Die höchste und oberste gottheit, wie man annehmen darf, allgemein unter allen deutschen stämmen verehrt, würde in gothischer mundart geheißen haben Vôdans; sie hieß ahd. Wuotan, und diese benennung erscheint noch, wenn gleich selten, als eigenname: Wuotan trad. fuld. 1, 149. 2, 101. 105. 108. 128. 158. 161. Woatan 2, 146. 152. Longobarden schrieben Wôdan oder Guôdan, Altsachsen Wuodan, Wôdan, wiederum in Westfalen, mit dem vortritt des G, Guôdan, Gudan, Angelsachsen Vôden, Friesen Wêda, nach der neigung ihres dialects auslautendes N wegzuwerfen, und ô auch ohne folgendes i umzulauten [Fußnote]. die nord. form ist Ođinn, bei Saxo Othinus, færöisch Ouvin (gen. Ouvans, acc. Ouvan). In Graubünden, woraus die tiefhochdeutsche verbreitung des namens hervorgeht, hat die romanische sprache den ausdruck Vut Alamannen oder Burgunden der frühsten zeit abgehört, und, im sinn von abgott, götze (1 Cor. 8, 4) bis heute bewahrt [Fußnote] [Fußnote].
Unzweifelhaft ist wol die unmittelbare abkunft dieses wortes aus dem verbum ahd. watan, wuot, altn. vađa, ôđ, welches meare, transmeare, cum impetu ferri, bedeutet, jedoch nicht dem lateinischen vadere gleichgestellt werden darf, da jenem kurzes, diesem langes a zusteht. mit vadere läßt sich das alts. ags. gavîtan zusammenbringen. Von watan stammt das subst. wuot, wie μένος und animus, eigentlich mens, ingenium, dann ungestüm und wildheit ausdrückt; im altn. öđr haftet noch ganz die bedeutung mens oder sensus [Fußnote]. Hiernach scheint Wuotan, Ođinn das allmächtige, alldurchdringende wesen, qui omnia permeat; wie Lucan von Jupiter sagt: est quodcunque vides, quocunque moveris, die geistige gottheit [Fußnote]. vgl. Virgil. Georg 4, 221: deum ire per omnes terras und Ecl. 3, 60: Jovis omnia plena. in der bairischen volkssprache heißt wueteln sich regen und bewegen, wimmeln, üppig wachsen und gedeihen (Schm. 4, 203) [Fußnote].
Wie frühe aber dieser urbegrif verdunkelt oder erloschen war, läßt sich nicht sagen. schon unter den Heiden muß neben der bedeutung des mächtigen und weisen gottes die des wilden, ungestümen und heftigen gewaltet haben. um so willkommner war es den Christen, die übele aus dem namen selbst hervorzuheben. in den ältesten glossen verdeutscht wôtan tyrannus, herus malus, Diut. 1, 276b gl. Ker. 270; ebenso gebraucht man später und noch heute wüeterich, wüterich (gramm. 2, 516), vgl. ein ungestüemer wüeterich. Ben. 431; wie Mar. 217 Herodes mordknechte wüeteriche heißen, nennt ihn O. I. 19, 18 selbst gotewuoto. die form wuotunc wird sich davon nicht unterscheiden: ein ungedrucktes gedicht des 13 jh. sags Wüetunges her, es scheint für das wütende, gleichsam von Wuotan angeführte heer, und auch Wuotunc ist ein ahd. eigenname, Wôdunc trad. patav. nr. 19. Die alte gottheit war herabgewürdigt zu einem bösen, teuflischen, grausamen wesen und scheint noch im ausruf des niederd. volkes als betheurung oder fluch zu leben, so in Westfalen: o Woudan, Woudan! Firmenich 1, 257. 260; in Meklenburg: Wod, Wod! [Fußnote].
Beweise für den allgemein verbreiteten Wuotancultus ergeben sich einmal aus den im vorigen cap. gesammelten stellen über Mercurius, dann aus des Jonas von Bobbio (s. 46. 100), des Paulus Diaconus zeugnis und der abrenuntiatio, welche noch näher erwogen werden soll, endlich aus dem zusammentreffen einer reihe von einzelnen umständen, die, wie ich glaube, bisher übersehen worden sind.
Sollen nun die eigenschaften dieses gottes kurz zusammengestellt werden, so ist er die alldurchdringende schaffende und bildende kraft, der den menschen und allen dingen gestalt wie schönheit verleiht, von dem dichtkunst ausgeht und lenkung des kriegs und siegs, von dem aber auch die fruchtbarkeit des feldes, ja der wunsch, alle höchsten güter und gaben, abhängen. Sæm. 113a. b.
Nach der heidnischen vorstellung ist Wuotan nicht bloß der weltlenkende, weise, kunsterfahrne gott, er ist vor allem ordner der kriege und schlachten [Fußnote]. Adam von Bremen cap. 233 (ed. 1595) sagt von dem nordischen: Wôdan id est fortior, bella gerit, hominique ministrat virtutem contra inimicos. . . . Wôdanem sculpunt (Sveones) armatum sicut nostri Martem sculpere solent. jenem fortior, fortis entspräche der altn. name Svîđr, d. h. der starke, gewaltige, geschwinde (alts. suîth), gewis aber ist fortior falsche lesart, alle hss. (vgl. Pertz 3, 379) lesen Wodan id est furor, was dem vorhin erörterten begriffe zusagt. Nach der edda gehören ihm alle im kampf fallenden edlen (Sæm. 77b), dem Thôr die knechte, was aber gesagt scheint, um diesen herabzuwürdigen; nach einer andern stelle (Sæm. 42a) theilt sich Freya mit Ođinn in die gefallenen: er heißt valfađir und herfađir. eidem prostratorum manes muneris loco dedicaturum se pollicetur (Haraldus). Saxo p. 146 Ođinn vildi þiggja mann at hlutfalli at hânga or herinom. fornald. sög. 3, 31. Othinus armipotens p. 37: auctor aciei corniculatae ordinandi agminis disciplinae traditor et repertor, p. 138. 139. 146; er lehrt als greis die schlachtordnung p. 17, das hamalt at fylkja, svînfylkja (fornald. sög. 1, 380); er lehrt die, welche kein schwert verwundet, mit kieseln niederschlagen. id. p. 157 [Fußnote]
Aufser valfađir und herfađir (s. 682) trägt Ođinn die beinamen Herjann, Herteitr, Gunnarr. lex. myth. 641a. vgl. Herjans dîs. Sæm. 213b. fleygđi Ođinn ôk î folk umskaut. Sæm. 5a. valr lâ par â sandi vitinn enum eineygja Friggjar fađmbyggvi (ibi caesi in arena jacuere dedicati unoculo qui Friggae amplexibus delectatur) Sn. 1848, 236.
non humile obscurumve genus, non funera plebis
Pluto rapit vilesque animas, sed fata potentum
implicat et claris complet Phlegethonta figuris.
Saxo gramm. 36.
Den eberkopf in der alamannischen schlachtordnung erkennt ausdrücklich an Agathias 2, 8 (Stälin 1, 160).
.
Nicht verwundern darf also, wenn er mit Ziu oder Tŷr, dem eigentlichen kriegsgott verwechselt und Mercurius neben Mars (s. 88. 99) gestellt wird, in einer glosse zu Jonas von Bobbio, der ihn mit recht dem Mercur gleich setzt (s. 100) steht: qui apud eos (Alamannos) Vuotant (part. praes. von wuotan) vocatur, Latini autem Martem illum appellant. mögen auch Adams worte ›sicut nostri Martem sculpere solent‹ so genommen werden, daß nostri bedeutete Saxones? der kann freilich die mit der römischen mythologie bekannten meinen.
Zumal lehrt die merkwürdige, von Paulus Diaconus 1, 8 aufbewahrte sage, daß es Wodan ist, welcher sieg verleiht, dem daher jener uralte name sihora (s. 22) vor allen übrigen göttern und in den edden der beiname Sigtŷr (Sæm. 248a Sn. 94), Sigföđr (siegvater) Sæm. 68a, ags. vîgsigor Beov. 3107, sigmetod Beov. 3554, gebührt [Fußnote]. refert hoc loco antiquitas ridiculam fabulam, quod accedentes Wandali ad Wodan, victoriam de Winilis postulaverint, illeque responderit, se illis victoriam daturum, quos primum oriente sole conspexisset. Tunc accessisse Gambaram ad Fream, uxorem Wodan, et Winilis victoriam postulasse, Freamque consilium dedisse, Winilorum mulieres solutos crines erga faciem ad barbae similitudinem componerent, maneque primo cum viris adessent, seseque a Wodan videndas pariter e regione, qua ille per fenestram orientem versus erat solitus adspicere, collocarent; atque ita factum fuisse. Quas cum Wodan conspiceret oriente sole, dixisse: qui sunt isti Langobardi? tunc Fream subjunxisse, ut quibus nomen tribuerat, victoriam condonaret, sicque Winilis Wodan victoriam concessisse. Nachdem nun Paulus, als Christ, die bemerkung gemacht hat: haec risu digna sunt, et pro nihilo habenda: victoria enim non potestati est adtributa hominum, sed e coelo potius ministratur, fügt er eine nähere erklärung des namens der Langobarden hinzu: certum tamen est Longobardos ac intactae ferro barbae longitudine, cum primitus Winili dicti fuerint, ita postraodum appellatos. nam juxta illorum linguam lang longam, bart barbam significat. Wodan sane, quem adjecta litera Gwodan dixerunt, et ab universis Germaniae gentibus, ut deus adoratur, qui non circa haec tempora, sed longe anterius, nec in Germania, sed in Graecia fuisse perhibetur [Fußnote].
Diese ganze fabel trägt das gepräge hohen alterthums, sie ist auch schon vor Paulus von andern, und abweichend, erzählt worden; in der hist. Francor. epitomata, die wenn gleich nicht Fredegar, doch einen schriftsteller des siebenten jh. zum verfasser hat. statt der Wandaler werden hier Chuni genannt: cum a Chunis (Langobardi) Danubium transeuntes fuissent comperti, eis bellum conati sunt inferre. interrogati a Chunis, quare gens eorum terminos introire praesumeret? at illi mulieribus suis praecipiunt, comam capitis ad maxillas et mentum ligare, quo potius virorum habitum simulantes plurimam multitudinem hostium ostenderent, eo quod erant mulierum comae circa maxillas et mentum ad instar barbae valde longae: fertur desuper utraeque phalangae vox dixisse: ›hi sunt Langobardi‹! quod ab his gentibus fertur eorum deum fuisse locutum, quem fanatici nominant Wodanum (al. Wisodano, ein bloßer schreib oder lesefehler f. Wuodano). Tunc Langobardi cum clamassent, qui instituerat nomen, concederet victoriam, in hoc praelio Chunos superant. (Bouquet 2, 406, nach Pertz lesen alle hss. Wodano.) Hier bleibt Frea und ihr rathschlag aus dem spiel, die namengebende stimme des gottes erschallt aus der luft herab.
Es war sitte, daß wer namen ertheilte gabe folgen lassen muste [Fußnote]. Wodan sah sich gehalten den sieg zu verleihen denen er den neuen namen beigelegt hatte. darin lag die gunst des schicksals, denn das volk wollte durch männlichgeschmückte frauen nichts als die zahl seiner krieger vergrößern. Ich brauche kaum zu erinnern, daß diese mythische deutung des namens Langobarden falsch ist, so viel glauben sie im mittelalter fand [Fußnote].
Die sage hat aber noch einen zug, der uns nicht entgehen darf. Wodan, aus seiner himmlischen wohnung, schaut durch ein fenster zur erde nieder, vollkommen der altnordischen vorstellung gemäß. Ođinn hat einen thron, Hliđskialf genannt, auf dem er sitzend die gesammte welt überblicken und alles, was unter den menschen vorgeht, hören kann: þar er einn stađr er Hliđscialf heitir, oc þâ er Ođinn settiz þar î hâsæti, þâ sâ hann of alla heima, oc vissi alla luti þâ er hann sâ. Sn. 10. oc. þâ er Allföđr sitr î þvi sæti. þâ ser hann of allan heim. Sn. 21. hlustar (lauscht) Ođinn Hliđsciâlfo î. Sæm. 89b. als sich Loki verbergen wollte, hatte von diesem sitz aus Ođinn seinen aufenthalt erspäht. Sn. 69. Zuweilen wird auch Frigg, seine gemahlin, neben ihm sitzend gedacht, und dann erfreut sie sich derselben aussicht, Ođinn ok Frigg sâto î Hliđscialfo, ok sâ um heima alla. Sæm. 39, die vorrede zu Grîmnismâl hat entschiedene ähnlichkeit mit der sage bei Paulus, denn gerade wie Frea ihre günstlinge, die Winiler, gegen Wodans eignen entschluß durchsetzt, bringt Frigg den von Ođinn begünstigten Geirröđr in nachtheil. das sinnliche heidenthum macht aber die göttliche eigenschaft alles zu durchschauen abhängig von der stelle oder einrichtung des stuls, und wie sie dem gott, wenn er nicht darauf niedergelassen ist, abgeht, können andere, sobald sie ihn einnehmen, ihrer theilhaftig werden. dies war der fall, als Freyr von solchem sitz herab in Iötunheim die schöne Gerđr erblickte: Freyr hafđi setzc î Hliđskialf, oc sâ um heima alla. Sæm. 81. Sn. 39. hliđscialf scheint wörtlich thürbank, von hliđ (ostium) und skialf (scamnum), ags. scylfe, Cædm. 79, 4. engl. shelf [Fußnote]. Bemerkenswerth sind die ausdrücke, deren sich der alts. dichter bei Christi himmelfahrt bedient: sôhta imo thena hêlagon stôl, sitit imo thar an thea suîdron half godes, endi thanan all gisihit waldandeo Crist, sô huat sô thius werold behabêt. Hel. 176, 4–7, vgl. Cædm. 265, 16.
Diese idee eines sitzes im himmel, von dem gott zur erde sehe, ist unter dem volk noch nicht erloschen. biblisch ist nur das sitzen zur rechten, nicht das niederschauen. die formeln qui haut siet et de loing mire, qui haut siet et loins voit (oben s. 19) sollen das nicht beweisen, denn überall dachte man sich die gottheit in der höhe thronend und weit umher schauend. Auch Zeus sitzt auf dem Ida und schaut den sterblichen zu, er waltet vom Ida herab, ’Ίδηθεν μεδέων, so wie Helios, das auge der sonne, alles überschaut und vernimmt (Il. 3, 277). Aber ein verbreitetes märchen erzählt von einem sterblichen menschen, den der heil. Petrus in den himmel eingelassen, und der neugierig zuletzt auf den stul des herrn stieg, von welchem herab man alles sehen kann, was auf dem ganzen erdreich geschieht. er sieht eine wäscherin zwei frauenschleier stehlen, ergreift im zorn den vor dem stul stehenden schemel des herrn (oder ein stulbein) und wirft hinab nach der diebin [Fußnote]. So weit hat sich die alte fabel geflüchtet. Sollte nicht ein mhd. gedicht auf sie anspielen (Amgb. 3a):
der nû den himel hât erkorn
der geiselt uns bî unser habe:
ich vürhte sêre, unt wirt im zorn,
den slegel wirft er uns her abe [Fußnote].
Nach einem serbischen lied (Vuk 4, 9) steigen die engel vom fenster gottes (od bozhijeg prozora) zur erde nieder; prozor (fenster) erinnert an zora (morgenröthe), prozorje (morgendämmerung) und an den in der frühe gegen sonnenaufgang schauenden Wodan. die morgenröthe ist gleichsam der ofne himmel, aus dem gott in die welt sieht.
Auch was Paul. Diac. 1, 20 von dem zürnenden gott (oben s. 15), als die kämpfenden Heruler ihren gegnern unterlagen, meldet, möchte ich auf Wuotan beziehen: tanta super eos coelitus ira respexit; und hernach: vae tibi misera Herulia, quae coelestis domini flecteris ira! vgl. Egilssaga p. 365 reiđr sê rögn ok Ođinn! und fornald. sög. 1, 501 gramr er yđr Ođinn.
Sieg war in den augen unserer vorfahren erste und höchste aller gaben, doch betrachteten sie Wuotan nicht bloß als siegverleiher, es ist nun auszuführen, daß er ihnen überhaupt für den gott galt, von dessen gnade der mensch jede andere auszeichnung zu erwarten hat, in dessen hand alle höheren güter stehn, in diesem sinn hieß auch Hermes den Griechen vorzugsweis δώτωρ εάων, und ich habe die vermutung gewagt, daß uns der name Gibika, Kipicho ursprünglich dasselbe bedeutete [Fußnote].
Den inbegrif von heil und seligkeit, die erfüllung aller gaben, scheint die alte sprache mit einem einzigen worte, dessen bedeutung sich nachher verengerte, auszudrücken, er hieß der wunsch. dieses wort ist wahrscheinlich von wunja, wunnja, wonne, freude abstammend, wunisc, wunsc, vollkommenheit in jeder art, was wir ideal nennen würden. so Er. 1699 ›der wunsch was an ir garwe‹; Iw. 3991 ›daz mir des wunsches niht gebrast‹; Iw. 6468 ›der rât, des der wunsch an wîbe gert‹; Gerh. 1754 ›an der got wunsches niht vergaz‹; Parz. 742, 15 ›der wunsch wirt in beiden‹; Trist. 3710 ›dir ist der wunsch gegeben‹; Frauend. 87 ›der wunsch von edlem obze‹, das edelste obst; Parz. 250, 25 ›erden wunsches rîche‹, reich an allen gaben der erde; 235, 24 ›erden wunsches überwal‹; Trist. 4696. 4746 ›der wunsch von worten, von bluomen‹; Trist. 1374 ›in dem wunsche sweben‹, in voller befriedigung; und der zauberhafte stab, durch dessen anschlagen schätze erworben werden, hieß wunsciligerta, wünschelruthe, vgl. Parz. 235, 22 ›wurzel unde rîs des wunsches.‹ die bedeutung des begehrens und verlangens nach solchen vollkommenheiten mag sich erst zufällig mit dem worte wunsc, altn. ôsk verbunden haben [Fußnote]
der wunsch in allen was bereit. Turl. Wh. 35b.
im was gar der wunsch bereit. Barl. 139, 5.
alsô was in der wunsch bereit,
ir gespil was diu saelecheit. Wigal. 10592.
vgl.
des wunsches man hie wartet. Turl. Wh. 34b. 35a.
nu hât iu got wunsch gegeben. Er. 6486. mit Haupts bemerkung über den artikel.
dir hete got den wunsch gegeben. Parz. 124, 29.
dem wart an ir der wunsch gegeben. Parz. 436, 16.
hie gap in got den wunsch (= gral). Tit. s. 26.
vgl. des wunsches (grales) hêrre. Parz. 616, 13.
den wunsch hât im got gegeben. Bit. 6048.
ir waere der wunsch an schoene ergeben. Gerh. 1549.
nâch alles sînes wunsches geben. Walth. v. Rh. 66a.
an die hât got sînen wunsch wol geleit. MS. 1, 56a.
got hete den wunsch an sie geleit. Haupts zeitschr. 7, 323.
got hât an sie den wunsch geleit
und der wünschelruoten hort. Dietr. drachenk. 310a.
der wunsch was an in geleit
von aller hande dinge. Troj. 1678. 2193.
were ouch der wuns an mir gelegen. Diut. 1, 429.
der wunsche (pl.) mâze was geleit. Walth. v. Rh. 111b.
an der der wunsch laege. Mai 76, 23.
an der got wunsches niht vergaz. Parz. 188, 8.
an dem got wunsches het erdâht. Parz. 148, 30.
got hat wol des wunsches stewr an ir volpraht. Suchenw. XXV. 358.
dâ het ir vrâgen wunsch bejagt. Parz. 124, 19.
weset froelich mit fröiden frô,
lât her (hern?) Wunsch an uns bejagen
oder:
lât herren wunsch ans uns bejagen? Dietr. drachenk. 41b.
den wunsch spehen,
ritter, magde unde wîp. Parz. 718, 16.
an der mohte man den wunsch wol sehen. Turl. Wh. 138b.
der iemer nâch dem wunsche schoenes wîbes solde varen,
der kunde si, nâch mînem dunke, schoener niht gemachen. MS. 1, 154a.
du hâst mînen muot
verwendet an den wunsch. MS. 1, 84b.
des wunsches weren. Frauenlob s. 107.
der wunsch was in geteilet. Wigal. 190, 22.
des man den wunsch dâ haete. Trist. 129, 36.
er hete wunsch und kore. Pilat. 274.
don wunsch ûf der erden
hâstu volleclîche. Parz. 254, 26.
der wunsch der irde. Minnefalkner 48.
der wunsch ûf erden. Ms.H. 1, 169a.
irdesch wunsch gar an ir lit. MS. 1, 84a.
ein wunschleben. Iw. 44.
mein schäfer war, wie man in unsrer sprache spricht,
mein größter wunsch und ich sein glück und sein gedicht. Gellert, 1, 222.
der wunsch von hasenwinden. Er. 7180.
den wunsch von den wîben. Er. 8221.
vgl. süezer wunsch bî allen wîben. MS. 2, 105«.
er hete den wunsch der eren. Nib. 661. 1.
vom paradîse den wunsch. Turl. Wh. 98a.
den wunsch von bluomen unde rîsen. Trist. 120, 28.
saelden wunsch und froiden hort. MS. 1, 86a.
weinsch van ate ende van wîne. Rose 10825.
ic hadde van germoden den weins. Maerl. 3, 71.
der bücher ein wuntsch. Haupts zeitschr. 6, 49.
ên ors van wensche. Limborch 4, 990.
der sedech was der frowen
ein gewunschet kleine kindelîn. Crâne 3719.
vgl. wunschkint, Wunsches kint Er. 8277. 8934.
ein wol gewünschet wîp. MS. 1, 2b.
wunschlich geschicke. Tit. 89, 1.
wunschlich rang. Antiloie 382.
Rüedegêres hant kunde wunschlichen geben. Klage 943.
schoene wünscheltocken. Laber 694.
.
Unter den eddischen namen Ođins kommt auch vor Osci, Sæm. 46b. Sn. 3. 24, d. h. der die menschen des wunsches, der höchsten gabe theilhaftig machende. Osk gen. Oskar ein frauenname. fornm. sögur 1, 246. Eyrbyggja s. cap. 7. Laxd. s. 12.
Hiermit zusammenhängend, also überrest altheidnisches glaubens, scheint mir nun, daß unsere dichter des 13. jh. den wunsch personificieren und als ein gewaltiges, schöpferisches wesen darstellen. die meisten belege dafür liefern Hartmann, Rudolf und Conrad:
got erloubte dem Wunsche über in,
daz er lîb unde sin
meistert nach sîm werde.
swâ von ouch ûf der erde
deheinem man ze loben geschiht,
desn gebrast im niht,
der Wunsch het in gemeistert sô,
daz er sîn was ze kinde vrô,
wande er nihts an im vergaz:
er hetn geschaffet, kunder, baz. Greg. 1091–1100.
man sagt daz nie kint gewan
ein lîp sô gar dem Wunsche glîch. Er. 330.
der Wunsch het in gemeistert sô. Er. 2740.
alsô was ez (daz phert) gestalt
und ob er (der werltwîse man) danne den gewalt
von dem Wunsche hæte,
daz ez belibe stæte
swes er darzuo gedæhte,
und swenne erz volbræhte,
daz erz für sich stalte
und er von sînem gwalte
dar abe næme
swaz daran im missezæme,
alsô was ez volkomen,
daz er dar abe niht hete genomen
alse grôz als umb ein hâr. Er. 7375–87.
als ez der Wunsch gebôt. Er. 8213.
was ein wunschkint. Er. 8277.
Enîte was des Wunsches kint,
der an ir nihtes vergaz. Er. 8934.
dâ was ir hâr und ir lîch,
so gar dem Wunsche gelîch. Iw. 1333.
diz was an ir (zuht, schœne, jugent) und gar der rât
des der Wunsch (oder wunsch?) an wîbe gert. Iw. 6468.
wande sie niegesâhen
zwêne riter gestalt
sô gar in Wunsches gewalt
an dem lîbe und an den sîten. Iw. 6913.
der Wunsch vluochet im sô. Iw. 7066.
mir hât der Wunsch gevluochet. Hartm. büchl. 2, 113.
er was schœne und wol gevar
rehte, als in der Wunsch erkôs. Gerh. 771.
mîn herze in des begunde jehen,
in wære des Wunsches flîz bereit. Gerh. 1599.
an der der Wunsch mit kiusche bar
sîne süeze lebende fruht. Gerh. 1660.
daz ich ir schœne krœne
ob allen frouwen schône
mit des Wunsches krône. Gerh. 1668.
ein regen ûz dem wolken vlôz,
der ûf des Wunsches ouwe gôz
sô heizen regen (?). Gerh. 2307.
an lobe des Wunsches krône. Gerh. 2526.
swes ich begunde daz geschach,
der Wunsch ie mînen werken jach
des wunsches als ich wolte
und als ich wünschen solte. Gerh. 2945.
nach des Wunsches lêre. Gerh. 4500.
der Wunsch mit sîner hende
vor wandel hete si getwagen. Troj. 1212.
der Wunsch hât âne lougen
erzeiget an ihr sîne kraft,
und sîner künste meisterschaft
mit vlîze an ir bewert. Troj. 7569.
der Wunsch hât in gemachet wandels vrî. Troj. 3154.
der Wunsch der hete an si geleit
me flîzes denne ûf elliu wîp. Troj. 19620.
sô daz er niemer wîbes leben
für sie geschepfen wolde baz;
dô sîn gewalt ir bilde maz,
dô leit er an sie manec model. Troj. 19627.
und hæte sîn der Wunsch gesworn,
er wolde bilden ein schœner wîp,
und schepfen alsô klâren lîp
als Hêlenâ min frouwe treit;
er müeste brechen sînen eit:
wan er kunde niemer,
und solter bilden iemer
geschepfen wünneclîcher fruht. Troj. 19726–32.
ez hât ze sînem teile der Wunsch vergezzen niender. Engelh. 579.
daz haete an si der Wunsch geleit. Engelh. 4703.
der Wunsch der hete niht gespart
an ir die sîne meisterschaft,
er hete sîne beste kraft
mit ganzem flîz an sie geleit. der werlde lôn. 84.
Aber auch andere dichter (doch nicht Wolfram und Gotfried) personificieren:
der zweier kurtêsîe
sich ze dem Wunsche het geweten,
si wâre niender ûz getreten. Wigal 9246.
an ir schœne was wol schîn,
daz ir der Wunsch gedâhte. Wigal. 9281.
der Wunsch het sich geneiget in ir gewalt. das. 904.
in was der Wunsch bereit. das. 10592.
des Wunsches amîe. das. 7906. 8735.
wen mohte dâ erlangen,
dâ der Wunsch inne was. das. 10612.
der Wunsch het si gemachet sô,
und ist ir ze kinde vrô. Amûr 1338. (Pf. 1343).
des Wunsches ougenweide
sît ir und mîner sælden spil. Wigal 8760. Amûr 1068. (Pf. 1072).
si schepfet ûz des Wunsches heilawâge. Martina 259.
(diu hant) ist im grôz, lanc unde wîz,
zuo der het sich der Wunsch gesellet. Turl. Wh. 38a.
hie stuont der Wunsch. das 137b.
dar an lît wol des Wunsches vlîz. Tyrol E, 3.
si ist des Wunsches hôstez zil. Ms. 1, 84a.
sie ist der Wunsch ûf erde. Ms. 2, 100b.
sie ist des Wunsches ingesinde. Ms. 1, 6a.
von ir scheitel ûf ir zêhen
sô ist niht an minneclîchen wîben wan des Wunsches blic. MsH. 3, 493a.
der Wunsches blüete sint entsprungen in mîne herzen. fragm. 45b.
si trage des Wunsches bilde. Ms. 1, 191a.
des Wunsches krône tragen. Docen misc. 2, 186.
sie hât des Wunsches gewalt. Amgb. 31b
er was sô gar des Wunsches kint,
daz alle man gein sîner schœne wâren blint,
und doch menlich gestalt bî clârem velle;
der Wunsch im niht gebrechen liez
dâ von man sWunsches kint den stolzen hiez. Lohengr. ed. Rückert str. 625.
schon über die mhd. grenze hinaus geht:
an yr yst Wensches vlyt geleit. Haupts zeitschr. 3, 221.
mnl. gedichte bieten keine personification Wunsch dar. auch die Nib. und Gudrun haben keinen Wunsch, aber Wolfdietr. 970: des Wunsches ein amîe! es gibt der zeugnisse sicher noch manche andere [Fußnote]
der Wunsch het in gemeistert sô. Greg. 1097. Er. 2740
erinnern nur nach einer seite hin an einen Franzosen. Thib. de N. 95:
beneet soit le maistre,
qui tele la fist naistre,
während Chrestiens Erec weder hier, noch bei der schilderung des pferdes (Hartm. Er. 7375), noch bei der des pallastes und der zwanzig damen (Hartm. Er. 8213. 8277) etwas ähnliches hat, und wo Hartmann von der Enite rühmt:
man sagt daz nie kint gewan
ein lîp sô gar dem Wunsche glîch. Er. 330.
hat Chrestiens Erec. 407:
que tote i avoit mis s'entente
nature, qui faite l'avoit. vgl. v. 415. 425.
dagegen nähert sich Hartmann wieder seinem vorbilde an:
ich waene got sînen vlîz
an si hâte geleit
von schoene und von saelekeit. Er. 338.
wo Chrestien v. 429 sagt:
onques dex ne sot faire miauz
ie nes, la bouche, ne les iauz.
Hartmanns Wunsches gewalt findet sich mehrfach bei späteren schriftstellern:
beschoenen mit Wunsches gewalte. Flore 6927.
ir lîp aller wolgestalt
gar in des Wunsches gewalt. Meleranz. 8768.
Wunsches gewalt hân. Berth. 239. 240.
hie Wunsches gewalt, hie liep âne leit
in immerwerender sicherheit. Heinr. Suso in der ew. weish.
doch wird der ausdruck immer abstracter:
si hât an ir wunsch gewalt. Altsw. 98.
an im lît der wunschgewalt. Dietr. drach. 41b.
drîer wünsche gewalt. MS. 2, 145b. (vgl. KM.3 3, 146. 147).
geben mit alles wunsches gewalt. pass. 298, 1.
aller wünsche gewalt. Uhl. volksl. 1, 21.
man vergl. εξουσίας τυχει̃ν παρὰ του̃ Διὸς αιτήσασθαι ότου επιθυμει̃. Athen. 3, 24.
Die personification ist wieder deutlicher in folgenden wendungen:
der Wunsch der haete mit gewalt
geschephet die figûre sîn. Troj. 3032
sît daz der Wunsch getihtet
als ûzgenomenlîchen hât
sîn leben under sîner wât. Troj. 3094. (es steht: und sîne wât?)
der Wunsch der hât in vollebrâht. Troj. 26996.
daz an allen dingen
der Wunsch mac wol (vol?) pringen. Ottoc. 834 (hs. wutisch?)
als ez der Wunsch geleisten sol. Walth. v. Rh. 112b.
als ez von Wunsche waere erdâht. Ges. Ab. 3, 59.
ez genc alsô in beiden
als in de Wuonsch hette irdâht. Darifant 40. (Haupts zeitschr. 2, 180).
kein Wunsch sie schoener mahte nicht. jahrb. d. Berl. sprachges. 8, 243.
der sô gar der Wunsch benimt
aller slahte missetât. Flore 6940.
der Wunsch het an ir niht gelogen. MsH. 1, 166a.
der Wunsch hât gestrichen dar
die varwe, der man nam hie wâr. Turl. Wh. 37a.
an den der Wunsch
der welte prîs hete gar geleit. Troj. 40620.
der Wunsch der hete si bedâht
mit flîze gar. Troj. 836.
nâch Wunsches flîz. jahrb. d. Berl. sprachges. 8, 242.
Wunsches fliz. Walth. v. Rh. 26, 21.
Wunsches flît. Haupts zeitschr. 1, 252.
sîn antlütt was dem Wunsche gelich. Walth. v. Rh. 90a.
ein frau, dem Wuntsch fast wol geleich von gestalt. Wigal. prosa 92 (wo nichts im text).
des Wunsches lîp tragen. Mai 72, 34.
stuont in Wunschis schowe. Martina 8, 64.
Wunsches rîcher ougenglast. Barl. 310, 13.
Wunsches wal. Greg. 2089.
lebt in Wunsches wale (: mâle). Kolocz. 245.
des Wunsches wunsch. Frauenl. 349, 6.
nâch des Wunsches werde. Er. 7839.
nâch Wunsches siten. Ludw. 2676.
nâch des Wunsches lêre. Troj. 44704.
des Wunsches segen. Lanz. 5518.
nâch alles Wunsches kraft. Diut. 1, 49.
des Wunsches heil. Dietr. drach. 245a (str. 797)
des Wunsches übergulde. MS. 2, 53a.
des Wunsches âventiure. Parz. 130, 10. Wigal. 8885.
des Wunsches creatiure. Wigal. 8886.
des Wunsches holde. Turl. Wh. 85a.
vgl. der Minnen holde. Turl. Wh. 43a. 108b.
des Wunsches trût. Heinzelîns Amûr. Pf. 1539. 1729.
des Wunsches amîe. Heinr. Trist. 6096.
des Wundsches ein ameie. heldenb. 1590. 105b.
an sines Wunsches kint
vant er swaz er wolte
als ob erz wünschen solte. Ls. 1, 276.
gots und des Wunsches kinde. Barl. 344, 11.
Wunschkind gleicht dem schoßkind und poln. bozątko, böhm. božatko glückskind, saeldenbarn, genius. daz ouch wir den wunsch sîner kinde empfingen d. h. von ihm zu kindern angenommen würden. Kelles predigten 17. seelen und engel heißen gotes kint. Alex. 6911. 6998. GDS. 129.
des Wunsches bluomen tragen. Barl. 274, 27. vgl. s. 725.
des Wunsches kranz tragen. Haupts zeitschr. 7, 520.
des gernden Wunsches krône. Laber 100.
des Wunsches awe. Minnefalkner. 28.
. das mir bekannte älteste findet sich aber in dem Entekrist aus dem 12 jh. (Hoffm. fundgr. 2, 107):
mit Wunschis gewalte
segniti sie der alte.
Wir sehen dem Wunsch hände, gewalt, blick, fleiß, kunst, blüte, frucht beigelegt, er schaft, bildet, meistert, denkt, neigt sich, schwört, flucht, freut sich und zürnt, nimmt zu kinde, ingesinde oder zur freundin an: alle solche, beinahe stehenden, redensarten wären schwerlich in poesie und sprache entsprungen und erhalten, bezögen sie sich nicht unbewust auf ein höheres wesen, von dem die vorzeit lebendigere vorstellung hatte; auf diesem grunde scheinen mir fast alle von den mhd. dichtern angewendeten personificationen zu beruhen. Man dürfte in den meisten beispielen den namen gottes an die stelle von Wunsch, oder in den s. 14–16 mitgetheilten ausdrucksweisen von dem frohen, zürnenden gott, Wunsch setzen. freudenvoll hât sie got gegozzen (MS. 1, 226b), der Wunsch maz ir bilde, wie mezzen von gott gilt (s. 18) und gebieten gleich technisch auf beide bezogen wird (s. 20. 115), jenes gramr. er yđr Ođinn (s. 15. 114) könnte mhd. gegeben werden: der Wunsch zürnet, fluochet iu, die welt ist euch gram. einigemal scheinen die dichter zu schwanken, ob sie got oder Wunsch setzen sollen, in der ersten stelle aus Gregor wird der Wunsch, gleichsam als wesen zweiten rangs, als diener oder bote, dem höheren gott untergeordnet, und dieser gestattet ihm erst sein bildendes geschäft zu übernehmen, was er sonst aus eigner kraft thut. wenn anderwärts leib, gestalt, haare dem Wunsche gleich genannt worden, gemahnt es vollkommen an das homerische κόμαι Χαρίτεσσιν ομοι̃αι Il. 17, 51, und Χάριτες, die Gratiae, schöpferinnen der anmut und schönheit, verhalten sich ganz wie unser Wunsch, selbst darin, daß neben der persönlichen bedeutung die abgezogene χάρις, gratia wie von wunsch [Fußnote] statt findet. Püterich von Reicherzhausen (Haupts zeitschr. 6, 48) nennt ›die wuntsches füeße‹ einer princessin, der ältere ausdruck würde lauten: ir füeze wâren dem Wunsche gelîch. es ist recht deutsch heidnisch gedacht, daß diese schöpferische kraft einem gott zusteht, nicht wie bei den Griechen einem höheren weiblichen wesen. Aber noch andere züge weisen auf das heimische alterthum zurück. des Wunsches aue und heilwâc vergleichen sich mit Pholes ouwa und brunno oder mit den auen und heilbrunnen andrer götter, des Wunsches krone mit der von göttern und königen getragnen. Vor allem hervorzuheben ist, daß der wunsch sich seines geschöpfes als eines kindes freut, Wuotan tritt hier auf als altvater oder hausherr, dem die erschaffnen menschen wie kinder, freunde und hausgesinde erscheinen, wunschkint wird auch von dem adoptierten, angewünschten gesagt. Herbort läßt 13330 Hecuba ausrufen: ›ich hân einen sun verlorn, er gezæme gote ze kinde‹, das bedeutet nicht in christlichem sinn: gott nahm ihn wol gern zu sich, sondern in heidnischem: er war so schön, daß er des Wunsches kind heißen mochte, denn auch der nordische Ođinn hat solche wunderkinder, wunschjungfrauen in seinem geleite [Fußnote].
Dem altn. Oski entspräche genau betrachtet ein ahd. Wunsco, Wunscjo, das ich nicht einmal in eigennamen [Fußnote] aufweisen kann [Fußnote], die mhd. form Wunsche ist nicht aus Troj. 3154. 7569. 19620. 19726 (straßb. hs.) zu rechtfertigen, metrum und der gen. auf -es widerstreben. Doch die ganze vorstellung mag vor alters in Süddeutschland viel lebhafter gewurzelt haben, als in Scandinavien, weil von Oski die edda beinahe gar nichts, unsre poesie des 15 jh. noch soviel von Wunsch zu berichten weiß. daß sie auch dort einheimisch war, lehren zumal die Oskmeyjar = Wünschelfrauen, der Oskasteinn, ein stein der weisen, der mit der Wünschelrute und Mercurs stab zusammenhängt, Oskabyrr, mhd. Wunschwint, Oskabiörn, ein seeungeheuer, von welchen allen im verfolg ausführlicher die rede sein wird. Osk, ein weiblicher eigenname, findet sich an einigen stellen; wie wenn das dunkle Oskopnir Sæm. 188a als Osk-opnir zu nehmen wäre? Opnir, Ofnir sind wiederum beinamen Ođins. Wort und begrif scheinen immer bedeutsamer für unsre mythologie zu werden; es fällt auf, daß die ags. denkmäler keinen beitrag gewähren, selbst das einfache vûsc (optio, votum) scheint ungewöhnlich, und nur vŷscan (optare) geläufig; unter den mythischen helden von Deira kommt jedoch ein Vûscfreá, gleichsam ein herr des Wunsches vor, und auch den Angelsachsen mag dies wesen nur ausgestorben, früher bekannt gewesen sein.
Dafür ist ihrer ältesten poesie gerade ein andrer namen Wuotans heimlich noch bewust, dessen die edda wieder nur beiläufig gedenkt, sie stellt aber Sæm. 46b Oski und Omi ganz nebeneinander, und 91b wird Omi nochmals für Ođinn gebraucht. Omi verhält sich nun zu ômr sonus, fragor, wie das ags. vôma zu vôm clamor, sonitus, die belege habe ich Andr. und El. s. XXX. XXXI. angeführt, denen jetzt noch aus dem cod. exon. heonfonvôma 52, 18. 62, 10; dägredvôma 179, 24; hildevôma 250, 32. 282, 15; vôges vôma 277, 5; vintres vôma 292, 22 beigefügt werden kann; in der letzten stelle liegt die bedeutung hiemis impetus, fragor, furor vor augen und wir sehen uns zu dem sinn geleitet, den das alterthum mit Wuotan selbst verband, aus der lebendigen gottheit ergaben sich die abstractionen wuot (furor), wunsch (ideal) und vôma (impetus, fragor). der huldvolle, anmutverleihende gott hieß andremal der stürmende, schrecken bringende, die natur durchschauernde; so drückt auch alt altn. Yggr bald Ođinn aus, bald yggr terror. das ags. vôma erscheint gar nicht mehr als Vôma, ahd. sind beide, wuomo und Wuomo unerhört. heofonvôman übersetzt Thorpe örtlich durch heavens corners, ich bezweifle ob richtig, es sind beidemal coeli fragores gemeint. Man dürfte aber den Omi, Vôma sich als einen luftgott, gleich dem indischen Indras, denken, dessen rauschen am himmel, bei tagesanbruch, im tosen der schlacht und im aufzug des wütenden heers vernommen wird [Fußnote].
Nemlich wie die seelen der erschlagnen krieger in Indras himmel gelangen [Fußnote], nimmt auch der siegverleihende gott unsrer vorfahren die im kampf gefallnen helden in seine gesellschaft, in sein heer, in seine himmlische wohnung auf. wahrscheinlich war es glaube aller guten und edeln menschen, nach ihrem tod in nähere gemeinschaft der gottheit zugelassen zu werden. sterben heißt darum, und selbst nach der christlichen ansicht, zu gott gehen, zu gott heimkehren. ags. metodsceaft seon, Beov. 2360: Cædm. 104, 31 gott heimsuchen. alts. god suokian Hel. 174, 26; fadar sudkion Hel. 143, 23; upôdashêm, lioht ôdar, sinlîf, godes rîki suokian Hel. 85, 21. 17, 17. 63, 14. 137, 16. 176, 5. nach Herodot 4, 94 sagten in gleichem sinn die Thracier ιέναι παρὰ Ζάλμοξιν (Γεβελέϊζιν) δαίμονα, und diesen Zalmoxes oder Zamolxes hält Jornandes für einen gothischen (getischen) vergötterten könig. Im Norden hieß zu Ođinn fahren, bei Ođinn zu gast sein, Ođinn heimsuchen nichts als sterben (fornaldarsögur 1, 118. 422. 423. 2, 366) und war gleichbedeutend mit nach Valhöll fahren, in Valhöll zu gast sein (das. 1, 106). Unter den Christen wurden aber verwünschungen daraus: far þû til Ođins! Ođins eigi þik! [Fußnote] hier zeigt sich die umkehrung des gütigen wesens, bei dem man bleiben will, in ein böses [Fußnote], dessen aufenthalt furcht und schrecken einflößt. Im verfolg wird näher ausgeführt werden, auf welche weise Wuotan an der spitze des nach ihm benannten wütenden heers durch die fahrend vorgestellt wurde. Valhöll (aula optionis) und Valkyrja hängen offenbar zusammen mit dem begrif des wunsches und der wahl.
Von den eigenthümlichkeiten der gestalt und äußeren erscheinung des gottes, wie sie in den nordischen mythen ausgeprägt sind, habe ich bei uns in Deutschland wenig spuren mehr angetroffen. Odin ist einäugig, trägt einen breiten hut und weiten mantel. Grîmnir î feldi blâm. Sæm. 40; î heklu grænni ok blâm brôkum (fornald. sög. 1, 324); heklumađr (1, 325). Als er aus Mîmis brunnen zu trinken begehrte, muste er eins seiner augen zu pfand lassen (Sæm. 4a Sn. 15) [Fußnote]. bei Saxo p. 12 tritt er auf als grandaevus, altero orbus oculo; p. 37 armipotens, uno semper contentus ocello; p. 138 senex orbus oculis, hispido amictu. ebenso in den sagen: kom þar mađr gamall, miök orđspakr, einsŷnn ok augdapr, ok hafđi hatt sîđan. fornm. sög. 2, 138. hann hafir heklu flekkôtta yfir ser, sâ madr var berfœttr ok hafđi knŷtt lînbrôkum at beini, han var hâr miök ok eldiligr ok einsŷnn. fornald. sög. 1, 120. þa kom mađr î bardagann međ sîđan hatt ok heklu blâ [Fußnote], hann hafđi eitt auga ok geir î hendi. das. 1, 145. þetta mun Ođinn gamli verit hafa, ok at vîsu var mađrinn einsŷnn. das. 1, 95. sâ hann mann mikinn međ sîđun hetti, das. 5, 250. međ hetti Hângatŷss gânga, cum cidari odiniana incedere Vigagl. saga s. 168. Othinus, os pileo, ne cultu proderetur, obnubens. Saxo gramm. 44. schon in einem eddischen liede heißt er Sîđhöttr (der breithutige) Sæm. 46b, in einer sage bloß Höttr (der hutige, gehutete) fornald. sög. 2, 25. 26, vgl. Müllers sagabibl. 3, 142. ohne jenen namen im Grimnismâl würde ich vermuten, es sei absicht der Christen, den alten gott durch ärmlichen anzug herabzusetzen, oder er wolle, in den mantel gehüllt, sich den Christen verbergen. darf an die pileati des Jornandes gedacht werden? Schön lautet eine sage bei Saxo p. 12: der blinde greis faßt einen schützling in den mantel und trägt ihn durch die lüfte, Hading aus einem loche des mantels schauend, gewahrt, daß das pferd über die wellen schreitet. jener heklumađr mit aufgekremptem hut ist aber unser Hakolberend an des wilden heeres spitze, der sich genau in ein goth. Hakulabaírands übertragen läßt, seit hakuls (φελόνης) 2. Tim. 4, 13 gefunden ist. Schwedische volkssagen schildern Odin kahlhäuptig (Iduna 10, 231). In der alten dichtung heißt er Harbarđr, Sîđgrani, Sîđskeggr, alles in bezug auf seinen dichten haar und bartwuchs. Rothbart habe ich zwar sonst auf Thor gedeutet, doch fornald. sög. 2, 239–257 ist Grani und Raudgrani ausdrücklich Ođinn [Fußnote].
Die nord. mythe legt Ođinn einen wunderbaren speer (geir), namens Gûngnir bei (Sæm. 196. Sn. 72), den ich der lanze oder dem schwert des Mars, nicht dem stabe Mercurs vergleiche. Sigmunds schwert bricht, als er in Ođins speer haut. Völs. saga cap. 11. diesen speer leiht er den helden zum sieg (Sæm. 165). eine merkwürdige stelle, fornm. sög. 5, 250, sagt: seldi honum reyrsprota (den spere von rohr) î hönd, ok bađ hann skiota honum yfir liđ Styrbiarnar, ok þat skyldi hann mæla: Ođin â yđr alla! alle feinde, über die der geschossene speer fliegt, werden dem tode geweiht, und der ihn abschießende erhält den sieg. auch Eyrbygg. saga p. 228: þâ skaut Steinþôrr spioti at fornom siđ til heilla ser yfir flock Snorra, wo freilich nicht gesagt ist, daß es des gottes speer war, der über den feind geschwungen wird. Sæm. 5a von Ođinn selbst: fleigđi ok î fôlk um skaut [Fußnote].
Dem siegsgott werden zwei wölfe und zwei raben beigelegt, die als streitlustige, tapfere thiere dem kampfe folgen und sich auf die gefallenen leichen stürzen (Andr. und El. XXVI. XXVII). die wölfe heißen Geri und Freki (Sn. 42), und noch ein schwank bei H. Sachs (I. 5, 499) weiß, daß sich gott der herr die wölfe zu jagdhunden erwählt hatte, daß sie sein gethier sind. die beiden raben aber werden Huginn und Muninn genannt, von hugr (animus, cogitatio) und munr (mens), sie sind nicht nur mutig, sondern auch weise und klug, sitzen dem Ođinn auf den achseln und sagen ihm alles ins ohr, was sie sehn und hören (Sæm. 42b 88a Sn. 42. 56. 322). Auch dem griech. Apollo waren wolf und rabe heilig [Fußnote], der rabe, sein bote, meldete ihm die untreue der Koronis; Aristeas begleitete ihn als rabe (Herod. 4, 15), auf des Mithras (sonnengottes) mantel sitzt oben ein rabe. Die evangelien stellen den heiligen geist als taube dar, die bei der taufe hernieder auf Christus fährt (Luc. 3, 22) und über ihm bleibt (έμεινεν επ' αυτόν, mansit super eum. Joh. 1, 32). ›in Krist er sih gisidalta‹ sagt O. I. 25, 24, Hel. 30, 1 aber von der taube: sat im uppan ûses drohtines ahslu. ist das noch heidnische erinnerung? kein kirchenvater hat diesen zug, wol aber ist im mittelalter genug vom sitzen der taube auf der schulter die rede [Fußnote], und die taube, obwol häufig gegensatz des raben (den die Christen wie den wolf auf den bösen geist anwandten) kann ihn dennoch vertreten. dem Oswald fliegt sein rabe auf achsel und arm 749. 942. Oswald redet mit ihm 95. 96. und kniet vor ihm 854. vgl. Zingerle Oswalt s. 67. [Fußnote] [Fußnote]).
In der gestalt jenes bärtigen alten scheint aber Wuotan als wassergeist oder wassergott aufzufassen und dem lat. namen Neptunus gerecht, den einige ältere schriftsteller von ihm gebrauchen (s. 101). er heißt altn. Hnikar, Hnikuđr, Nikarr, Nikuz und das schwanken der Sn. 3 ausdrücklich nebeneinander gestellten formen (Nikarr eđa Nikuz) mag von verschiedenheit der alten dialecte herrühren, Nikarr entspräche dem ags. Nicor, Nikuz dem ahd. Nichus, anlautendes HN gehört wol nur dem altn. ausdruck? ich werde bei abhandlung der wassergeister noch einiges hinzuzufügen haben [Fußnote]. Gleich bemerkenswerth ist ferner die doppelgestalt eines andern odinischen beinamens Bifliđi eđa Biflindi (Sn. 3); Sæm. 46bb steht Biblindi. da bif motus, aer, aqua, das bebende element, ags. lîđe lenis, ahd. lindi, altn. linr (für linnr) bedeuten, könnte ein ags. Biflîđe, Beoflîđe, ahd. Pëpalindi von der leisen bewegung der luft entnommen sein, ein treffender name des alldurchdringenden gottes; doch die ags. ahd. formen, aus denen der nord. ausdruck erborgt wäre, sind untergegangen. Beides zusammen Wuotans herschaft über das wasser wie über den wind verständigen uns, daß er auf den wellen wandelt und durch die lüfte im sturm naht. Ođinn verleiht den schiffen wind (fornm. sög. 2, 16) und günstiger segelwind hieß darum ôskabyrr Sæm. 165b d. h. Oskabyrr, byrr von byrja, ahd. purran, sich erheben. damit trift bedeutsam überein, daß auch die mhd. dichter wunschwint in solchem sinn gebrauchen, Hartmann sagt Greg. 615
dô sande in der süeze Krist
den vil rehten wunschwint [Fußnote].
Andere eigenschaften Wuotans weisen aber mehr auf Hermes und Apollo. Diesem letzteren gleicht er darin, daß von ihm seuchen und deren heilung ausgehn, jede schwere krankheit ist gottes schlag und Apollons pfeile entsenden die pest. auch die Gallier wähnten, Apollo vertreibe die krankheiten (Apollinem morbos depellere. J. Caesar 6, 17), und Wôdan allein vermag Balders ausgerenktes pferd durch seinen zauber zu heilen. zu Apollo stimmt ganz der rabe auf des gottes schulter und noch deutlicher, daß Ođinn die dichtkunst erfand und Saga seine göttliche tochter ist, wie die griech. Musen zwar des Zeus töchter sind, aber in Apollons schutz und geleite stehn. Doch schrift und buchstaben wiederum hatte nicht Apollo sondern Hermes erfunden. die ägyptischen priester setzten Hermes an die spitze aller erfindungen (Jamblich. de myst. Aegypt. 8, 1) und Theuth oder Thoth soll zuerst die buchstaben gefunden (Platons Phaedr. 1, 96. Bekker), nach Hygin. fab. 143 Hermes dem fluge der kraniche abgesehen haben. Im ags. dialog zwischen Saturn und Salomon heißt es (Thorpes anal. p. 100): ›saga me hvâ ærôst bôcstafas sette? ic the secge, Mercurius se gygand‹. ein andrer dialog, Adrian und Epictus betitelt (ms. mus. brit. arund. no. 351. fol. 39) hat: ›quis primus fecit literas?‹ und antwortet: Seith, was entw. aus Theuth entstellt oder der bibl. Seth ist. Der eddische rûnatals þâttr scheint nun auch die erste lehre der runen dem Ođinn beizulegen, wenn man die worte: ›nam ec upp rûnar‹ (Sæm. 28a) so deuten darf. ›thær ofrêđ, thær ofreist, thær ofhugđi Hroptr‹. Sæm. 195b. d. h. die las, schnitt und erdachte (bedachte) Ođinn. auch Snorri sagt Yngl. cap. 7: ›allar thessar îdrôttir kendi hann međ rûnum ok liôđum‹. Hincmar von Rheims legt dem Mercur die erfindung des würfelspiels bei: ›sicut isti qui de denariis quasi jocari dicuntur, quod omnino diabolicum est, et, sicut legimus, primum diabolus hoc per Mercurium prodidit, unde et Mercurius inventor illius dicitur‹. 1, 656. vgl. schol. zur Odyss. 23, 198 und MS. 2, 124b ›der tiuvel schuof daz würfelspil‹. Das wissen auch noch unsre volkssagen, die den teufel immer kartenspielen und andre zum spiel verleiten lassen [Fußnote] [Fußnote]. Nimmt man hierzu, daß die wünschelruthe, d. i. der stab des Wunsches an Mercur caduceus, die wünschelfrauen, d. h. die oskmeyjar, valkyrjor an das geschäft des Psychopompos erinnern; so darf ein nachhall des gallischen [Fußnote] oder germanischen Mercurs in dem beinamen Trismegist (Lactantius I. 6, 3. VI. 25, 10. ter maximus Hermes bei Ausonius) vernommen werden [Fußnote], den die späteren romanischen und deutschen dichter des 12. 13 jh. [Fußnote] auf einen sarazenischen abgott Termagan [Fußnote], Tervagan, Tervigant, Terviant übertragen. Wenn aber Hermes und Mercur als dator bonorum vorgestellt werden und den Slaven Mercur wiederum Dobropan heißt (s. 108), gleichsam mercis dominus; so verdient aufmerksamkeit, daß der Misnere Amgb. 42a bei aufzählung sämmtlicher planeten unter ihnen allen den Mercur mit den worten anruft: nu hilf mir, daz mir sælde wache! schin er mir ze gelücke, noch sô kum ich wider ûf der sælden phat. ich finde daß in schwedischen volksliedern Odin gerade so gerufen wird: hielp nu Oden Asagrim! sv. fornsängor 1, 11; hielp mig Othin! 1, 69; diesen gott flehte das volk zuerst und vor allen in der noth an, Asagrim heißt er wol, weil er unter den Asen Grîmnir genannt wurde?
Darum scheint auch bedeutsam, daß den wanderungen des götterboten unter den menschen, in deren hütten er zuweilen einkehrt, hauptsächlich die des Ođinn und Hoenir, in christlicher einkleidung gottes und des heiligen Petrus zur seite stehn.
Unsere vorzeit erzählt von Wuotans wanderungen, von seinem wagen, weg und geleite (duce Mercurio, s. 106).
Es ist bekannt, daß schon im höchsten alterthum die sieben sterne, welche am nördlichen himmel den bären bilden, als ein vierräderiger wagen vorgestellt werden, dessen deichsel aus den drei abwärts geneigten sternen besteht.
’Άρκτον θ', ὴν καὶ άμαξαν επίκλησιν καλέουσιν. Il. 18, 487. Od. 5, 273. so auch ahd. glossen ursa wagen. Jun. 304. mhd. himelwagen Walth. 54, 3 [Fußnote], herwagen Wackern. lb. 1. 772, 26. am deutlichsten erklärt N. cap. 64: selbiu ursa ist pî demo norde mannelîchemo zeichenhaftiu fone dien siben glatên sternôn, die allêr der liut wagen heizet, unde nâh einemo gloccun joche [Fußnote] gescaffen sint, unde ebenmichel sint, âne des mittelôsten. den Angelsachsen hieß dieses gestirn vænes þîsl (wagendeichsel) oder bloß þîsl, es wird aber auch carles væn bei Lye angeführt, dem engl. charles wain entsprechend, dän. karlsvogn, schwed. karlwagn. ist hier karl gleichviel mit herr, wie sich herrenwagen in gleichem sinn darbietet? oder ist es übertragung auf den berühmten könig der christlichen sage? worauf es uns aber ankommt, die constellation mag in der heidnischen zeit den vollständigen namen Wuotanes wagan geführt haben, nach dem obersten gott des himmels. die niederländische sprache zeugt dafür, noch in einem ms. von 1470: ende de poeten in heure fablen heetend (das gestirn) ourse, dat is te segghene Woenswaghen; und anderwärts: dar dit teekin Arcturus, dat wy heeten Woonswaghen, up staet; het sevenstarre of de Woenswaghen; vgl. Huydec. proeven 1, 24. plaustrum Mercurii habe ich nicht gelesen, auch kein altn. Ođins vagn, nur vagn â himnum.
Vielleicht hieß auch, in einigen gegenden, die große, offene heerstraße, mit der man lange zeit den begrif einer besonderen heiligkeit verknüpfte, vielleicht die vorstellung der himmlischen milchstraße (caer Gwydion s. 124) verwachsen ließ, Wuotanes wec oder strâza? in Niedersachsen erhielt sich die örtliche benennung an einem dorfe bei Magdeburg: Wôdenesweg ch. a. 973 in der zeitschr. f. archivk. 2, 349. eine ältere urk. von 937 soll Watanesweg lesen (vgl. Wiggert in den n. mitth. des thür. vereins VI. 2, 22); praedium in Wôdeneswege. Dietm. merseb. 2, 14 p. 750. annal. Saxo 272. Johannes de Wdenswege, Heinricus de Wôdensweghe, (Lenz) brandenb. urk. p. 74 (a. 1273) 161 (a. 1301); später Wutenswege, Godenschwege, Gutenswegen vgl. Ledebur n. arch. 2, 165. 170. Gero ex familia Wodenswegiorum. ann. magdeburg. in chron. marienthal.. Meibom 3, 263. ich erinnere an die lustration der koninges strate (RA. 69), in Uplandsl. vidherb. balkr 23, 7 wird der heerweg genannt karlsveg, gleich jenem himmlischen wagen. doch soll hernach zweifel erhoben werden, ob in Wodenswege wirklich dieser begrif von weg (via) enthalten sei.
Noch deutlicher und beziehungsvoller scheinen aber die namen einzelner berge, die dem dienst des gottes im heidenthum geheiligt waren. at Sigtŷs bergi. Sæm. 248a. Othensberg (jetzt Onsberg) auf der dän. insel Samsöe; Odensberg in Schonen. Godesberg bei Bonn in den urk. des mittelalters Gudenesberg. Günther 1, 211 (a. 1131) 1, 274 (a. 1143) 2, 345 (a. 1265), früher Wôdenesberg (Lacomblet 97. 117 a. 947. 974). schon Caesarius heisterb. 8, 46 stellt beide formen neben einander: ›Gudinsberg vel, ut alii dicunt, Wudinsberg‹. Unweit der heiligen eiche in Hessen, die Bonifacius stürzte, lag ein Wuodenesberg, der noch in urk. von 1154 (Schminke beschr. von Cassel p. 30 vgl. Wenk 3, 79) so heißt, später Vdenesberg, Gudensberg; verschieden davon muß ein Gudensberg bei Erkshausen, amts Rotenburg (niederh. wochenbl. 1830 s. 1296) und ein Gudenberg bei Oberelsungen und Zierenberg (daselbst s. 1219 Rommel 2, 64. Gudenburg bei Landau s. 212) sein, so daß allein in Niederhessen drei berge dieses namens vorkommen: vgl. montem Vodinberg cum silva monti eidem attinente, in einer urk. von 1265 bei Wenk II. no. 174. eines Henricus comes de Wôdenesberg, aus anderer gegend, gedenkt eine urk. von 1130 in Wedekinds noten 1, 367; einer curtis Wôdenesberg eine urk. von 973 bei Falke tradit. corb. 534. Gotansberg (a. 1275) Langs reg. 3, 471: vineas duas gotansberge vocatas. Mabillons acta Bened. sec. 5, p. 208 enthalten folgendes: ›in loco ubi mons, quem dicunt Wonesberth (l. Wônesberch = Wôdanesberg), a radicibus astra petit‹; er soll im pagus gandavensis liegen, richtiger ist es der berg von Ardenghen zwischen Boulogne und s. Omer. Comes Wadanimontis, später Vaudemont in Lothringen (Don Calmet, tome 2, preuves XLVIII. L.) scheint dasselbe, und für Wodanimons gesetzt [Fußnote]. ein Vôdnes beorg in der ags. chronik (Ingram p. 27. 62) woraus nachher Wodnesborough, Wansborough (in Wiltshire) gemacht wurde; schon bei Ethelwerd p. 835: facta ruina magna ex utraque parte in loco qui dicitur Wodnesbyrg, statt Wodnesberg, doch Florentius ed. 1592 p. 225 hat Wodnesbeorh, id est mons Wodeni. Vôdnesbeorg auf Lappenbergs carte beim Bearucvudu, vgl. Wodnesbury Wodnesdyke, Vôdanesfeld in Lappenbergs engl. gesch. 1, 131. 258. 354. Dazu nehmen muß man, daß bei dem hessischen Gudensberg die sage geht von dem bergversunkenen könig Carl, der daselbst einen sieg über die Sachsen erfochten, und dem durstenden heer einen brunnen im wald geschlagen habe, künftig aber einmal zur rechten zeit, mit seinem heer, aus dem berg hervorgehen werde. den mythus vom siegreichen heer, das nach wasser schmachtet, wenden bereits die fränkischen annalisten auf könig Carl an (Pertz 1, 150. 348), gerade da, wo sie zerstörung der Irmenseule vortragen; er ist aber sicher älter und heidnisch, Saxo gramm. 42 hat ihn von dem siegenden Balder; das zusammentreffen solcher sagen mit festen plätzen des alten cultus kann nicht anders als ihre bedeutsamkeit erhöhen und bestätigen. das volk, dem sein glaube zerstört wird, rettet einzelne züge daraus, indem er sie überträgt auf einen gegenstand neuer, unverfolgter verehrung. Nach so häufigen beispielen alter Wuotansberge darf man dazu vergleichen, wenn bei lateinischen annalisten, z. b. Fredegar eines mons Mercurii erwähnt wird. Außerdem begegnen andre namen. das breviarium Lulli (bei Wenk II. no. 12) nennt als thüringischen ort: in Wudaneshusun, und nochmals Woteneshusun (vgl. Schannat no. 84. 105); ein Wodensholt (heute Godensholt) liegt im Oldenburgischen, ein lagerbuch von 1428 (Ehrentraut fries. arch. 1, 445) führt auf: ›to Wodensholte Tideke Tammen gut x schillinge‹; Wothenower (? Wôdenôver) sitz eines brandenburgischen geschlechts (Höfers urk. p. 270 a. 1334); unweit Bergen op Zoom und der Schelde, gegen Antwerpen, liegt noch heute Woensdrecht, gleichsam Wodani trajectum. Woensel = Woedenssele, Wodani aula liegt unweit Eindhoven am Dommel in Nordbrabant; eine merkwürdige mir von J. W. Wolf nachgewiesne stelle darüber findet sich in Gramayes Taxandria p. 23: imo amplius supersunt aperte cymbricorum deorum pagis aliquot, ubi forte culti erant, indita nomina, nominatim Mercurii in Woensel, honoris in Eersel, Martis in Roysel. uti enim Woen Mercurium eis dictum alias docui, et eer honorem esse omnes sciunt, ita Roy Martem a colore sanguineo cognominatum ostendunt illi, qui tertiam hebdomadis feriam Roydach indigitant. auf Eersel und Roysel, die in der nähe von Woensel, sämtlich in dem nordbrabäntischen district Oirschot liegen, werde ich hernach zurückkommen. dies Woensel gleicht den s. 131 angeführten Ođinssalr, Othänsäle, Onsala. Wunstorp, Wunsdorf, städtchen und stift in Niedersachsen, heißt in einer urk. von 1179 (bei Falketrad. corb. 770) noch vollständig Wodenstorp. Bei Windbergen in Ditmarschen führt ein platz an einem gehölze den namen Wodenslag, Wonslag. Unweit Hadersleben in Schleswig sind die dörfer Wonsbeke, Wonslei, Woyens früher Wodensyen. Eine ags. urk. von 862 (bei Kemble 2, 73) liefert in einer grenzbestimmung den ausdruck Vônstoc = Vôdenesstoc, Wodani stipes, und verräth uns zugleich den einfluß des gottes auf die alte grenzmessung. Wuotan, Hermes, Mercur scheinen gottheiten des maßes und der grenze, vgl. Woedensspanne, Woenslet (s. 132) [Fußnote].
Wie diese namen, welche den wagen und berg des alten gottes bezeichnen, vorzüglich in Niederdeutschland, wo sich das heidenthum länger behauptete, übrig geblieben sind, weist eben dahin auch eine merkwürdige gewohnheit des niedersächsischen volks bei der kornernte. man pflegt einen büschel getraide auf dem feld stehen zu lassen dem Woden für sein pferd. Nach der edda reitet Ođinn das beste aller rosse, den Sleipnir, welchem acht füße zugeschrieben werden (Sæm. 46a 93b Sn. 18. 45 65). Sleipnis verđr (speise des Sl.) ist dichterische benennung des heues (Yngl. saga cap. 21); andere sagen reden von einem hohen weißen schimmel, an dem der siegesgott in den schlachten zu erkennen war [Fußnote]. Jenen unschuldigen gebrauch rottete das christenthum weder bei dem nordischen noch dem sächsischen landmann völlig aus. In Schonen und Blekingen blieb es lange sitte, daß die ernter auf dem acker eine gabe für Odens pferde zurückließen [Fußnote]. Die meklenburgische gewohnheit schildert Gryse [Fußnote] folgendermaßen: ja, im heidendom hebben tor tid der arne de meiers dem afgade Woden umme god korn angeropen, denn wenn de roggenarne geendet, heft men up den lesten platz eins idern veldes einen kleinen ord unde humpel korns unafgemeiet stan laten, datsülve baven an den aren drevoldigen to samende geschörtet unde besprenget. alle meiers sin darumme her getreden, ere höde vam koppe genamen (vgl. oben s. 26) unde ere seisen na der sülven wode (?) unde geschrenke dem kornbusche upgerichtet, und hebben den Wodendüvel dremal semplik lud averall also angeropen unde gebeden:
Wode, hale dinem rosse nu voder,
nu distel unde dorn,
tom andern jar beter korn!
welker afgödischer gebruk im pawestom gebleven. daher denn ok noch an dissen orden dar heiden gewanet, bi etliken ackerlüden solker avergelövischer gebruk in anropinge des Woden tor tid der arne gespöret werd, und ok oft desülve helsche jeger, sonderliken im winter des nachtes up dem velde, mit sinen jagethunden sik hören let.
Dav. Franck (Meklenb. 1, 56. 57), der von alten leuten das nemliche gehört hat, führt den reim so an:
Wode, Wode,
hal dinen rosse nu voder,
nu distel un dorn,
ächter jar beter korn!
auf adlichen höfen, fügt er hinzu, wenn der roggen ab sei, werde den erntemeiern Wodelbier gereicht; auf Wodenstag jäte man keinen lein, damit Wodens pferd den samen nicht zertrete. in den zwölften spinne man nicht und lasse keinen flachs auf dem rocken; auf die frage warum? heiße es: der Wode jage hindurch. Ausdrücklich wird berichtet, dieser wilde jäger Wod reite auf weißem rosse [Fußnote]. bei Sätuna in Vestergötland liegen schöne wiesen Onsängarne (Odens ängar) genannt, auf welchen des gottes pferde geweidet haben sollen (Afzelius 1, 4). in Süddeutschland erzählt man von des burgherrn weidendem schimmel (Mone anz. 3, 259). s. unten das wütende heer.
Ich habe mir erzählen lassen, daß auch im Oldenburgischen (in der gegend von Kloppenburg) die erntenden ein stück halme auf dem acker nicht abschneiden, und darum tanzen. vielleicht wird noch jetzt ein reim dazu gesungen, sicher geschah es ehmals.
Eine schaumburgische sitte finde ich so beschrieben [Fußnote]: in scharen von zwölf, sechzehn, zwanzig sensen zieht das volk aus zur mahd, es ist so eingerichtet, daß alle am letzten erntetag zugleich fertig sind, oder sie lassen einen streif stehen, den sie am ende mit einem schlag hauen können, oder sie fahren nur zum schein mit der sense durch die stoppel, als hätten sie noch zu mähen. Nach dem letzten sensenschlag heben sie die werkzeuge empor, stellen sie aufrecht und schlagen mit dem streek dreimal an die klinge. jeder tröpfelt von dem getränke, das er hat, es sei bier, brantwein oder milch, etwas auf den acker, trinkt selbst, unter hüteschwingen, dreimaligem anschlag an die sense und dem lauten ausruf Wold, Wold, Wold! die weibsleute klopfen alle brotkrumen aus den körben auf die stoppeln. jubelnd und singend ziehen sie heim. Funfzig jahre früher war ein lied gebräuchlich, das seitdem ausgestorben ist, und dessen erste strophe lautete:
Wôld, Wôld, Wôld!
hävenhüne weit wat schüt,
jümm hei dal van häven süt.
vulle kruken un sangen hät hei,
upen holte wässt manigerlei:
hei is nig barn un wert nig old.
Wôld, Wôld, Wôld!
unterbleibt die feierlichkeit, so ist das nächste jahr miswachs an heu und getraide.
Wahrscheinlich wurde dem verehrten wesen, außer der trankspende, getraide stehen gelassen, wie die vierte zeile des lieds (er hat volle krüge und garben) zu erkennen gibt; vielleicht gedachte die zweite strophe des rosses. ›der himmelriese schaut nieder von himmel, er weiß alles was geschieht‹, das stimmt zu dem alten glauben an Wuotans stul (s. 112); die sechste zeile schildert den ungebornen und unalternden gott fast zu theosophisch. Wôld, obgleich durch den reim gerechtfertigt, scheint eher aus Wôd, Wôde verderbt [Fußnote], als aus waldand (oben s. 17) verkürzt. Mir hat ein Schaumburger den namen Wauden ausgesprochen und folgendergestalt erzählt: am Steinhudersee gehn im herbst nach gehaltner ernte die bursche aus dem dorfe Steinhude an einen hügel, Heidenhügel genannt, entzünden ein feuer darauf und rufen, wenn die flamme lodert, unter hutschwenken: Wauden, Wauden! [Fußnote]
o heilige sanct Mäha,
beschere übers jahr meha,
so viel köppla, so viel schöckla,
so viel ährla, so viel 1000 gute gährla.
vergaßen es die schnitter, so hieß es: seids net so geizig und laßt dem heil. s. Mäha auch was steha und macht ihm sein städala voll! vgl. die nicht so vollständigen angaben in Panzers beitr. 2, 216. 217. drei halme bleiben für den Oswald stehn, drei ähren dreimal mit blumen gebunden. die blumen sind die kornblume (centaurea, blau), die blotze (rothe kornblume, papaver rhoeas) und die camille. die rothe kornblume heißt sonst auch Miedelmagn (Marienmohn). Panzer beitr. 2, 214–216. Schm. 2, 555. 608, in Schwaben: hergots kitele, mäntele. Die Russen lassen garben für Volos (Veles) stehen, dem Volos in den bart (borod).
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Aus solchen gebräuchen leuchtet die milde des alterthums. der mensch will sich nicht alles zueignen, was ihm gewachsen ist, dankbar läßt er ein theil für die götter zurück, welche auch ferner seine saat schützen. die habsucht nahm zu, als die opfer aufhörten. Wie hier dem Wuotan werden anderwärts gütigen geistern und elben, z. b. in Schottland den brownies ähren hingelegt und dargebracht. (vgl. pixyhording in anm. 1101.)
Wuotan war es nicht ausschließlich, der den feldern fruchtbarkeit verlieh; in noch näherem bezug zum ackerbau stand Donar und dessen mutter, die Erde. wir werden diese göttin, bei ganz ähnlichen erntefesten, an jenes stelle gesetzt sehen.
In welchen ländern die verehrung des gottes am längsten haftete, läßt sich aus den ortsbenennungen erkennen, die, weil ihm die stätte geheiligt war, mit seinem namen zusammengesetzt sind. es ist sehr unwahrscheinlich, daß sie statt auf den gott auf menschen bezogen werden müsten, die wie er geheißen hätten; Wuotan, Ođinn als menschlicher eigenname kommt zwar, jedoch selten vor, und der sinn des zweiten theils der zusammensetzung, ihre wiederkehr in verschiedner gegend, reden ganz dafür, daß sie von dem gott zu verstehen ist. Aus Niederdeutschland und Hessen wurden (s. 126) angeführt Wôdenesweg, Wôdenesberg, Wôdenesholt, Wôdeneshûsun, an der jütischen grenze Wonsild; aus den Niederlanden Woensdrecht; in Oberdeutschland zeigen sich solche namen fast gar nicht [Fußnote]. in England erscheinen: Woodnesboro in Kent, unweit Sandwich; Wednesbury in Staffordshire; Wednesfield ebenda; Wednesham in Cheshire, Wodnesfeld bei Ethelwerd p. 848. Ihre zahl ist aber in Scandinavien, wo das heidenthum länger gesichert war, ansehnlicher, und wenn sie in Dänemark und dem gothländischen theile Schwedens häufiger vorkommen, als in Norwegen und dem eigentlichen Schweden, so folgere ich daraus ein übergewicht des odinischen cultus in Südscandinavien. der hauptort der insel Fühnen (Fion) hieß Odinsve (fornm. sög. 11, 266. 281) von ve, heiligthum, zuweilen auch Ođinsey (das. 230. 352) von ey, insel, aue, und hiernach später Odense, in Waldemars liber censualis [Fußnote] 530. 542 Othänsö. im untern Norwegen, nahe bei Fredrikstad, ein anderes Ođinsey (Heimskr. ed. hafn. 4, 348. 398), später genannt Onsö. in Jütland Othänshyllä (Wald. lib. cens. 519), später Onsild. Othänslef (Othini reliquiae Wald. lib. cens 526), heute Onslev. in Halland Othänsäle (Wald. lib. cens 533), heute Onsala (Tunelds georgr. 2, 492. 504), wie im alten Norwegen ein Odhinssalr (vgl. das brabantische Woensel, Woenssele?). in Schonen Othänshäret (Wald. lib. cens. 528), Othenshärat (Bring 2, 62. 138. 142 [Fußnote]), heute Onsjö (Tuneld 2, 397); Onslunda (Tuneld 2, 449) d. i. Odinshain; Othensvara (Bring 2, 46. 47. Othenvara 39); Othenströö (Bring 2, 48) von tro (fides) und vara (foedus)? in Småland Odensvalahult (Tuneld 2, 146) und Odensjö (2, 109. 147. Sjöbörg försök s. 61). in Ostergötland Odenfors (Tuneld 2, 72). in Vestergötland Odenskulla (2, 284) und Odenskälla (2, 264), ein gesundbrunnen; Odensåker, Onsåker, Wuotans acker, feld (2, 204. 253). In Westmanland Odensvi (1, 266. vgl. Grau p. 427 [Fußnote]) gleich dem fühnischen Odinsve, vielleicht gehört unser niedersächsisches Wodeneswege zu diesem ve, nicht zu weg (via) und erklärt sich aus dem alten wig, wih (templum, oben s. 54)? um so glaublicher wird das, weil im cod. exon. 341, 28 die merkwürdige stelle vorkommt:
Vôden vorhte veos, vuldor alvealda
rûme roderas,
d. i. Voden construxit, creavit fana (idola), deus omnipotens amplos coelos; dem Christen waren noch die heidnischen heiligthümer, die Vôden beigelegt wurden, im gedächtnis und er setzt ihnen gottes größere schöpfung gegenüber, die pluralform veos rechtfertigt sich leicht, da vih in veoh gebrochen wird und veohas in veos zusammengezogen. das ags. Vôdenesveoh träfe also genau zum alts. Wôdanesweg = Wôdaneswih und zum altn. Ođinsve. In Westmanland auch ein Odensjö (Grau p. 502). in Upland Odensala (Tuneld 1, 56); Odensfors (1, 144); Onsike (1, 144). in Nerike Odensbacke (1, 240) [Fußnote].
Es schien nothwendig die wichtigsten dieser ortsnamen hier nebeneinander zu stellen, und gewis sind mir noch manche entgangen [Fußnote], in ihrer menge, so wie in ihrer ähnlichen oder gleichen bildung liegt eben der volle beweis ihrer bedeutsamkeit. einzelne, wenige dürfte man bezweifeln und anders auslegen, sie alle zusammen zeugen unabweislich für die große ausdehnung des Odincultus.
Kräuter und pflanzen scheinen nach diesem gott nicht benannt. in Bruns beitr. s. 54 wird wodesterne als pflanzenname angegeben, er müste in bestimmterer form erhellen. Isländer und Dänen heißen aber einen kleinen wasservogel (tringa minima, inquieta, lacustris et natans) Ođinshani, Odenshane, Odens fugl, was sich an den s. 122 erörterten glauben von ihm geheiligten vögeln schließt. eine ahd. glosse (Haupts altd. bl. 2, 212) gewährt das unsichere vtinswaluwe fulica [Fußnote].
Sogar ein glied des menschlichen leibs wurde nach dem gott benannt, der raum zwischen dem gestreckten daumen und zeigefinger, was die Griechen λιχάς nennen, hieß in den Niederlanden Woedensspanne, Woedenspanne, Woenlet. der daume war heilig und selbst als däumling und Pollux = pollex verehrt; Wodan war gott des spiels und glücklichen, sagte man, laufe das spiel auf dem daumen. es sind über die benennung, ihren umfang und den ihr zum grund liegenden aberglauben noch weitere aufschlüsse abzuwarten [Fußnote].
Ich bin davon ausgegangen, daß die anbetung dieser gottheit allen deutschen stämmen gemein und keinem fremd war, eben weil wir sie für die allgemeinste und oberste anerkennen müssen. Wuotan ist, insofern es gelingen konnte aus überresten des alten glaubens eine idee seines wesens zusammenzufassen, der geistigste gott unseres alterthums, unter allen übrigen göttern leuchtet er hervor, und darum haben lateinische schriftsteller, wenn sie von deutschem cultus reden, immer am ersten Mercurs zu erwähnen anlaß.
Wir wissen, daß, außer den Nordmännern, die Sachsen, Thüringer, Alamannen, Langobarden diesen gott verehrten; warum sollten Franken, Gothen und die übrigen von seinem dienst ausgeschlossen sein?
Deutliche spuren zeugen aber auch an, daß sein cultus nicht immer und nicht in allen gegenden überwog. in dem südlichen Deutschland, wo doch die personification des Wunsches anhielt, erlosch er früher als in dem nördlichen, dort haben ihn weder ortsnamen, noch die benennung des vierten wochentags erhalten. unter den Scandinaven scheinen ihm weniger Norweger und Schweden, als Gotländer und Dänen zugethan. Die altn. sagen gedenken verschiedentlich der Thorsbilder, nie eines Odinsbildes; nur Saxo gramm. thut es in ganz mythischer weise (s. 93), Adam von Bremen, obwol Wodan unter den upsalischen gottheiten nennend, weist ihm nur die zweite, Thor die erste stelle an. Späterhin mag in Schweden Freys verehrung vorgewaltet haben.
Ein freilich jüngerer zusatz zu Olaf des heiligen sage gewährt eine merkwürdige äußerung über die durch einführung des christenthums gestürzten heidengötter. ich will sie hier beibringen, um im verfolg noch öfter darauf zurückzukommen: Olafr konûngr kristnađi þetta rîki allt, öll blôt braut hann niđr ok öll gođ, sem Thôr Engilsmanna gođ, ok Ođin Saxa gođ, ok Skiöld Skânûnga gođ, ok Frey Svîa gođ, ok Gođorm Dana gođ. fornm. sög. 5, 239. Das ist nicht genau zu nehmen, allein es scheint mir noch darin die nachhaftende erinnerung an alte nationalgötter ausgedrückt; wie die Schweden Frey, so zogen die Sachsen wahrscheinlich Wôden allen übrigen gottheiten vor. warum wol der gewis norwegische verfasser der stelle den abgott seiner landsleute ausläßt? hier hätte er Thor nennen sollen, statt bei den Engländern, die auch dem sächs. Vôden ergeben waren.
Indessen darf nicht außer acht gelassen werden, daß in der abrenuntiatio, einem nicht rein sächsischen, doch niederdeutschen, altfränkischen, vielleicht ripuarischen denkmal des achten jh., Thunar vor Vuodan genannt wird, und Saxnôt die dritte stelle einnimmt. auf jeden fall geht daraus hervor, daß auch Thunars verehrung in diesen gegenden herrschte; es wäre möglich Wuodans ansprüche auf den obersten platz durch die annahme zu rechtfertigen, daß hier die drei götter in der ordnung genannt seien, wie ihre bildseulen nebeneinander aufgestellt waren? Wuodan, als der erste unter ihnen stand in der mitte? wie, nach Adam von Bremen, zu Upsala Thor, ihm zur seite Wodan und Fricco.
Wenn in altn. sagen zwei götter genannt werden, geht gewöhnlich Thôrr dem Ođinn voraus. Laxdælasaga p. 174 von Kiartan: at hann þykist eiga meira traust undri afli sînu ok vâpnum (vgl. oben s. 5. 6) heldr enn þar sem er Thôrr ok Ođinn. die nemliche stelle findet sich fornm. sög. 2, 34. Eyvindr erzählt von seinen eltern, daß sie vor seiner geburt gelobt: at sâ mađr skal alt til dauđadags þiona Thôr ok Ođni. fornm. sög. 2, 168 [Fußnote]. Daraus folgt jedoch nicht, daß man Thôr für den größten hielt, Eyvindr wurde gerade dem Ođinn geweiht. fornm. sög. 5, 249 opfert Styrbiörn dem Thôrr, Eirekr dem Ođinn, und jener unterliegt. Thôrr tôk jolaveizlu frâ Haraldi, enn Ođinn tôk frâ Hâlfdâni. fornm. sög. 10, 178. fornm. sög. 1, 35 wird in der volksversammlung zu Thrândheim der erste becher dem Ođinn, der zweite dem Thôrr gebracht. in der berühmten Bravallaschlacht tritt Othin, unter dem namen Bruno als wagenlenker des Dänenkönigs Harald und zu dessen verderben auf, mit den Schweden fechten abkömmlinge Freys. Saxo gramm. 144–147. Das eddische Harbarzliođ scheint doch Ođinn über Thôrr zu setzen. ein gegensatz zwischen Ođinn und Thôrr ist recht hervorgehoben in der unten (cap. XXVIII.) ausgezognen Gautrekssaga. Da aber Thôrr als Ođins sohn, als dessen verjüngung dargestellt wird, müssen sie oft in einander aufgehen [Fußnote].
Werden die drei mächtigsten götter genannt, so finde ich Ođinn vornen: Ođinn, Thôr, Freyr, Sn. edda 131. nach fornm. sög. 1, 16 geloben seefahrer dem Freyr geld und drei tonnen bier, wenn sie guter wind nach Schweden, aber dem Thôrr oder Ođinn, wenn er sie heim nach Island führe [Fußnote].
Etwas anderes ist, wenn Ođinn in altn. denkmälern Thriđi, der dritte heißt [Fußnote], dann erscheint er nicht neben Thôrr und Freyr, sondern neben Hâr und Iafnhâr (dem hohen und gleichhohen, ahd. epanhôh) als der dritte hohe [Fußnote] [Fußnote]. Sn. 7. Yngl. saga 52. Sæm. 46a. begreiflich schwankte die stufe und anderemal scheint er Tveggi (duplex oder secundus) genannt. Wiederum in verschiedner beziehung tritt er auf neben seinen brüdern Vili und Ve, Sn. 7; neben Hœnir und Lođr Sæm. 3b, neben Hœnir und Loki, Sæm. 180. Sn. 135, was auf älteren mythen beruht, die wir, als dem Norden eigenthümlich, beiseite lassen. Doch sei hier in bezug auf die trilogie Ođinn, Vili, Ve nicht verschwiegen, daß das ahd. willo außer voluntas auch votum, impetus und spiritus bedeutet [Fußnote] und das goth. viljan velle genau mit valjan eligere verwandt ist, so daß sich begreift und bestätigt, wie Wuotan, Wunsch und Wille aneinander rühren [Fußnote]. auf den largitor opum geht vielleicht auch das ags. vela, alts. welo, ahd. wolo, welo, opes, felicitas, und Vela scheint einigemal fast personificiert zu werden (vgl. gramm. 4, 752) gleich der lat. göttin Ops (vgl. unten Sælde anm.); unter den altn. göttern ist auch ein Vali. Bei Ve (gen. Vea) kann die deutung zwischen wîho sanctus (ahma sa veiha) und wih (idolum) schwanken. Sæm. 63 wirft Loki der Frigg ihre buhlschaft mit Ve und Vili vor, das geht auf die meldung in Yngl. saga cap. 3 und es erhellt daraus die identität der drei brüder, darum konnte Frigg für jedes derselben frau gelten [Fußnote].
Ein hauptzeugnis für die tiefgewurzelte verehrung dieser gottheit legt endlich Wôdans verflechtung in altsächsische stammsagen ab, welche ich im anhang umständlich erörtere.
Wir erblicken da Wôdan überall im mittelpunct. auf ihn führen sich alle helden und königsgeschlechter zurück, unter seinen söhnen und vorfahren sind mehrere göttlich gefeierte. namentlich erscheinen als söhne Balder und jener noch im achten jh. in dem nordwestlichen Deutschland unausgerottete Saxnôt; in der reihe seiner ahnen treten Heremôd auf und Geát, welchen diese sagen ausdrücklich für einen gott oder eines gottes sohn ausgeben, während ihnen Wôdan selbst mehr das haupt aller edlen geschlechter ist: es läßt sich aber leicht wahrnehmen, daß unter höherem gesichtspunct beide, Geát und Wôdan in ein wesen zusammenfallen, wie denn Ođinn alda Gautr heißt Sæm. 93b. 95b. vgl. unten Goz und Koz.
In diesen genealogien, die sichtbar von mehr als einer seite in die älteste epische poesie unseres volkes greifen, mischen sich götter, helden und könige. so wie helden vergöttert werden, können darin auch götter von neuem als helden auftreten; die folge und ordnung der einzelnen glieder schwankt unter wiedergeburten.
Auf die geschichtlichen könige, in welche zuletzt jeder stammbaum ausgeht, fußend zurückzurechnen, und nach menschenaltern die zeit der mythischen helden und götter zu ermitteln, wäre verkehrt. die ersten historisch sicheren angelsächsischen könige fallen in das fünfte, sechste oder siebente jh., man zähle vier, acht oder zwölf generationen hinauf bis zu Vôden, er würde hiernach nicht früher als in das dritte oder vierte jh. gesetzt werden dürfen.
Solch eine rechnung kann die annahme seines weit älteren daseins auf keine weise gefährden. seine verehrung muß in undenkliche zeiten, lange über die erste nachricht hinauf reichen, die uns von Römern über den Mercursdienst in Germanien mitgetheilt worden ist.
Aber noch zu einer andern betrachtung darf die hohe stelle führen, welche die Germanen ihrem Wuotan anweisen. der monotheismus ist etwas so nothwendiges und wesentliches, daß fast alle Heiden in ihrer götter buntem gewimmel, bewust oder unbewust, darauf ausgehn einen obersten gott anzuerkennen, der schon die eigenschaften aller übrigen in sich trägt, so daß diese nur als seine ausflüße, verjüngungen und erfrischungen zu betrachten sind. daraus erklärt sich, wie einzelne eigenheiten bald jenem bald diesem einzelnen gott beigelegt werden, und warum die höchste macht, nach verschiedenheit der völker auf den einen oder den andern derselben fällt. So gleicht also unser Wuotan dem Hermes und Mercur, allein er steht höher als beide; umgekehrt ist der deutsche Donar ein schwächerer Zeus oder Jupiter, was dem einen zugegeben war, muste dem andern abgenommen werden: Ziu aber, der fast nur ein wuotanisches geschäft verwaltet, schließt sich mit seinem namen unmittelbar an den ersten und höchsten gott der Griechen und Römer, und so begegnen und durchdringen sich alle göttlichen erscheinungen. Der griechische Hermes ist jugendlich, der deutsche Wuotan väterlich gedacht, Ođinn hinn gamli heißt er Yngl. cap. 15, wie der alte gott (s. 17. 18). Ziu und Froho sind bloße ausflüsse Wuotans [Fußnote].