Das verhältnis der frauen und männer zu den göttern ist sehr verschieden, weil nur männer berühmte geschlechter bilden, mit frauen das geschlecht stirbt. die stammsage enthält nichts als heldennamen; alle königstöchter bleiben darin ungenannt oder verschwinden wieder, sobald sie als gemahlinnen aufgeführt worden sind. eben deshalb erscheinen vergötterte söhne, nicht vergötterte töchter, ja aus der ehe unsterblicher mit sterblichen wurden fast immer söhne geboren. Den helden, die wir im vorhergehenden cap. als eine mischung himmlischer und irdischer natur betrachtet haben, lassen sich also keine frauen zur seite setzen. denn die spindel begründet keinen anspruch auf unsterblichkeit wie das schwert. sehr bezeichnend legten die Angelsachsen der frau und dem knecht, den im kampf unthätigen, im haus thätigen, das geschäft des friedewebens bei. männern ziemte die heldenarbeit.
Was die frauen aber hier einbüßen wird ihnen auf anderm wege reichlich erstattet. für jene besonderheit einzelner heldenrollen, die in der sage oft unwirksam untergeht, sind ihnen allgemeine ämter mit vielbedeutigem, dauerndem einfluß überwiesen. eine ganze reihe anmutiger oder furchtbarer halbgöttinnen vermittelt den menschen die gottheit: ihr ansehn ist offenbar größer, ihr cultus eingreifender, als die verehrung der heroen. es gibt keine eigentlichen heldinnen, doch was unter den frauen den helden entgegentritt, scheint noch erhöhter und geistiger. Brunhild ragt über Siegfried, die schwanjungfrau über den held hinaus, dem sie sich verbindet [Fußnote]
iuch het got ze einer gotinne
gemacht in himelrîche
harte wünneclîche.
gegenüber den harten männern, haben die frauen auch den vorzug, daß sie gütig und erbarmend sind, selbst riesinnen und teufelinnen (s. anm. 1346).
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Auch andere mythologien lassen wahrnehmen, daß im zweiten rang der götter weibliche wesen vorwalten, während der erste fast den männlichen behalten bleibt, jene göttlichen helden aber nur im dritten stehn. Ich habe schon s. 207 die längere dauer der überlieferung von einigen göttinnen mit daraus erklärt, daß sie bleibendere lieblichere eindrücke in dem gemüte des volks zurückließ.
Nichts wird bei solchen untersuchungen schwerer sein, als zwischen göttinnen und halbgöttinnen zu unterscheiden. eines jeden gottes gemahlin muß zugleich für wirkliche göttin gelten; allein es gibt auch unverehelichte göttinnen, z. b. Hel. Halbgöttin ist die sich weder als gemahlin, noch tochter eines gottes erweisen läßt, und in abhängigem verhältnis zu höheren gottheiten steht. Ein solcher schluß taugt jedoch nicht überall für unvollständig erhaltene mythologien; eben weil halbgöttinnen höher stehen als halbgötter, sind diese leichter, jene schwieriger gegen die classe der großen götter abzugrenzen. Die grenze kann sich dadurch verrücken, daß einzelne volksstämme göttliche wesen geringeren ranges, deren cultus bei ihnen überhand nahm, zu höherem rang erhoben, welches freilich auch bei dem heldendienst, obwol seltner, eintreten mag.
Geschäft und bestimmung der halbgöttinnen ist nun im allgemeinen so zu bezeichnen, daß sie den oberen göttern dienen, den menschen verkündigen.
Es ist ein bedeutsamer zug unseres heidenthums, daß zu diesem amt frauen und nicht männer auserlesen werden. die jüdische und christliche ansicht bildet hier einen gegensatz: propheten weissagen, engel, erscheinende heilige verkündigen, und richten gottes befehle aus; die griechischen und deutschen götter bedienen sich männlicher und weiblicher boten. Nach deutscher ansicht scheinen aussprüche des schicksals im munde der frauen größere heiligkeit zu erlangen, weissagung und zauber in gutem wie bösem sinn sind vorzugsweise gabe der frauen, und vielleicht hängt damit noch zusammen, daß die sprache tugenden und laster durch frauen allegorisiert. Wenn es in der natur des menschen überhaupt gelegen ist, dem weiblichen geschlecht eine höhere scheu und ehrfurcht zu beweisen, so war sie den deutschen völkern von jeher besonders eingeprägt. männer verdienen durch ihre thaten, frauen durch ihre weisheit vergötterung: fatidicae augescente superstitione deae (s. 78) [Fußnote].
Diese schon bei Tacitus hervorgehobne germanische frauenverehrung wird in unsern alten volksrechten, zumal dem alamannischen und bairischen, durch eine verdoppelte composition bedeutsam ausgedrückt (RA. 404): die wehrlose empfängt damit schutz und heiligung, ja sie soll dieses vorzugs verlustig gehn, sobald sie zu des mannes waffen greift. frauencultus erscheint aber nicht bloß in den minneliedern unseres mittelalters allenthalben, sondern auch in einer merkwürdigen formel des ritterthums, wie sie volkslieder und höfische gedichte enthalten: ›durch aller frouwen êre‹. Wolfdiet. 104. Morolt 855. 888. 2834. Morolf 1542. Ecke 105. 117. 174. Roseng. 2037. MsH. 3, 200a; ›durch reiner frouwen êre‹. Ecke 112; durch willen aller frouwen, ein held ruf dem andern zu: ›nu beite, durch willen aller meide!‹ Rab. 922. 924; ›durch willen schœner wîbe‹. Ecke 61; ›durch ander maget êre‹, Gudr. 4863; ›durch elliu wîp‹ Parz. 136, 16; ›êre an mir elliu wîp!‹ Erec 957. ›êret an mir elliu wîp!‹ sagt Parz. 88, 27 eine frau, um der erhörung ihrer bitte gewis zu sein; ›allen meiden tuot ez ze êren‹ Gudr. 1214, 3; ›êre und minne elliu wîp!‹ Trist. 5032 wird beim schwertgeben geboten; ›tuon allez daz frouwen wille sî‹. Bit. 7132. ›als liep iu alle frouwen sîn‹. Laurin 984. ihre verehrung wird der göttlichen gleichgestellt: ›êret got und diu wîp!‹ Iw. 6054; ›durch got und durch der wîbe lon‹. Wh. 381, 21; ›wart sô mit riterschaft getân, dês got sol danken und diu wîp‹. Wh. 370, 5; ›dienen got und alle frouwen êren‹. Ms. 2, 99b; von Parzivâl wird sogar gesagt: ›er getrûwete wîben baz dan gote‹. Parz. 370, 18. Diese redensarten, dieser glaube steigen in weit höheres alter hinauf, schon O. I. 5. 13: ›dô sprah er êrlîcho ubaral, sô man zi frowûn skal‹ und V. 8, 58: ›ni sît irboigan wîbe‹; weiber soll man nicht schelten. Etzels hofhalt. 92. 93; ›sprich wîben übel mit nihte‹ heißt es im gedicht von der stete ampten 286. Die frau ist ja ihrem namen nach göttin, vgl. was s. 248. 249 über den sinn der worte frau und weib gesagt wurde [Fußnote].
Aber noch mehr, der held, wenn er in kampfes nöthen die geliebte frau (ahd. trûtin, trûtinna, mhd. triutinne) ansah, ihrer gedachte, ihren namen nannte, erhöhte dadurch seine stärke, und war des siegs gewis. man dürfte hierher selbst den ausspruch des Tacitus nehmen: memoriae proditur quasdam acies inclinatas jam et labantes a feminis restitutas constantia precum et objectu pectorum. aus den gedichten des 13 jh. will ich bloß die hauptstellen hersetzen:
und als er dar zuo an sach
die schœnen frowen Erîten,
daz half im vaste strîten. Er. 933.
swenne mich der muot iwer ermant,
sô ist sigesælic mîn hant:
wand iwer guote minne
die sterkent mîne sinne,
daz mir den vil langen tac
niht wider gewesen mac. Er. 8867.
diu dâ gegenwurtic saz,
diu gehalf ir manne baz.
ob im dehein zwîvel geschach,
swenn er si danne wider an sach,
ir schœne gap im niwe kraft
sô daz er unzagehaft
sîne sterke wider gewan
und vaht als ein geruowet man. Er. 9171.
der gedanc an sîn schœne wîp
der kreftigete im den lîp. Er. 9229.
swenne im diu muoze geschach
daz er die maget reht ersach,
daz gap ir gesellen
Gâwâne manlich ellen. Parz. 409, 13. 410, 5.
nu sach er daz si umb in was in sorgen,
alrêst er niuwe kraft enpfant. Lohengr. s. 54. 55.
den Heiden minne nie verdrôz,
des was sîn herze in strôte grôz. Parz. 740, 7.
ern welle an minne denken,
sone mager niht entwenken. Parz. 740. 15.
wes sûmest du dich, Parzivâl
daz du an die kiuschen liehtgemâl
niht denkest, ich mein dîn wîp,
wiltu behalten hie den lîp? Parz. 742, 27.
der getoufte nam an kreften zuo,
er dâht, des was im niht ze fruo,
an sîn wîp die küniginne,
unt an ir werden minne. Parz. 743, 23.
swâ ich sider kom in nôt,
ze hant so ich an si dâhte,
ir minne helfe brâhte. Parz. 768, 27.
müede was ir bêder lîp,
niuwan daz sie dâhten an diu wîp
sie wæren bêdesamt gelegen. altd. bl. 1, 340.
im carmen de Phyllide et Flora heißt es 31, 4: ›ille me commemorat inter ipsas caedes‹, der geliebte nennt im kampf meinen namen, um siegreich daraus hervorzugehen [Fußnote]. das klingt recht heidnisch, da die götter augenblicklich beistanden, sobald ihr name genannt wurde. Snorri sagt Yngl. saga cap. 2 von Ođinn: svâ var oc um hans menn, hvar sem þeir urđu î nauđum staddir â siâ eđa â landi, þâ kölludu þeir â nafn hans, oc þôttiz iafnan fâ af þvî frô. Als den âsen Hrûngnir unerträglich wurde, þâ nefna þeir Thôr, þvî næst kom Thôrr î höllina. Sn. 108. Kraka, ein halbgöttliches wesen ermahnte den Erich: si suprema necessitatis violentia postularet, nominis sui nuncupatione remedium celerius esse quaerendum, affirmans se divina partim virtute subnixam et quasi consortem coelitum insitam numinis gestare potentiam. Saxo gramm. p. 72. So nimmt die valkyrie sich ihres erkornen helden an, wenn er ihren namen ausruft, sie ist seine schutzgöttin geworden und gleichsam von den göttern entsandt ihm beistand zu bringen [Fußnote]
do versuocht ich'n, ob er kunde sîn
ein friunt, daz wart vil balde schîn.
er gap durch mich sîn harnas
enwec . . .
mange âventiure suohter blôz. Parz. 27, 13.
die ritter tragen wapen und kleinod, besonders gern ermel, mouwe, stauche, stücke vom ermel, durch die frauen. die frau ist schirm, schild und geleite des ritters, dessen schwert in ihrer hand ist. Parz. 370. 371. ›ich wil in strîte bî iu sîn‹ sagt Obilôte zu Gawan. Parz. 371, 14. der geliebten des siegers müssen sich die gefangnen ergeben. Parz. 394, 16. 395, 30. 396, 3. die geliebte ist also auch kriegerin wie Freya und schildfrau s. 351. der ermel, welchen der ritter als zeichen an seinem schilde trägt, hat der jungfrau bloßen arm gerührt. Parz. 375, 16. vgl. 390, 20. Erec 2292 ff. En. 12035 ff. (322, 32 ff.). ein hemde, das der geliebten bloßen leib berührte, ist des ritterlichen halsberges dach. Parz. 101, 10. vgl. es gibt dir gleich, naizwan, ain kraft, wen du im an den rock rüerest. Keisersb. spinnerin f. 3d. die bloßen arme zeigt die geliebte. Hätzlerin. 185. das anschauen der geliebten stärkt. Lanc. 8107. die frouwen begunder ansehen, der schoene gap im solhe maht. Wigal. 7560. Schionatulander stärkt sich im kampf und siegt dadurch, daß er an Sigune denkt, wie sie sich ihm in voller schönheit nackt zeigte, und sie gewährte ihm eben das nacktzeigen, um ihn dadurch in gefahren zu sichern. Tit. 1247–50. 1497. 2502. 4104. 4717.
sed in cordibus milites
depingunt nostras facies,
cum serico in palliis
colore et in clipeis. carm. bur. 148b.
Sifrit gedâht an daz küssen, daz ver Krîmhilt im hâte getân, dâ von der degen küene ein niuwe kraft gewan. Roseng. 1866. nu sich an die frouwen und gedenke an frou Herchen. a. o. 1912. in dirre nôt gedâhte er der schoenen megde Larîen. Wigal. 6424. wis muotic unde balt, gedenke an reiner wîbe blic, der gruoz man ie mit dienste galt. Winsbecke 20, 2. man sol vor êrste an got gedenken in der nôt, dar nâch gedenke an die süezen mündel rôt und an ir edeln minne, diu verjagt den tôt. Kolm. ms. 73, 37. 42, 46. wer beim anblick des rings an die geliebte denkt, wird stark. Horn 573. 609. 883. 1505. une dame à qui vous estes bien obligé, dans tous les combats de barrière et toutes les courses de bague, elle vous a souhaité d'en emporter l'honneur. rom. com. de Scarron s. 82. vgl. wörterb. s. v. andacht. Daß die götter sofort zum beistand erschienen, wenn ihr name genannt wurde, bezeugt auch Sn. 47: kölluđu â þôr oc iafnskiôtt kom hann. Vagnoftus erscheint auf nennung plötzlich. Saxo s. 45. (sogar ente und ameise, an die gedacht wird, stehn plötzlich da. sv. folkv. 1, 76. 77). so werden auch die geliebten zum beistand im kampfe angerufen, die geliebte fee Phiolede von Darifant. Haupts zeitschr. 2, 182. 183: ›dîn scône helphet mich vorwâr!‹ Wolfram 8, 31: ›dîn wîplich güete neme mîn wâr und sî mîn schilt hiut hin und her!‹ denn ›bî werdem man sô wachent wîbes güete‹. Ms. 1, 190a. vgl. das wachen der Saelde (in convivio sibi amator talos cum jacit, scortum invocat. Plaut. captivi I. 1, 4). auch rufen die frauen dem kämpfer zu, oder wünschen: the little strength that I have, I would it were with you! Skakesp. as you like it. 1, 2. frauenschönheit spaltet felsen. von ir schoene müese ein fels erkrachen. MsH. 3, 173a. sie heilt kranke: der sieche muose bî in genesen. Dietr. drachenk. 350b. sol daz ein siecher ane sehn, vor fröide wurde er schier gesunt. a. o. 310b. ir smieren und ir lachen und solde ein sieche daz ansehn, dem müeste sorge swachen. a. o. 70a. die flucht zu frauen rettet. hie sal die zuht vore gân, nu he under den vrowin ist komin. Roth. 4626. vgl. 4589. frauentritte verletzen die blumen nicht. ich waen swelhe trat diu künegîn, daz si niht verlôs ir liehten schîn. Türl. Wh. 97b 152a.
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Die bestimmung solcher frauen war also sterblichen menschen heil oder unheil, sieg oder tod anzusagen und zu bereiten. am längsten, wie wir sahen, hat der volksglaube ihren bezug auf kampf und sieg festgehalten. Wie bei den helden beruht ihr wesen selbst auf menschlicher natur, und sie scheinen meistentheils aus königs und heldengeschlecht hervorgegangen, vermutlich ist auch bei ihnen einmischung göttlicher ahnen vorauszusetzen. Um aber ihr geschäft zu bewerkstelligen musten ihnen weisheit und übernatürliche kräfte zu gebot stehn: ihre weisheit erspäht, ja sie lenkt und ordnet verflechtungen unseres schicksals, warnt vor gefahr und räth in schwieriger lage. bei der geburt des menschen erscheinen sie weissagend und begabend, in kampfes nöthen hilfreich und sieg verleihend. darum heißen sie kluge, weise frauen, altn. spâkonor (vgl. spâkr, ahd. spâhi, prudens), schott. spae wife, mhd. wîsiu wîp. Nib. 1473, 3. 1483, 4 [Fußnote].
Ich schicke aber einen älteren ausdruck voraus, der mir ganz den eben entwickelten sinn zu gewähren, und in seiner allgemeinheit sämtliche, hernach näher abzuhandelnde besondere wesen zu umfassen scheint. das ahd. itis pl. itisî, alts. ides, pl. idisî, ags. ides, pl. idesa bedeutet femina überhaupt und kann von jungfrauen oder frauen, armen oder reichen gelten [Fußnote]. gleich dem gr. νύμφη scheint es jedoch schon in frühster zeit vorzugsweise auf übermenschliche wesen angewandt, die geringer als göttinnen, höher als irdische frauen angesehn gerade den mittelrang einnehmen, von welchem hier die rede ist. Tacitus meldet uns, ein berühmtes schlachtfeld an der Weser habe bei den Cheruskern Idisiaviso (so bessere ich aus Idistaviso) geheißen, d. i. nympharum pratum, frauenwiese; einerlei ob die stätte schon vor dem kampf mit den Römern diesen namen führte oder ihn erst nachher überkam (s. Haupts zeitschr. 9, 248). hier war einmal oder zum andernmal unter leitung dieser hehren frauen gesiegt worden. in voller thätigkeit stellt uns das Merseburger lied die idisî dar:
sumâ hapt heptidun, sumâ heri lezidun,
sumâ clûbôdun umbi cuniowidi,
einige hefteten haft, d. i. thaten (dem kampfe) einhalt, wie es Renner 20132 heißt:
dez muoz ich heften einen haft
an dirre materie ân mînen danc,
wan ich fürhte, sie werde ze lanc.
andere hielten das heer auf (goth. hari latidêdun), noch andere pflückten nach ketten oder kränzen, d. i. nach bindenden, fesselnden pflanzen und reisern, aus welchen sie hemmende binden oder kränze dem sieger zu winden gedachten. ihr geschäft war also, wie es auch die anwendung des zauberspruchs fordert, hier ein hemmendes, aufhaltendes; merkwürdig stimmen dazu die Sæm. 45a nebeneinander angeführten eigennamen zweier nord. valkyrien Hlöck = ahd. Hlancha, d. i. catena und Herfiötr = ahd. Herifezzara, exercitum vinciens. sicher stand es auch in ihrer gewalt zu lösen und zu fördern, wie zu binden und zu hemmen. Mit itis zusammengesetzt sind die frauennamen Itispuruc (Meichelbeck no. 162), Itisburg (trad. fuld. Schannat 181), Idisburg (Lacombl. no. 87) und Itislant (Graff 1, 159), die wie Hiltipurc, Sigipurc, Sigilant (MB. 14, 362) sich für solche frauen unsrer vorzeit eignen [Fußnote] [Fußnote].
Aber viel reichere aufschlüsse über ihr wesen gewinnen wir aus den nordischen quellen, es ist bisher verkannt worden, daß dem ahd. itis, ags. ides das altn. dîs pl. dîsir entspricht; ein beispiel ähnlicher aphaeresis war s. 193 Rîgr für Iring, und Sangrim, Singrim für Isangrim, Isingrim (Reinh. CCVIII). alle zweifel schwinden sobald man das eddische dîs Skiöldûnga Sæm. 169a 209a mit dem ags. ides Scildinga Beov. 2337 vergleicht. Auch die nordischen dîsir sind bald gütige, schirmende, bald feindliche, hindernde wesen, vgl. Sæm. 185a 195a 254b 273a. ein beispiel der letzteren art liefert die geschichte von Thiđrandi, den dîsir umbrachten, thann er sagt at dîsir vaegi, quem deas interfecisse dicunt (Nialssaga cap. 97); die umständliche erzählung (fornm. sög. 2, 195) nennt sie bloß konur (frauen). spâdîsir (nymphae vaticinantes) Völsung. saga cap. 19 sind nichts anders als was spâkonur; die redensart: ›ecki eru allar dîsir dauđar enn‹ (Alfs saga cap. 15) sagt ganz allgemein: noch sind nicht alle guten geister ausgestorben. ›yđr munu dauđar dîsir allar‹ (euch sind alle geister todt) fornald. sög. 2, 47. Das volk aber verehrte sie und brachte ihnen opfer: öfter ist die rede von dîsablôt. Egilssaga cap. 44 p. 205. Vigagl. saga cap. 6 p. 30; blôta kumla dîsir (deabus tumulatis sacrificare) Egilss. p. 207. aus dieser stelle folgt ein zusammenhang der dîsir mit gespenstern, d. h. abgeschiednen geistern, deren wiedererscheinen vorbedeutet: ›konor hugđak dauđar koma î nôtt‹ (Sæm. 254a), todte frauen, d. h. dîsir. Herjans dîs (Sæm. 213b) ist nympha Odini, eine in Valhöll wohnende, zu Ođins gebot stehende jungfrau; dîs Skiöldûnga (Sæm. 169a 209a), aus dem geschlecht der Skiöldunga abstammende göttliche jungfrau, wird sowol Sigrûn als Brynhild genannt, vgl. ags. ides Scyldinga und ides Helrninga Beov. 1234. aber selbst Freyja heißt Vanadîs (nympha Vanorum) Sn. 37 und Skađi, eine andere göttin, öndurdîs (die in holzschuhen gehende) Sn. 28, was gleichviel ist mit öndurguđ. mehrere weibliche eigennamen sind mit dîs zusammengesetzt: Thôrdîs, Hiördîs, Asdîs, Vigdîs, Halldîs, Freydîs und sie zeigen das beträchtliche alter der einsilbigen form dîs, welche auch in der edda stets auf D alliteriert, ahd. hätte man Donaritis etc. zu gewarten. dem ursprünglichen idis könnte der name der göttin Idunn verwandt scheinen [Fußnote].
Wenn, wie ich annehme, schon zu Tacitus zeit der ausdruck idis gangbar war, so meldet er uns andere mehr besondere benennungen als bloße eigennamen, denen gleichwol noch ein gewisser allgemeiner sinn zustehen mag. bereits im fünften cap. als der zusammenhang zwischen wahrsagerinnen und dem priesteramt gewiesen wurde, habe ich die zeugnisse über Veleda, Ganna und Aurinia beigebracht. Veleda scheint fast appellativ, und dem nord. Vala, Völva (s. 80) oder gar dem masc. Völundr (s. 313), vielleicht auch der benennung der valkyrien verwandt [Fußnote]. Sie wohnt auf einem thurm, wie Jetha (s. 79) und Brynhildr (Völs. saga cap. 24). eingegangene verträge wurden in ihrer gegenwart geheiligt; sie weissagte nicht bloß, sie hatte unter dem volk geschäfte zu schlichten und auszuführen. Sæm. 4b 5a wird die Vala, nach der das berühmte lied Völuspâ genannt ist, auch Heiđr und Gullveig geheißen, und wie mit -heid unsre frauennamen Adalheid, Alpheid u. s. w. gebildet sind, will Finn Magnusen p. 416b Veleda aus Valaheid, was sich aber nirgend anbietet, herleiten [Fußnote]. Sehr anziehend ist die von ihr gegebne schilderung: wohin im lande diese vala velspâ (fatidica) kam, übte sie zauber, man glaubte, daß sie umherziehe und in die häuser einkehre. dies ›til hûsa koma‹ gemahnt an das ›drepa â vett sem völur‹ (pulsare aedes sicut fatidicae) Sæm. 63a, wie auch anderwärts von weissagenden, begeisternden und heilbringenden frauen angenommen wurde, daß sie durch das land führen und an die häuser der menschen klopften, die sie beglücken wollten.
Ganna (s. 78) würde sich sichrer erklären lassen, wäre uns die eigentliche bedeutung der wurzel ginnan erschlossen; ein mhd. ginnen ist secare, das altn. ginna allicere, seducere, und Sæm. 21a wird gewarnt, den schmeichlerischen worten der vala zu trauen (›völo vilmæli trûi engi mađr‹); wie ags. dichter ähnliche ausdrücke von der Vyrd gebrauchen, werden wir hernach sehn.
Dem Drusus, als er die Weser überschritten hatte und sich der Elbe näherte, trat im lande der Cherusker eine übermenschliche frau: γυνή τις μείζων ὴ κατὰ ανθρώπου φύσιν entgegen, wehrte ihm weiter vorzudringen und weissagte sein nahendes ende (Cass. Dio 55, 1). species barbarae mulieris, humana amplior, victorem tendere ultra, sermone latino, prohibuit (Sueton. in Claudio l) [Fußnote]
seu pede rura teras, seu ponto carbasa tendas,
infestos patiere deos, totumque per orbem
propositis inimica tuis elementa videbis.
. vielleicht giengen davon deutsche volkssagen, die den Römern bekannt wurden. einheimische weise frauen standen wie helden in der noth des vaterlandes auf und schreckten durch ihr erscheinen den feind.
Vor Veleda soll Aurinia in Deutschland berühmt gewesen sein (s. 78); ali mag unter den händen der schreiber sich leicht in au verderbt haben, runa in rinia: so hätten wir Aliruna, wofür freilich Tacitus schon Alioruna schreiben durfte. aber die oft wahrgenommene einstimmung mit Jornandes cap. 24 ist auch unverkennbar, der, zur erklärung des ursprungs der Hunen, von Filimer dem gothischen könig berichtet: 'repperit in populo suo quasdam magas mulieres, quas patrio sermone aliorumnas (al. alyrumnas, aliorunas, aliuruncas) is ipse cognominat, easque habens suspectas de medio sui proturbat, longeque ab exercitu suo fugatas in solitudine coegit errare. quas silvestres homines, quos faunos ficarios vocant, per eremum vagantes dum vidissent, et earum se complexibus in coitu miscuisent, genus hoc ferocissimum edidere‹. Mit -rûn, -rûna, werden viele frauennamen gebildet (gramm. 2, 517), ahd. urkunden bieten, wiewol sparsam, auch Alarûn, Alerûna MB. 3, 416 (a. 1140); Gosprecht der Alraunyn sun MB. 27, 80 (a. 1309). niemals las ich Elirûn, was man nach jenem ali- erwarten sollte [Fußnote]. bedeutsam aber steht der altn. name Ölrûn Sæm. 133. 134 gerade einer weisen frau zu, und alrûna (Graff 2, 523), heutzutag alraun, ist aus der bedeutung eines weissagenden teuflischen geistes endlich in die der wurzel (mandragora), aus welcher man ihn schneidet, übergegangen. wir wenden uns zu andern benennungen, für welche die quelle der überlieferung reicher fließt [Fußnote].
Von den drei schicksalsgöttinnen enthält die edda einen abgeschlossnen tiefsinnigen mythus. sie heißen gemeinschaftlich nornir, einzeln aber Urđr, Verđandi, Skuld. Sæm. 4a Sn. 18. der ausdruck norn (parca) hat sich bisher in keinem andern dialect aufgefunden [Fußnote], gehört jedoch ohne zweifel echtdeutscher wurzel an, und ist wie dorn, korn, horn u. s. w. gebildet, ahd. würde man norn, pl. nornî gesagt haben; auch die schwed. und dän. sprache kennen ihn nicht mehr [Fußnote]. In den drei eigennamen sind die formen abstracter verba unmöglich zu verkennen: Urđr ist aus dem pluralablaut von verđa (varđ, urđum) entnommen, Verđandi ist das fem. part. praes. des nemlichen worts, Skuld das part. praet. von skula, d. h. dem wort, mit welchem die mangelnden flexionen des futurums umschrieben werden. es ist also sehr passend das gewordne, werdende und werdensollende, oder vergangenheit, gegenwart und zukunft bezeichnet und jede der drei parzen in einer dieser richtungen aufgestellt [Fußnote]. zugleich thun uns die namen dar, daß die lehre von den nornen ursprünglich unter allen deutschen völkern einheimisch war. eine goth. Vaúrþs, Vaírþandei, Skulds, eine ahd. Wurt, Werdandi, Scult u. s. w. müssen als persönliche wesen bekannt gewesen sein, wir vermögen die persönlichkeit der ersten norn deutlich aus alts. und ags. poesien zu beweisen. ›thiu Wurdh is at handun‹ heißt es Hel. 146, 2, wie ›dôd is at hendi‹ 92, 2: parce, tod stehen so nahe, daß sie den ihnen verfallnen menschen mit der hand greifen können [Fußnote]; wir würden heute ebenso sinnlich sagen; ›stehen ihm bevor‹, ›sind vor handen‹. ›thiu Wurth nâhida thuo‹, nahte sich da Hel. 163, 16. ›Wurth ina benam‹. Hel. 66, 18. 111, 4: die todesgöttin nahm ihn weg. lebloser klingt der ausdruck des Hild. liedes 48 ›wêwurt skihit‹, oder vielleicht getrennt ›wê! wurt skihit‹, weil ›geschehen‹ mehr von unsinnlichen dingen gesagt wird. auch eine ahd. glosse hat wurt fatum (Graff 1, 992). desto lebendiger sind ags. redensarten: ›me þât Vyrd [Fußnote] geväf‹ (parca hoc mihi texuit) cod. exon. 355; ›Vyrd oft neređ« unfægne eorl, þonne his ellen deáh‹ (parca saepe servat virum, donec virtus ejus viget, ellan taoc. Hild.). Beov. 1139; ›him väs Vyrd ungemete neah [Fußnote], se þone gomelan grêtan sceolde, sêcean sâvlehord, sundur gedælan lîf viđ lîce‹. Beov. 4836, ›svâ him Vyrd ne gescrâf‹ (ita ei fatum non ordinavit, decrevit) Beov. 5145 El. 1047 vgl. Boeth. ed. Rawl. p. 151; ›ealle Vyrd forsveop [Fußnote]‹ (alle riß die parze fort) Beov. 5624; hie seo Vyrd besvâc, forlêolc and forlærde (eos parca decepit, allexit, seduxit) Andr. 613; us seo Vyrd sceđeđ (nos fatum laedit) Andr. 1561. unsinnlicher sind die stellen im Cædm., doch heißt 61, 12 die Vyrd ›välgrim‹, schlachtgierig, grausam. der Vyrd wird demnach beigelegt: gretan (excitare, ahd. cruozan), scrîfan (ordinare, ahd. scrîpan) [Fußnote], vefan (texere, ahd. wepan), besvîcan (decipere, ahd. pisuîchan), forlæcan (fallere, ahd. farleichan), forlæran (seducere, male informare) sceđan (nocere), sie erscheint mächtig, oft aber grausam und kriegerisch. Nicht so läßt sich die persönliche verwendung der beiden andern namen erweisen, obgleich der dritte altn. Skuld, ahd. Scult, ags. Scyld als abstractes fem. skuld, scult, scyld, mit der bedeutung von debitum, delictum überaus häufig fortgebraucht wurde [Fußnote]. Eine einzige benennung, nachdem das christenthum die heidnische vorstellung verdrängt hatte, genügte, und bald erlosch auch sie, um neueren ausdrücken wie schicksal, verhängnis und ähnlichen, die weit unbequemer und schwerfälliger sind, als die alten einfachen wörter, platz zu machen. Am längsten scheint die englische und vorzüglich schottische mundart den ausdruck gehegt zu haben; bekannt sind die ›weirdsisters‹ in Shakspeares Macbeth, die er aus Holinshed entnahm; auch in Douglas Virgil 80, 48 stehen sie, und der complaynt of Scotland (geschrieben 1548) gedenkt unter mehrern fabelhaften erzählungen der ›of the thre weïrdsystirs‹ (Leydens ausg. Edinb. 1801 p. 99); in Warners Albions England (zuerst gedruckt 1616) heißen sie ›the weirdelves‹, es sind wol die drei parzen der alten gemeint. eigenthümlicher scheint ›the weïrd lady of the woods‹, welche um rath befragt, aus ihrer höle weissagt, in Percys reliques 3, 220–222 [Fußnote].
Selbst im Norden muß Urđr bedeutsamer als die beiden andern gewesen sein, denn der brunnen an der heiligen esche heißt nach ihr Urđarbrunnr [Fußnote] und neben dem brunnen steht der saal, aus welchem die drei nornen kommen; auch wird vornehmlich das ›Urđar orđ‹ (Sæm. 112a) genannt, und einmal ›grimmar urđir‹ (dira fata) abstract gebraucht. Sæm. 216b. Diese drei jungfrauen bestimmen jedem menschen seine lebenszeit (skapa mönnum aldr; skôp î ârdaga) Sn. 18. Sæm. 181a, ich habe schon (RA. 750) den technischen bezug des ausdrucks skapa auf das richtende, urtheilende amt der nornen dargethan [Fußnote], denen eben darum dômr und qvidr (Sæm. 273b) beigelegt wird. liotar nornir skôpo oss lânga þrâ (dirae parcae creaverunt nobis longum moerorem) Sæm. 217a; ›nornir heita þær er nauđ skapa‹. skâldskaparmâl p. 212a. gleichbezeichnend ›nornir vîsa‹ Sæm. 88b, sie weisen das urtheil und sind weise. darum wird ihnen, wie den urtheilern, ein stul beigelegt: ›â norna stôli sat ek niu daga‹, Sæm. 127a. Jedem neugebornen kinde nahen sie, und fällen über es ihr urtheil; als Helgi geboren war, heißt es Sæm. 149:
nôtt var î bœ, nornir qvâmo,
þœr er öđlingi aldr um skôpo:
þann bâđo fylki frœgstan verđa,
ok Buđlûnga beztan þyckja.
snero pœr af afli örlögþâtto,
þâ er borgir braut î Brâlundi:
pœr um greiddo gullinsîmo,
ok und mânasal miđjan festo.
þœr austr ok vestr enda fâlo,
þar âtti lofđûngr land â milli:
brâ nipt Nera â norđrvega
einni festi. ey bađ hon halda.
in dieser merkwürdigen stelle ist gesagt, daß nachts in die burg tretende nornen dem helden die schicksalsfäden drehten und das goldne seil (pâttr = dâht, docht = sîmi) mitten am himmel ausbreiteten; eine norn barg ein ende des fadens gen osten, die andere gen westen, die dritte festigte gegen norden. diese dritte wird genannt ›schwester des Neri‹ [Fußnote]. nach dem dreifachen geschäft ist ihre nicht ausdrücklich benannte dreizahl zu entnehmen. alles gebiet zwischen dem östlichen und westlichen ende des seils sollte dem jungen helden zufallen; that die dritte norn dieser gabe eintrag, indem sie ein ewighaltendes band gegen norden hin warf? [Fußnote]
sundrbornar miök hugg ek at nornir sê,
eigođ þaer aett saman,
sumar ero âskungar, sunrar âlfkungar,
sumar doetr Dvalins. Sæm. 188a
Das scheint gerade characteristisch in nornen und feensagen, daß was vorausgehende begabungen günstiges verheißen, durch eine nachfolgende zum theil wieder vereitelt wird.
Nornagestssaga cap. 11 heißt es: im land fuhren ›völvur‹, die man ›spâkonur‹ nannte, umher, die weissagten den menschen ihr geschick (›spâđu mönnum aldr‹ oder ›örlög‹). die leute entboten sie zu sich ins haus, bewirteten und beschenkten sie. Einst kamen sie auch zu Nornagests vater, das kind lag in der wiege, über ihm brannten zwei kerzen. nachdem die zwei ersten weiber es begabt und ihm glückseligkeit vor andern seines geschlechts versichert hatten, erhob sich zornig die dritte oder jüngste norn (›hin ŷngsta nornin‹), die man im gedränge von ihrem sitz geworfen hatte, daß sie zur erde gefallen war, und rief: ›ich schaffe, daß das kind nicht länger leben soll, als die neben ihm angezündete kerze brennt‹! schnell grif die älteste völva nach der kerze, löschte und gab sie der mutter vermahnend, sie nicht eher wieder anzustecken, als an des kindes letztem lebenstag, welches davon den namen Nornengast empfieng. hier ist völva, spâkona und norn vollkommen gleichbedeutig, wie wir vorhin (s. 334) sahen, daß die völur durchs land zogen und an die häuser klopften [Fußnote], thun es auch die nornir. den beiden ersten nornen wird wohlwollende, der dritten üble gesinnung zugeschrieben. diese dritte, folglich Skuld, heißt ›die jüngste‹, sie wurden also von verschiednem alter, und Urđr als älteste angenommen. Ähnliche erzählungen von fahrenden, begabenden zauberfrauen waren im ganzen mittelalter verbreite [Fußnote]
ibant tres hominum curas relevare sorores,
quas nos fatales dicimus esse deas.
sie ziehen durchs land, um was die natur versäumt hatte wieder gut zu machen. zwei von den schwestern, zu weichherzig und vorschnell, wollen gleich auf den ersten schein eingreifen und helfen, werden aber von der dritten verständigern, welche sie domina nennen und als höhere macht verehren, zurückgehalten. Erst stoßen sie auf eine schöne, edle jungfrau, der alle güter zu gebot stehn und die dennoch klagt; ihr wird nicht geholfen, da sie sich selbst helfen kann. dann finden sie im wald eine sittsame jungfrau zu bett liegen, weil schwere füße und hüften sie am gehen hindern; auch sie erlangt den beistand der göttinnen nicht, an geist und leib treflich ausgestattet muß sie ihr übel geduldig tragen. Zuletzt treffen die schwestern unweit einer stadt eine arme, rohe bauerdirne:
exiit in bivium, ventrem purgare puella
rustica, nil reverens inverecunda deas,
vestibus elatis retro nimiumque rejectis
poplite deflexo crure resedit humi,
una manus foenum, panis tenet altera frustum;
diese wird, als die beiden ersten schwestern sich abwenden, auf ermahnung der dritten, von den göttinnen mit glücksgütern überschüttet:
haec mea multotiens genitrix narrare solebat,
cujus me certe non meminisse pudet.
[Fußnote].
Die edda lehrt ausdrücklich, daß es gute und böse (gôđar ok illar, grimmar, liotar), und, obgleich sie ihrer nur drei namhaft macht, noch mehrere gebe: einige nornen stammen von göttern, andere von elben, andere von zwergen. Sn. 18. 19. Sæm. 187. 188. warum werden den nornen hunde beigelegt? grey norna (Sæm. 273a).
Man sieht es, in dieser ganzen vorstellung sind sache und personen genau getrennt. das schicksal selbst heißt örlög oder auch nauđr (necessitas) aldr (aevum); die nornen haben es zu verwalten, zu erspähen, zu verhängen und auszusprechen [Fußnote]. Den übrigen dialecten wohnte auch hier der nämliche ausdruck bei: ahd. urlac, ags. orläg, mhd. urlouc (gramm. 2, 7. 87. 789. 790), alts. orlag, orlegi, aldarlagu (Hel. 103, 8. 113, 11. 125, 15 [Fußnote] und erst nachdem man die heidnischen göttinnen ausgestoßen hatte, verwirrten sich die wortbegriffe, das persönliche wurt, wurđ, vyrd fieng an in die bedeutung von urlac überzugehen.
Wie norn zu örlög, verhält sich parca zu fatum (von fari, gleich jenem qviđr von qveđa), αι̃σα, μοι̃ρα zu ανάγκη (naudr) oder ειμαρμένη. seit aber die parcae in der einbildung des volks verschwunden waren, bildete die romanische sprache (nach einem umgekehrten hergang, als dem eben bei uns nachgewiesnen) aus dem sächlichen wort ein neues persönliches, aus fatum ein ital. fata, span. hada, prov. fada (Rayn. s. v.), franz. fée [Fußnote]. ich weiß nicht, ob vom celtischen glauben nachhallende weibliche wesen, oder einwirkung germanischer nornen dazu nöthigten. diese feen, ursprünglich von verkündigung des schicksals benannt, sind aber bald überhaupt geisterhafte frauen geworden, ganz was unsere idisî und völur waren [Fußnote]. wie sehr frühe die benennung in Italien gangbar war, bezeugen Ausonius, der im gryphus ternarii numeri: ›tres Charites, tria Fata‹ aufführt, und Procop, der (de bello goth. 1, 25 ed. bonn. 2, 122) eines römischen gehäuses am forum gedenkt, welches tà tría j~qta (oben s. 336) hieß, mit der bemerkung: ούτω γὰρ ‛Ρωμαι̃οι τὰς μοι̃ρας νενομίκασι καλει̃ν [Fußnote]. damals also noch neutrum. allenthalben aber bei nornen, moeren, parzen und feen die dreizahl [Fußnote] [Fußnote].
Von den romanischen feen geht eine menge sagen, die mit dem deutschen volksglauben zusammentreffen. Folquet de Romans singt:
aissim fadero tres serors
en aquella ora qu'ieu sui natz
que totz temps fos enamoratz.
Guilhdei. Poitou:
assi fuy de nueitz fadatz sob'run puegau
(so wurde ich nachts auf einem berge begabt);
Marcabrus:
gentil fada
vos adastret, quan fas nada
duna beutat esmerada;
tre fate gehn vorüber, lachen und begaben (pentam. 1, 10. 4, 4); die ersten fate begaben, die letzte verwünscht (pentam. 2, 8); Pervonto baut drei schlafenden fate eine laube und wird dann beschenkt (pentam. 1, 3); tre fate wohnen unten in einer felsenschlucht und begaben hinabsteigende kinder (pentam. 2, 3. 3, 10); fate erscheinen bei neugebornen, und legen sie an ihre brust (pentam. 5, 5); los siete castillos de las siete fadas nennt Cervantes (don Quixote 4, 50); ›siete fadas me fadaron en brazos de una ama mia‹ rom. de la infantina; es gibt sieben feen im land, man bittet sie zu pathen und bereitet ihnen ehrensitze am tisch: als schon sechse platz genommen hatten, war die siebente vergessen worden, die nun erscheint, und während jene günstig begaben, ihre verwünschung murmelt (la belle au bois dormant); im deutschen kindermärchen (Dornröschen) sind es zwölf weise frauen, die dreizehnte hatte man übersehen. Auch in dem berühmten wald Brezeliande, an der fontaine de Barendon, zeigen sich weißgekleidete dames faées und begaben ein kind, eine aber ist neidisch und schenkt ihm unheil (San Marte Arthursage s. 157. 158. 160). bei Olgers geburt erscheinen sechs weise frauen und begaben. die letzte heißt Morgue. In den kindern von Limburg (Mones anzeiger 1835, 169), als Ectrites auf einer wiese an einem brunnen und lindenbaum einschläft, nahen ihm drei fahrende frauen und weissagen. Der altfranz. roman de Guillaume au court nez schildert, wie dem auf einem nachen entschlafnen Renoart drei feen nahen und ihn wegführen. Bei Buchard von Worms heißen sie noch drei schwestern oder parzen, denen im hause der tisch mit drei tellern und drei messern gedeckt wird, vgl. das ›praeparare mensas cum lapidibus vel epulis in domo‹. bei nächtlicher weile kommen die fatuae zu den kindern, waschen und legen sie an das feuer [Fußnote]. In den meisten erzählungen erscheinen drei feen, wie drei nornen oder drei parzen; einigemal sieben und dreizehn; aber auch einzeln, gleich jener weirdlady of the wood, und mit besondern eigennamen treten sie auf [Fußnote]
de mi certes naront il nient:
bien doivent falir à don bel
puisque jai fali à coutel,
honni soit qui riens leur donra!
weil aber Morgue auf einer gabe besteht, verleiht Maglore dem einen gesellen kahles haupt und dem andern unheilvolle reise:
ains comperront chier le coutel,
qu'il ouvlierent chi à metre.
Vor tagesanbruch entfernen sich sodann die feen auf eine wiese, ihren sammelplatz, denn sie vermeiden es bei tag den blicken der menschen sichtbar zu werden. Man sieht hier recht deutlich das genaue zusammentreffen dieser drei feen mit den drei nornen; der herausgeber des gedichts versteht coutel unrichtig von einem der fee gebreiteten teppich, die stelle bei Burcard von Worms hebt allen zweifel. wäre Maglore aus Mandaglore, Mandagloire, wie sonst die mandragora heißt, verderbt, so ließe sich Alrûne, Ölrûn nah vergleichen. Morgue ist entstellt aus Morgan, welches auf bretagnisch soviel als meerfrau (von mor meer und gwen splendens femina) bedeutet. man wäre fast versucht Morgan zu dem unerklärlichen norn zu halten, wie altn. morni für morgni steht; doch die norn hat weder mit dem morgen noch dem meer zu schaffen [Fußnote].
. Aus der französischen überlieferung [Fußnote] erhellt ein naher zusammenhang der feen mit deutschen riesenjungfrauen, die feen tragen ungeheure felsblöcke auf dem haupt und in der schürze, während sie mit freier hand ihre spindel drehen; als eine fee, welch? den bau vollführte, zu ende war, rief sie ihren schwestern zu,. mit dem herantragen aufzuhören, diese obgleich zwei meilen weit entfernt, hörten den ruf und ließen die steine fallen, die sich tief in die erde senkten; spannen aber die feen nicht, so trugen sie vier steine auf einmal. sie waren gutmütig und nahmen sich besonders der kinder an, deren schicksal sie verkündigten. in die häuser der nachbarn stiegen sie durch den rauchfang ein und aus, daher kam es, daß sich einst die unvorsichtigste unter ihnen verbrannte und ein lautes klaggeschrei ausstieß, auf welches alle feen der gegend zusammenliefen. Täuschen ließen sie sich nicht, denn als ein mann seiner frauen kleider anzog und des kindes pflegte, sagte die eintretende fee sogleich: ›non, tu n'es point la belle d'hier au soir, tu ne files, ni ne vogues, ni ton fuseau n'enveloppes‹. um ihn zu strafen, genügte es ihr die auf dem heerd kochenden äpfel in erbsen zu verwandeln.
Solcher erzählungen gibt es manche, niemals begegnet, so viel ich weiß, in romanischen oder deutschen volkssagen die nordische vorstellung vom drehen und festigen des seils, noch die griechische vom spinnen und abschneiden des lebensfadens. nur ein dichter des mittelalters, Marner, hat sie 2, 173b:
zwô schepfer flâhten mir ein seil
dâ bî diu dritte saz;
diu zebrachz: daz was mîn unheil.
das scheint aber nach der römischen ansicht vom abbrechen des fadens (s. 336). Nach Ottokar wird von dem schepfen alles gelingen, in gutem und bösem, auferlegt. ›banun festan‹ im Hild. lied läßt sich kaum aus dem festigen eines todesfadens deuten.
Vergleicht man den nordischen und griechischen mythus, so ist jeder in unabhängiger eigenthümlichkeit gestaltet. Bei Homer ist es die personificierte Αι̃σα [Fußnote], welche dem neugebornen seinen faden spinnt,
άσσα οι Αι̃σα
γεινομένω επένησε λίνω, ότε μιν τέκε μήτηρ. Il. 20, 127.
aber Od. 7, 197 sind ihr noch (zwei) spinnerinnen beigesellt:
άσσα οι Αι̃σα Κατακλω̃θές τε βαρει̃ται
γεινομένω νήσαντο λίνω, ότε μιν τέκε μήτηρ.
Hesiod (ασπ. 258) läßt bei den kämpfenden drei göttinnen stehn: Κλωθώ, Λάχεσις, ’Άτροπος, letztere klein von gestalt, doch die älteste und erhabenste aller. wol aber nennt er θεογ. 218
Κλωθώ τε Λάχεσίν τε καὶ ’Άτροπον, αίτε βροτοι̃σιν
γεινομένοισι διδου̃σιν έχειν αγαθόν τε κακόν τε·
und fast mit den nemlichen worten v. 905. Die ausführlichste vorstellung gibt Plato (de republ. 617 Steph. 508 Bekk.): drei μοι̃ραι sind töchter der ’Ανάγκη, auf deren knien die spindel (άτρακτος) gedreht wird; sie sitzen weißgekleidet, gekränzt, und singen das schicksal, Lachesis τὰ γεγονότα, Klotho τὰ όντα, Atropos τὰ μέλλοντα, also wie bei den nornen der bezug auf vergangenheit, gegenwart, zukunft, was jedoch die griech. eigennamen selbst nicht ausdrücken. Κλωθώ (gebildet wie Αυξώ, Θαλλώ, Λητώ, Μορμώ, Γοργώ) spinnt (von κλώδω, ich spinne, zwirne), Lachesis lost, entscheidet (von λαχει̃ν), Atropos, die unabwendbare, schneidet den faden. nicht zu übersehn, daß Hesiod die letzte, Atropos, als mächtigste hervorhebt, während bei uns Wurt, die älteste, größten eindruck hinterläßt. lateinische schriftsteller legen die ämter der parzen anders aus, Apulejus (de mundo p. 280): Clotho praesentis temporis habet curam, quia quod torquetur in digitis, momenti praesentis indicat spatia; Atropos praeteriti fatum est, quia quod in fuso perfectum est, praeteriti temporis habet speciem; Lachesis futuri, quod etiam illis quae futura sunt finem suum deus dederit. Isidors meinung ist schon s. 335 ausgehoben [Fußnote]. Bedeutsame ähnlichkeit mit Nornagestssaga hat eine von Meleager, bei dessen geburt drei mören weissagen: Atropos bestimmt ihm so lange zu leben, als das auf dem heerde brennende scheit nicht verbrannt sei. Althaea, seine mutter, zieht es aus dem feuer [Fußnote]. Spätere deutsche märchen verwandeln hier nornen oder parzen in den tod (kinderm. no. 44). ein anderes von den drei spinnerinnen (no. 14) schildert sie als häßliche alte weiber, und kennt ihre hilfreiche, nicht mehr ihre weissagende erscheinung, sie wollen zur hochzeit geladen und basen genannt sein. anderwärts weissagen drei alte weiber, ohne daß sie spinnen [Fußnote]. eine volkssage (deutsche sag. no. 9) führt zwei jungfrauen in einer berghöhle spinnend ein, unter ihrem tisch ist der böse (ich denke die dritte norn) festgebunden; wiederum wird von dem hantbaum erzählt, auf dem zu mitternacht eine spinnende frau sitzt [Fußnote]. Nicht zu übersehen ist der eine webende norn bezeichnende ags. ausdruck ›Vyrd geväf‹ (s. 336), und wenn es Beov. 1386 heißt: ac him dryhten forgeaf vîgspêda geviofu (dominus ipsi largitus est successuum bellicorum texturas), so ist das eine ganz heidnische redensart und nur gott an der vyrd stelle gesetzt. Blickers von Steinach reinen sinn schildernd drückt sich Gottfried (Trist. 4698) aus:
ich wæne, daz in feinen
ze wunder haben gespunnen
und haben in in ir brunnen
geliutert und gereinet.
Saxo gramm. p. 102 bedient sich der lat. wörter parca und nympha, schildert aber unverkennbar nornen: ›mos erat antiquis super futuris liberorum eventibus parcarum oracula consultare. quo ritu Fridlevus Olavi filii fortunam exploraturus, nuncupatis solenniter votis, deorum aedes precabundus accedit, ubi introspecto sacello [Fußnote] ternas sedes totidem nymphis occupari cognoscit. quarum prima indulgentioris animi liberalem puero formam, uberemque humani favoris copiam erogabat. eidem secunda beneficii loco liberalitatis excellentiam condonavit. tertia vero protervioris ingenii invidentiorisque studii femina sororum indulgentiorem aspernata consensum, ideoque earum donis officere cupiens, futuris pueri moribus parsimoniae crimen affixit‹. hier heißen sie schwestern, wie ich in altn. quellen sonst nicht gefunden habe, und die dritte nymphe ist wiederum die bösgesinnte, das geschenk der beiden ersten verringernde. abweichend ist nur, daß die nornen nicht dem neugebornen nahen, sondern der vater ihre wohnung, ihren tempel aufsucht [Fußnote] [Fußnote]
άσσα οι αι̃σα κατὰ κλω̃θές τε βαρει̃αι
γεινομένω νήσαντο λίνω,
indem er κατά zu νήσαντο zieht. η Μοι̃ρα καὶ τὸ εξ αρχη̃ς ούτως επικεκλω̃σθαι. Lucian dial. mort. 19. vgl. επικλώθω von göttern und dämonen (anm. 2236). Atropos wurde auf der sonne, Clotho auf dem mond, Lachesis auf der erde gedacht. Plutarch 4, 1157. eine schöne beschreibung der drei parzen (parca, die sparsame, schonende? Pott bei Kuhn 5, 250) gibt Catull 62, 302–321 mit dem immer dazwischen klingenden verse:
currite ducentes subtemina, currite fusi!
vgl. noch 381–385.
nubila nascenti seu mihi parca fuit. Ov. Trist. V. 3, 14.
scilicet hanc legem nentes fatalia parcae
stamina bis genito bis cecinere tibi. V. 3, 25.
o duram Lachesin, quae tam grave sidus habenti
fila dedit vitae non breviora meae. V. 10, 45.
atque utinam primis animam me ponere cunis
jussisset quaevis de tribus una soror! Propert. III. 4, 28.
tres parcae aurea pensa torquentes. Petron. cap. 29.
vgl.
aurea volvebant bona fata colis. Sidon. Apoll.
daz het im vrowe Chlôtô sô erteilet.
ouch was vil gefuoc vrô Lachesis daran. Turl. Krone 7.
auch serbische lieder singen vom goldnen faden (zlatna shitza), der sich vom himmel windet und um einen menschen schlingt. Vuk 1, 54 (Wesely s. 68). 1, 57. 58. Von spinnenden, webenden frauen ist die deutsche sage voll. ›kleit daz ein wildiu feine span‹ Troj. kr. 2895. ein feine worhte den mantel. altd. bl. 2, 231. die feen weben mäntel auch in Charlem. s. 105. 106. paile que fist fere une fée. Auberi 37. in der höhle sitzt eine alte, welche spinnt. Kuhn westfäl. s. 1, 72. Asbiörnsen 1, 194. vgl. die alte weberin. Rhesa dainos 198. gelücke span im kleider an. Frauenl. 115, 15. gewöhnlich treten diese frauen in der dreizahl auf. tres nymphae auch noch bei Saxo s. 43 (M. 123). drei puppen. Firmen. 2, 34. die drei docken. H. Sachs I. 4, 457d. die drei Marien. Kindh. Jesu b. Hahn 68. Uhlands volksl. s. 756. lb. 1582. 332. die drei Marien schützen gegen feuer. Panzer beitr. 1, 67. die drei spinnenden Marien. Uhlands volksl. s. 744. drei alte weiber auf dreibeinigem pferd. Müllenhoff s. 342. die tras feyes. Alsatia 1853 s. 172. 173. drei spinnende mädchen. Rhesa dainos s. 304. besonders reich an sagen von den drei frauen sind Panzers beiträge, zumal hebt sich hervor ihre weiße und schwarze kleidung. (Panzer 1, 2. 11. 14. 16. 18. 25. 28. 35. 36. 38. 46. 48). sie spannen ein seil (die wäsche zu trocknen) 1, 1. 9. 11. 17. 25. 59. 129. anm. s. 271 ff. 278. sie singen bei des kindes geburt. 1, 11 und werden am Sunwendtage sichtbar. 1, 38. 39. 75. 84. bei Lohndorf in Oberfranken sah ein bursche einmal drei schloßfräulein gehn, zwei hatten kreuzrocken mit neun vollgesponnenen spindeln, die dritte einen stühlesrocken mit neun leeren. da sagten jene zu dieser: ›hättest du deine spindeln doch nur übersponnen, wenn auch nicht vollgesponnen, so wärest du nicht verloren!‹ Panzer beitr. 2, 136. eine schöne mährische sage erzählt von drei jungfrauen, die mit sensen gehen und die leute niedermachen, die dritte hinkt, kann nicht nachkommen und wird von den andern verlacht. im zorn entdeckt sie den menschen heilkräuter. Kulda (d'Elv) 110.
.
Das weben der nornen und die spindel der feen weist uns auf häusliche, mütterliche gottheiten, und schon vorhin wurde bemerkt, daß ihr plötzliches erscheinen, ihr verweilen an brunnen und quellen mit den vorstellungen des alterthums von frau Holda, Berhta und ähnlichen göttinnen zusammentrift, die sich des spinnens befleißen, säuglinge und kinder begaben [Fußnote]
rite, rite rösli,
ze Bade stot e schlößli,
ze Bade stot e güldi hus,
es lüeged drei Mareie drus.
die eint spinnt side,
die ander schnätzelt chride,
die drit schnit haberstrau.
bhüet mer gott mis chindli au!
schnätzeln heißt wol drehen? die siebente zeile lautet andermale: di dritte schneidt den faden. vgl. Vonbun s. 66. Firmenich 2, 665b. Mannhardt s. 388 392. das kinderlied im wunderborn s. 70. 71 hat drei spinnende tocken (d. h. nymphen, feen).
. bei den Celten namentlich mögen die fatae in den begrif der matres und matronae [Fußnote] auslaufen, wie wir ihn bei Deutschen mehr auf göttliche als halbgöttliche wesen angewandt finden. von dieser seite liegt in den feen etwas höheres als in unsern idesen und nornen, die dafür kriegerischer erscheinen.
Da jedoch die fatae mit dem fatum, dem ausspruch des schicksals oder der weissagung eng verbunden sind, so bewährt sich auch die verwandtschaft der feen mit den nornen. Kein geschick aber bewegte den sinn des altherthums lebhafter als der ausgang der schlachten und kriege; bedeutsam drückt jenes urlac, urlouc nicht allein fatum, sondern auch bellum aus (Graff 2, 96. gramm. 2, 790), und die idisi fördern oder hindern den kampf. von diesem ihrem amt ist noch näher zu handeln.
Schon Jul. Caesar (de bello gall. 1, 50) berichtet die germanische sitte: ›ut matresfamilias eorum sortibus et vaticinationibus declararent, utrum proelium committi ex usu esset, nec ne‹. hausfrauen pflagen der weissagung, vielleicht besonders dazu erwählte frauen von höherem, göttlichen ansehen wie Veleda.
Man entsinne sich, welchen göttern hauptsächlich an dem ausgang des kampfs gelegen war: Ođinn und Freyja zogen alle in der schlacht gefallenen an sich, Ođinn nahm sie in seine himlische wohnung auf (s. 111. 253). diese hofnung, nach dem tod göttlicher gemeinschaft theilhaftig zu werden, durchdrang den glauben der Heiden. Nun bedeutet altn. valr, ags. väl, ahd. wal niederlage der leichen auf dem schlachtfeld, inbegrif der erschlagenen: den val in empfang nehmen, holen nannte man kiosa, kiesen, überhaupt scheint dies verbum technisch zu stehen von der annahme jedes einem höheren wesen geschehnen opfers [Fußnote]. dem Ođinn, der die siges kür hat (oben s. 110), dienen aber in Valhöll jungfrauen, und sie entsendet er in jede schlacht, um die erschlagnen zu kiesen. Sn. 39. ›kiosa er liđnir ero‹ Sæm. 164b; ›vildi þik kiosa‹ Sæm. 254a.
Hiervon heißt eine solche halbgöttliche jungfrau valkyrja, und es ist wieder eine der erwünschtesten einstimmungen, daß die ags. sprache den gleichen ausdruck välcyrie (välcyrge, välcyrre) zur verdeutschung lat. wörter wie bellona, erinnys, Alecto, Tisiphone beibehalten hat, ja für parca und venefica verwendet. ms. cotton. Vitell. A. 15 hat eine glosse ›välcyrigean eágan, gorgoneus‹. das soll die griech. vorstellung in eine ags. übertragen, flößten die augen der välcyrigean schauer ein wie die häupter der Gorgonen? ganz sicher folgere ich eine ahd. walachuriâ (walachurrâ); valakusjô wäre die goth. form. am schlusse der langobard. geschlechtsreihe begegnet ein mannsname Walcausus [Fußnote].
Gleichbedeutend mit valkyrjur ist das altn. valmeyjar (schlachtmädchen), vielleicht das heutige norw. valdöger, nach Hallager 140b schutzgeist. noch werden sie genannt skialdmeyjar, hialmmeyjar, weil sie gerüstet unter schild und helm ausziehen (vera und hialmi, Sæm. 151a 192b); nonnor Herjans (Sæm. 4b). in der edda heißt die valkyrja: hvît 168b, hvît und hialmi (alba sub galea) 145b, biört 174b, sôlbiört 167b, biartlituđ 142a, hialmvitr 157a, gullvariđ 167b, margullin mær 145a, alvitr 164a, lauter beinamen, die schönheit und goldnen helmschmuck ausdrücken. Helm und schild steht diesen helmfrauen und schildfrauen gleich den helden zu, sie fahren in schildes amt, unter schildlichem dache, Sæm. 250b werden skialdmeyjar aldrstamar, junge schildmädchen an Atlis hofe genannt. die sage von den Amazonen (Herod. 4, 110–117. Jornand. cap. 6. 7. 8. Paul Diac. 1, 15) scheint auf ähnlichen, doch verschiednen vorstellungen zu beruhen. suđrœn (australis) wird eine valkyrie genannt Sæm. 167b wol im sinne von biört, sôlbiört? auch Sæm. 151b dîsir suđrœnar [Fußnote] [Fußnote].
Besonders zieht eine andere benennung an: ôskmeyjar (wunschmädchen), Sæm. 212 Völs. saga cap. 2, ich denke, weil sie in Ođins diensten stehen, und Ođinn Oski, Wunsc heißt. Hierzu tritt noch etwas anderes, eine bestätigung meiner ansicht, daß Wuotan den namen Wunsc führte, liegt in seiner identität mit Mercur, denn Mercur trägt den zauberstab (caduceus), der sich der wünschelruthe, ahd. wunsciligerta vergleicht. aus einer näheren betrachtung beider stäbe, die ich später anstellen werde, soll sich diese analogie bestimmter ergeben: sind aber Wuotan und Wunsc, Ođinn und Oski zusammenfallend, so läßt sich vermuten, daß der dorn oder schlafdorn, welchen Ođinn in das kleid der valkyrja Brynhildr steckte (Sæm. 192a), wieder ein wunschdorn war? es wirft licht auf das wesen der Brunhild und Chrimhild, daß nach ihnen felsensteine benannt werden und einer spilstein, Chriemhildespil (s. 307) heißt, was nicht sowol aus spil (ludus) als aus spille (spindel, fusus) deutung empfängt. denn andere steine führen den namen kunkel und in französ. feensagen quenouille à la bonne dame [Fußnote], Dornröschen stach sich den finger an der spindel und fiel in todesschlaf, wie Brunhild vom wunschdorn; die spindel ist wesentliches kennzeichen aller weisen frauen des alterthums bei Deutschen, Celten und Griechen [Fußnote]. die walküre ist ein wunschkint, Wunsches kint (s. 115. 117) [Fußnote].
Der noch spät fortdauernde name wünschelweib soll hernach aufgewiesen, hier aber aus der dichtung von dem Staufenberger ein wesen beigebracht werden, welches den zusammenhang der walküren mit den feen außer zweifel setzt. dem ritter zeigt sich eine jungfrau mit weißem gewand (jenes hvît und biört) auf einem stein sitzend (z. 224); sie hat seiner von jugend her in gefahr und krieg gehütet und war unsichtbar um ihn (332–364); jetzt wird sie seine geliebte und ist bei ihm, so oft er nach ihr wünscht (›swenne du einest wünschest nâch mir, sô bin ich endelîchen bî dir‹ z. 474). sie bewegt sich, durch übermenschliche kraft, schnell wohin ihr gelüstet (›wâr ich wil, dâ bin ich, den wunsch hât mir got gegeben‹, z. 497). Staufenberger, nachdem er sich ihr in liebe verbunden hat, darf alles, nur kein ehlich weib nehmen, sonst stirbt er in drei tagen.
›er wünschte nâch der frouwen sîn,
bî im sô war diu schœne fîn‹.
als er sich doch zu einer andern heirat entschließt, stößt sie ihren fuß durch die bühne, und er muß sterben (z. 1016. 1066). Dieser merkwürdigen sage zufolge wäre wunschweib, wünschelweib die, deren gegenwart der geliebte herbeiwünschen kann, so oft er sich nach ihr sehnt, gleichsam ihren namen nennt (s. 331); das ist keine falsche und doch eine spätere deutung statt der ursprünglichen, auf den gott des wunsches und den göttlichen Wunsch bezognen. Die altnordische sage wird uns die natur dieser frauen näher aufschließen.
In Valhöll hatten die ôskmeyjar oder valkyrjur das geschäft, göttern und einherien das trinkhorn zu reichen und den tisch zu versorgen. Hieraus ergibt sich ihr besonderes verhältnis zu Freyja, die gleich ihnen ›wal kieset‹, Valfreyja heißt (s. 253) [Fußnote], und beim gelag der Asen (at gildi Asa) einschenkt. Sn. 108. Ebenso aber bietet Göndul, die auf einem stôl î riođrinu (im niuriute) saß, dem nahenden aus einem horn zu trinken an (fornald. sög. 1, 398. 400) und dazu treffen wieder die vollen züge der jüngeren volkssage: dem grafen von Oldenburg bot eine schön gekleidete bekränzte jungfrau aus dem Osenberg in silbernem horn, weissagungen aussprechend, einen trunk (deutsche sagen no. 541). Svend Fälling trank aus dem horn, das ihm elbfrauen darreichten, und dabei wurde etwas auf das pferd verschüttet, wie in der vorausgehenden sage (Thiele 2, 67). ich habe ausgeführt, daß Svend Fälling mit Siegfried identisch ist (s. 308), dessen verhältnis zu der valkyrie Brunhild sich in jener sage offenbart. In einem schwed. volkslied bei Arvidsson 2, 301 reichen drei bergjungfrauen silberkannen mit ihren weißen händen. einstimmende norwegische überlieferungen hat Faye s. 26. 28. 29. 30; andere dänische Thiele 1, 49. 55. 3, 44 [Fußnote].
Noch bedeutsamer ist der valkyrien amt im krieg. nicht nur ›kiosa val‹, ›kiosa feigđ‹ [Fußnote], auch das ›râđa vîgum‹ oder ›sigri‹, also ausschlaggeben über kampf und sieg wird in ihre hand gelegt. Sn. 39. sie heißen ›görvar at rîđa grund‹, ›görvar at rîđa til gođþiođar‹. Sæm. 4b. In ihrem wesen ist unwiderstehliche sehnsucht nach diesem kriegerischen geschäft begründet: daher in der edda ihre eigenthümlichste leidenschaft ausgedrückt wird durch das verbum ›þrâ‹ (desiderant) Sæm. 88b ›prâđo‹ (desiderabant) oder ›fŷstoz‹ (cupiebant) Sæm. 134a, ihr eignes sehnen, trachten und wünschen dreht sich in jenen wunsch nach ihnen um. Gewöhnlich reiten neun valkyrjur zusammen aus (Sæm. 142. 162), ihre lanzen, helme und schilder glänzen (Sæm. 151a). diese neunzahl ist auch in der sage von Thiđrandi (s. 333), dem erst neun dîsir in weißem, dann neun andere in schwarzem gewand erscheinen. Sæm. 44. 45, und daraus Sn. 39 werden ihrer dreizehn genannt: Hrist, Mist, Skeggöld, Skögul, Hildr, Thrûđr, Hlöck, Herfiötr, Göll, Geirahöđ (al. Geirölul), Randgrîđ, Râdgrîđ, Reginleif; Sæm. 4b aber nur sechs: Skuld, Skögul, Gunnr, Hildr, Göndul, Geirskögul [Fußnote]. die prosa Sn. 39 hebt drei, als eigentlich walkiesende, siegbeherschende hervor: Guđr, Rota und Skuld, ›norn en ŷngzta‹. das berühmte schlachtwebelied der Nialssaga nennt folgende: Hildr, Hiörþrimul, Sangrîđr (l. Rangrîđr), Svipul, Gunnr, Göndul; Hâkonarmâl: Göndol, Skögol, Geirskögol; Krâkumâl (ed. Rafn p. 121) Hlöck und Hildr. Unter diesen namen haben einige schon jetzt für unsere untersuchung außerordentlichen werth, und keiner der übrigen wird bei fortgesetzter forschung aus den augen zu lassen sein [Fußnote].
Einmal Skuld; es geht daraus die gemeinschaft der nornen und valkyrien, zugleich aber ihre verschiedenheit hervor. eine dîs kann beides, norn und valkyrja sein, die verrichtungen sind gesondert, gewöhnlich auch die personen. Die nornen haben das fatum auszusprechen, sie sitzen auf ihren stühlen oder sie wandern im land unter den sterblichen und festigen ihre faden. niemals heißt es, daß sie reiten. Die valkyrien aber reiten in den krieg, bringen des kampfs entscheidung und geleiten die gefallenen gen himmel, ihr reiten gleicht dem der helden und götter (s. 272. 325), ihrer rosse geschieht erwähnung: skalf Mistar marr (tremuit Mistae equus) Sæm. 156a; margullin mær (aureo equo vecta virgo) Sæm. 145a; wenn sich die rosse der valkyrien schütteln, trieft von den mähnen thau in die thäler und fruchtbarer hagel auf die bäume (Sæm. 145a. b), wozu man die ›destillationes in comis et collis equorum‹ der weißen frauen halte (s. 238); eine ähnliche naturerscheinung könnte der name Mist, welcher sonst nebel bedeutet, anzeigen. Bloß Skuld, die jüngste norn (vgl. s. 335) kann auch valkyrja sein: dachte man sich Urđr und Verđandi allzubejahrt, oder allzuwürdig für die arbeit des kriegs? taugte das schneiden, abbrechen des fadens (wenn sich diese idee im Norden beweisen läßt) mehr für die waffengeübte jungfrau?
Zwei andere valkyrien, Hlöck und Herfiötr sind schon oben (s. 332) für die benennung der idisî in anspruch genommen und als hemmerinnen des kampfes gedeutet worden. auch in Kormakssaga kommt Hlökk (gen. Hlakkar) für bellona vor.
Hildr, Gunnr, Thrûđr sind deshalb genauer zu betrachten, weil ihre persönlichkeit auch noch in andern deutschen sprachen durchbricht, also das dasein einzelner walachurien das ihrer ganzen gesellschaft außer zweifel setzt. schon das altn. Hildr und Gunnr (= Guđr) abstrahieren sich in hildr und gunnr (pugna, proelium); aus bellona wird bellum. ›hildr hefir þû oss verit‹ (bellona nobis fuisti) Sæm. 164b. umgekehrt steht neben dem ags. hild und gûđ noch ein persönliches Hild und Gûđ: ›gif mec Hild nime‹. Beov. 899. 2962; ›Gûđ nimeđ‹ Beov. 5069, Gûđ fornam Beov. 2240; wie sonst ›gif mec deáđ nimeđ‹ Beov. 889, vîg ealle fornam Beov. 2154, gûđdeáđ fornam Beov. 4494, Vyrd fornam Beov. 2411, alts. Wurd farnimid Hel. 111, 11; oder ›svylt fornam‹ Beov. 2872 oder wie (oben s. 336) ›Vyrd forsveop‹; vgl. ›Hilde grâp‹ Beov. 5009. Und wie noch andre heil oder unheil bringende wesen bald beschwichtigt, bald erweckt werden, heißt es bezeichnend: Hildi vekja (bellonam excitare) Sæm. 160a. 246a, sonst auch vîg vekja (bellum excitare) Sæm. 105a; gleich Ođinn (s. 122) werden die valkyrjen von adlern und raben, die sich auf der wahlstätte niederlassen [Fußnote], begleitet, und krieg führen ist dichterisch ausgedrückt: ala gögl gunna systra (aves alere sororum belli) Sæm. 160a. Die ahd. formen lauteten Hiltia und Gundia (Gûdea), beide bietet, freilich schon in abstracter bedeutung, das Hild. lied 6. 60; zusammengesetzte eigennamen haben -hilt, -gunt [Fußnote]. die sage von Hildr, die nachts auf den wal geht und durch ihren zauber die gefallnen wieder ins leben weckt, hat sich in der edda (Sn. 164. 165) und in der altd. dichtung von Gûdrûn erhalten, wo sie Hilde heißt [Fußnote]. Thrûđr endlich, das wiederum zum appellativ þrûđr (virgo) wird, und in vielen ahd. frauennamen vorkommt (z. b. Alpdrûd, Wolchandrûd, Himildrûd, Plîddrût, Plihdrût (Plectrud), Kêrdrûd, Mîmidrûd, Sigidiûd, die leicht an geisterhafte wesen gemahnen), hat die allgemeine bedeutung von hexe, zauberin, unholde angenommen [Fußnote]. Hans Sachs braucht mehrmals ›alte trute‹ f. hexe, und mit den worten: ›schweig, die drut kommt!‹ stillt man lermende kinder [Fußnote], so daß sie hier ganz frau Holla oder Berhta (s. 223. 229) vertritt und desto füglicher die alte valkyrie sein kann. Einer ags. waldjungfrau namens Dhryđ gedenkt die vita Offae secundi (oben s. 322): sie stammt aus Frankreich, wurde ihrer übelthaten wegen zum tode verurtheilt, in ein schif ausgesetzt und nach Mercia verschlagen. da ersah Offa die wunderschöne jungfrau und heiratete sie, bald aber verübte sie neue missethaten. sie heißt 9a Drida, 9b Petronilla, 15b Qvendrida (d. i. cven Thryđ), vgl. Kembles vorrede zu Beov. s. xxxv. xxxvi. auch Bäckström 1, 220 [Fußnote].
Außer den angeführten valkyrien muß es aber manche andere gegeben haben, und die zweite abtheilung der Sæmundaredda nennt einige als geliebten und gemahlinnen edler helden. so sind Svava, Sigrlinn, Kâra, Sigrûn, Sigrdrîfa, und heißen ausdrücklich valkyrien (Sæm. 142b 145b 157. 169. 194). zugleich erhellt, daß sie menschlicher abkunft und königstöchter waren, Svava des Eylimi, Sigrlinn des Svafnir, Sigrûn des Högni, Kâra des Hâlfdan, Sigrdrîfa des Buđli; Svava liebte den Helgi Hiörvarđssohn, Sigrlinn den Hiörvarđr, Sigrûn den Helgi Hundîngsbani, Kâra den Helgi Haddîngskađi, Sigrdrîfa oder mit anderm namen Brynhildr den Sigurđr. Grîmhîldr (die helmjungfrau, s. 198) vor allen aber Brynhildr, Prunhilt, deren name schon die panzergekleidete Hildr anzeigt, ist übermenschlich: ihr unnahbarer saal steht auf einem berg, gleich dem der Veleda und Jetha (s. 78. 79); es war eine schildburg (skialdborg), wo sie selbst vom zauber bewältigt unter dem schilde schlief, bis sie Sigurđr löste. dann weissagte sie ihm (Sæm. 194b) und nochmals vor ihrem tod weissagte sie (Sæm. 224. 226b). ihr saal war mit wabernder lohe umschlungen (oc var um sal hennar vafrlogi) Sn. 139 [Fußnote]
ir wâret in iur alten site
komen, des ir pflâget ê,
daz ir sô gerne sehet strit?
Brynhildr ist ›mestr skörûngr‹ (s. anm. 1028). sie heißt hin rîka, hin fagra, hin mikilláta. Vilk. saga s. 30 und ihre burg Sêgard. in den Nib. wohnt sie auf der burg Isenstein an der see, wird des tiufels wîp oder brût oder ungehiurez wîp genannt (417, 4. 426, 4). sie trägt brünne und schild (407, 4), wirft den stein im lauf und schießt den ger, sie hat übermäßige stärke 425, 1. 509, 3, 517, 3 und bindet den Gunther in der brautnacht zusammen.
gerade wie der der Menglöđ (ahd. Maniklata, d. i. monili laetabunda) einer andern valkyrie: salr er slûnginn er vîsom vafrloga (Sæm. 110a vgl. 107a. b). vor dieser Menglöđ knien, sitzen und singen neun jungfrauen, ihnen allen wird geopfert (Sæm. 111a). vgl. cap. XXXVI. Vebiörg skialdmœr tritt fornald. sög. 1, 384 auf. auch vrô Babehilt, die Dietrich am brunnen schlafend (wie Sigurd Brynhild) antrift, von der er sich heilende salben geben und sein geschick weissagen läßt (Ecke 151–160) muß den nornen oder valkyrien beigezählt werden. Ihren liebhabern verliehen die valkyrien, wie dem Staufenberger seine geliebte (s. 348), sieg und schutz im kampf (›Sigrûn hlîfđi honom opt sîđan î orrostom‹. Sæm. 142b), technisch gilt von ihnen verja (tueri) Sæm. 134a, der helden schiffe bergen sie (Svava, Sæm. 145a. b, Sigrûn, Sæm. 153b). auch jene Hildr war königs Högni (Hagene) tochter, und Heđins verlobte. Noch bis in spätere volkslieder ist die erinnerung an solche schildjungfrauen hinabgedrungen, bei Arvidsson 1, 189 erlöst Kerstin sköldmö mit ihren 8000 jungfrauen den verlobten aus der gefangenschaft, andre mal ist es eine schwester, die ihren bruder befreit, womit keine leibliche schwester, sondern wieder eine valkyrie gemeint wird, da diese höheren wesen überall schwestern heißen und sich ihren schützlingen verbrüdern (Arvidsson 2, 120–122. Nyerup 4, 38. 39). Aber die frauen in den gedichten unsers mittelalters, deren anblick zum siege stärkt, deren name nur ausgesprochen zu werden braucht, um sie, so schnell ein wunsch geschehen und sich erfüllen kann, herbeizuführen, sind offenbar solche schildfrauen [Fußnote].
Ođinn nahm also in seine valkyrienschaar sterbliche jungfrauen aus königlichem geschlecht auf, vergötterte frauen den vergötterten helden zur seite stehend; doch glaube ich nicht, daß alle valkyrien dieser herkunft waren, sondern die ältesten und berühmtesten, gleich den nornen, von göttern und elben stammten. Bemerkenswerth ist auch, daß Kâra und ihr Helgi für eine wiedergeburt der Svava und des älteren Helgi angesehen wurden (Sæm. 148b. 169). In Völundarqviđa erscheinen drei andere valkyrien nebeneinander: Hlađguđr svanhvît, Hervör alvitr und Ölrûn, die beiden ersten töchter könig Löđvers, die dritte Kiârs: sie verbanden sich mit Slagfiđr, Völundr und Egill, lebten sieben jahre bei ihnen und entflohen dann, ›at vitja vîga‹, um ihr altes kriegsgewerbe wieder zu treiben. Überhaupt, scheint es, schlug die verbindung dieser halbgöttinnen mit helden für beide theile nachtheilig aus; die helden fanden frühen tod oder anderes unheil, wie auch Staufenbergers beispiel lehrt; ›Sigrûn varđ skammlîf‹ lebte nur kurz (Sæm. 169a): vielleicht darf angenommen werden, daß die erhebung zur valkyrie unter der bedingung des jungfräulichen standes (was wieder an die Amazonen gemahnt) erfolgte [Fußnote]. wenigstens als Ođinn auf Sigrdrîfa zürnte, die seinen schützling im kampf hatte unterliegen lassen [Fußnote], bestimmte er, daß sie nun vermählt werden sollte (qvađ hana giptaz scyldo) Sæm. 194a. Hlađguđr, Hervör und Ölrûn waren von den männern mit gewalt und wider ihren willen entführt worden [Fußnote]
Sven Färling han rider till jungfruns gård,
som stickade på silket det hvita,
und dieser held ist gerade mit Sigurđ identisch.
[Fußnote]. Alle diese frauennamen sind bezeichnend. von Ölrûn war s. 335 die rede. Hlađguđr ist wörtlich bellona stragis, Hervör geht gleich dem ähnlichen Gunnvör auf heer und schlacht, das beiwort alvitr auf die weissagungsgabe und svanhvît auf die schwangestalt. Saxo gramm. 22. 23 nennt eine andere Svanhvita, die wiederum valkyrienhaft erscheint, geistersichtig ist, und dem Regner zum eingang ihres bundes ein schwert darreicht. Jenen Slagfiđr (s. 315) erkläre ich lieber nicht Slagfinnr, obwohl er ein sohn des Finnakonûngr heißt, sondern Slagfiöđr = alatus, pennatus, was besser zu Svanhvît seiner geliebten stimmt, und durch den ahd. ausdruck slagifëdara (penna) bestärkt wird.
Wie wenig man nornen und valkyrien völlig von einander trennen darf, lehrt auch die sage dieser drei letztgenannten jungfrauen. zu geschweigen daß auch bei den valkyrien, wie bei den nornen, dreizahl und schwesterliches beisammensein vorherscht, daß Hervör den beinamen alvitr (omniscia) führt, der sich mehr für eine norn, als für eine valkyrie schickt; heißt es von allen dreien, daß sie am seestrand saßen und köstlichen flachs spannen, ja von derselben alvitr, die wiederholentlich ›ûnga‹, wie Skuld in andern stellen genannt ist, daß sie ›örlög drŷgja‹, schicksal treiben wollte (Sæm. 133a 134a). die entscheidung in der schlacht ist ein theil des schicksals, man dachte sich nicht bloß die nornen spinnend und webend, sondern auch die valkyrien. dies wird durch die furchtbarerhebende dichtung im 158 cap. der Nialssaga am sichersten erläutert. Dörruđr sieht durch einen felsenspalt singende frauen an einem gewebe sitzen, wobei ihnen menschenhäupter zum gewicht, därme zum garn und wift, schwerter zur spule, pfeile zum kamm dienen: in ihrem schauerlichen gesang bezeichnen sie sich selbst als valkyrien, ihr gewebe als das für den zuschauenden Dörruđr [Fußnote]. zuletzt zerreißen sie ihre arbeit, besteigen ihre pferde, und sechs reiten gen süden, sechs gen norden. Hierzu halte man die webende Vyrd des ags. dichters (s. 344). Die theilung der jungfrauen in zwei nach verschiedner seite reitende haufen ist den hintereinander aufziehenden neun schwarz und neun weißgekleideten ähnlich (s. 349).
Ich habe nornen und μοι̃ραι zusammengestellt, gleich treffend lassen sich valkyrien und κη̃ρες (ohne alle wörtliche gemeinschaft, die hier wol nur scheinbar wäre) nebeneinander setzen: auch die κήρ erscheint auf der walstatt in blutigem gewande, verwundete pflegend, todte fortziehend; schon dem neugebornen wird eine κήρ zugetheilt; Achill hatte zwei κη̃ρες, zwischen welchen er wählen durfte, und zwei legt Zeus in die wagschale, über Achills oder Hectors tod zu entscheiden [Fußnote]. Hesiod (scut. 249–254) läßt die dunkeln, weißzähnigen κη̃ρες um fallende krieger streiten, jede schlägt ihre klauen um den verwundeten, begierig sein blut zu trinken; gerade wie er den moeren klauen und blutgier beilegt (s. 343), wodurch sich von neuem die identität der nornen und valkyrien bestätigt. die klauen der moeren und keren, die flügel der thrien deuten auf vogelgestalt. Die spätere ansicht hebt in den keren das unheilvolle hervor.
Nun ist aber eine neue seite der valkyrien zu erörtern. es heißt von ihnen, daß sie durch luft und wasser ziehen, ›rîđa lopt ok lög‹. Sæm. 142b 159b; die gabe zu fliegen und zu schwimmen ist ihnen eigen, mit andern worten: sie können den leib eines schwans annehmen, und weilen gern am seeufer, der schwan aber galt für einen weissagenden vogel [Fußnote]. In Völundarqviđa wird gesagt: drei frauen saßen am strand, spannen flachs und hatten neben sich ihre âlptarhamir, ihre schwanhemde, um augenblicklich wieder als schwäne fortfliegen zu können. ›meyjar flugo‹ und ›settuz at hvîlaz â sævarströnd‹; eine unter ihnen hat sogar den beinamen svanhvît (schwanweiß) und trägt schwanfedern (svanfiađrar drô). Jene Kâra, worin nach der edda Svava wiedergeboren ward, tritt in Hrômundarsaga (fornald. sög. 2, 375. 376) als zauberin mit schwanhemd (fiölkŷngiskona î álftarham) auf und schwebt singend über den helden [Fußnote]. Helgi hatte durch ihren beistand immer gesiegt, es geschah aber, daß er in einem kampf mit dem schwert zu hoch in die luft fuhr und seiner geliebten den fuß abhieb: da fiel sie zu boden, sein glück war zerronnen. Fridlevus, bei Saxo gramm. p. 100 vernimmt nachts aus der luft ›sonum trium olorum superne clangentium‹, die ihm weissagen und einen gürtel mit runen herabfallen lassen. Brynhildr gleicht dem schwan auf der welle (fornald sög. 1, 186); das gleichnis verräth uns noch, daß sie wirklich die gabe hatte sich in den vogel zu wandeln. manche erzählungen von schwanfrauen leben noch unter dem nord. volk. Ein jüngling sah drei schwäne sich am strand niederlassen, ihr weißes vogelhemd ins gras legen und sich in schöne jungfrauen wandeln, dann im wasser baden, das hemd wieder nehmen und in schwangestalt fortfliegen. er lauerte ihnen ein andermal auf und entwandte der jüngsten das hemd, da fiel sie vor ihm auf die knie und flehte darum; er aber führte sie mit sich heim und heiratete sie. als sieben jahre verstrichen waren, zeigte er ihr das bisher verborgen gehaltne hemd: kaum hatte sie es in der hand, so entflog sie als schwan durch das ofne fenster, und der trauernde gatte starb kurz hernach. Afzelius 2, 143–145. umgekehrt verläßt der schwanheld seine gattin, sobald die untersagte frage geschieht. Ein bauer hatte einen acker, auf welchem ihm alles, was er ausstellte, jedes jahr in der Johannisnacht niedergetreten wurde. er ließ zwei jahre hintereinander seine beiden ältesten söhne auf dem acker wachen, sie hörten mitternachts ein brausen in der luft und fielen davon in tiefen schlaf. als das nächste jahr der dritte sohn wachte, sah er drei jungfrauen geflogen kommen, die ihre flügel von sich legten und nun den acker auf und ab tanzten. er sprang auf, holte die flügel und legte sie unter den stein, auf dem er saß. nachdem sich die jungfrauen müde getanzt hatten, kamen sie zu ihm und baten um ihre flügel, er erklärte, wenn eine bleiben und sich ihm vermählen wolle, sollten die beiden andern die flügel zurück erhalten. von hier an nimmt das märchen andere wendung, die in den mythus von den schwanfrauen weniger eingreift, doch ist bemerkenswerth, daß eine der jungfrauen dem geliebten mit einem goldbecher in der hand einen trunk wasser reicht, gerade wie sonst die elbinnen und wunschweiber erscheinen (s. 348. 271). Molbech no. 49.
Diese lieblichen schwanjungfrauen kannte deutsche überlieferung sicher schon lange. in kühler flut badend legen sie am ufer den schwanring oder das schwanhemd ab: wer es raubt, hat sie in seiner gewalt [Fußnote]. obgleich es nicht ausdrücklich gesagt wird, die drei weissagenden meerweiber, denen Hagne das gewand weggenommen hatte, sind eben solche; es heißt (Nib. 1476, 1) wieder gleichnisweise:
sie swebten sam die vogele vor ihm ûf der fluot.
zwar nennt unser lied nur zwei frauen (wîsiu wîp), Hadburc und Sigelint [Fußnote] (das dänische sogar nur eine), aber die eine hebt zu weissagen an, und der frauen gewand wird 1478, 3 als ›wunderlich‹ bezeichnet. Dem mythus von Völundr begegnen wir in einer altdeutschen dichtung, welche statt der schwäne tauben setzt: drei tauben fliegen zu einer quelle, als sie die erde berühren, werden sie jungfrauen, Wielant entwendet ihnen die kleider und erstattet sie nicht eher, bis sich eine derselben bereit erklärt, ihn zum manne zu nehmen. In andern gleichverbreiteten erzählungen werfen jünglinge hemd, ring oder kette über, die sie in schwäne verwandeln [Fußnote]. kann die wiederannahme menschlicher gestalt nicht vollständig erfolgen, so behält der held einen schwanflügel bei: einen beweis des hohen alters dieser dichtung liefert ihr zusammenhang mit der heldensage von Scoup oder Sceáf (s. 306); selbst in spätere genealogien hat sie sich fortgepflanzt [Fußnote]. Zumal wichtig, weil sie das genaue verhältnis dieser schwanfrauen zu den walküren deutlich erkennen läßt, ist eine darstellung altd. bl. 1, 128: in einem wilden wald sah ein jagender edelmann eine nakte jungfrau im fluß baden, schlich hinzu und nahm ihr die goldne kette an der hand weg; da konnte sie nicht entfliehen. mit dieser kette war besondere kraft verbunden: ›dor ümme werden sülche frowen wünschelwybere genant‹. er heiratete sie und sie gebar auf einmal sieben kinder, alle hatten goldringe um die hälse, d. h. gleich ihrer mutter das vermögen schwangestalt anzunehmen. die schwankinder sind also wunschkinder. In Gudrun naht der weissagende engel als ein schwimmender wilder vogel, d. h. als schwan über die meersflut, im Lohengrin geleitet ein redender schwan den held im schif; der ags. poesie war es geläufig das meer selbst svanrâd (iter olorum) zu benennen, und alpiz, älfet berührt sich mit dem namen des geisterhaften alp, älf [Fußnote].
Man erzählt von einem schwan, der auf dem see eines hohlen berges schwimmend im schnabel einen ring halte: wenn er ihn fallen lasse, gehe die erde unter [Fußnote]. auch auf dem Urđarbrunnr werden zwei schwäne unterhalten (Sn. 20); eine andere sage von einem weissagenden schwan theilt Kuhn s. 67 aus der Mittelmark mit. auf einen verwandelten schwanjüngling zielt der bekannte westfälische kinderreim:
swane, swane, pek up de nesen,
wannehr bistu krieger wesen?
ein andrer, aus Achen, lautet:
krune krane (kranich), wiße schwane,
we wel met noh Engeland fahre?
auch in den ags. genealogien scheint der name Sæfugel einen schwanhelden anzuzeigen.
An schwanjungfrauen darf die spinnende Berhta, und gansfüßige [Fußnote] königin gemahnen [Fußnote] (s. 232). konnten jene weissagenden gallicenae beliebige thiergestalten annehmen; so mag auch den Celten frühe schon verwandlung in schwäne bekannt gewesen sein, und man darf in franz. feensagen, was sie verschweigen, ergänzen; Méon 3, 412:
en la fontaine se baignoient
trois puceles preuz et senées,
qui de biaute sembloient fées:
lor robes a tout lor chemises
orent desoz un arbre mises
du bout de la fontaine en haut.
puceles senées 3, 419. bien eurées 418. la plus mestre 413. 415. die hemde werden geraubt und die jungfrauen aufgehalten. im lai du Desire erblickt der ritter eine schwanjungfrau ohne schleier (sans guimple) im wald. der weißgekleideten feen schleier gleicht den schwanhemden.
Wir sehn die wünschelfrauen auf weihern und seen des tiefen waldes erscheinen, sie sind zugleich waldfrauen, und auch an diese eigenschaft knüpfen sich weitere betrachtungen, der alte heilige wald scheint ihr lieblingsaufenthalt; da in hainen, auf bäumen götter thronten, werden die weisen frauen ihres gefolges und geleites denselben raum gesucht haben. wohnten die goth. aliorunen nicht im wald unter waldgeistern? lag der Veleda thurm nicht auf einem felsen, also des waldes? Völundarquiđa hebt an mit den worten:
meyjar flugo sunnan Myrkviđ igögnom,
sie flogen von süden durch den schwarzen wald zum seegestade, nachdem sie da sieben jahre geweilt hatten, erwachte ihr heimweh:
meyjar fŷstoz â myrkvan viđ,
nicht länger widerstanden sie und kehrten zurück in den schwarzen wald. fast alle schwanjungfrauen werden im walde angetroffen. die sieben jahre stimmen zu denen der s. 355 angeführten schwedischen sage [Fußnote].
Wie Sigrûn, Sigrdrîfa, Sigrlinn namen der valkyrien sind, noch in unserm epos eine der weisen weiber Sigelint heißt, glaube ich, daß ahd. siguwîp, ags. sigevîf, altn. sigrvîf allgemeine bezeichnung aller weisen frauen war, und kann dafür einen mir von Kemble mitgetheilten ags. zauberspruch beibringen:
sitte ge sigevîf, sîgađ tô eorđan!
næfre ge vilde (l. ville) tô vuda fleogan!
beo ge svâ gemyndige mînes gôdes,
svâ biđ mannagehvylc metes and êđeles [Fußnote].
gleich nornen, unter versprechung von gaben, werden sie ins haus geladet.
Hierzu soll nun noch eine stelle des Saxo erwogen werden, worin er unverkennbar von valkyrien redet, obgleich, seiner weise nach, diese einheimische benennung meidend. in der bei ihm überhaupt so abweichenden geschichte des Hother und Baldr heißt es pag. 39: Hotherus inter venandum errore nebulae perductus in quoddam silvestrium virginum conclave incidit, a quibus proprio nomine salutatus, quaenam essent, perquirit. illae suis ductibus auspiciisque maxime bellorum fortunam gubernari testantur: saepe enim se nemini conspicuas praeliis interesse, clandestinisque subsidiis optatos amicis praebere successus: quippe conciliare prospera, adversa infligere posse pro libitu memorabant. Nachdem sie ihm rathschläge ertheilt, verschwinden die jungfrauen und ihr haus (aedes, conclave) vor Hothers augen [Fußnote]. Späterhin p. 42: at Hotherus extrema locorum devia pervagatus insuetumque mortalibus nemus emensus, ignotis forte virginibus habitatum reperit specum: easdem esse constabat, quae eum insecabili veste quondam donaverant. sie berathen ihn jetzt aufs neue, und heißen nymphae [Fußnote].
Dies scheint nicht jüngere, entstellte ansicht, daß man sich die in Ođins himmlischer gesellschaft wohnenden, durch luft und flut ziehenden schlachtjungfrauen zugleich in waldeshölen hausend dachte; also durfte sie Saxo silvestres nennen, und ihr gemach, ihre höle in den wald setzen.
Unsere ältere sprache bietet in diesem sinn noch einige ausdrücke dar, in denen ich die vorstellung weiser waldfrauen wiederfinde, nicht bloß elbischer waldgeister. sie heißen wildiu wîp und die traditiones fuldenses gedenken p. 544 eines ortes ›ad domum wildero wîbo‹. Burcard von Worms p. 198d nennt agrestes feminas, quas silvaticas vocant, et quando voluerint ostendunt se suis amatoribus et cum eis dicunt se oblectasse, et item quando voluerint abscondunt se et evanescunt. dies ›quando voluerint‹ mag wieder den begrif des wünschellebens ausdrücken. meister Alexander, ein dichter des 13 jh. singt (str. 139 p. 143b): ›nû gênt si vür in über gras in wilder wîbe wæte‹. ›von einem wilden wîbe ist Wate arzet‹, hat er die heilkunst gelernt (Gudr. 2117). ›daz wilde fröuwelin‹ Ecke 189. den gl. mons. 335 ist wildaz wîp lamia, und 333 wildiu wîp ululae, d. h. leichenvögel, todansagende frauen, die noch späterhin klagefrauen, klagemütter genannt werden und der weissagenden Berhta (s. 232) gleichen. in hainen, auf bäumen erschienen weißgekleidete dominae, matronae, puellae (s. 238. 239) unterscheidbar von den mehr elbischen baumfrauen und dryaden, deren leben an das eines baumes gebunden ist. Die vicentinischen Deutschen verehren eine waldfrau, hauptsächlich zur zeit der zwölften: von den frauen wird für sie flachs am rocken gesponnen und zur sühne ins feuer geworfen [Fußnote]: sie ist der Holda und Berhta vollkommen ähnlich. Wie beim getraideernten dem Wuotan und der frau Gaue drei büschel auf dem acker stehen bleiben, so läßt man noch heute im Frankenwalde drei hände voll flachs für die holzweibel auf dem felde liegen (Jul. Schmidt Reichenfels s. 147), ein überrest älterer, höherer verehrung. In der Wetterau zwischen Leidhecken und Dauernheim liegt der hohe berg, darauf ein stein ›der welle fra gestoil‹ (der wilden frau gestül), im gestein sind die glieder sitzender menschen abgedrückt. die wilden leute, meint das volk, hausten da, ›wei di schtan noch mell warn‹, als die steine noch weich waren; nachher wurden sie verfolgt, der mann entfloh, frau und kind blieben zu Dauernheim bis an ihren tod in gewahrsam. Volkslieder lassen den jäger im wald ein schwarzbraunes mädchen aufjagen und anreden: ›wohin du wildes thier?‹ (wunderhorn 2, 154), seiner mutter ist die braut unwillkommen, wie in der sage von den schwankindern. Lieblicher dargestellt wird es in der spanischen romanze de la infantina (silva p. 259): ein jäger steht unter hoher eiche:
en una rama mas alta viera estar una infantina,
cabellos de su cabeza todo aquel roble cobrian:
›siete fadas me fadaron en brazos de una ama mia,
que andasse los siete años sola en esta montina‹.
aber der ritter will erst seiner mutter rath einholen und diese versagt ihre einwilligung. Als Wolfdieterich nachts im wald an einem feuer sitzt, naht sich die rauhe Els, das rauhe weib, und entführt den helden in ihr land [Fußnote], sie ist eine königin und wohnt auf hohem felsen: zuletzt legt sie im jungbrunnen badend ihr rauhes gewand ab und heißt frau Sigeminne, ›die schönste über alle lande‹ [Fußnote]. Synonym mit wildaz wîp geben die glossen hölzmuoja (lamia und ulula), die im wald klagende, muhende; holzfrowe (lamia) altd. bl. 2, 195, holzrûna (gl. mons. 335. Doc. 219b) von gleicher bedeutung, aber an jenes goth. aliorumna, ags. burgrûne und die altn. Sigrûn erinnernd [Fußnote] [Fußnote].
Eine allgemeine benennung solcher wesen muß schon im hohen alterthum menni, minni gewesen sein; sie gehört zu man (homo) und zu dem altn. man (virgo), kommt aber nur in zusammensetzungen vor. merimanni (neutr.) pl. merimanniu, verdeutscht sirena oder scylla (reda umbe diu tier, Hoffm. fundgr. 19, 18) meriminni gl. Doc. 225a mons. 333. den dichtern des 13 jh. ist merminne gleichviel mit merwîp, merfrouwe, aber auch mit wildes wîp. ›diu wîse merminne‹. Diut. 1, 38. ›gottinne oder merminne, die sterben niht enmohten‹. Eneit. 8860. im Wîgamûr tritt ein wildez wîp auf (112. 200. 227 ff.), das in einem holen stein des meers wohnt, und abwechselnd merwîp (168. 338) merfrouwe (134) merminne (350) heißt. ags. merewîf Beov. 3037. mnl. maerminne. die wîsiu wîp der Nib. werden merwîp genannt (1475, 1. 1479, 1); sie weissagen und warnen, schon daß sie eigennamen führen, stellt sie den nord. valkyrien an die seite: Hadburc und Siglint. den der dritten verschweigt das lied (s. 355), von Hagne wird sie angeredet: ›aller wîseste wîp!‹ (1483, 4). Wittichs ahnfrau (s. 312) heißt ›frouwe Wâchilt‹, gleichsam Hilde der wogen, ist ein merminne und wahrsagt dem held (Râb. 964–974). auch Morolt hat eine merminne zur muhme, die im berg Elsabê haust und über zwerge herrscht; ihr name kommt nicht vor, wol aber der ihres sohnes Madelgêr, und wiederum empfängt Morolt ihren weisen rath (Mor. 40b 41a). die merminne in Ulrichs Lanzelet (z. 196 ff.) heißt wis (z. 5751. 6182) und hat 10000 unverheiratete frauen unter sich (›dern keiniu bekande man noch mannes gezoc‹), sie hausen auf einem berg am meer, in ewig blühendem lande. im Apollonius erscheint eine hilfreiche merminne als königin des meers (z. 5160. 5294); hier lag dem dichter eine sirene, im sinn der alten, vor, allein meriminne muß in Deutschland bekannt gewesen sein, bevor man von sirenen hörte. der dän. name lautet maremind (danske viser 1, 118. 125). Die nord. sage hat uns ein ganz entsprechendes männliches wesen aufbewahrt, den schweigsamen, weissagenden marmennill (al. marmendill, marbendill), der aus dem meer gefischt wird und wieder hinein gelassen sein will. Hâlfssaga c. 7 (fornald. sög. 2, 31–33) und Isl. sög. 1, 63 (Landn. 2, 5) [Fußnote]. nach ihm heißt die koralle ›marmennils smîđi‹, er hat sie im wasser kunstreich geschmiedet. Späterhin wurde in Deutschland der ausdruck ›merfei‹ gebraucht, jene geliebte Staufenbergers, die er im wald angetroffen hatte, die schöne Melusine (eine vielleicht noch gallische überlieferung) sind gerade das feenhafte wesen, welches man früher merimenni nannte [Fußnote]. Gleich der merminne gab es aber auch eine waltminne, mit welchem ausdruck alte glossen wiederum lamia übertragen (Diut. 3, 276). Sigeminne, entweder die getaufte Rauchels und Wolfdieterichs geliebte (s. 359), oder Hugdieterichs gemahlin [Fußnote], darf mit vollem recht als waltminne oder merminne betrachtet werden [Fußnote]. Vilk. saga cap. 17 finde ich sækona von der frau gebraucht, die Vilkinus im walde traf und mit der er den Vadi zeugte. Saxo gramm. p. 125 erwähnt ein tugurium silvestris immanisqm feminae [Fußnote].
Aus dieser zeugnisse zusammenstellung geht zur genüge hervor, daß man sich unter wildaz wîp und menni, minni ein höheres, übermenschliches wesen dachte, wie es der nordischen norn und valkyrie an die seite gesetzt werden kann. aber die namen stehn in unserer sparsamen überlieferung allzu nakt, feinere unterscheidungen müssen uns entgehn und die grenze der götter, halbgötter, elbe und riesen lauft in mehr als einer linie durcheinander. Gleich den nornen und valkyrien (s. 343. 347. 353) spinnen und weben Holda, Berhta, Freyja, die göttinnen, und wie sich später ergeben wird, auch riesinnen.
Unter den gestalten der griech. und deutschen mythologie wurden νύμφαι und idisî, μοι̃ραι und nornir, κη̃ρεv und valkyrior einander an die seite gesetzt.; es ließen sich aber auch noch einzelne namen, wie Νίκη oder Victoria einer Sigrûn oder Sigrdrîfa, ’Έρις und ’Ενυώ oder Bellona einer Hildr und Gunnr vergleichen. Eris wird (gleich der Iris) von Zeus als botin entsandt (Il. 11, 3). wie Skögul oder Göndul von Ođinn; ich finde diese griech. frauen oft im geleite einzelner götter, Il. 5, 333 geht die πτολίπορθος ’Ενυώ mit Athene, 5, 592 die πότνι' ’Ενυώ mit Ares 4, 440. 5, 518 die ’Έρις άμοτον μεμαυι̃α mit Ares, dem auch Δει̃μος und Φόβος folgen (s. 172). Nah verwandt sind endlich die Chariten, und eine eigne Charis des siegs wurde angenommen. unsern waldfrauen stehen einzelne arten der nymphen noch näher, zumal die, welche Theocrit 5, 17 τὰς λιμνάδας νυμώας nennt, oder die ihm 13, 44 νύμφαι ακοίμητοι, δειναὶ θεαὶ αγροιώταις heißen. Die anmutige sage von den schwanfrauen scheint zwar Griechen und Römern zu entgehen, während sie Deutschen mit Celten gemein ist; doch eine spur haftet in der sage von Zeus und Leda (s. 281) und in dem weissagenden gesang des schwans, wie auch im indischen Nalus der goldgeschmückte schwan (hansa = anser, gans) menschliche sprache anstimmt (Bopps ausg. s. 6. 7).
Die Slaven entwickeln keine vorstellung von den schicksalsgöttinnen [Fußnote]. Der serbischen mythologie eigenthümlich ist die schöne dichtung von der vile, einem halb feenhaften, halb elbischen wesen, dessen name sogar dem der vala gleicht. an das verhältnis der valkyrie zu dem menschlichen helden erinnert die verbrüderung der vile mit Marko (Vuk 2, 98. 2, 232. Danitza für 1826 p. 108), so wie daß die vilen einzeln auftreten, eigennamen führen und weissagen. Anderes aber nähert sie mehr den deutschen elbinnen des folgenden capitels: sie wohnen auf bergen, lieben gesang und reigen (ir. elfenm. lxxxii), erheben sich in die lüfte und schießen auf menschen tödlich verwundende pfeile. ›ustrijelila ga vila‹, die vila hat ihn mit dem pfeil erschossen. ihr rufen im wald gleicht dem geräusche des hackenden spechts, die sprache benennt es ›kliktati‹. der vile verfällt das kind, welches die mutter mit unvorsichtiger rede (djavo je odnijo!) dem teufel übergab (Vuk no. 394), wie es sonst der wolf oder bär abholt. vile te odnele! (vilae te auferant) ist ein fluch (Vuks sprichw. s. 36); ›kad dot'u vile k otschim‹ (quando vilae ante oculos veniunt) bezeichnet den augenblick äußerster noth und gefahr (daselbst s. 117). die vila reitet einen siebenjährigen hirsch und zäumt ihn mit schlangen, wie nordische zauberinnen [Fußnote].