Von den göttern, halbgöttern und heroen, der ganzen schar freundlicher oder feindlicher wesen, die dem menschen geistig oder leiblich überlegen zwischen ihm und der gottheit eine mitte ausfüllen, ab richtet sich unser blick auf einfache erscheinungen der natur, welche von jeher in ihrer stillen größe unmittelbare gewalt über das menschliche gemüt ausüben. diese alldurchdringenden, alles in sich aufnehmenden, der schöpfung aller andern dinge vorausgehenden, überall wieder vortretenden urstoffe müssen schon an sich, ohne daß sie in nähere beziehung zu göttlichen wesen gesetzt werden, heilig sein. ein solcher bezug bleibt in keiner mythologie aus, er kann aber nicht hindern, daß den elementen eine gewissermaßen davon unabhängige eigenthümliche verehrung zugewendet werde.
Auf der andern seite erwächst aus dem grund und boden dieses elementardienstes niemals die eigentliche religion eines volkes; der glaube selbst entspringt in einer geheimnisreichen fülle übersinnlicher ideen, die mit jenen stoffen nichts gemein hat, sondern sie sich unterwirft. Allein der glaube duldet heilighaltung der elemente in seinem geleit, er mischt sie mit sich, und sie kann sogar, wenn er untergeht oder vergröbert wird, unter dem volke fortwährend und länger anhalten. Der gemeine haufen läßt seine großen gottheiten fahren und beharrt doch noch eine zeitlang in dem cultus vertraulicher hausgötter; auch ihnen entsagt er, und behält seine scheu vor den elementen. Die geschichte des heidnischen und christlichen glaubens lehrt, wie lange nach untergang jenes und befestigung dieses eine menge abergläubischer gebräuche fortdauerten, ja heute fortdauern, die mit verehrung der elemente zusammenhängen. es ist der letzte, kaum austilgbare heidnische überrest; nach dem zerfall der götter treten die nakten stoffe wieder vor, mit denen sich das wesen jener geheimnisvoll vermählt hatte[Fußnote].
In solchem sinn habe ich mich bereits oben (s. 82–84) über einen naturcultus unserer vorfahren erklärt, den frühe zeugnisse beglaubigen, die man verkehrterweise gegen götter des heidenthums zu gebrauchen pflegt. die götter standen und fielen aus andern ursachen.
Das lautere, rinnende, quellende und versiegende wasser, das leuchtende, erweckte und erlöschende feuer, die nicht dem auge, aber ohr und gefühl vernehmbare luft, die nährende erde, 484 aus welcher alles wächst und in welche alles gewachsene aufgelöst wird, erscheinen dem menschlichen geschlecht von früher zeit an heilig und ehrwürdig; gebräuche, geschäfte und ereignisse des lebens empfangen erst durch sie ihre feierliche weihe. weil sie in unablässig reger thätigkeit und kraft auf die gesamte natur einwirken, widmet ihnen der kindliche mensch verehrung, ohne daß nothwendig ein besonderer gott dazwischen tritt, der aber oft noch damit verknüpft erscheint. auch heute weckt die herrlichkeit und macht dieser urstoffe unsere bewunderung; wie hätte sich das alterthum seines anstaunens und anbetens erwehren können? solch ein cultus ist einfacher, freier und würdiger als das dumpfe niederknien vor bildern und götzen.
Alle elemente sind reinigend, heilend, sühnend, der beweis durch gottesurtheile beruht hauptsächlich auf ihnen; der mensch aber muste sich ihrer in der lautersten gestalt, zur gelegensten zeit versichern.
Wir wollen sie der reihe nach erwägen.
I. Wasser.
[Fußnote]
stellen, die ergeben, daß Alamannen und Franken flüsse und quellen verehrten, sind s. 82 und im anhang beigebracht[Fußnote]. das volk betete am ufer des flußes, am rand der quelle, zündete lichter an, stellte opfergaben hin. es heißt: fontibus venerationem exhibere, ad fontanas adorare, (vgl. leg. Liutpr. 6, 30), ad fontes votum facere, reddere, exsolvere, orare ad fontes, offerre ad fontes, munus deferre, ad fontes luminaria facere, candelam deferre. dies letzte geschah wol nur, oder hauptsächlich abends und nachts, wo die widerscheinende flamme in der flut den schauer der anbetung 485 erhöhen muste[Fußnote]. Auch die Sachsen waren fonticolae, in den ags. gesetzen werden vyllas und flôtväter als gegenstände der verehrung genannt. außer der stelle beim Cnut heißt es im poenitentiale Ecgberti 2, 22: gif hvilc man his ælmessan gehâte ođđe bringe tô hvilcon vylle; 4, 19 gif hvâ his väccan ät ænigum vylle häbbe (vigilias suas ad aliquem fontem habeat); die canones Edgari § 16 verbieten vilveorđunga (quellverehrung); ob man aus der s. 84 angezognen altn. sage, die der vötn erwähnt, auf wirklichen wassercultus in Scandinavien schließen darf, weiß ich nicht: fast scheint die stelle einer lat. ausländischen nachgeahmt. an sich selbst ist die heilighaltung des wassers unbezweifelbar. ein eddisches lied hat gleich im beginn die merkwürdigen worte: ›hnigo heilög vötn af himinfiöllom‹. Den Sclavenen legt schon Procop. (b. goth. 3, 14) verehrung des wassers bei: σέβουσι ποταμούς und noch Helmold sagt von den Slaven zu Faldera 1, 47 : lucorum et fontium ceterorumque superstitionum multiplex error apud eos habetur[Fußnote].
Vorzugsweise verehrte man den ort, wo das wunderbare element aus dem schoß der erde hervorspringt; quelle heißt in der alten sprache ursprinc, aber auch prunno[Fußnote].
Oft schon wird das erste vortreten der quelle göttlicher einwirkung oder einem wunder beigemessen; Wuotan, Balder und Carl der große ließen ihrem durstenden heer den labebrunnen aus der erde fließen (s. 187). andere quellen hat ein schlag mit dem stab oder des rosses huf dem felsen entlockt[Fußnote]
, der heilige senkt einen ast in den boden und das wasser sprudelt. Noch weiter aber sind die annahmen verbreitet, daß das wasser heiliger bäche und ströme von göttern und höheren wesen aus schalen oder urnen ursprünglich ausgegossen, daß brunne und quell von dabei liegenden schlangen oder drachen gehütet werde[Fußnote].
Wasser, zu heiliger zeit, mitternachts vor sonnenaufgang, in feierlicher stille geschöpft, führt noch späterhin den namen heilawâc, heilwâc, heilwæge. die erste form, mit haftendem compositionsvocal nach langer silbe, zeugt für das alter des ausdrucks, dessen bedeutung ihn gegen änderung sicherte. MS. 2. 149b: ›man seit von heilawâge uns vil, wie heil, wie guot ez sî, wie gar vollekomen 486 der êren spil, wie gar sîn kraft verheilet swaz wundes an dem man versêret ist‹. Martina 116: ›got, du fröude flüzzic heilawâc‹, und in ähnlichem sinn 248. 283. mit anwendung auf Christus und das kreuz Mar. 224: ›der boum ist gemeizzen, dâ daz heilwæge von bechumet, daz aller werlte gefrumet‹. allgemeinere anführungen ›ein heilwâge‹ Diut. 1, 352 und noch in Anshelms Berner chronik 1, 308 ›heilwag‹ unter andern segen und zaubermitteln. zuletzt bei Phil. v. Sittewald (Strarsb. 1677) 1, 483: ›das fließend brunnwasser, so man in der heil. weihnacht, so lang die glock zwölfe schlägt, samlet, und heilwag genannt wird, ist gut wider nabelwehe‹ (abergl. 804). In diesem heilawâc zeigt sich uralte mischung heidnischer bräuche mit christlichen. das volk glaubt, bis auf unsere tage, zu weihnachten oder ostern nachts um XII, oder zwischen XI und XII, wandle sich brunnenwasser in wein (abergl. 54. 792[Fußnote]), Wieselgren s. 412, diese annahme leitet sich auf die vorstellung zurück, daß die erste manifestation der gottheit des heilandes bei der hochzeit zu Cana, wo er wasser in wein verwandelte, geschehen sei; weihnachten aber begieng man epiphanie oder theophanie (s. 233), geburt und taufe, und verband damit die erinnerung an jenes wunder: dafür galt der besondere ausdruck bethphania[Fußnote]. Schon Chrysostomus predigte im jahr 387 auf epiphaniastag zu Antiochien, daß man an diesem fest mitternachts wasser schöpfe und jahrelang als ein immer frisches, unverderbliches (ohne zweifel zu wunderthätigem gebrauch) aufhebe[Fußnote]. abergläubische Christen nahmen also zweierlei an, heiligung des wassers in der mitternacht des tauftages und verwandlung in wein zur zeit der bethphanie; solches wasser nannten die Deutschen heilawâc[Fußnote], und legten ihm hohe kräfte zu, es sollte krankheiten, wunden heilen und nicht verderben[Fußnote]
.
487 Vielleicht wurde schon in Syrien ein altheidnisches wasserschöpfen durch jene deutungen verschleiert. In Deutschland weisen andere umstände unversteckt auf heidnische heiligkeit des wassers, das aber nicht zur mitternachtsstunde, sondern frühmorgens vor sonnenaufgang geschöpft werden muste, stromabwärts und stillschweigends (abergl. 89. 775), gewöhnlich am ersten ostertage (775. 776), auf den jene auslegungen weniger gerecht sind: dieses wasser verdirbt nicht, verjüngt, heilt ausschläge, kräftigt das junge vieh[Fußnote]. Zauberwasser, zu unchristlicher weissagung diensam, soll sonntags, vor sonnenaufgang, an drei fließenden brunnen, in ein glas gesammelt werden; und vor dem glas wird, wie vor einem göttlichen wesen, eine kerze angezündet (anh. abergl. H. c. 55–57)[Fußnote]. Hierher nehme ich auch eine s. 47. 48 berührte hessische volkssitte: am zweiten ostertag wandeln jünglinge und jungfrauen zum holen stein des gebirges, schöpfen wasser in der kühlen quelle, das sie in krügen heimtragen, und werfen blumen zum opfer hin. Wahrscheinlich war dieser wassercultus zugleich celtisch: im wasser des felsenbrunnens Karnant wird ein zerbrochnes schwert wieder ganz, aber
›du muost des urspringes hân
underm velse, ê in beschin der tac‹. Parz. 254, 6. Tit. 5456. 5732[Fußnote].
merkwürdige gebräuche schildern, auf welche weise sich am ersten maimorgen junge mädchen (der pyrenäengegend) in dem quellwasser weissagen.
An die eigenthümlichkeit der gesundbrunnen braucht hier nicht nothwendig gedacht zu werden; es ist die allgemeine kraft des erfrischenden, stärkenden, neubelebenden elements[Fußnote]. viele örter in Deutschland heißen Heilbrunn, Heilborn, Heiligenbrunn, von der verjüngenden wirkung ihrer quellen oder den wunderbaren heilungen, die sich dabei zugetragen. Heilbronn am Neckar 488 wird in den ältesten urkunden Heilacprunno genannt[Fußnote]. aber einzelne quellen und brunnen können vorzugsweise in ansehn gestanden haben. berühmt sind der altn. Mîmisbrunnr und Urđrbrunnr (s. 337) der Sn. 17 brunnr miöc heilagr genannt wird. ein dän. volkslied (1, 318) gedenkt der Maribokilde, durch deren lauteres wasser stücke eines zerhauenen leibs wieder zusammengefügt werden. schwed. lieder nennen Ingemos källa (vis. 1, 244. 245). des altfries. brunnens, aus welchem stillschweigends geschöpft werden muste, ist s. 190. 191 erwähnt[Fußnote]
. An solchen quellen wurden opfer gebracht; des heilsamen einflusses der warmbrunnen und sauerbrunnen auf die gesundheit wird man von undenklicher zeit her gewahr gewesen sein, wie die aquae mattiacae schon unter den Römern oder jene aquae calidae bei Luxueil (s. 67) lehren. wenn die Wetterauer einen krug sauerbrunnen anbrechen, gießen sie jedesmal den ersten tropfen auf den boden, man sagt um den staub abzuschütten, weil die krüge offen stehn, es kann aber auch als libation angesehn werden, die dem geist des brunnens galt[Fußnote]. Gleich den gesundbrunnen achtete man die salzquellen für heilig, worüber in einem späteren capitel die nachrichten des alterthums zusammengestellt werden sollen. Das mittelalter unterhielt die vorstellung von einem jungbrunnen[Fußnote]: wer darin badet, heilt von krankheiten und wird davor bewahrt; Rauchels 489 legt darin ihre haut ab und wandelt sich in die schöne Sigeminne (s. 361); ein solcher brunne hat zuweilen auch die kraft, das geschlecht der badenden zu verändern[Fußnote][Fußnote].
In einer quelle bei Nogent badeten abends vor Johannis männer und frauen (anh. abergl. L, 33.); Holbergs lustspiel ›kildereisen‹ gründet sich auf die sitte des Kopenhagner volks, ›s. Hans aften‹ nach einer benachbarten quelle zu wallfahrten, und sich in ihrem wasser zu heilen und zu stärken. die Östergötländer reisten nach altem brauch mittsommernachts abend zu Lagmans bergekälla bei Skeninge und tranken den brunnen (Broocman 1, 187. 2, 676). in manchen gegenden Deutschlands wird zu pfingsten irgend ein lauterer brunnen besucht und sein wasser aus eigenthümlich geformten krüglein getrunken. Wichtiger ist die einstimmende beschreibung Petrarchas von einem noch zu seiner zeit hergebrachten bade cölnischer frauen in dem Rhein: sie verdient ausführlich eingeschaltet zu werden[Fußnote]
, weil sie deutlich lehrt, daß dieser 490 cultus nicht bloß in einzelnen quellen, sondern in Deutschlands größtem flusse statt fand. Aus des Italieners unbekanntschaft mit dem hergang sollte man folgern, daß er in dem lande, von welchem alle kirchlichen gebräuche ausgiengen, fremd, also überhaupt unchristlich und heidnisch gewesen sei. vielleicht aber hatte Petrarch keine genaue kunde aller sitten seines vaterlands; aus späterer zeit wenigstens läßt sich die lustration am Johannistag auch dort nachweisen. des Benedict de Falco descrizione de luoghi antiqui die Napoli (Nap. 1580) enthält die angabe: ›in una parte populosa della citta giace la chiesa consegrata a S. Giovan battista, chiamata S. Giovan a mare. era un antica usanza, hoggi non al tutto lasciata, chel la vigilia di S. Giovane, verso la sera e'l securo del di, tutti huomini e donne andare al mare, e nudi lavarsi: persuasi purgarsi de loro peccati, alla focchia degli antichi, che peccando andavano al Tevere lavarsi‹. Und lange vor Petrarch, zu Augustins zeit herschte der gebrauch in Libyen, dieser kirchenvater eifert dagegen und nennt ihn heidnisch: ›natali Johannis de solemnitate superstitiosa pagana Christiani ad mare veniebant, et se baptizabant‹ (opp. Paris 1683 tom. 5 p. 903); und anderwärts: ›ne ullus in festivitate s. Johannis in fontibus aut paludibus aut in fluminibus, nocturnis aut matutinis horis se lavare praesumat, quia haec infelix consuetudo adhuc de Paganorum observatione remansit‹. (append. zu tom. 5. p. 462.) Allgemein gebilligt von der kirche war sie sicher nicht, aber geduldet konnte sie doch hin und wieder sein, als nicht unpassende erinnerung an den täufer im Jordan, und wenn sie früher heidnisch gewesen, auf ihn gedeutet. Weite ausbreitung mochte sie leicht gewinnen, nicht nur als christliche feier, sondern auch als heidnische: Johannistag bezeichnete unsern vorfahren die festliche jahresmitte, wo sich die sonne wendet, und vielfache bräuche konnten damit verbunden sein. ich gestehe, wenn Petrarch das flußbaden an einem kleinen deutschen ort wahrgenommen hätte, würde ich eher auf echt germanischen brauch schließen; in Cöln, der heiligen, ihrer heilthümer wegen berühmten stadt vermute ich eine erst durch christliche überlieferung eingeführte gewohnheit[Fußnote][Fußnote].
491 Es gibt seen und brunnen, deren wasser zu bestimmter zeit versiegt oder emporsteigt: aus beiden erscheinungen wird unheil geweissagt, sterbfall, krieg und annahende theuerung. Wenn des landesfürsten tod bevorsteht, soll der fluß in seinem lauf einhalten und gleichsam trauer zu erkennen geben (deutsche sag. no. 110); versiegt der brunne, so stirbt bald darauf der herr des geschlechts (das. no. 103). Eine auslaufende oder trocknende quelle, welche theuerung ansagt, pflegt zu heißen hungerquelle, hungerbrunnen (Stald. 2, 63). zu Wössingen bei Durlach ist ein hungerbrunnen, der reichlich fließen soll, wenn unfruchtbares jahr erfolgt, alsdann auch kleine fische hervorbringt[Fußnote]. solch eine hungerquelle fand sich bei Halle an der Saale; wenn die bauern zur stadt giengen schauten sie danach, und lief sie aus, so sagten sie: ›heuer wird es theuer‹. ähnliches erzählt man von brunnen bei Rosia im Sienesischen, und bei Chateaudun im Orleanischen. da man den Hunger personificierte, lassen sich ihm leicht einwirkungen auf die quellen beilegen. eines ähnlichen Nornborn wurde s. 335 gedacht. Von dem see Glomazi in dem slavischen Elbland füge ich Dietmars von Merseburg bericht ein (1, 3): Glomazi[Fußnote] est fons non plus ab Albi quam duo miliaria positus, qui unam de se paludem generans, mira, ut incolae pro vero asserunt oculisque approbatum est a multis, saepe operatur. cum bona pax indigenis profutura suumque haec terra non mentitur fructum, tritico et avena ac glandine refertus, laetos vicinorum ad se crebro confluentium efficit animos. quando autem saeva belli tempestas ingruerit, sanguine et cinere certum futuri exitus indicium praemonstrat. hunc omnis incola plus quam ecclesias, spe quamvis dubia, veneratur et timet[Fußnote]. Aber ohne rücksicht auf bestimmte brunnen wird aus dem bloßen wassermessen theure oder wolfeile zeit, abnahme oder zunahme der güter erforscht, je nachdem das 492 in ein gefäß gegoßne wasser steigt oder fällt (abergl. F, 43 und no. 953 aus Praetors saturnalien p. 407). das scheint mir ein gebrauch des hohen alterthums. Saxo gramm. p. 320 meldet, des rügischen gottes Svantovit bildseule habe in der rechten hand ein horn gehalten: quod sacerdos sacrorum ejus peritus annuatim mero perfundere consueverat, ex ipso liquoris habitu sequentis anni copias prospecturus . . . . . postero die populo prae foribus excubante detractum simulacro poculum curiosius speculatus, si quid ex inditi liquoris mensura substractum fuisset, ad sequentis anni inopiam pertinere putabat. si nihil ex consuetae foecunditatis habitu diminutum vidisset, ventura agrorum ubertatis tempora praedicabat. der wein wurde ausgeschüttet und dem horn wasser eingegossen[Fußnote].
Ohne zweifel standen strudel und wasserfälle in vorzüglicher heilighaltung, man glaubte, daß sie ein höheres wesen, ein flußgeist errege. noch jetzt gehn vom Donaustrudel und andern besondere sagen. Plutarch im Caesar cap. 19 und Clemens alex. (stromat. 1, 305) versichern, daß die weissagerinnen der Deutschen die wirbel der flüsse beobachteten und an ihrem drehen und rauschen die zukunft forschten. die nord. benennung eines solchen vortex lautet fors, dän. fos und Isl. sög. 1, 226 erwähnen ausdrücklich: ›blôtađi forsin‹. der sage von dem flußgeist fossegrim ist s. .408 gedacht: in solch einem fors hauste der zwerg Andvari (Sæm. 180. fornald. sög. 1, 152). zumal aber scheinen dem strudel (δι̃νος) thieropfer zu gebühren, wie dem fossegrim der schwarze bock, und die s. 38. 82 aus Agathias angeführten stellen von pferden, welche die Alamannen den strömen und schluchten darbrachten, gehören zusammen. Il. 21, 131 vom Skamander:
ω̃ δὴ δηθὰ πολει̃ς ιερεύετε ταύρους,
ζωοὺς δ' εν δίνησι καθίετε μώνυχας ίππους.
und Pausan. VIII. 7, 2: τὸ δὲ αρχαι̃ον καθίεσαν ες τὴν Δεινὴν (ein gewässer in Argolis, verwandt mit δι̃νος) τω̃ Ποσειδω̃νι ίππους οι ’Αργει̃οι κεκοσμημένους χαλινοι̃ς. Horat. carm. 3, 13: o fons Bandusiae, non sine floribus cras donaberis haedo[Fußnote].
Es ist hinlänglich bekannt, daß schon vor dem christenthum und vor einführung der taufe, eine heiligung des neugebornen kindes durch wasser unter den nordischen Heiden galt; man nannte das vatni ausa, mit wasser begießen. vermutlich fand auch dieser ritus unter den übrigen Germanen statt, und vielleicht legte man dem dazu gebrauchten wasser, wie unter den Christen dem taufwasser, eine besondere kraft bei (schwed. abergl. 116). auffallend ist die ehstnische gewohnheit, das taufwasser an den wänden in die höhe zu schütten (abergl. M, 47), um dem täufling ehre und würden zu wege zu bringen.
Weit verbreitet war eine seltsame, abergläubische verwendung des aufgefangnen mülradwassers, das von den schaufeln abspringt. schon Hartlieb erwähnt dieses gebrauchs (abergl. H, c. 60.) und der 493 volksglaube bestätigt ihn (no. 471. 766). den Serben heißt solches wasser omaja, d. i. abprall, von omanuti, omahnuti (abprallen). Vuk, unter dem wort, bemerkt, daß es frauen in der frühe des Georgitages (23 apr.), um sich darin zu baden, zumal von der kleinen bachmühle (kaschitschara), auffangen. einige tragen es den abend zuvor nach haus und streuen allerhand abgebrochne grüne kräuter hinein: sie glauben alles böse und schädliche werde von ihrem leib abprallen, wie das wasser vom mülrad (Vuk. s. v. Djurdjev dan). Nicht unähnlich, obwohl gerade umgekehrt, ist die warnung nach frühem waschen das wasser nicht abzuschleudern, weil damit das glück verschleudert werde (abergl. no. 21).
Gleich den bächen und flüssen (s. 551) ließ der kindliche glaube des alterthums auch den regen aus schalen der himlischen götter entsendet werden und noch den reitenden hexen schreibt man krüge zu, aus denen sie sturm und hagel über die fluren schütten, statt des regens und thaus, der ehemals daraus niedertrof[Fußnote].
War der himmel verschlossen, das feld in dürre schmachtend, so hieng zwar die verleihung des regens zunächst von der gottheit ab, von Donar, oder Maria und Elias, die darum angefleht wurden (s. 143–146)[Fußnote]. Man bediente sich aber noch eines eignen zaubers, der unausbleiblich regenwasser schafte, die götter gewissermaßen nöthigte es zu gewähren. ein junges mädchen wurde ganz entkleidet, nachdem bilsenkraut (ahd. pilisa, hyoscyamus) mit dem kleinen finger der rechten hand ausgerissen an die kleine zehe seines rechten fußes gebunden war, von den andern jungfrauen feierlich zum nächsten fluß geführt und mit der flut besprengt. Dieser uns durch Burchard von Worms (abergl. C, p. 201b) berichtete, also vielleicht noch im 11 jh. am Rhein oder in Hessen geltende brauch erscheint bedeutsamer, da er, mit characteristischer verschiedenheit, die alle unmittelbare entlehnung ausschließt, noch heute unter Serben und Neugriechen lebt. Die serbische sitte beschreibt Vuk u. d. w. dodole. dodola heißt das mädchen, welches nakt ausgezogen, aber mit gras, kräutern und blumen dergestalt umwunden wird, daß von der haut und selbst dem gesichte gar nichts zu sehen ist[Fußnote]. im geleite andrer jungfrauen zieht nun 494 dodola von haus zu hause, vor jedem bilden sie einen reigen, dodola steht in der mitte und tanzt allein. nun tritt die hausfrau vor und schüttet eine mulde wasser über das immer fort tanzende und sich umdrehende mädchen aus, die begleiterinnen singen lieder und schalten jeder zeile den ausruf ›oj dodo, oj dodo le!‹ ein. das zweite dieser regenlieder (pjesme dodolske) in Vuks saml. no. 86–88 (184–188 der zweiten ausg.) lautet:
zu gott flehet unsre doda, oj dodo oj dodo le!
daß thauregen sich ergieße, oj dodo oj dodo le!
daß naß werden alle ackrer, oj dodo oj dodo le!
alle ackrer, alle graber, oj dodo oj dodo le!
selbst im hause alle knechte, oj dodo oj dodo le!
man ist sicher, daß unmittelbar regen erfolge. In Griechenland, wenn es vierzehn bis zwanzig tage lang nicht geregnet hat, beobachten die einwohner in dörfern und kleinen städten folgendes. die kinder wählen unter sich eines von acht bis zehn jahren, gewöhnlich ein armes waisenkind, das sie nakt ausziehen und mit kräutern und blumen des feldes von kopf bis zu den füßen anputzen und verhüllen. dies kind heißt πυρπηρου̃να. dann ziehen die andern kinder damit im dorfe herum, singen ein lied, die hausfrau muß einen eimer wasser über das haupt der πυρπηρου̃να ausgießen und den kindern einen para (½ pfenning) reichen. das neugriech. lied findet sich in Theod. Kinds τραγω̃δια τη̃ς νέας ‛Ελλάδος Leipz. 1833 p. 13. Passow. no. 311–313. s. 627. Warum das regenmädchen dodola (in der schmeichelform doda) und πυρπηρου̃ναgenannt wird, weiß weder die slavische noch die griechische sprache zu deuten[Fußnote]; wahrscheinlich hätte uns auch Burchard eine verdunkelte deutsche benennung melden können. Aber der sinn der handlung ist klar. wie aus dem eimer das wasser auf die dodola, soll regen vom himmel auf die erde niederströmen: es ist die geheimnisvolle, echtsymbolische beziehung des mittels auf den zweck; gerade so sollte der absprang vom mülrad das übel absprengen, oder die lustration im fluß alle künftigen krankheiten abwaschen. Ohne dabei eines mädchens oder kindes zu erwähnen, läßt die celtische überlieferung den in großer dürre ersehnten regen durch wasserausgießen hervorrufen. die jäger gehen zum brunnen von Barenton im wald Breziliande, schöpfen daraus wasser mit ihren hörnern und gießen es auf die brunnensteine, alsbald steigt regen empor und erquickt das land[Fußnote]. Der gebrauch, unter hinzutritt kirchlicher feierlichkeiten dauert noch heute fort. angeführt von geistlichen unter gesang und glockenläuten ziehen die einwohner in procession zu der quelle, fünf große fahnen werden vorausgetragen und der vorsteher der gemeinde 495 taucht seinen fuß kreuzweis in das wasser des brunnens von Barenton, nun ist man des regens sicher, ehe der zug wieder heim gelangt[Fußnote]. statt des kindes wird bloß der fuß des maire benetzt, oder nur ein wenig wasser ausgegossen, das dann in massen vom himmel fallen soll. durch das geringe opfer wird die große gabe herbeigeführt. In Spanien leitete man bei anhaltender hitze ein in trauer gehülltes bild der heil. jungfrau (imagen cubierta de luto) feierlich durch die dörfer, regen zu erflehen[Fußnote], wie bei der Lütticher procession (s. 145), wozu schon die von Petron geschilderte stimmt (s. 146); es ist dabei nur das symbolische ausgießen des wassers vergessen. Unter den kräutern aber, womit jenes kind umwunden wurde, fanden sich vermutlich zauberkräftige; die verwendung der bilse ist mir sonst unbekannt. Der dodola und pyrperuna identisch scheint endlich der bairische wasservogel. den knecht, der pfingstmontags am spätesten ausgetrieben hat[Fußnote], führen die übrigen bursche in den nächsten wald und binden ihn um und um mit laub, zweigen oder schilf ein, dann durchreiten sie im triumf das dorf, und alles was junge beine hat, folgt dem zug zum teich oder bach, wo der wasservogel vom pferd herab feierlich ins wasser geworfen wird (Schm. 1, 320). Ebenso wählen in Östreich die dorfjungen einen pfingstkönig, kleiden ihn mit grünen zweigen, schwärzen ihm das angesicht und werfen ihn in den bach. (Denis lesefr. 1, 130.) Das votis vocare imbrem ist hierbei ganz weggefallen und durch eine bloße pfingstlustbarkeit mit dem faulsten knecht[Fußnote] ersetzt; ich zweifle aber nicht, daß jener zweck im hintergrund der sitte liegt[Fußnote].
Unter den göttinnen wird die badende Nerthus und Holda zunächst auf wassercultus zu beziehen sein, Holda wohnt in brunnen (s. 222. 403); dann gehören hierher schwanjungfrauen, meerminnen (s. 360), wasserholden, brunnenholden (s. 222), wassermuhmen und nixen. Ihnen allen können einzelne flüsse, bäche, weiher, quellen geweiht und zum aufenthalt angewiesen sein; im meer walteten Oegir (s. 196) und Rân (s. 258. 411), die wellen heißen ihre töchter; dadurch empfängt die verehrung des elements einen besondern character. Von dieser an sich natürlichen aber nicht wesentlichen vereinigung des einfachen, rohen wassercultus mit dem glauben an höhere wesen will ich noch einiges anführen.
496 Wie man beim überschiffen des stroms, beim überschreiten der brücke die gewalt des da hausenden dämons scheut (s. 411); so ist es nach schwed. volksglauben (no. 40) rathsam, daß man im finstern über ein wasser gehend dreimal speie, und damit aller bösen einwirkung zuvorkomme[Fußnote]. Auch beim brunnenschöpfen wird vorsicht beobachtet. Neugriechen zu Mykono, bevor sie schöpfen, grüßen dreimal, um den Teloni (brunnengeist) zu ehren[Fußnote]. vom gestolnen ins wasser werfen (abergl. 836) heißt dem wassergeist opfern. Die vita S. Sulpicii bituricensis († 644) erzählt (acta Bened. sec. 2. p. 172): ›gurges quidam erat in Virisionensium situs agello (Vierzon, in Biturigibus), aquarum mole copiosus, utpote daemonibus consecratus: et si aliquis causa qualibet ingrederetur eundem, repente funibus daemoniacis circumplexus amittebat crudeliter vitam‹. Merkwürdiger für den wassercultus selbst zeugt des Greg. tur. erzählung vom see bei dem berg Helanus (de gloria confess. cap. 2): ›mons erat in gabalitano territorio (Gevaudan) cognomento Helanus, lacum habens magnum. ad quem certo tempore multitudo rusticorum, quasi libamina lacui illi exhibens, linteamina projiciebat ac pannos qui ad usum vestimenti virilis praebentur: nonnulli ianae vellera, plurimi etiam formas casei[Fußnote] ac cerae vel panis, diversasque species unusquisque juxta vires suas quae dinumerare perlongum puto. veniebant autem cum plaustris potum cibumque deferentes, mactantes animalia et per triduum epulantes. quarta autem die cum discedere deberent, anticipabat eos tempestas cum tonitruo et coruscatione valida; et in tantum imber ingens cum lapidum violentia descendebat, ut vix se quisquam eorum putaret evadere. sic fiebat per singulos annos, et involvebatur insipiens populus in errore‹. Hier tritt kein gott und kein geist auf, die jährlichen opfer werden dem see unmittelbar gebracht; am schlusse des fests erfolgt sturm und gewitter. Gervasius tilberiensis (bei Leibnitz 1, 982) erzählt von einem see auf dem berge Cavagum in Catalonien; ›in cujus summitate lacus est aquam continens subnigram et in fundo imperscrutabilem. illic mansio fertur esse daemonum ad modum palatii dilatata et janua clausa; facies tamen ipsius mansionis sicut ipsorum daemonum vulgaribus est incognita ac invisibilis. in lacum si quis aliquam lapideam aut aliam solidam projecerit materiam, statim tanquam offensis daemonibus, tempestas erumpit[Fußnote]‹. Darauf 497 die geschichte eines mädchens, das von den wassergeistern entführt und sieben jahr im see gehalten wird.
Ihre tiefe zu ermessen leiden die seen nicht. nachdem die messer bereits neun zwirnnetz garn mit einem senkel in den Mummelsee herabgelassen, ohne boden zu finden, begann das floß, worin sie saßen, plötzlich zu sinken und in schneller flucht ans land musten sie ihr heil suchen. Simplic. 5, 10. Einer fuhr mit einem kahn auf die mitte des Titisees und warf an fast endloser schnur das senkblei aus. da rief es aus der flut in fürchterlichem tone: ›missest du mich, so fresse ich dich‹! nun voll schrecken ließ der mann von seinem unternehmen ab, seitdem hat niemand gewagt die tiefe des sees zu ergründen (Mones anz. 8, 536). Ähnliches erzählt Thiele 3, 73 von Huntsöe, als man die tiefe ermessen wollte und ein pflugeisen am seil hinab ließ, erscholl eine stimme der geister von unten herauf: ›i maale vore vägge, vi skal maale jeres lägge!‹ erschrocken zog man wieder herauf, fand aber statt des eisens einen alten pferdeschädel am seil.
Nach ehstnischer sitte wirft die neue ehefrau in den brunnen des hauses ein geschenk; diesem volksstamm scheint der wassercultus vorzüglich eigen. es gibt eine umständliche nachricht von der heiligen Wöhhanda, einem bache in Liefland. sie entspringt bei Ihnegerve, einem dorfe des bezirks Odenpä, in Ehstland und ergießt sich, nach ihrer vereinigung mit der Medda, in den Peipus. sie liegt in einem heiligen hain, in dessen umkreis niemand einen baum zu hauen oder eine ruthe zu brechen wagt: wer es thut, stirbt also fort in dem jahr. bach und quellbrunn werden rein gehalten und jährlich gesäubert; wird etwas in den quell oder den kleinen see, welchen er durchfließt, geworfen, so entsteht unwetter[Fußnote].
Als im jahr 1641 Hans Ohm auf Sommerpahl, ein ausländischer, durch die Schweden ins land gekommener gutsbesitzer in dem bach eine müle baute und einige jahre unfruchtbare witterung anhielt, maßen es alle Ehsten der entweihung des heiligen baches bei, der keine hemmung in sich leide, sie überfielen die müle, brannten sie nieder und zerstörten alle grundpfäle im wasser. Ohm erhub klage und erlangte der bauern verurtheilung, um sich aber neuer und schwerer verfolgung zu entziehen, veranlaßte er den pastor Gutslaff, gleichfalls einen Deutschen, in einer besondern schrift[Fußnote] diesen aberglauben zu bekämpfen. man erfährt dadurch 498 gewis nur die gehässigen züge des heidnischen cultus. Auf die frage, wie von brunnen, bächen und seen gutes und böses wetter abhängen könnte? versetzten die Ehsten: ›es ist unser alter glaube, die alten haben uns also gelehret (s. 25. 258), schon mehr mülen seien an diesem bache abgebrannt (s. 278), er vertrage keine stauung‹. ehstnisch heiße er ›pöha jögge‹, lettisch ›schwäti ubbe‹, d. i. heiliger bach. man vermöge durch ihn das wetter zu stellen und habe, bedürfe man regens, nur etwas hineingeworfen (s. 25). als einmal drei ochsen im see ertranken, sei schnee und frost entstanden (s. 26). zuweilen steige ›ein kerl mit blauem und gelbem strumpfe‹ aus dem bach hervor, also der geist des baches.
Eine andere ehstnische sage gedenkt des sees Eim, der sein bett veränderte. wilde böse menschen wohnten an seinem ufer, sie mähten die wiesen nicht, die er wässerte, besäten die äcker nicht, die er fruchtbar machte, sondern raubten und mordeten, daß die klare flut durch das blut der erschlagenen getrübt wurde. Da trauerte der see; eines abends berief er seine fische alle und hob sich mit ihnen in die lüfte. Als die räuber das tosen vernahmen, riefen sie: ›der Eim ist aufgestiegen, laßt uns seine fische und schätze sammeln‹. aber die fische waren mit gezogen und nichts fand sich in dem grund als schlangen, molche und kröten, die stiegen heraus und wohnten bei dem räubergeschlecht. Aber der Eim stieg immer höher und eilte einer weißen wolke gleich, durch die luft; die jäger in den wäldern sprachen: ›welch ein dunkles wetter zieht über uns?‹, die hirten: ›welcher weiße schwan fliegt in der höhe?‹ die ganze nacht schwebte er unter den sternen, am morgen erblickten ihn die schnitter, wie er sich senkte, und aus dem weißen schwan ein weißes schif, und aus dem schiffe ein dunkler wolkenzug ward. und es sprach aus den gewässern: ›hebe dich von dannen mit der ernte, ich will wohnen bei dir‹. Da hießen sie ihn willkommen, wenn er ihre äcker und wiesen bethauen wolle, er senkte sich nieder und breitete im neuen lager sich aus nach allen enden. Sie ordneten sein bett, zogen dämme, pflanzten junge bäume ans ufer, seine wellen zu kühlen. Da machte er die ganze gegend fruchtbar, das gefilde grünte und sie tanzten um ihn, daß der alte jugendlich froh ward[Fußnote].
499 Römer und Griechen personificierten ihre flüsse in männliche wesen; ein bärtiger greis gießt aus seiner urne die strömende quelle (s. 485. 493). herlich stellt Homer den elementarischen streit zwischen wasser und feuer in dem kampfe des Skamander und Hephäst dar, und der fluß, ein gott, heißt άναξ. Od. 5, 445. 451. auch der indische Ganges ist eine hehre gottheit. kleineren bächen oder brunnen standen nymphen vor[Fußnote]. in unserer sprache sind die meisten flußnamen weiblich (gramm. 3, 384–86), es werden also auch weibliche flußgeister gewaltet haben. zwölf oder achtzehn ströme der unterwelt verzeichnet mit namen Sæm. 43b. Sn. 4. ich hebe Leiptr hervor, bei deren klarem wasser, wie bei Styx und Acheron, geschworen wurde. Sæm 165a: ›at eno liosa Leiptrar vatni‹. Niemals ist in einheimischer überlieferung von einem dämon des Rheins die rede, doch eddisch heißt die Rîn (fem.) svinn, âskunna (prudens, a diis oriunda. Sæm. 248a). in des Rheines schoß liegen schätze und gold. Die Gothen bestatteten Alarich, ihren geliebten könig, unter dem bette eines flusses bei Consentia (Cosenza), den sie abgegraben und dann wieder über den leichnam geleitet hatten (Jornandes cap. 30); die Franken beim überschreiten eines flusses brachten ihm opfer (s. 37).
Wo aber grünes land von dem heiligen wasser der flüsse umschlungen wird, da bilden sich auen, und diese sind, wie wir vielfach gesehn haben, vorzugsweise zur wohnung der götter geeignet, vgl. Wunsches ouwe (s. 116), Pholes ouwa (s. 186)[Fußnote]. gleich ehrwürdig waren die von der reinen meerflut umspülten inseln, Fosetesland (s. 190) und der Nerthus eiland (s. 208).
In dem meer selbst hausten Oegir (s. 196) und Rân (s. 258), die wellen heißen ihre töchter; die edda nennt neun wellen und zählt ihre namen auf (Sn. 124. vgl. die räthsel der Hervararsaga s. 478. 479). mich gemahnt das an die nona unda im Waltharius 1343 und an den fluctus decumanus. es muß noch einen andern gott des meers gegeben haben, Geban (s. 198 vgl. s. 258). nach der edda liegt in dem tiefen meer ein ungeheurer wurm, miđgarđsormr, der sich in den schwanz beißt und die ganze erde umspannt. auf die unermeßlichkeit des oceans (goth. marisáiv) gehen die ahd. namen endilmeri und wendilmeri (Graff 2, 829), vgl. enteo und wenleo (s. 467), entil und wentil (s. 311). einen ags. 500 ausdruck gârsecg habe ich (zeitsch. f. d. a. 1, 578) zu erklären gesucht. wie die flut keinen missethäter in sich duldet, ist ›daz mer so reine, daz ez keine bôsheit mac gelîden‹. Wiener merfart 392[Fußnote]