavete, fratres, ab eis qui mentiuntur, quod quando quisque nascitur, stella sua secum nascitur, qua fatum ejus constituitur, sumentes in erroris sui argumentum, quod hic in scriptura sacra (beim stern der magier) dicitur ›stella ejus‹. Ein beispiel liefert Klinsors sternschauung auf der Wartburg. auch die wünschelfrau schaut in das gestirn. altd. bl. 1, 129 [Fußnote].
Einzelnen menschen, wie ganzen geschlechtern und völkern war also dauer und heil im voraus angeordnet [Fußnote]. aber die aussprüche der nornen und götter lagen gehüllt in dunkel, welches sich nur vor den blicken weiser männer und frauen entdeckte (s. 331) [Fußnote]. das volk glaubte an vorherbestimmung der geschicke, wie an gewisheit des todes.
Den altn. fatalismus bezeugen folgende stellen. ›lagt er alt for‹. Sæm. 175b. ›era međ löstom lögđ æfi þer‹. das. ›siâ mun gipt lagiđ â grams æfi‹. 179b. ›munat sköpom vinna‹. 179b. ›eino dœgri mer var aldr um skapađr or allt lîf um lagit‹. 83a. ›var þer þat skapat‹. 164b. ›þat verđr hverr at vinna er ætlat er‹. ›þat man verđa fram atkoma, sem ætlat er‹. ›ecki man mer þat stođa, ef mer er dauđinn ætlađr‹. ›koma man til mîn feigđin hvar sem ek em staddr, ef mer verđr þeß auđit‹. Nialss. p. 10. 23. 62. 103. So in schwed. und dän. volksliedern: ›detta var mig spådt uti min barndorn‹. Arvidss. 2, 271; ›hver skal nyde skiebnen sin‹. DV. 1, 193.
Nicht anders bei mhd. dichtern: ›swaz sich sol füegen, wer mac daz understên?‹ Nib. 1618, 1; ›swaz geschehen sol, daz füeget sich‹. Frauend.; ›dâ sterbent wan die veigen‹. Nib. 149, 2; ›ez sterbent niuwan die veigen die lægen doch dâ heime tôt‹. Wigal. 10201; ›di veigen fielen dar nider‹. Lampr. 2031; ›hinnerstirbet niman wan di veigen‹. pf. Chuonr. 8403; ›then veigen mac nieman behuoten, thiu erthe ne mag in niht ûf gehaven, scol er tha werthen geslagen, er sturve thoh thaheime‹. fr. belli 42b; ›swie ringe er ist der veige man, in mac ros noch enkan niht vürbaz getragen‹. Karl 72b Rol. 207, 24; ›die veigen muosen ligen tôt‹. livl. chron. 59b; ›der veigen mac keiner genesen‹. das. 78a; ›ich ensterbe niht vor mînem tac‹, Herb. 53d; ›nieman sterben sol wan zu sînem gesatten zil‹. Ulr. Trist. 2308; ›daz aver scol werden daz nemac nieman erwenden‹. Diut. 3, 71; ›gemach erwenden niht enkan swaz dem man geschehen sol‹. Troj. 58c; ›daz muose wesen, daz geschach‹. Orl. 11167; ›swaz geschehen sol daz geschiht‹ Freid. 132b Ms. 1, 66a 71b; ›daz solt eht sîn, nu ist ez geschehen‹. Ms. 1. 74a. 80a; ›ez geschiht swaz geschehen sol‹. Orl. 14312; ›ez geschiht nilit wan daz sol geschehen‹. Lanz. 6934; ›ez ergât doch niht wan als ez sol‹. Trist. 6776; ›tot avenra qanque doit avenir‹. Ogier 7805; ›bin ich genislich, sô genise ich‹. a. Heinr. 190; ›swaz ich getuon, bin ich genislich, ich genise wol, bin ich dem valle ergeben, son hilfet mich min woltuon nicht ein hâr‹. Ms. 2, 129a; ›ez muose sîn und ez was mir beschaffen‹. Ms. 2, 134b; ›diu maget was iu beschaffen‹. Wigal. 1002; ›ez was im beslaht‹. Eracl. 2394; ›swaz ist geschaffen, daz muoz geschehen‹. MsH. 3, 434b; ›nu mir daz was in teile‹. En. 11231; ›ez was enteile uns getân‹. Herb. 18418; ›ez ist mich angeborn‹. Herb. 6c. beschaffen, geschaffen und beslaht sind identisch und dem altn. skapat und ætlat, und diese gleichheit der worte zeigt noch den zusammenhang mit der heidnischen lehre. selbst heute herscht unter dem gemeinen mann häufig die fatalistische ansicht (Jul. Schmidt p. 91. 163). ›es müste mir sein gemacht gewesen›. sieben ehen eines weibes s. 211. ›fatum in vulgari dicitur: das ist mir bescheert, ego autem addo: das bescheren und verdienen laufent mit einander‹. sermones disc. de tempore, sermo 21; ›was bescheert ist entläuft nicht‹. Schweinichen 3, 249 [Fußnote] [Fußnote]
Den nordischen fatalismus belegen noch die stellen: ingen man är starkare än sitt öde. sv. folks. 1, 228. vestergötl. und schon. heißt es: det var hanom ödt. GDS. 125. 126. Mhd. dichter sagen: dat sîn sal dat moet sîn. Karel 2, 1561. daz geschach und muose sîn. Türl. Wh. 29a. wan ez solt et sîn. Parz. 42, 6. ez muoz alsô wesen. Nib. 1482, 1. swaz geschehen sol daz geschiht. urstende 104, 48. Helmbr. 1683. alts. that it scolda giwerthan sô, bethiu ni mahtun si is bemîthan. Hel. 150, 19. it scolda giwerthan sô. Hel. 152, 4. tot avenra ce quen doit avenir. Garin 2, 201. Ags. näs ic faege þâ git. Beov. 4289, ich war noch nicht dem tode bestimmt. ez sterbent wan die veigen, die doch vil lîhte heime dâ muosen sterben. Tit. 1799. nieman sterben mac unz im kumt sîn lester tac. Kl. 103. nieman ersterben mac, ê im kumt sîn endestac. Lanz. 1613. Ego vero nihil impossibile arbitror, sed utcunque fata decreverunt ita cuncta mortalibus evenire. Apulejus p. m. 87. mir geschiht niht, wan mir geschaffen ist, ez muoz nû sîn. MSH. 3, 80. ist ez dir beschaffen. Helmbr. 1297. muoz ez wesen und ist dir beschaffen. Laber s. 200. sei uns mit heil beschaffen. Wolkenst. 178. beschaffens glück. Ambras. lied. s. 224. 225. 227. mir ist niht beaht. Flore 1184. diu ist dir erahtôt (zugedacht). Grieshaber 2, 18. dem si rehte erahtôt ist. das. 2, 19. ih ward giboran zi thiu. O. IV. 21, 30. wer zuo drîn helbling ist geborn. Diut. 1, 325. ze drîn scherphen geborn. Renn. 15886. dur sanc bin ich geborn. MS. 1, 53a. er wart zer fluht nie geborn. Wh. 463, 19. ich wart in dîne helfe erborn. Tit. 72, 4. Christianchen ist nicht für mich geboren. Gellert 3, 168. nhd. es ist mir angeboren. til lykke lagt. DV. 3, 5. dän. er det saa laget, saa faaer det saa blive. ez gêt keinem anders dan im wirt ûfgeleit. Mich. Beham vom unglauben 4. swaz dir enteile is getân, des enwirt dir niht benomen. En. 82, 6. 87, 21. 117, 1. deme si beschert was, ê si wurde geborn. En. 3993. nieman gelouben sol an daz wort, ›ez ist ime beschert‹. Germania 3, 233a. dem galgen beschert. Renn. 16815. êst iu beschert, und enmac niht anders sîn. Flore 4588. was mir von gott bescheret ist, mag mir kein mensch nicht weren. Uhl. volksl. 136. uns wirdet cnuogiz kespirre ioh peskerit. N. Arist. beskerit unde beskîbet. N. Arist. 94. waz ist uns beiden beschert und bescheiden. Herb. 14054. nhd. es ist mir beschieden, verhängt, bestimmt, geschickt. lith. lemtas bestimmt, angeordnet. was einem geordnet sei, dem entrinne man nicht. Gotthelf erz. 1, 292. es sei so geordnet und was sein muß, muß sein. das. 1, 284. zugeschrempt (bestimmt). Keisersb. von koufleuten 89b. geistl. lewe 50c. es ist mir sus gewant. Parz. 11, 8. Alterthümlicher sind folgende wendungen:
ου γὰρ πως καταδυσόμεθ' αχνύμενοί περ
εις ’Αίδαο δόμους, πρὶν μόρσιμον η̃μαρ επέλθη. Od. 10,174.
μοι̃ραν δ'ούτινά φημι πεφυγμένον έμμεναι ανδρω̃ν. Il. 6, 488.
ags. gæ þâ vyrd svâ hio scel. Beov. 905. alts. sô habed im wurdgiscapu, metod qimarcod (vorgezeichnet). Hel. 4, 13. vgl. 18, 10. 45, 14.
.
An sich nun schlossen die gaben des schicksals jegliches irdische glück ein. allmälich aber fing man an, was außer der geburt und dem tod im menschlichen leben heil oder unheilbringend schien, besonderen wesen zuzuschreiben, wie Griechen und Römer neben μοι̃ρα und fatum eine eigenthümliche Τύχη und Fortuna behaupteten.
Müllenhoff macht in der Nordalbingia s. 11 (vgl. schleswholst. sagen XLIV) den ortsnamen Welanao aus Ansgar (Pertz 2, 687. 699) geltend für einen alts. gott Welo, ags. Vela, der mir auch schon s. 135 vorgeschwebt hatte: ein älterer gott des glücks oder heils statt der späteren göttin, Sâlida, Sælde. lieber noch als Welanaha möchte ich auslegen Welanowa, wozu auch das jüngere Welnau stimmt, der ort lag auf der rechten Elbseite unweit Itzehoe, und der fluß Stör scheint die aue gebildet zu haben, Welanowa gliche der Wunschesouwa und Pholesouwa (s. 499). es kommt alles darauf an die persönlichkeit des Welo erst anderwärts festzustellen, was aus Hel. angeführt ist reicht nicht aus, denn auch welanowa für glücksinsel genommen (Atterboms lycksalighetens ö) widerstrebt nicht der alten anschauungsweise, Reichenau (augia dives) enthält denselben begrif und in der nähe von Welnau erhob sich Glückstadt. Im ags. velan bevunden (gramm. 4, 752) herscht doch eine sächliche, obwol mythische bedeutung von vela vor: gott selbst sitzt velan bevunden, Adam und Eva stehn mid velan bevunden, Cædm. 42, 2. 27, 19, d. h. in pracht, seligkeit gehüllt. das gold velan bevunden macht den gegensatz zu dem gold galdre bevunden, der zauberkraft gegenüber wird eine heilige göttliche angenommen, und dies vela scheint allerdings an Vela, wie der ganz verwandte begrif wunsch an Wunsch zu reichen.
Die altn. sprache unterscheidet ein fem. heill (felicitas) von dem neutr. heil (omen), ebenso steht das ags. fem. hælu (salus) von dem neutr. hæl (omen), das ahd. fem. heilî (salus) von heil (omen). das mhd. neutr. heil vereinigt beide bedeutungen. personificationen dieses begrifs kenne ich kaum, es müste denn eine mir unklare stelle in Ottoc. 683b darauf beruhen, wo als gemeines sprichwort angegeben ist: ›chum hail hauenstain!‹ Ms. 2, 130b: ›waz ob iuwer heil eime andern kumet an sîn seil‹. schon O. II. 18, 7 ›thaz heil ni gifâhit iuwih‹ [Fußnote]
Es gibt ein weißes oder schwarzes geschick, ein helles oder dunkles: thiu berhtun giscapu. Hel. 11, 16. 23, 17. þâ beorhtan gescäft. Cædm. 273, 20.
eia glücke, eia heil,
nu hâst du mir daz swarze teil
allenlhalben zuo gekart,
mir sint die wîzen wege verspart,
dâ ich wîlen ane ginc. Herb. 15465–69.
Frommann s. 321 denkt dabei an die lichte und dunkle mondscheibe und scheint die glückscheibe überhaupt von der mondkugel zu leiten. vgl. lett. ak mannu baltu deenu! mein weißer tag. Bergm. 76. vgl. s. 953.
.
Desto gewöhnlicher kommt bei den dichtern des 13 jh. sælde (fortuna), als ein weibliches wesen vor, das ist nicht etwa den romanischen schriften nachgeahmt: schon das ahd. sâlida erscheint in gleicher beziehung und die s. 715 angeführte zusammensetzung huîlsâlida drückte dasselbe verstärkt aus. O. I. 26, 4 von der taufe Christi im wasser redend bedient sich der merkwürdigen, durch keinen geistlichen schriftsteller in ihm angeregten phrase: ›sîd wachêta allên mannon thiu Sâlida in thên undon‹. wachen setzt leben voraus. noch deutlicher geht die personification aus den 4 jhh. jüngeren dichtern hervor. ›unser Sælde wachet‹. Parz. 550, 10; ›mîn sorge slâfet, sô dîn Sælde wachet‹. Tit. 31, 3; ›zaller zît des Sælde wachet‹. Ms. 1, 16b; ›unser Sælde diu wil wachen‹. Trist. 9430; ›des noch sîn Sælde wachet‹. Ernst. 5114; ›ir Sælde wachet‹. Amgb. 35a; ›daz mir Sælde wache‹. das. 43a; ›ich waen sin Sælde slâfe‹. das. 44a; ›sô ist im al diu Sælde ertaget‹. Trist. 9792; ›diu Sælde ist dir betaget‹. Wartb. kr. jen. 21; ›diu Sælde was mit im betaget‹. Dietr. 5a 27a; ›iuwer Sælde wirt erwecket‹. Lohengr. 19. nicht zu übersehn in diesen mhd. belegen das possessiv [Fußnote] oder der gen., die Sælde eignet sich bestimmten menschen, schirmt und beglückt sie, wacht für sie, während sie schlafen, wie man sagt: das glück ist mir im schlaf gekommen. Eine so gangbare redensart braucht nicht immer zu personificieren: ›daz im sîn heil niht slief‹. Troj. 9473; ›dâ wachet schande und slæft daz heil‹. zauberb. 1113; ›Tristans gelücke dâ niht slief‹. Heinr. Tr. 2396. ja sie wurde auf ähnliche begriffe erstreckt: des ›wachet sîn êre und ouch sîn lop‹. Amgb. 47a; ›ir milte wachet‹. Amgb. 12b; ›ir genade mir muoz wachen‹. Ms. 1, 33a; ›ich wæne an ir ist genâde entslâfen, daz ich ir leider niht erwecken kan‹. Ms. 1, 48a; ›du (minne) bist gegen mir hart entslâfen‹. Ms. 1, 60a; ›mîn schade wachet‹. Ben. 121; ›dîn kraft mit ellen dô niht slief‹. Parz. 85, 24; noch heute sagen wir: ›der verrath schläft nicht‹; obgleich einige solcher reden persönlich gemeint sein können. Die heidnische färbung dieses wachen und wecken von der Sælde folgre ich zumal aus dem s. 350 beigebrachten analogen vekja Hildi, welche nicht bloß erweckt wurde, sondern die helden selbst weckte (Sn. 164). Vielleicht ist ›vilbiörg scal vaka‹ Sæm. 46a, eben so gemeint, man mag deuten jucunda salus, oder ein nom. pr. annehmen. Frôđi läßt Fenja und Menja (oben s. 440) gold, frieden und glück (gull, friđ oc sælu) malen und gestattet ihnen nur kurze nächtliche ruhe: sie wachen, um glück zu malen, wie hernach unheil (salz) für Mŷsîngr. Sn. 146. 147 [Fußnote].
Das ist aber lange nicht die einzige anwendung dieser personification. Saelde heißt frau, sie erscheint, begegnet, neigt sich ihren günstlingen mit dem antlitz, hört sie an (wie ein gott erhört), lacht ihnen zu, grüßt sie, ist hold und bereit, aber auch gram; wen sie nicht mag, vergißt sie, den meidet und flieht sie, dem entrinnt [Fußnote] sie, dem kehrt sie den rücken zu, es wird ihr thür und weg beigelegt. wiederum sagt schon O. II. 7, 20 ›thiu Sâlida in thar gaganta‹ (eis occurrit). Walther singt 55, 35: ›frô Sælde teilet umbe sich und kêret mir den rügge zuo, si stêt ungerne gegen mir, sin ruochet mich niht an gesehen‹; mîn frou Sælde, wie si mîn vergaz! Walth. 43, 5: ›vrô Sælde hât in an sich genomen, wil dîn pflegen‹. Ecke 10. 160; ›ob vrouwe Sælde mînes heiles welle ruochen‹. Ben. 425; ›die wîle es mîn Sælde ruochte‹. Parz. 689, 20; ›hæte mir diu Sælde ir ôre baz geneiget‹. MS. 2, 220b; ›dô was mir Sælde entrunnen‹. Parz. 689, 8; ›Sælde was sîn geleite‹. Wigal. 8389, ›frou Sælde ir was bereit‹ Er. 3459 und vielleicht darf das folgende: ›diu gotes hövescheit ob mîner frowen swebte‹ hinzugenommen werden, weil auch die walküren über den helden schweben, welchen sie beistehn; ›got wîse mich der Sælden wege‹ Parz. 8, 16; ›den vuoz setzen in der Sælden pfat‹. Ben. 306; ›frowe Sælde muoz in ûf ir strâze wisen‹. Tit. 5218; ›der Sælden stic‹. Karl 19b; ›über frô Sælden stec gân‹. fragm. 46a; ›tuo mir ûf der Sælden tür!‹ Ms. 1, 36a; ›der Sælden porte‹ a. Heinr. 243, 33; ›der Sælden tür besliezen‹ MsH. 3, 336a; ›setzen zuo der Sælden tür‹ zauberbecher 1150; ›den begiuzet Sælden vluot‹. MsH. 3, 205a; ›Sælde und ir gesinde walt ir‹. Ms. 1, 88b; ›diu Sælde folget sînen vanen‹. Lampr. 2089; ›mir enwil diu Sælde ninder folgen einen fuoz‹. Ben. 367; ›mir ist diu Sælde gram‹. Gregor 2390. ›diu Sælde was ime gram‹. Diut. 1, 10. Athis D. 84. ›diu Sælde vliuhet von mir‹ Greg. 1526; ›diu Sælde hât mich verlân‹. Karl 95a; ›diu Sælde hât si (eam) besezzen‹. Wigal. 884; ›diu Sælde het ir gesworn‹. Wigal. 941; ›diu Sælde het zuo im gesworn zeim stæten ingesinde‹. Lanz. 1561; der Sælden spil. Wigal. 8761. 9271. 9386. ›diu gespil der Sælden‹. Wigal. 10532; ›swes diu Sælde ze gesellen gert‹. Wigal. 945; ›im gab diu Sælde ir hantgift‹. Silv. 534; ›diu Sælde vlôz im in den munt‹. Silv. 1024; ›ez rîse ûf dich der Sælden tuft‹. Silv. 1389. ›sô grüenet dîner Sælden rîs‹ MsH. 2, 258a. ›frouwe Sælde lachet mir‹. Ernst 4334; ›daz dir frô Sælde lache und al dîn heil bewache‹. Silv. 2565; ›Fortûne wolt im dô niht mê genædeclîchen lachen‹. Troj. 5754; ›sô decket uns der Sælden huot‹ Winsbekin 45, 7, ein wünschelhut, ›daz iuch frouwe Sælde müeze behüllen‹ (fovere). Lohengr. 101; behüllen scheint ganz eigentlich bekleiden, wie auch Walther 43, 1. 7 frô Sælde kleiden und schrôten läßt, sie schneidet kummer zu und hohen mut; und gewis noch in ähnlichen wendungen, die wir aus den heutigen entnehmen: das glück ist ihm hold, kehrt bei ihm ein, verfolgt ihn u. s. w. auch hier findet sich schon bei den alten dichtern das unbestimmte neutrum: ›gelücke hât den nuwen (nacken, rücken) mir gekêret‹ LS. 1, 238; ›hât den nuwen noch gegen mir endecket; enblecket gên mir sînen zan; het zer rechten hende griffen‹. LS. 3, 539; ›dô kêrte von im unde vlôch gelücke‹. Troj. 5750. Wir sagen: ›mein glück blühet, wächst‹, gleich als sei es gebunden an einen baum, ein kraut ›mein glücke das blühete mir‹. Schweinichen 1, 170; ›gelücke wahset mit ge-nuht‹. Troj. 5686; ›uns ist niht wol erschozen gelücke‹. Troj. 12438; ›got wil uns sælde lâzen wahsen‹. Lohengr. 66. der spruch: ›das glück kommt von ungefähr wol über neunzig stauden her‹ Simplic. 2, 158 drückt sehr gut die plötzliche begegnung und überraschung, den zufall des glücks aus, worauf sich selbst der name τύχη (von τυχει̃ν, τυγχάνειν) und fortuna (von fors) gründet. wahrscheinlich sind manche jener redensarten von den alten zu uns gekommen oder wir haben sie mit ihnen gemein [Fußnote].
In der sage vom Wunderer (Etzels hofh. 208) wird frau Sælde als königstochter mit drei wunderbaren eigenschaften vorgestellt, 1. eines menschen gedanken zu wissen, 2. helden gegen wunden im kampf zu segnen, 3. sich, wohin sie gedenkt, zu versetzen (das. 24–26). Wer erkennt darin nicht den nachhall einer altheidnischen walküre?
Für entlehnt halte ich die überaus verbreitete vorstellung des glücks auf einem sich wälzenden rade (κύλινδρος) [Fußnote], welches der Fors, Tyche und Nemesis beigelegt wurde [Fußnote]. ›versatur celeri Fors levis orbe rotae‹. Tibull. 1. 5, 70; ›stans in orbe dea‹. Ovid. ep. ex Ponto II. 3, 56; ›Fortunae rotam pertimescebat‹. Cic. in Pison. 10; ›rota Fortunae‹. Tacit. de orat. cap. 23; ›assumptus in amplissimum Fortunae fastigium versabiles ejus motus expertus est, qui ludunt mortalitatem, nunc evehentes quosdam in sidera, nunc ad Cocyti profunda mergentes‹. Amm. Marc. 14, 11; ›Fortunae volucris rota adversa prosperis semper alternans‹. Amm. Marc. 31, 1; ›Fortunae te regendum dedisti, dominae moribus oportet obtemperes, tu vero volventis rotae impetum retinere conaris? si manere incipit, Fors esse desistit‹. Boeth. de consol. II. pr. 1. Notk. cap. 45; ›rotam volubili orbe versamus (sagt Fortuna selbst), infima summis, summa infimis mutare gaudemus. ascende si placet, sed ea lege, uti ne cum ludicri mei ratio poscet, descendere injuriam putes‹. ibid. II. pr. 2. Dabei scheint eine doppelte vorstellung zu walten, einmal daß die göttin selbst auf dem drehenden rade [Fußnote] stehe oder sitze [Fußnote], also unstät vorüber eile, dann daß sie die begünstigten auf das rad, die unglücklichen herabsteigen lasse: jene schweben oben, diese unten. In den gedichten unseres MA. wird oft im allgemeinen von dem rad oder der scheibe des glücks und der Sælde geredet: ›orbita Fortunae ducit utroque rotam‹. Reinhard. 1, 1494. wo aber die bessere variante: ›orbita Fortunae ducit utramque viam‹. ›volubilis Fortunae rota‹. Rodulfus chron. Trudonis p. 381. ›rota Fortunae‹. Radevicus 1, 40; ›swaz ie geschiht daz stât an glückes rade‹. Freid. 110, 17; ›daz im der sælekeit rat mit willen umbe lief‹. Troj. 9471; ›jâ walzet ir (der Sælde) gelückes rat vil stæteclich ûf und nider, her und hin, dan und wider loufet ez‹. Troj. 2349; ›im dienet daz gelückes rat, daz im nâch êren umbe lief‹. Troj. 7229: ›gelückes rat louft uns die sumer und die winder‹. Lohengr. 119; ›mîn schîbe gât ze wunsche‹. Ben. 353; ›dem gêt sîn schîbe enzelt‹. Ben. 360; ›wol gie ir schîbe‹. Lohengr. 146; ›gie für sich‹. das. 189; ›si vuoren ûf gelückes rade‹. Flore 844; ›Sælde diu ist sinewel und walzet umb als ein rat‹. übel wîp 241; ›der Sælden schîben trîben‹. Amis 2053; ›entschîben‹. Ulr. Trist. 708. Häufig ist aber auch jenes auf und absteigens gedacht; ›sô stîge ich ûf und ninder abe‹. Parz. 9, 22; ›gelücke ist rehte als ein bal, swer stîget der sol vürhten val‹. Freid. 115, 27; ›sô hangen ich an dem rades teile, dâ maneger hanget âne trôst‹. Ben. 88; ›ê daz der Sælden schîbe mich hin verdrücke gar zuo der verzalten schar‹. Ben. 91; ›si wâren hôhe gar gestigen uf des . . . . gelückes rat, nû müezens leider von der stat aber nider rücken‹. Flore 6148, ›swer hiute sitzet ûf dem rade der sîget morgen drunder‹. Troj. 18395; ›er ist komen ûf gelückes rat, daz muoz im immer stille stân‹. Geo. 193; ›gelückes rat, wenne sol ich mîne stat ûf dir vinden?‹ Ben. 306; ›swebe oben an der Sælichkeit rade‹. zauberb. 1860; ›got werfe in von gelückes rat‹. Kolocz. 74; ›gelückes rait geit up ind neder, ein velt, der ander stiget weder‹. Hagens cöln. chr. 1770; ›gelückes rat nu rîde (torqueat vertat) in ûf die hœhe‹. Tit. 5218; ›gelücke dîn rat nu rîde‹. Tit. 5275. ›Fortûna diu ist sô getân, ir schîbe lâzet si umbe gân, umbe loufet ir rat, dicke vellet der da vaste saz‹. Lampr. Alex. 3066 [Fußnote]. Weiter ausgebildet stellt diese ansicht vier oder zwölf männer zugleich auf das glücksrad in beständigem wechsel: ›gelückes rat treit vier man, der eine stîget ûf, der ander stîget abe, der dritte ist obe, der vierde der ist under‹. Ms. 2, 221a; Wigal. p. 41 wird erzählt, daß sich jemand in seinem haus ein solches rad aus gold habe gießen lassen und immer glückseelig gewesen sei (wie Frode mit seiner glücksmüle, die gleichfalls gedreht wurde): ›ein rat enmitten ûf dem sal, daz gie ûf und ze tal, da wâren bilde gegozzen an, iegelîchez geschaffen als ein man. hie sigen diu mit dem rade nider, sô stigen diu ander ûf wider. daz was des gelückes rat [Fußnote]‹. Im Renart le nouvel 7941–8011 erhebt Fortune den fuchs oben auf ihr rad und verheißt ihm es nicht zu drehen. Hierher auch die sage von den zwölf landsknechten oder Johannesen auf dem glücksrad (deutsche sag. no. 209. 337). Blind, mit verbundnen augen, wird Sælde nie dargestellt [Fußnote] [Fußnote]
Gelücke ist sinewel. Wh. 246, 28. der liute heil ist ungewegen und sinwel. Bit. 12440. das glück steigt auf und sinkt herab, gleich wie ein rad in schnellem gange. Meghadûta 108. daz rat der frô Fortûne. Turlins krone 7. Marîe, du heiles und gelückes rat. Haupts zeitschr. 4, 523. dat rat van avonturen. Rein. ed. Will. 6183. mir get der Saelden schîbe. Engelh. 4400. dô unser schîbe ensamt gie. warn. 3048. wil mir der Saelden schîbe gân als si dicke hât getân. Dietr. drachenk. 12. gelückes rat umbe trîben. Troj. 13322. als sich kêret des gelückes rat. pass. 32, 62. in bezôch der werlde gelückes rat. pass. 356, 15. si vuoren ûf gelückes rade. Flore 845. vgl. auf gelukes choken varen. Suchenw. 27, 115. ich lige iemer under glückes rade. MS. 2, 194a. ic was te hoghe gheseten op dat rat der aventuren. Margr. v. Limb. 1, 185. Woldemares schive in groten lucken hadde lopen. Detm. 1, 99. gelückes balle. Tit. 2368. unglücke daz gê si an, darzuo der laster schîbe müeze in allen gên in hant. Dietr. drachenk. 143b.
Auch blind heißt die Saelde: sprich niht, Saelde sî blint, des si niht ist. Cato 442. sia (fortunam) mâletôn plinda. N. Boeth. 42. die avonture ist blind. Rose 5067. die augen sind ihr verbunden. das. 5858. N. Boeth. 43 verdeutscht: deprehendisti coeci numinis ambiguos vultus: nû bechennest tû daz analutte des sich pergenten trugetieveles. Neben Gotfrids von Strafsburg ›glesîn glücke‹ ist zu erwähnen die fortuna vitrea des archipoeta p. m. 237.
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Viel bedeutsamer als dieses rad, das die ältere Sâlida wol noch nicht hatte (einen ganzen wagen ihr beizulegen wäre heidnischer), scheint mir, daß sie kinder annimmt, ihre lieblinge für ihre söhne erklärt. ›ich bin ouch in frô Sælden schôz geleit‹ fragm. 45b. ein schoßkind des glückes, ein glückskind sein, dem glück im schoße sitzen bezeichnet vorgegangne adoption (goth. frastisibja, Rom. 9, 4). vgl. RA. 160. 463. 464. solch ein auserwählter heißt ›der Sælden barn‹. Barl. 37, 36. 191, 38. Engelh. 5070. ›Artûs der Sælden kint‹. zauberbecher 1433; ›Sælden kint hât Sælden stift‹. das. 1038; ›Maria der Sælden kint‹. Wartb. kr. jen. 56; ›ir sît gezelt gelücke ze ingesinde, dem heile ze liebem kinde‹. Warnung 2596; ›sie ist Sælden sundertriutel (liebling), in der würzegarten kan si brechen ir rôsen‹. Ms. 1, 88a. Wie nun Wuotan die stelle der begrabenden norn (s. 716), so vertritt er auch die der Sælde, er selbst ist alles heiles spender; er nimmt kinder in seinen schoß auf (s. 682. 700), darum ist völlig identisch mit Sælden barn ›des Wunsches barn, an dem der Wunsch was volle varn‹. Orl. 3767; ein glückskind hat ›des Wunsches segen‹. Lanz. 5504. andere belege sind s. 114. 117. 118 nachzulesen [Fußnote]. Sâlida kann hiernach als ein bloßer ausfluß des Wuotan betrachtet werden [Fußnote].
Glückskind war Fortunat, dem in einem bretagnischen wald Fortuna (vgl. Felicia MsH. 2, 10b und unten cap. XXXII) erscheint und ein gefeites seckel schenkt, der auch das wünschhütlein (souhaitant chapeau), den tarnhut, durch dessen aufsetzen man augenblicklich an fernen ort verschwinden kann, erwirbt. offenbar ein hut des Wunsches oder Wuotans (s. 384), ein federhut [Fußnote] Hermes des gebers alles guten, aller sælde. merkwürdig MsH. 3, 466a: ›sô decket uns der Sælden huot, daz uns dehein weter selwen mac‹. Den immer vollen seckel halte ich zum füllhorn der göttin: ›mundanam cornucopiam Fortuna gestans‹ Amm. Marc. 22, 9; ›formatum Fortunae habitum cum divite cornu‹, Prudentius libr. 1 contra Symm., zum horn der Amalthea, oder Svantovits (s. 492), ja zu dem κέρας σωτηρίας Luc. 1, 69. An die wünschelruthe aber erinnert die synonyme benennung ›alles heiles ein wünschelrîs‹ Troj. 2216; ›des Wunsches bluome‹. Barl. 274, 25.
Tief wurzelt in unsrer mythologie die vorstellung der wünscheldinge, ich will sie näher betrachten. es gibt göttern zuständige aber auch menschen verliehne sachen, von denen eine fülle glückes und heiles abhängt, die höchste gabe des wunsches liegt in ihnen, darum scheint jener althergebrachte name zutreffend. bedeutsam heißt im sanskrit der wunsch manoratha, rad des sinnes, mutes; erschließt es uns den begrif des göttlichen wunsches von einer neuen seite? der Wunsch dreht das rad der gedanken. In der edda werden die wünscheldinge als künstliches zwerggeschmeide dargestellt und unter götter vertheilt. Ođinn besaß den speer Gûngnir, dessen wurf sieg verleiht, Thôrr den hammer Miölnir, der als donnerkeil niederschmetterte, weihte und von selbst in die hand zurückkehrte. solch ein schwert, das von selbst sich schwang (er siâlft vegiz) Sæm. 82a Sn. 40, hatte auch Freyr, sein name ist unüberliefert. der knüppel aus dem sack in unsern märchen ist die vergröberte sage; in Œgis halle waren bierkrüge oder becher, die sich selbst aufsetzten (siâlft barsc þar öl) Sæm. 48; Wolfdieterich (cod. dresd. 296. 297) kam zu göttinnen, auf deren tisch die semmel selber gieng und der wein sich selbst einschenkte; den Griechen heißen solche geräthe αυτόματοι Il. 18, 376. Œgishialmr muß ursprünglich dem Œgir, einem der noch mit Ođinn zusammen fällt, eigen gewesen sein, wie Zeus und Athene, die höchsten götter, Aegis schütteln; dann aber gieng er auf helden über. aus dem wunderhelm erwuchsen helothelm, grîmhelm, tarnkappe, wunschmantel (KM. no. 122), wunschhut, die zwergen, helden, glückskindern das vermögen gewähren unsichtbar zu wandeln, schnell durch die luft zu schweben. Der Freyja und Frigg gebührte Brîsînga men, das gleich dem ιμάς der Venus und Juno sehnsucht (ίμερος) erregte (s. 255) und dem schwert, speer und hammer der götter zur seite steht (s. 737). Am schleier oder haupttuch der Sif wuchs goldnes haar, wie auf dem erdboden getraide; der eigenname mangelt. Skîđblađnir wird bald als schif, bald als hut geschildert, die beide sich falten und breiten ließen, darin zu fahren oder sturm zu erregen; wünschelschiffe in den norske event. 1, 18. 142. sv. folkv. 1, 142. 143. hieran grenzen flügelsohlen und meilenstiefel. auch Gullinbursti, Freys eber führt durch luft und wasser. Von Ođins ringe Draupnir troffen andre ebenschwere; die wundergabe von Fullas ring (Fullo fingrgull Sn. 68) ist nicht angegeben, vielleicht machte er unsichtbar, gleich dem der Aventiure (s. 759). Draupnir gemahnt an den brutpfennig (DS. no. 86) oder heckethaler der jüngern zeit; dem, der das vogelherz gegessen hatte, lag jeden morgen ein goldstück unterm kopfkissen. Damit verbinden sich wunschseckel und wünschelruthe, welche den hort öfnet, aber auch zu nähren scheint (s. cap. XXXI). ähnlich ist die wunderblume und springwurzel. ein vogelnest macht unsichtbar (DS. no. 85. Haupts zeitschr. 3, 361. Mones anz. 8, 539). Frôđis wünschelmüle Grôtti malte alles was der malende laut wünschte (Sn. 146), gold und salz; daran schließt sich das glücksrad, dessen vorstellung entlehnt sein mag (s. 722), ohne unserm alterthum fremd gewesen zu sein; des manoratha wurde vorhin erwähnt. auch die brittische sage hatte ihr glücksrad anders aufgefaßt (s. 724). Solch eine müle, solch ein rad dürfen vor allem götterspeise malen. Die götter besitzen den unsterblichkeitstrank, der menschen gabe des dichtens verleiht, götter jung erhält. Iduns äpfel verjüngen, wie äpfel in der Völsûnga saga schwanger, in der von Snewitchen schlafend machen, in Fortunatussage hörner geben und nehmen. Jener wunschmantel wird zum wunschtuch, das gebreitet alle gewünschten speisen aufstellt: solch ein tuch lassen die dän. und schwed. lieder von ackerwolle (ageruld DV. 1, 265. 300. åkerull sv. vis. 2, 199) weben, einer grasart mit wolliger blume (eriophorum polystachium); dies wünscheltuch begegnet auch norske eventyr 1, 44. 274, es wird aus dem ohr einer stute gezogen, s. 112. andere wünscheltücher müssen stillschweigend gesponnen oder der hanf dazu muß in einer tagesfrist gerupft, geröstet, gebrecht, gehechelt, gesponnen und gewoben werden. Die Serben erzählen von einer wunderkuh, aus deren ohr garn gesponnen, die hernach geschlachtet und begraben wird, auf deren grab wunder geschehn. einer wünschelkuh Kâmaduh oder Kâmadhenu gedenkt die indische mythe (Pott 2, 421. Somadeva 1, 198). eines wünschelbocks, der geld schaft, das norweg. märchen 1, 45, eines esels pentam. 1, 1. der machandelbom im märchen ist ein wunschbaum, und von einem solchen schüttelt sich Aschputtel alle prächtigen kleider; Indern heißt er kalpa vriksha (baum der wünsche) oder Manorathadajaka (wunschgebend) Somadeva 2, 84. wie die kleider der sonne und des monds ist die goldglucke mit den sieben hennen (s. 607) in der nuß enthalten. Fortuna trug ein füllhorn (s. 725). der ziege Amaltheia horn gewährte den nymphen, die Zeus gepflegt hatten, alles was sie wünschten; nach einer andern sage besaß die nymphe Amaltheia ein stierhorn, welches speise und trank, wie man nur wünschte, in fülle gab. Wer sich einem gastmal der feen, erzählt die schottische überlieferung, nähern, ihnen trinkbecher oder trinkhorn wegnehmen und durch einen fließenden strom unverschüttet tragen kann, für den wird es ein füllhorn des glücks (a cornucopia of good fortune) sein; bricht es entzwei, so schwindet alles heil. Rob. Chambers p. 32. 33. wir wissen, daß die weisen frauen und elbinnen trinkhörner entgegenbringen (s. 348), daß kleinode der elben (wie jener schmiedenden zwerge) menschlichen geschlechtern glück bereiten: schwert, ring und becher (s. 378), daß der schwan in Loherangrîns geschlecht schwert, horn und fingerlein ließ (Parz. 826. 19). Oberons horn, der zu den elben gehört, war ein wünschhorn und erregte zauberhaften tanz. andere wunder wirken die harfen der götter und helden (s. 756). Außer dem horn gewährt die elbische gabe auch heilbringendes brot. hieran reihen sich die schönen mythen von dem ölkrüglein, das nie versiegt, von dem süßen brei, der überquillt, von dem garn, das sich nicht zu ende haspeln läßt. Ein wunderbecher war aber auch Dschemschids becher und der berühmte Gral (greal, Ducange s. v. gradalus, graletus, grasala, grassale, grassellus), nährend und heilkräftig, den die romanische sage mit christlicher verband, wie des Longinus speer und die blutende lanze an einen heidnischen wunschspeer mahnt; nägel des kreuzes werden zu siegbringendem zaum verarbeitet (El. xxii), holz des kreuzes und zahllose reliquien wunderthätig angewandt vgl. cap. XXXVI), ringe und edelsteine hielt man an reliquien, um deren kraft in sie übergehn zu lassen; edelsteine sind in gewissem sinn wunschsteine, den Indern war Diwjaratna ein solcher (Pott 2, 421) und machte seinen eigner aller wünsche theilhaftig. Nicht berühmter sein kann der Gral in den gedichten von der tafelrunde als es Sampo im finnischen epos ist. Ilmarinen der gott hat ihn in Pohjola geschmiedet, und glücklich war es in dem lande zu leben, das ihn besaß, alle felder standen voll saaten und früchte; die götter suchten ihn aber wieder zu gewinnen (gerade wie Ođhrœrir s. 752) und der raub gelang Wäinämöinen und Ilmarinen; doch Louhi, Pohjolas herrin, folgte ihnen in adlergestalt, wie Suttung dem Ođinn, und erreichte die flüchtlinge auf dem meer. Als Louhi nach Sampo greift, Wäinämöinen mit dem steuer auf ihre finger schlägt, fällt Sampo ins meer und zerbricht; bloß der deckel (kirjokannen 23, 393 vgl. 11, 361) bleibt in Louhis hand, mit dem sie nach Pohjola zurückfliegt: seitdem herscht dort elend und hungersnoth. stücke des Sampo findet Wäinämöinen am seestrand, läßt sie säen und es wachsen daraus bäume, worunter eine hohe die sonne verdunkelnde eiche. Das zusammentreffen dieses Sampo mit dem nord. unsterblichkeitstrank überrascht, und die von dem höchsten gott am meeresufer aufgenommnen stücke, aus welchen bäume sprießen, vergleichen sich den von drei asen am strand gefundnen Askr und Embla (s. 474. Sæm 3b). der name Sampo, sicher ein uralter, heiliger, gemahnt an die mongolische sage vom baum Asambubararcha, dessen ins wasser fallende früchte den laut sambu von sich geben (Majers myth. wb. 1, 565), tibetanisch heißt sangpa geläutert, heilig. Wir entnehmen aus allen diesen beispielen, die noch nicht einmal vollständig sind, wie in der hülle sinnlicher vorstellungen von speer, hammer, hut, helm, mantel, horn, becher, spange, ring, schif, rad, baum, rute, blume, tuch, speise, trank, die geistigen, von sieg, glück, friede, genesung, fruchtbarkeit, reichthum, tugend und dichtkunst verborgen liegen. Wo aber mehrere einzelne eigenschaften, wie im Sampo und Gral, zusammenflossen, da steigerte sich der begrif und die heiligkeit eines solchen gegenstandes [Fußnote].
Wir sehen aus dem prolog zu Grimnismâl, Sæm. 39, daß Ođinn und Frigg, die höchste väterliche und mütterliche gottheit des alterthums, auch noch besondern günstlingen ihren schutz angedeihen lassen: Ođinn zieht als ein alter mann den Geirröđr, Frigg als eine alte frau den Agnar auf, die edda gebraucht hier föstra, als pflegkind erziehen. Ja Frigg hatte nach Sn. 38 eine eigne dienerin, selbst ein göttliches wesen, die sie zum schutz (til gætslu) solcher männer in allen gefahren bestellte; diese personificierte Tutela hieß Hlîn (s. 736), gleichsam das lager, die κλίνη, ahd. hlîna recubitus gl. Ker. 273, auf dem einer ruht (von der wurzel hleina, hláin, gr. κλίνω, lat. clino). harmr Hlînar heißt es Sæm. 9a und man sagte im sprichwort ›sâ er forđaz hleinir‹, wer sich in nöthen retten will, lehnt sich an. Hlîn (goth. Hleins?) schützt und birgt, das goth. hláins bedeutet einen berg, das ahd. hlinaperga, linaperga fulcrum, reclinatorium.
Das volk hält für glückskinder die um ihr häuptlein eine haut gewunden mit auf die welt bringen. diese haut heißt glückshaube, wehmutterhäublein, und wird sorgsam aufgehoben oder in band vernäht dem kind umgehängt [Fußnote]. Fischart Garg. 229b nennt sie kinderpelglin, den Isländern aber führt sie den namen fylgja (fem.) und sie wähnen, in ihr habe der schutzgeist oder ein theil der seele des kinds seinen sitz: die hebammen hüten sich sie zu schädigen und graben sie unter die schwelle ein, über welche die mutter gehn muß. wer diese haut sorglos wegwirft oder verbrennt, entzieht dem kind seinen schutzgeist [Fußnote] [Fußnote]. ein solcher schutzgeist heißt fylgja (weil er dem menschen folgt), zuweilen forynja (der ihm vorausgeht, F. Magn. lex. 379), öfter hamîngja (felicitas) von hamr, induviae, ja dieses hamr für sich scheint das nemliche zu bedeuten: ›hamr Atla‹, genius Atlii, Sæm. 253b. nach Ihre (de superstit. p. 24. 25) bezeichnet das schwed. hamn einen genius, der jedem menschen folgt (s. 730).
Der wesentliche begrif eines schutzengels ist das angeborensein, dadurch unterscheidet er sich von dem hausgeist (genius familiaris), der sich einem einzelnen menschen ergibt, aber nicht von der geburt an. regula Benedicti cap. 7: ›ab angelis nobis deputatis cottidie die noctuque domino factori nostro opera nostra nuntiantur‹. Berthold predigt (p. 209): ›als daz kint lebende wirt an sîner muoter lîbe, sö giuzet im der engel die sêle în, der almehtige got giuzet dem kinde die sêle mit dem engel în‹; und Bernardus (sermo 12 in psalm. qui habitat): ›quoties gravissinia cernitur urgere tentatio et tribulatio vehemens imminere, invoca custodem tuum, doctorem tuum, adjutorem tuum. in opportunitatibus, in tribulatione, in quovis diversorio, in quovis angulo angelo tuo reverentiam habe. tu ne audeas illo praesente, quod vidente me non auderes‹. ich will noch eine stelle aus N. Cap. 137 herschreiben: ›allên menniskôn wirdet sunderig unde gemeine huotâre gesezzet. ten heizent si ouh flihtâre (pflichter), wanda er alles werches fliget. ten gemeinen betônt tie liute sament, unde âne daz iogelîh len sînen. fone diu heizet er genius, wanda er genitis sâr gegeben wirt ze flihte. tiser huotâre unde diser getriwo bruoder behuotet iro sêlâ unde iro sinna allero. wanda er ouch tougene gedancha gote chundet, pediu mag er ioh angelus heizen‹ [Fußnote]. Diese, wie man sieht, von der kirche zum theil beibehaltne lehre scheint sich mit jenem gröberen einheimischen aberglauben von schutz und folgegeistern gemengt zu haben. Caesar heisterb. 8, 44 nimmt einen guten und bösen engel jedes menschen an, der ihm heil oder unheil zu schaffen suche. in gewissem betracht waren auch die valkyrien schutzgeister der helden (s. 331. 348) und eine zeit hindurch an sie gebunden. von den erschlagenen heißt es (klage 922): ›ir engel vil wol wisten war ir sêle solten komen‹. Dieser engel gedenken noch andere stellen: ›sie redeten, daz ir engel muose lachen‹ (sich darüber freute). wartb. kr. jen. 38; ›ein wîser (? wîzer) engel bî dir gât, der dînen tiuvel sô von dir gescheiden hât‹. das. 47; ›teile dîn pater noster mite dînem engel‹ das. 23; ›ein engel, der dîn hât gepflegen‹. das. 62; ›ich wil gelouben, daz den list dîn engel finde‹. Lohengr. p. 3; ›in was ir engel bî‹. Geo. 343; ›daz der engel dîn dîner êren hüete!‹ MsH. 3, 230b; ›zuo im was geweten ein engel, daz im niht geschach‹. Geo. 3205; ›als im sîn engel gab die lêre‹. Kolocz. 148; ›daz iuch mîn engel grüeze!‹ das. 102 und anderwärts: ›daz iuwer mîn engel walte!‹ schöne ausdrücke für: ich, im innersten meiner seele [Fußnote] [Fußnote]
gleich bei der geburt gesellt zu jedem mann sich
ein dämon, der ihn an der hand durchs leben führt,
ein guter dämon: denn dasz böse dämonen sind,
die auch gerechten schaden thun, das wähne nicht.
halt fest am glauben. gut in allem ist der gott. Menander.
jeder mensch hat sein licht am himmel. Haupts zeitschr. 4, 390. vgl. oben s. 602. dô sprach der engel wolgetân: ›ich was ie mit dir, unt woldest nie gevolgen mir, von ubele ich dich chêrte, daz beste ich dich lêrte‹. Tund. 46, 60. ich bin der engel, der dîn pfliget. Ges. Abent. 2, 255. wil du dînem engel schenken (wîn). Grieshaber 2, 50. angelus domini te semper praecedat, comitetur ac subsequatur. vita Mahthild. c. 20. O. V. 4, 40 sagt der engel zu den frauen: jâ birun wir in wâra iu eigenê giburâ = eure diener. der engel heißt wîsaere. Helbl. 7, 249. 331 und ist eine unsichtbare stimme 7, 263. 293. 355. dû hâst gehôrt ein stimme, die sîn engel sprach. pass. 158, 79. (der werlde vluot) manigen hin verdrücket, ob in dar ûz niht zücket sîn engil mit voller kraft. pass. 337, 41. der engel freut sich über seinen schützling. MSH. 3, 174b. die Heiden meinen von den Christen, in jedem alten stecke ein junger, aus dem munde des sterbenden nehmen die engel ein kind. Ottoc. 440b. 441a. Engel werden immer männlich gedacht. eine frau und jungfrau erscheinen: ob ez von himele waeren zwêne engele, des enweiz ich niht. Frib. Trist. zweier freunde schutzengel sind auch gesellen. Renn. 18902 ff. über englische schutzgeister s. Stewart pop. superst. 4. 16. 17, indische s. Somadeva 2, 117. Hermes ist ein begleiter πομπαι̃ος der menschen. Aesch. Eumen. 91.
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Nialssaga cap. 101 läßt sich ein Heide taufen, erst aber zusichern, daß der h. Michael (der seelenempfänger s. 712. 713) durch die taufe sein fylgju engill werde. Nialssaga cap. 23 wird der fylgja Gunnars gedacht.
Ein dem tode naher schaut vorher seinen engel: ›þû mant vera feigr mađr, oc munt þu sêđ hafa fylgju þîna‹. Nialss. cap. 41. ganz folgerichtig, da durch des menschen tod das band zwischen ihm und seiner fylgja gelöst wird. Auch soll dann die fylgja einem andern erscheinen und sich diesem anbieten: Helgi ahnte seinen tod (grunađi um feigđ sîna), als seinem bruder ein zauberweib auf dem wolf abends erschienen war und folge entboten hatte: bauđ fylgđ sîna, fylgjo beiddi (Sæm. 14a 147a). wer seine fylgja schaut, den verläßt, von dem geht sie. Nach norw. volksglauben zeigt sich die fölgie gern in gestalt eines thiers, das zur sinnesart des menschen stimmt, dem sie angehört. Faye p. 77. wäre damit eine bevorstehende seelenwandrung angedeutet? vgl. s. 688. Es gab fylgien die sich, gleich den zwergen, an einzelne geschlechter hielten: kynfylgjor, ættarfylgjor, und auch das ist wichtig, weil es die berührung dieser geister mit elben und zwergen lehrt, die gleich der weißen frau, der ahnmutter Berhta (s. 232) dann sich zeigen, wann ein sterbefall im geschlecht bevorsteht.
Hamîngjor, die schon Sæm. 37b 93b vorkommen, stehn unserer personificierten sælde nahe: auch hamîngja bedeutet fortuna, felicitas, hernach aber ein beglückendes, begabendes wesen, das zwischen parze, schutzgeist und freundlichem hausgeist die mitte hält, vgl. Laxd. saga p. 441. hamîngjor horfnar, heillir horfnar (Sæm. 93a. b) sind die von dem menschen entronnenen, gewichnen.
Gleich der fylgja und hamîngja ist auch die altn. landvætt (s. 365) ein weibliches wesen, aber nicht eines einzelnen menschen oder geschlechts, sondern des ganzen landes schutzgeist. in Ulfliots gesetz war verordnet, von jedem schiffe das haupt abzunehmen, ehe man ins angesicht des landes (î landssŷn) komme, damit nicht die landvættir durch das gähnende haupt erschreckt würden: sigla eigi at landi međ gapandi höfđum ne gînandi triônu, svâ at landvættir fældist vid [Fußnote] [Fußnote].
Den Slaven reichen die begriffe glück, zufall, schicksal an einander, doch wesen den parzen und nornen vergleichbar entbehrt ihre mythologie (s. 362). für glück haben die Serben sretja, die Slovenen frezha und personificieren wiederum: dobra Sretja (bona Fortuna) ist ihre αγαθὴ Τύχη, ihre frô Sælde [Fußnote]. Mehr entspricht die lettische Laima (s. 345) der parze oder möre: sie heißt mahmina, d. i. mutter, göttin. Aber auch die säugende Dehkla (s. 345) verleiht durch die dargereichte milch heil und geschick: kà Dehkla noleek, tà noteek (wie D. verfügt, so geschieht) [Fußnote] [Fußnote].
Die schicksalsgöttin hat sowol gutes als böses in ihrer hand, es bedarf keiner eignen vorstellung des unglücks. unsere älteren dichter pflegen aber auch dieses mehr oder weniger persönlich aufzufassen und es gelten die von der Sælde angegebnen redensarten. ›Unsælde hât ûf mich gesworn‹. Gregor 2394 (wie der Tôt, s. 706); ›Unsælde hât mich bedâht‹. Troj. 17105; ›der Unsælden kint‹. Iw. 4449; ›dîn heil sîn ungelücke begonde erwecken harte‹. gold. schm. 1306; ›über in het gesworn sînes lîbes unheil‹. klage 1240; ›Unsælde sî mir ûf getan!‹ Rab. 896; ›wie in diu Unsælde verriete‹. Dietr. 38b; ›der Unsælden vart varn‹ Doc. misc. 2, 163; ›sô wirt unheil von mir gejaget‹. Herrn. Dam. 42, ›ungelücke, waz ir (also anrede) mir leides tuot!‹ Lampr. Alex. 3065. Eigenthümlich wird das unheil einem über den weg schreitenden, bellenden hunde verglichen: ›unheil mir über den wec schreit gelîch einem hunde‹. Hartm. erstes büchl. 1671; ›wen nâch gelücke grôz unheil an bellet‹ (? billet, oder vellet, velt?) Ls. 1, 239. ein mnl. dichter schreibt ihm ein netz zu: ›al hêft dat ongheval nu mi aldus onder tnet ghevaen?‹ Rein. 6180. Näherer angabe werth sind zwei besondere dichtungen: ein armer ritter sitzt im wald spärliche kost verzehrend, da erblickt er über sich auf dem baum ein ungeheures wesen, das ihm zuruft ›ich bin dîn ungelücke‹. er ladet es zum mitessen ein, kaum aber ist es herabgestiegen, so packt ers fest und schließt es in einen ›eicher‹ (holen eichbaum?) von nun schlägt ihm alles zu glück an und er macht kein hehl aus der begebenheit. einer seiner neider, um ihn wieder ins elend zu stürzen, geht in den wald, und entbindet das unglück; statt aber sich von ihm forttragen zu lassen, hockt es auf des verräthers eignem hals, völlig in koboldischer weise. Ls. 2, 575. Von dieser fabel weiß auch H. Sachs III. 2, 72c: das unglück soll an einen eichenpfal mit ketten und stricken verknüpft werden, daß es nirgend mehr einkehren könne, ein mensch sei denn so thöricht es wieder zu lösen. Reinmars erzählung mag hier ganz (aus Ms. 2, 134b) folgen:
ez was ein gar unsælic man
in einer stat gesezzen, dar inne er nie dehein heil gewan,
der dâhte, ich wil versuochen, wie mîn gelüke in fremden landen sî
dô im der reise ze muote wart,
Unsælde wart sîn geverte, diu huob sich mit im ûf die vart;
er lief gegen einem walde, er wânde er wære Unsælden worden vrî,
er sprach: ›Unsælde, nu bin ich dir entrunnen‹.
›nein‹ sprach Unsælde, ›ich hân den sig gewunnen,
swaz du geliefe, daz selbe ich rande,
ûf dînem halse was mîn gemach‹ [Fußnote].
der man dâ zuo im selbe sprach:
›sôst niht sô guot, ich enkêre wider ze lande!‹