Ein Storch stakte suchend durch das feuchte Gras auf einen alten Tümpel zu. Er erspähte einen Frosch, welcher gerade nach einer Mücke schnappte. Geschwind schnellte der Storch seinen Kopf vor und packte den Frosch fest mit seinem Schnabel.
"Was fällt dir ein?" quakte dieser entrüstet. "Ich habe dir doch gar nichts getan. Warum willst du mich umbringen! Laß mich los!"
"Du hast recht", antwortete der Storch ruhig, "du hast mich weder beleidigt, noch mir irgendein Leid zugefügt. Trotzdem werde ich dich verschlingen."
"Das ist ungerecht!" zeterte der Frosch. "Hilfe! Erbarmen! Verschone mich! Du gibst doch zu, daß ich unschuldig bin. Bitte, laß mich laufen."
"Und die Mücke, die du gerade verschluckt hast, als ich kam, was hat sie dir denn getan? Warum hast du sie nicht verschont?"
Verblüfft glotzte der Frosch in die Wolken; damit hatte er nicht gerechnet. Die Rede des Storchs hatte ihm die Sprache verschlagen; er konnte sie nicht widerlegen. Es fiel ihm auch keine Ausrede zu seiner Verteidigung ein.
"Siehst du, du schweigst! Also plärr nicht länger, ich habe Hunger, und du sollst ihn mir vertreiben." Mit diesen Worten verschlang der Storch den Frosch. "Das ist der Lauf der Welt", brummte er beim Weiterschreiten und fing sich eine Heuschrecke. "Der eine lebt auf Kosten des anderen, der Größere frißt den Kleineren auf, wer nicht stark genug ist, sich zu wehren, soll sich auch nicht mucksen."