Jetzt scheint die untersuchung, ob für die älteste zeit in Deutschland wirkliche götter zu behaupten seien, völlig vorbereitet. alle zweige unserer sprache haben die selbe allgemeine benennung der gottheit gekannt und bis auf den heutigen tag beibehalten; alle oder doch die meisten, insofern mangelhaftigkeit der quellen zeugnisse vervollständigen läßt, zeigen gleiche oder wenig abweichende ausdrücke für die heidnischen begriffe des cultus, des opferns, der tempel und des priesterthums. Besonders leuchtet unverkennbare analogie hervor zwischen dem altnordischen sprachgebrauch und den viele jahrhunderte älteren überlieferungen der anderen dialecte: die nordischen æsir, blôta, hörgr, gođi waren den Gothen, Alamannen, Franken Sachsen längst vorher, und in dem nemlichen sinn, bekannt. aber einstimmung und ähnlichkeit erstrecken sich über die wörter hinaus auf die gebräuche selbst; in heiligen hainen wurden die ältesten menschen und thieropfer dargebracht, priester leiteten opfer und weissagungen, weise frauen genossen beinahe göttliches ansehen.
Der beweis, den die gleichheit der sprache an hand gibt, ist für sich schon hinlänglich und entscheidend. wenn verschiedene abtheilungen eines volks eine und die selbe sprache reden, haben sie auch so lange sie ihrer natur überlassen bleiben und nicht gewaltsamen einfluß von außen her ausgesetzt sind, immer gleiche weise des glaubens und der gottesverehrung.
Das deutsche volk liegt mitten zwischen Celten, Slaven, Litthauern, Finnen, lauter völkerschaften, die götter erkennen und eines geordneten cultus pflegen. slavische völker, in weit entlegene gebiete verbreitet, haben ihre hauptgötter gemeinschaftlich. wie sollte es in Deutschland anders sein?
Beweise für die echtheit der nordischen götterlehre zu fordern, darüber sind wir endlich hinaus. jede critik lähmt und zerstört sich, die damit anhebt zu leugnen oder zu bezweifeln, was in einer unter dem volk lebendig gebornen und fortgepflanzten poesie und sage enthalten ist, und vor augen liegt. sie hat es lediglich zu sammeln, zu ordnen und die bestandtheile in ihrem geschichtlichen stufengang zu entwickeln.
Billigerweise darf also nur in frage gestellt werden, ob die unbestreitbaren götter des Nordens auch für das übrige Deutschland gelten? sie im allgemeinen zu bejahen scheint nach den vorausgehenden ergebnissen unserer forschung aller grund vorhanden und beinahe nothwendig.
Eine verneinende antwort, wenn sie sich recht begriffe, hätte zu behaupten, daß die nordische götterreihe, ihrem wesen nach, ehemals auch dem innern Deutschland gemein, durch die frühere bekehrung hier vernichtet und erloschen sei. aber eine menge ausnahmen und zurückgebliebener spuren würden die behauptung einschränken, und was noch aus ihr gezogen werden möchte bedeutend verändern.
Man hat inzwischen auf ganz andere weise zu verneinen gesucht und die ansicht aufgestellt, jene gottheiten seien sonst in Deutschland überhaupt niemals vorhanden gewesen und dessen ältesten einwohnern nichts als ein grober, götterloser naturdienst eigen.
Diese meinung, eine wesentliche unterscheidung zwischen germanischem und scandinavischem heidenthum machend, und alle spuren miskennend, welche sich unbefangner forschung als unverwerfliche zeugen für die gemeinschaft beider zweige eines volks ergeben, legt vorzügliches gewicht auf einige äußerungen, die etwa seit dem sechsten jahrhundert über die beschaffenheit des heidnischen glaubens vorkommen. meistentheils rühren sie her aus dem munde eifriger Christen, denen es gar nicht angelegen war, das angefeindete heidenthum kennen zu lernen oder darzustellen, die vielmehr davon ausgiengen. vor dem rohesten erscheinungen seines cultus als verabscheuungswürdigem greuel zu warnen.
Es wird erforderlich sein die hauptsächlichsten stellen in ihrer einförmigkeit und einseitigkeit zu überblicken.
Agathias († vor 582), selbst ein neubekehrter Grieche, der was er von fernen Alamannen vernommen hatte, nur aus christlichgefärbten berichten wissen konnte, stellt den alamannischen cultus, gegen über dem fränkischen, so dar: δένδρα τε γάρ τινα ιλάσκονται καὶ ρει̃θρα ποταμω̃ν καὶ λόφους καὶ φάραγγας, καὶ τούτοις ώσπερ όσια δρω̃ντες. 28, 4. darauf folgen die s. 38 angeführten worte über ihre pferdeopfer.
Aber sein gegensatz zu den Franken geht schon verloren, wenn wir von diesen aus Gregors, ihres ersten geschichtschreibers, munde fast ganz das nemliche versichern hören: sed haec generatio fanaticis semper cultibus visa est obsequium praebuisse, nec prorsus agnovere deum (den wahren), sibique silvarum atque aquarum, avium, bestiarumque et aliorum quoque elementorum finxere formas, ipsasque ut deum colere eisque sacrificia delibare consueti. Greg. tur. 2, 10. Ähnlich von den Sachsen Einhard in der vita Caroli cap. 7: sicut omnes fere Germaniam incolentes nationes et natura feroces et cultui daemonum dediti, nostraeque religioni contrarii. Ruodolf von Fuld, nachdem er Tacitus und Einhard ausgeschrieben hat, fügt noch hinzu (Pertz 2, 676): nam et frondosis arboribus fontibusque venerationem exhibebant [Fußnote], und erwähnt dann der Irminsûl, von welcher ich im verfolg handeln werde. Endlich versichert von den Holsteinern Helmold 1, 47: nihil de religione nisi nomen tantum christianitatis habentes. nam lucorum et fontium, ceterarumque superstitionum multiplex error apud eos habetur. . . . Vicelinus . . lucos et omnes ritus sacrilegos destruens cet.
Ganz in solchem sinne gefaßt sind auch die verbote heidnischer und abgöttischer gebräuche in den concilienschlüssen und gesetzen. conc. autissiod. a. 586. can. 3: non licet inter sentes aut ad arbores sacrivos vel ad fontes vota exsolvere; vgl. conc. turon. II. a. 566 can. 22. leges Liutpr. 6, 30: simili modo et qui ad arborem, quam rustici sanguinum (al. sanctivam, sacrivam) vocant atque ad fontanas adoraverit. capit. de partibus Sax. 20: si quis ad fontes aut arbores vel lucos votum fecerit, aut aliquid more gentilium obtulerit et ad honorem daemonum comederit. Und die bekehrer, die christlichen geistlichen hatten jahrhunderte lang wider den fast unausrottbaren unfug zu eifern. es genügt bloß aus den actis Bened. sec. 1. p. 668 auf die predigten des Caesarius episcopus arelatensis († 542) contra sacrilegos et aruspices, contra kalendarum quoque paganissimos ritus, contraque augures lignicolas, fonticolas zu verweisen.
Alle diese stellen enthalten keine unwahrheit, nur nicht die ganze wahrheit.
Götterlosigkeit des deutschen heidenthums thun sie unmöglich dar; einmal weil sie aus zeiten herrühren, wo das heidenthum nicht mehr frei und ungestört waltete, sondern von der neuen lehre heftig angefeindet, größtentheils überwältigt war. seine allgemeine übung hatte aufgehört, einzelne anhänger hegten es schüchtern in verstolen beibehaltenen gebräuchen; daneben gab es Christen, die aus einfalt oder irthum fortfuhren abergläubische ceremonien, neben den christlichen zu treiben. verrichtungen auf solche weise hin und wieder unter dem gemeinen haufen unvertilgt, aber aller ordnenden leitung heidnischer priester entzogen, musten sich schnell vergröbern und nun als rohe überbleibsel eines älteren glaubens erscheinen, den man nicht nach ihnen ermessen kann. So wenig in teufeln und hexen der späteren zeit die uns verhüllten höheren, reineren vorstellungen des alterthums zu miskennen sind, so wenig dürfen wir scheu tragen, jene paganien auf die ungetrübte quelle der vorzeit zurück zu leiten. verbote und predigten hielten sich streng an die practische seite der sache und hatten gerade ihr absehen auf die letzten verhaßten überreste des falschen glaubens. Eine stelle in Cnuts ags. gesetzen (Schmid 1, 150) lehrt, daß der quellen und baumdienst anbetung der götter an sich nicht ausschließe: hæđenscipe biđ, þät man deofolgild veorđige, þät is, þät man veorđige hæđene godas, and sunnan ođđe mônan, fŷre ođđe flôdväter, vyllas ođđe stânas ođđe æniges cynnes vudutreova vgl. homil. 1, 366. ganz ebenso heißt es fornm. sög. 5, 239 von Olaf dem heiligen, daß er die heidnischen opfer und götter getilgt habe: ok mörg önnur blôtskapar skrîmsl, bæđi hamra ok hörga, skôga, vötn ok trê ok öll önnur blôt, bæđi meiri ok minni.
Es kann aber noch ein anderer grund gedacht werden, warum die vielleicht unverschollenen heidnischen götter bei solchen anlässen verschwiegen bleiben; christliche geistliche scheuten sich ihre namen auszusprechen, ihre verehrung näher zu beschreiben. rathsam erschien, sie unter der allgemeinen benennung von dämonen oder teufeln zu begreifen, und ihre wirksamkeit durch eingeschärfte verbote dessen, was sich von ihrem cultus zuletzt erhalten hatte, vollends zu zerstören. Die Merseburger gedichte zeigen, wie ausnahmsweise in beschwörungsformeln dennoch die namen einzelner götter fortgepflanzt werden konnten.
Auf keinen fall lassen sich darstellungen des gesunkenen, zerfallenden heidenthums den nachrichten zur seite setzen, die uns fünf bis acht jahrhunderte früher Tacitus von ihm, da es noch in seiner vollen kraft bestand, gegeben hat. Zeugt die in der gewohnheit des volks haftende anbetung der bäume und flüsse nicht mehr für das dasein der götter, wie laut kündigen es unvollständige und mangelhafte mittheilungen des fremden Römers an. wenn er ausdrücklich redet von einem deus terra editus, von helden und abkömmlingen des gottes (plures deo ortos), von dem gott, der die kriege lenkt (velut deo imperante), von den namen der götter (deorum nominibus), die das volk auf heilige haine übertrug, von dem priester, der keine weissagung beginnt, ohne die götter anzuflehen (precatus deos) und sich für den diener der götter (ministros deorum) hält, von einem regnator omnium deus, von den göttern Deutschlands (Germaniae deos in aspectu. hist. 5, 17), von den diis patriis, denen die eroberten signa romana aufgehängt wurden (ann. 1, 59), penetrales Germaniae deos, dii penates (ann. 2, 10. 11, 16), communes dii (hist. 4, 64) und conjugales dii (Germ. 18) sondert, wenn er auch einzelne gottheiten unterscheidend römische namen auf sie anzuwenden sucht und (interpretatione romana) einen Mars, Mercurius, Hercules, Castor und Pollux, eine Isis nennt, ja für den deus terrâ editus und dessen sohn, für eine göttin, terra mater den deutschen ausdruck beibehält; wer vermag da zu leugnen, daß in jener zeit die Deutschen leibhafte götter verehrten? wie läßt sich, alles andere, was wir von der sprache, der freiheit, den sitten und tugenden der Germanen wissen, hinzugenommen, der gedanke festhalten, sie hätten in dumpfem fetischismus versunken sich vor klötzen und pfützen niedergeworfen und ihnen rohe anbetung erwiesen?
Caesars meinung [Fußnote], der die Deutschen oberflächlicher kannte, als hundert jahre nachher Tacitus, darf der wahrheit keinen abbruch thun; er will unsere vorfahren den Galliern, mit denen er vertrauteren verkehr gepflogen hatte, entgegenstellen; und die personificationen der sonne, des feuers, des mondes, worauf er die zahl aller götter beschränkt, ertragen kaum gezwungene ›römische auslegung‹. Setzen wir Apoll und Diana an die stelle der sonne und des mondes, wie wenig entsprächen sie gerade der festgewurzelten eigenthümlichkeit deutscher vorstellungsweise, worin jene als weibliches, dieser als männliches wesen aufgefaßt wird, und die schon der beobachtung des Römers, wenn sie tiefer eingedrungen wäre, nicht hätte entgehen dürfen. Vulcan, dem nord. Loki vergleichbar, eine der gottheiten, von der sich in dem übrigen Deutschland die geringste spur zeigt, hatte ohne zweifel weniger begründung, als die gleich sichtbaren und hilfreichen götter der nährenden erde, und des labenden, fischreichen, schiffetragenden wassers. ich kann Caesars worte für nichts als eine halbwahre, allgemeingehaltene ansicht nehmen, die gegen Tacitus bestimmtere aussage weder andere götter verdächtigen, noch viel weniger einen bloßen elementardienst unter den Germanen darthun mag.
Alle nachrichten, die uns für das alte dasein einzelner götter gewähr leisten, zeugen zugleich nothwendig von ihrer menge und wechselseitigen verbindung. Schreibt Procop den Herulern einen πολὺς θεω̃ν όμιλος zu, so wird diese schaar auch für die Gothen gelten, von denen wir gerade das wenigste einzelne wissen, und für sämtliche Germanen insgemein. Nach Jornandes sollte man glauben, daß erst Diceneus die Gothen mit göttern bekannt gemacht habe, cap. 11: elegit ex eis tunc nobilissimos prudentiores viros, quos theologiam instruens numina quaedam et sacella venerari suasit; offenbar fällt hier das licht auf den herscher, der den dienst einzelner götter förderte. doch daß auch Jornandes seinen Gothen unbedenklich einheimische götter zutraute, folgt aus cap. 10: unde et sacerdotes Gothorum aliqui, illi qui pii vocabantur, subito patefactis portis cum citharis et vestibus candidis obviam sunt egressi paternis diis, ut sibi propitii Macedones repellerent voce supplici modulantes. was hier zum grunde liegt, kann den wahren Gothen sogar völlig fremd gewesen sein, und doch ergibt sich daraus des Jornandes ansicht. Und will man noch ein zeugniss für einen andern, am ganz entgegengesetzten ende liegenden deutschen volksstamm, der mit großer treue dem hergebrachten glauben anhieng, so liefert es uns die lex Frisionum addit. tit. 13, wo von der strafe der tempelschänder die rede ist: immolatur diis, quorum templa violavit.
Wir sind nunmehr zu folgendem resultat gelangt. in dem ersten jahrhundert unserer zeitrechnung beruhte die religion der Deutschen wesentlich auf göttern; tausend, zwölfhundert jahre später hat sich unter dem nördlichen volkstheil, der seinen angestammten glauben zuletzt für den neuen hingab, das alte göttersystem am vollständigsten bewahrt. an beiden endpuncten des heidenthums, da, wo es in der geschichte für uns auftritt, und untergeht, haftet durch sprache und nie abgebrochene überlieferung das mittlere Deutschland vom fünften bis zum neunten jahrhundert. um diese zeit erscheinen uns die gestalten der heidengötter in dem schwachen und feindseligen licht, das berichte der neubekehrten auf sie werfen, erblichen und verworren, immer aber noch als götter.
Es muß hier wiederholt werden, daß Tacitus von keinem simulacrum, von keinem nach menschlicher gestalt geformten bilde [Fußnote] germanischer götter weiß; was er cap. 9 im allgemeinen gesagt hatte, versichert er cap. 43 für den besondern fall, und wir haben keine ursache dieser versicherung glauben zu verweigern. das wirkliche dasein von bildseulen zu jener zeit in Deutschland, wenigstens dem ihnen zunächst bekannten theile, wäre erkundigungen der Römer kaum entgangen. Nichts kennt er als signa und formas, wie es scheint, geschnitzte und gefärbte, die zu der gottesverehrung symbolisch gebraucht und bei gewissen anlässen herumgetragen wurden; wahrscheinlich enthielten sie irgend eine beziehung auf die natur und das wesen einzelner götter. das signum in modum liburnae figuratum (cap. 9) bezeichnete die schiffende gottheit, die formae aprorum (cap. 45) den gott, dessen geheiligtes thier der eber war, und so zu nehmen sind die ferarum imagines an bäumen und bei gewissen opfern [Fußnote]. Von dem mit gewändern zugedeckten vehiculum der göttin Erde wird hernach geredet werden.
Die abwesenheit der bildseulen und tempel ist, bei dem unvermögen aller kunstfertigkeiten in jener periode eine der betrachtung willkommne und vortheilhafte eigenschaft des germanischen cultus. nur folgt daraus sicher nicht, daß in der damaligen vorstellung die götter menschähnlicher gestaltung ermangelt hätten; ohne das wären götter, denen menschliche begebenheiten beigelegt wurden und die der mensch in stete berührung mit sich setzt, rein undenkbar. Waren damals schon, was ich eher behaupte, als leugne, deutsche poesien vorhanden, wie hätten die dichter den gott anders dargestellt als in menschlichem aussehen?
Versuche, götterbilder zu fertigen, und wo nicht auszuhauen oder zu schnitzen, wenigstens zu zeichnen und zu malen, oder ganz roh aus mehl zu backen (s. 51), konnten gleichwol in jeder zeit und bereits in der frühsten gemacht werden; es bleibt möglich, daß das innere, den Römern minder zugängliche Deutschland, tempel, bildseulen und zeichnungen hin und wieder bewahrte. in den folgenden jahrhunderten, als sich die tempelbauten mehrten, müssen aber auch mit größter wahrscheinlichkeit bilder, die ihren raum erfüllten, angenommen werden.
Der sprachgebrauch, wo nicht die keinen zweifel gestattenden ausdrücke simulacra oder imagines angewendet sind, bedient sich einzelner wörter, deren sinn schwankt, und aus dem begriffe des tempels in den des bildes übergeht, eben wie früher die bedeutung des hains sich mit dem des numens mischte. wenn vielleicht jenes alah stein oder felsen ausdrückte (s. 53), so konnte es wie haruh und wih leicht übergehn in den begrif von steinbett und bildseule, von ara, fanum, idolum. auf solche weise bezeichnet das ahd. abcut, abcuti bald fana, bald idola und statuae. Diut. 1, 497b 513a 515a 533b; nicht anders als nhd. götze zugleich den abgott, sein bild und seinen tempel (oben s. 12. gramm. 3, 694). gleiche zweideutigkeit mag idolum haben, wo es nicht ausdrücklich von delubrum, fanum und templum unterschieden wird. wenn es im allgemeinen heißt: idola colere, idola adorare, idola destruere, folgt daraus allein nicht, daß bilder gemeint sind, denn es wird gleich häuflg und in dem selben sinn gesagt adorare fana, destruere fana. man erwäge noch folgende aus ahd. glossen entnommne ausdrucksweisen: abcuti wîhero stetio, fana excelsorum. Diut. 1, 515a; abcut in heilagêm stetim, fana in excelsis. Diut. 1, 213a; steinînu zeihan inti abcuti, titulos et statuas. Diut. 1, 497b; altara inti manalîhun inti haruga, aras et statuas et lucos. Diut. 1, 513b; afgoda begangana. Lacombl. arch. 1, 11. Saxo gramm. bedient sich oft des ausdrucks simulacra für götzenbilder, z. b. p. 249. 320. 321. 325. 327. Die nachricht in Aribonis vita s. Emmerammi (acta sanct. sept. 6, 483): ›tradidero te genti Saxonum, quae tot idolorum cultor existit‹ ist ein unabweisbares zeugnis dafür, daß die heidnischen Sachsen im 8. jh. (der freisingische bischof Aribo fällt in die jahre 764–783) vielen abgöttern dienten. auch die zwischen 918–976 von Hucbald geschriebne vita Lebuini sagt von den alten Sachsen (Pertz 2, 361. 362): inservire idolorum cultibus . . . numinibus suis vota solvens ac sacrificia . . . simulacra, quae deos esse putatis, quosque venerando colitis. damit müssen doch bildseulen gemeint sein [Fußnote].
Einigemal kommt noch die edlere benennung deus, wie bei Tacitus, gebraucht vor: cumque idem rex (Edvine, im j. 625) gratias ageret diis suis pro nata sibi filia. Beda 2, 9.
Folgende stellen bezeugen bildliche darstellungen der götter; auf ihre beschreibung lassen sie sich nicht ein, wir sind froh nebenbei andeutungen zu erhaschen.
Das älteste zeugniss führt erst in die zweite hälfte des vierten jh., ist aber sonst eins der merkwürdigsten. Sozomenus hist. eccl. 6, 37 gedenkt der vielfachen gefahren, in welchen Ulfilas unter den heidnischen Gothen schwebte: έτι τω̃ν βαρβάρων ελληνικω̃ς θρησκευόντων, ελληνικω̃ς bedeutet hier auf heidnische weise, und das θρησκεύειν (gottverehren) beschreibt er sogleich näher, indem er meldet, welche verfolgungen der Christen Athanarich († 382) unternommen habe. Athanarich befahl, die bildseule (offenbar des gothischen gottes) auf einem wagen (ξόανον εφ' αρμαμάξης εστὼς) vor den wohnungen aller des christenthums verdächtigen herum zu führen; weigerten sie sich niederzufallen und zu opfern (προσκυνει̃ν καὶ θύειν), so sollte ihnen das haus über dem haupt angezündet werden. unter αρμάμαξα denkt man sich einen verdeckten wagen; ist es nicht ganz das vehiculum veste contectum, worauf unsichtbar die göttin herumgeführt wurde (Tac. Germ. 40)? [Fußnote]. nicht ganz das vagn, auf dem Freyr und seine priesterin saßen, wenn er zu heiliger zeit unter dem schwedischen volke umzieht (fornm. sög. 2, 74. 75)? Das volk pflegte verdeckte götterbilder durch die fluren umzutragen, denen dadurch fruchtbarkeit verliehen wurde [Fußnote]. selbst die karrâschen unserer gedichte des mittelalters, mit den sarazenischen göttern, das carroccio der lombardischen städte (RA. 263–265) scheinen nichts als spät fortdauernde erinnerung an jene uralten götterwagen des heidenthums. auch den römischen, griechischen, indischen göttern fehlen solche wagen nicht.
Was uns Gregor. tur. 2, 29–31 von Chlodovichs taufe und den ihr vorhergegangenen begebenheiten meldet, ist sichtbar verziert, und namentlich halte ich die reden der königin für erdichtet; allein er hätte sie ihr schwerlich in den mund gelegt, wenn allgemein bekannt gewesen wäre, daß die Franken gar keine götter und bildseulen hatten. So spricht Chrothild zu ihrem gemahl, den sie für die taufe einnehmen will: nihil sunt dii, quos colitis, qui neque sibi neque aliis poterunt subvenire: sunt enim aut ex lapide aut ex ligno aut ex me-tallo aliquo sculpti, nomina vero, quae eis indidistis, homines fuere, non dii. nun führt sie den Saturnus und Jupiter an, mit bezügen, die aus der classischen mythologie genommen sind; darauf: quid Mars Mercuriusque potuere? qui potius sunt magicis artibus praediti, quam divini numinis potentiam habuere. sed ille magis coli debet, qui coelum et terram, mare et omnia, quae in eis sunt, verbo ex non extantibus procreavit, cet. Sed cum haec regina diceret, nullatenus ad credendum regis animus movebatur, sed dicebat: deorum nostrorum jussione cuncta creantur ac prodeunt. deus vero vester nihil posse manifestatur, et quod magis est, nec de deorum genere esse probatur (das klingt deutsch genug). Als das christlich getaufte söhnlein bald stirbt, sagt Chlodovich: si in nomine deorum meorum puer fuisset dicatus, vixisset utique; nunc autem quia in nomine dei vestri baptizatus est, vivere omnino non potuit. Solch ein umständlicher bericht von Chlodovichs heidenthum, kaum hundert jahre nach dem ereignis und aus dem mund eines unterrichteten geistlichen, wäre abgeschmackt, wenn ihm gar nichts wahres unterläge. sobald Gregor einmal an die stelle der fränkischen götternamen lateinische setzte (worin er ganz die ansicht und gewohnheit seiner zeit befolgte), muste er von selbst darauf gerathen, auf diese namen auch lateinische fabeln zu beziehen, und es ist nicht zu übersehen, daß die vier genannten götter lauter wochentaggötter sind, d. h. dergleichen völlig hergebracht war den einheimischen gottheiten zu identificieren. ich scheine mir also nicht unbefugt, die stelle wenigstens für die existenz fränkischer götterbilder beizubringen [Fußnote].
Die erzählung eines vorfalls aus dem beginn des siebenten jh. gehört nach Alamannien. Columban und der heil. Gallus trafen im j. 612 bei Bregenz am Bodensee einen sitz der abgötterei: tres ergo imagines aereas et deauratas superstitiosa gentilitas ibi colebat, quibus magis quam creatori mundi vota reddenda credebat. so berichtet die noch im achten jh. aufgezeichnete vita s. Galli bei Pertz 2, 7. umständlicher Walafrid Strabo in der vita s. Galli (acta Bened. sec. 2. p. 233): egressi de navicula oratorium in honore s. Aureliae constructum adierunt . . . post orationem cum per gyrum oculis cuncta lustrassent, placuit illis qualitas et situs locorum, deinde oratione praemissa circa oratorium mansiunculas sibi fecerunt. Repererunt autem in templo tres imagines aereas deauratas parieti affixas [Fußnote], quas populus, dimisso altaris sacri cultu, adorabat, et oblatis sacrificiis dicere consuevit: isti sunt dii veteres et antiqui hujus loci tutores, quorum solatio et nos et nostra perdurant usque in praesens. . . . cumque ejusdem templi solemnitas ageretur, venit multitudo non minima promiscui sexus et aetatis, non tantum propter festivitatis honorem, verum etiam ad videndos peregrinos, quos cognoverant advenisse. . . . Jussu venerandi abbatis (Columbani) Gallus coepit viam veritatis ostendere populo . . . . et in conspectu omnium arripiens simulacra, et lapidibus in frusta comminuens projecit in lacum. his visis nonnulli conversi sunt ad dominum. Hier erscheinen heidnischer und christlicher cultus sonderbar vermengt. in einem zu ehren der heil. Aurelia eingerichteten bethaus stehen noch drei heidnische bildseulen an der wand, denen das volk fortfährt zu opfern, ohne den christlichen altar zu berühren: es sind ihm seine alten schützenden gottheiten. nachdem der bekehrer die bilder zerschlagen und in den Bodensee geworfen hat, wendet sich ein theil dieser Heiden zum christenthum. wahrscheinlich entarteten auf solche weise an mehreren orten die ältesten christlichen gemeinden durch das übergewicht der heidnischen volksmenge und die fahrlässigkeit der priester. In zweifel kann es aber gezogen werden, ob unter diesen heidengöttern alamannische zu verstehen sind, oder vielleicht römische? römischer gottesdienst in althelvetischer gegend wäre denkbar, und dii tutores loci lautet fast danach. auf der andern seite muß erwogen werden, daß Alamannen hier schon seit drei jahrhunderten hausten und ein andrer cultus als der ihrige kaum noch volksmäßig sein konnte. Jonas in der älteren lebensbeschreibung derselben heiligen gedenkt des entschieden deutschheidnischen Wuotansopfers (oben s. 45), am benachbarten Zürchersee [Fußnote]. endlich erscheint die verbindung dreier gottheiten zu gemeinschaftlicher verehrung hervorstechender zug unseres einheimischen heidenthums; wenn die Römer einen tempel für mehrere götter widmeten, wurde ihre bildnisse nicht neben einander, sondern in verschiedenen zellen aufgestellt. Ratpert (casus S. Galli. Pertz 2, 61) scheint die beiden fälle, den am Zürchersee, und den nachherigen bei Bregenz zu vermischen: Tuconiam (Tuggen) advenerunt, quae est ad caput lacus turicini, ubi cum consistere vellent, populumque ab errore demonum revocare (nam adhuc idolis immolabant), Gallo idola vana confringente et in lacum vicinum demergente, populus in iram conversus . . . . sanctos exinde pepulerunt. Inde iter agentes pervenerunt ad castrum quod Arbona nuncupatur, juxta lacum potamicum, ibique a Willimaro presbytero honorifice suscepti, septem dies cum gaudio permanserunt. qui a sanctis interrogatus, si sciret locum in solitudine illorum proposito congruum, ostendit eis locum jocundissimum ad inhabitandum nomine Brigantium. ibique reperientes templum olim christianae religioni dedicatum, nunc autem demonum imaginibus pollutum, mundando et consecrando in pristinum restituerunt statum, atque pro statuis, quas ejecerunt, sanctae Aureliae reliquias ibidem collocaverunt. Auch nach diesem bericht ist der tempel früher christlich, hernach von Heiden (Alamannen) eingenommen, also nicht urrömisch. Daß unter jenen zerbrochnen idolis vanis Wuotans bildseule war, läßt sich aus Jonas nachricht von dem ihm gebrachten bieropfer etwa folgern. Ratperts cantilena s. Galli hat nichts als die unbestimmten worte:
castro de Turegum adnavigant Tucconium,
docent fidem gentem, Jovem linquunt ardentem.
dieser Jupiter ardens, dem das volk abtrünnig wurde, mag Donar gewesen sein, aber seiner bildseule ist nicht erwähnt. Eckehardus IV soll nach Arx (zu Pertz 2, 61) Jovis et Neptuni idola anführen, ich kann die stelle nicht finden. vgl. s. 101 bei Ermold Nigellus den Neptun. offenbar beziehen die drei bildseulen sich auf die abgötterei am Bodensee, nicht auf die am Zürchersee, und wenn Mercur, Jupiter und Neptun da zusammengestanden hätten, so wären wenigstens die beiden ersten leicht auf deutsche götter anzuwenden. über Neptun will ich cap. 7 meine mutmaßung mittheilen. Aber aus allen dem scheint hervorgehend, daß unsere tres imagines stärkeren anspruch auf deutschen ursprung haben, als die s. 67 angeführten imagines lapideae im luxovischen wald [Fußnote].
Die hauptstelle von götterbildern der Sachsen ist die bekannte Widekinds von Corvei, als er (1, 12) ihren sieg über die Thüringer an der Unstrut (um 530), ›ut majorum memoria prodit‹ erzählt: mane autem facto ad orientalem portam (der burg Schidungen) ponunt aquilam, aramque victoriae construentes, secundum errorem paternum, sacra sua propria veneratione venerati sunt, nomine Martem, effigie columnarum imitantes Herculem, loco Solem quem Graeci appellant Apollinem. diese wichtige nachricht muß im verfolg noch von mehrern seiten besprochen werden.
Den Corveier annalen wird zum j. 1145, wo der Eresburg meldung geschieht, von einer hand des zwölften jh. nachstehendes zugesetzt (Pertz 5, 8 anm.); hec eadem Eresburg est corrupto vocabulo dicta, quam et Julius Cesar romano imperio subegit, quando et Arispolis nomen habuit ab eo, qui Aris greca designatione ac Mars ipse dictus est latino famine. duobus siquidem idolis hec dedita fuit, id est Aris, qui urbis meniis insertus, quasi dominator dominantium, et Ermis, qui et Mercurius mercimoniis insistentibus colebatur in forensibus. hiernach hätte eine bildseule des Mars auf der stadtmauer gestanden.
Daß in friesischen tempeln götterbilder waren, scheint sattsames zeugniss zu ergeben. zwar die stelle über Fosite (s. 68) nennt nur fana dei, es wird erzählt, daß sich Wilibrord an der heiligen quelle vergriffen, nicht daß er ein bild vernichtet habe. Dagegen drückt sich die vita Bonifacii (Pertz 2, 339) über den neuen aufschwung des heidenthums unter könig Redbod (um 716) so aus: jam pars ecclesiarum Christi, quae Francorum prius subjecta erat imperio, vastata erat ac destructa, idolorum quoque cultura exstructis delubrorum fanis lugubriter renovata. und will man hier idolorum nur für deorum gelten lassen, so sagt die vita Willehadi (Pertz 2, 380) bestimmter: insanum esse et vanum a lapidibus auxilium petere et a simulacris mutis et surdis subsidii sperare solatium. quo audito gens fera et idololatriis nimium dedita stridebant dentibus in eum, dicentes, non debere profanum longius vivere, imo reum esse mortis, qui tam sacrilegia contra deos suos invictissimos proferre praesumsisset eloquia. das ereignis fällt in des achten jh. mitte, Anskars († 865) aufzeichnung erst hundert jahre später; doch befugt ist man nicht, in jenen worten bloße ausschmückung zu erblicken. ich weiß nicht einmal, ob für leere phrase gehalten werden darf, wenn es in einer erst 839 geschriebenen vita S. Goari († 649) heißt: coepit gentilibus per circuitum (d. h. in Ripuarien) simulacrorum cultui deditis et vana idolorum superstitione deceptis verbum salutis annuntiare (acta Bened. sec. 2 p. 282). gewöhnlich liegen solchen lebensbeschreibungen schon ältere aufsätze zum grunde.
Die Friesen bilden in jedem betracht den übergang zu den Scandinaviern; bei dem vielfachen verkehr dieser beiden an einander grenzenden völker ist nichts natürlicher als die annahme, daß den heidnischen Friesen auch die gewohnheit des tempel und bilderdienstes mit jenen gemein war. selbst den tempel des Fosete auf Helgoland denke ich mir kaum bildlos.
Fertigkeit bilder und gestalten aus holz zu schnitzen oder aus stein zu meißeln lassen schon jene signa und effigies des Tacitus erwarten, und diese kunst konnte sich bis zu einem gewissen grad vervollkommnen. steinwaffen und anderes geräth, das man in grabhügeln findet, zeugen von nicht ungeschickter behandlung schwieriger stoffe. Daß kein einziges germanisches götterbild der zerstörenden macht der zeit und dem eifer der Christen entgangen ist, darf uns noch weniger verwundern als der untergang der Heidentempel. hat sich doch auch im Norden, wo die zahl der bilder größer war, und die vernichtung weit später erfolgte, keins erhalten, alle lethrischen, alle upsalischen götzen sind zerschlagen. der technische ausdruck war dort skurđgođ (fornm. sög. 2, 73. 75) von skëra (sculpere), skurd (sculptura). in den angeführten stellen ist er ein lîkneski des Freyr; Biörn hat skûrgođ idolum, sculptile, von skûr subgrundium, weil es gleichsam in schauer, unter dach gestellt werden müsse, wozu die ahd. gl. skûrguta (Graff 6, 536) zu passen scheint. doch dem altn. skûrgođ mangelt der nähere ausweis.
Der götterbilder zu Lethra geschweigt Dietmars nachricht [Fußnote]; in Adams von Bremen beschreibung der upsalischen (cap. 233) ist zumal merkwürdig, daß drei bildseulen, wie bei jenem alamannischen tempel, angegeben wurden: nunc de superstitione Sveonum pauca dicemus. nobilissimum illa gens templum habet, quod Ubsola dicitur, non longe positum a Sictona civitate (Sigtûn) vel Birka. in hoc templo, quod totum ex auro paratum est, statuas trium deorum veneratur populus, ita et potentissimus eorum Thor in medio solium habeat triclinio. hinc et inde locum possident Wodan et Fricco. die weitere schilderung gehört noch nicht hierher, es kommt dabei auch der ausdruck sculpere vor; da der ganze tempel aus gold bereitet, d. h. goldverziert sein soll, so hätte er auch die götterbilder vor allem vergoldet bezeichnen können, wie die alamannischen aereae und deauratae heißen. Einer goldnen bildseule Othins erwähnt Saxo p. 13: cujus numen Septentrionis reges propensiore cultu prosequi cupientes effigiem ipsius aureo complexi simulacro, statuam suae dignationis indicem maxima cum religionis simulatione Byzantium transmiserunt, cujus etiam brachiorum lineamenta confertissimo armillarum pondere perstringebant. diese ganze stelle, und was weiter folgt, ist nicht nur unhistorisch, sondern auch den echten mythen entgegen; es erscheint darin bloß Saxos und seiner zeit vorstellungsweise von den göttern, und insofern damit auch goldne und geschmückte götterbilder übereinstimmen, läßt sich folgern, daß die erinnerung an solche bilder damals fortlebte [Fußnote]. Ermoldus Nigellus, indem er Herolds (Haralds) zusammenkunft mit könig Carl beschreibt, gedenkt 4. 444 ff. (Pertz 2, 509. 510) der götterbilder (sculpta) der Heiden, er solle pflugscharen, kessel und wassereimer aus dem me-tall schmieden lassen. Nach der Nialssaga cap. 89 befanden sich in einem norwegischen tempel (gođahûs) wiederum drei bilder, Thors und der beiden halbgöttinnen Thorgerđr und Irpa, in menschlicher größe und geschmückt mit armspangen; wahrscheinlich saß Thor in der mitte beider auf seinem wagen. Überhaupt scheinen Thors abbildungen die häufigsten gewesen zu sein, wenigstens in Norwegen [Fußnote]. ein tempel, worin viele skurdgođ verehrt wurden, zumeist aber Thor, wird fornm. sög. 2, 153 und 159 beschrieben, ebendaselbst 1, 295. 302–306 seine bildseule; 2, 44 heißt es: Thôrr sat î miđju ok var mest tignađr, hann var mikill ok allr gulli bûinn ok silfri (ex auro et argento confectus); vgl. Olafs heiga saga ed. holm. cap. 118. 119, wo ein großes stehendes bild des Thor beschrieben wird. vgl. fornm. sög. 4, 245. ed. Christ. p. 26. Freyr giörr af silfri. Isl. sög. 1, 134. Landn. 3, 2. Einer trug ein bildchen Thors aus walfischzahn geschnitzt (lîkneski Thôrs af tönn gert) bei sich in der tasche, fornm. sög. 2, 57 um ihn noch heimlich, unter Christen zu verehren. Thôrs bild wurde auf die öndvegisseulen geschnitzt (Eyrbygg. p. 8. Landnamab. 2, 12) und vornen an die schiffe (fornm. sög. 2, 324). Bildnis des Thorgerđr hölgabrûđr, mit goldringen um den arm, vor welcher niedergekniet wird, fornm. sög. 2, 108 [Fußnote]
Götterbilder fallen vom himmel nach der skythischen sage, wie auch das bild der Athene. Paus. I. 26, 7 oder sie werden aus der fremde geraubt, dii evocati, so wie ein Junobild (Gerh. Etrusker s. 31) und die Artemis aus Taurien. schol. zu Theocr. vgl. Meiners 1, 420. 423. so wurden im Ma. reliquien geraubt. götterbilder werden gewaschen, gebadet. schol. zu Theocr. vgl. die Alraun s. 1006. sie wurden auch feierlich verbrannt, so übergab man in den boeotischen dädalen alle 60 jahre 14 eichene bilder der Here den flammen. E. Jacobi handwörterb. d. gr. und röm. mythol. 394.
. Von mehr als einem gnadenbilde wird gemeldet, daß es einen ring vom finger, einen schuh vom fuß fallen ließ zur gabe für die vor ihm betenden. Ein Christusbild gab seine schuhe einem armen mann (Nicolai abbatis peregrinatio ed. Werlauff p. 20), ein heiligenbild seine goldpantoffel (Mones anz. 7 , 584. arch. des henneb. vereins s. 70. 71). ein Marienbild nimmt den ihm dargereichten ring an und krümmt den finger zum zeichen des behaltens (Méon nouv. recueil 2, 296. 297. Maerl. 2, 214). die aus Méon und Maerlant angeführten Mariensagen, im grund einerlei, sind sehr verschieden gewendet. nach der letzten zieht ein jüngling beim ballspiel den ring vom finger und steckt ihn an die hand eines Marienbilds, nach der ersten legt einer zu Rom im Colosseum den ring beim faustkampf ab und an den finger eines heidnischen bildes, das ihn einkrümmt. beide bilder machen nun die verlöbnis geltend. das altfranz. gedicht läßt aber den gequälten jüngling ein Marienbild jenem heidnischen entgegensetzen, Maria nimmt dem andern bild den ring ab und stellt ihn dem jüngling zurück. vgl. Kaiserchr. 13142. 13265. 13323. Forduni Scoti chronicon 1, 407 (W. Scotts minstr. 2, 136) berichtet diese fabel als ein ereignis des 11. jh., ein edelmann steckt beim ballspielen den ring an den finger einer zerbrochnen Venusbildseule, und erlangt ihn nur mit hilfe eines zauberkundigen priesters Palumbus wieder. Die sage war, wie man sieht, früh verbreitet, ursprünglich aber undeutsch. selbst eine gemalte Maria läßt sich von dem kinde auf ihrem schoß ein büchslein für einen flehenden darreichen (cod. pal. 341 fol. 63). Ähnlich ist, daß bildseulen das gesicht abwenden, den arm zum schutz ausstrecken, reden, lachen, weinen, essen und wandeln; so wendet sich ein Christusbild ab (Ls. 3, 78. 262), ein andres beginnt zu essen und zuzunehmen (kinderm. legenden n° 9), zu weinen, zu winken, fortzueilen (deutsche sagen n° 347. Tettaus preufs. sagen s. 211. 215, 218). In Reinbotes Georg wird der abgott Apollo von einem kind mit ruten gestrichen und fortzuwandeln gezwungen (3258–69), was an Perun erinnert, den nach Nestor Wladimir mit ruten peitschen ließ. Daß eine bildseule die ihr vorgesetzte speise ißt, finde ich in einer indischen sage bei Polier 2, 302. 303. Das alterthum hielt also die bilder nicht ganz für todte massen, sondern von dem leben der gottheit durchdrungen. Auch die Griechen haben erzählungen von statuen, die sich bewegen, lanzen rücken, sich auf die knie werfen, die augen zudrücken (καταμύσεις), bluten, schwitzen, zum theil wol entstanden aus der gestalt alterthümlicher bilder; aber daß eine statue eine handbewegung mache, finger biege, habe ich nirgends gelesen, so viel bedeutung bei götterbildern auf das halten der arme gelegt wurde; daß die götter selbst χει̃ρα υπερέχουσιν über die, welche sie schützen wollen, kommt schon bei Homer vor.. Freys bildseule aus silber (Freyr markađr af silfri) Vatnsd. p. 44. 50; in Schweden auf einem wagen umgeführt, fornm. sög. 2, 73–77. die Jomsvikîngasaga gedenkt eines tempels auf Gautland, in welchem hundert götter waren (fornm. sög. 11, 40); eine wirkliche densitas imaginum nach dem ausdruck des Jonas (s. 67). Saxo gramm. 327 nennt ein simulacrum quercu factum, aus eichenholz geschnitzt? oder ein göttlich verehrter eichbaum? [Fußnote]
Ebenso wie drei werden aber verschiedentlich zwei bilder neben einander genannt, zumal die von Wuotan und Donar oder die von Mars und Mercurius, wie die angeführten stellen lehren. bilder von Frear und Thor, Frigg und Freyja neben einander kommen vor in Müllers sagabibl. 1, 92. Auch die ortsnamen weisen auf solche Verbindung des cultus zweier götter, z. b. in Hessen stand die Donnerseiche dicht neben dem Wodansberg, und man hat bei der untersuchung darauf zu achten.
Aber weder die angabe der zahl der bilder, noch ihre beschreibung in den sagen darf für historisch gelten: bloß daß es bilder gab, wird dadurch erwiesen. die meisten scheinen aus holz gehauen, einige wurden vielleicht bemalt, bekleidet und mit silber oder gold überzogen; doch mögen auch steinere vorgekommen sein und kleinere aus kupfer oder elfenbein [Fußnote].
Bis hierher ist die erwähnung eines besonderen ausdrucks für bildseule, woran sich merkwürdige nachrichten von heidnischen götterbildern knüpfen, verspart worden.
Ahd. glossen haben das wort irmansûlî pyramides mons. 360; avarûn, irmansûlî pyramides. Doc. 203b; irmansûl colossus, altissima columna. florent. 987a blas. 86; colossus est irminsûl gl. schletst. 18, 1. 28, 1. die eigentliche bedeutung scheint bildseule, nach dem synonymen avarâ zu urtheilen, welches gl. Jun. 226 für statua und imago gebraucht wird (anm. 284.). sie ist auch im 12. jh. noch unerloschen, wie sich aus zwei stellen der kaiserchronik, bald im anfang des gedichts ergibt, und vermutlich sind ihrer mehrere; von Mercur heißt es (Massm. 129):
uf einir yrmensûle
stuont ein abgot ungehiure,
den hiezen sie ir koufman;
hernach von Julius Cæsar (Massm. 624):
Romere in ungetrûweliche sluogen,
ûf einir yrmensûl sie in begruoben;
und vom zauberer Simon 24c (Massm. 4432):
uf eine yrmensûl er steic,
daz lantvolc im allesamt neic,
d. h. verehrte ihn göttlich, ja im letzten capitel des Titurel, als die großen seulen des graltempels beschrieben werden, hat die hannov. hs. statt der lesart inneren seul des drucks (Hahn 6151) richtiger irmensûl.
Nun aber findet sich in den fränkischen annalen ad a. 772 wiederholentlich, daß Carl der große bei besiegung der Sachsen einen hauptsitz ihres heidnischen aberglaubens unweit Heresburg [Fußnote] in Westfalen zerstört und dieser Irminsûl geheißen habe. Ann. petav.: domnus rex Karolus perrexit in Saxoniam et conquisivit Erisburgo, et pervenit ad locum, qui dicitur Ermensul, et succendit ea loca (Pertz 1, 16). ann. lauresh.: fuit rex Carlus hostiliter in Saxonia et destruxit fanum eorum, quod vocatur Irminsul (Pertz 1, 30). ebenso das chron. moissiac. (Pertz 1, 295) wo nur Hirminsul und die ann. quedlinb. etc. (Pertz 5, 37.) ann. juvavenses: Karolus idolum Saxonorum combussit, quod dicebant Irminsul (Pertz 1, 88). Einhardi fuld. annales: Karolus Saxoniam bello aggressus, Eresburgum castrum cepit, et idolum Saxonum, quod vocabatur Irminsul destruit (Pertz 1, 348). ann. ratisbon.: Carolus in Saxonia conquesivit Eresburc et Irminsul (Pertz 1, 92). ann. lauriss.: Karlus in Saxonia castrum Aeresburg expugnat, fanum et lucum eorum famosum Irminsul subvertit (Pertz 1, 117.) ann. lauriss.: et inde perrexit partibus Saxoniae prima vice, Aeresburgum castrum cepit, ad Ermensul usque pervenit et ipsum fanum destruxit, et aurum et argentum, quod ibi repperit, abstulit. et fuit siccitas magna, ita ut aqua deficeret in supradicto loco, ubi Ermensul stabat, cet. (Pertz 1, 150). Einhardi ann.: ferro et igni cuncta depopulatus, Aeresburgum castrum cepit, idolum quod Irminsul a Saxonibus vocabatur, evertit (Pertz 1, 151). wiederholungen in den ann. tilian. und im chr. Regin. (wo Ormensul) Pertz 1, 220. 557 [Fußnote]
gens eadem coluit simulacrum, quod vocitabant
Irminsûl, cujus factura simulque columna
non operis parvi fuerat, pariterque decoris.
. Und Dietmar von Merseb. (Pertz 5, 744) erzählt noch bei gelegenheit späterer begebenheiten: sed exercitus capta urbe (Eresburch) ingressus juvenem praefatum usque in ecclesiam s. Petri, ubi prius ab antiquis Irminsul colebatur, bello defatigatum depulit. Irminsûl heißt also in allen diesen stellen, ganz nach den im vierten cap. entwickelten übergängen der bedeutung, bald fanum, bald lucus, bald idolum selbst; es ist kaum zu zweifeln, daß sich in dieser gegend mächtige waldungen ausbreiteten: wie wenn der bergwald Osning [Fußnote], in dem die seule stand, einen heiligen wald anzeigte? der gold und silberschatz, dessen sich Carl da bemächtigt habe, mag sagenhafte ausschmückung sein [Fußnote]. Näher läßt sich über die Irminsul Ruodolf von Fuld aus; nach seiner allgemeineren äußerung über die heidnischen Sachsen (s. 83): frondosis arboribus fontibusque venerationem exhibebant, fährt er fort: truncum quoque ligni non parvae magnitudinis in altum erectum sub divo colebant, patria eum lingua Irminsul appellantes, quod latine dicitur universalis columna, quasi sustinens omnia (Pertz 2, 676) [Fußnote]. es war eine große hölzerne seule aufgerichtet, unter freiem himmel verehrt, ihr name sagt aus: allgemeine, alles tragende seule. Diese deutung scheint untadelhaft, wenn wir andere wörter hinzunehmen, deren begrif durch die zusammensetzung mit irmin gesteigert wird. irmingot, der höchste gott, der gott aller, im Hildebr. lied, kein besonderer, in der bedeutung nicht verschieden von dem durch ein anderes praefix verstärkten thiodgod Hel. 33, 18. 52, 12. 99, 6. irminman, erhöhter ausdruck für mensch Hel. 38, 24. 107, 13. 152, 11. irminthiod Hel. 87, 13 und Hild. für menschengeschlecht [Fußnote]. ebenso erkläre ich andere mit irman, irmin componierte eigennamen (gramm. 2, 448) und irmansûl, irminsul ist die große, hohe göttlichverehrte bildseule; daß sie einem einzelnen gott geweiht war, liegt nicht in dem ausdruck selbst. auf gleiche weise wird im ags. gesagt eormencyn (genus humanum) Beov. 309. cod exon. 333, 3, eormengrund (terra) Beov. 1711. (seltsam ist die adj. form: ofer ealne yrmenne grund cod. exon. 243, 13.) eormenstrŷnd (progenies), altn. iörmungrund (terra) iörmungandr (anguis maximus) iörmunrekr (taurus maximus), woraus sich das hohe, mythische alter, und die verbreitung dieser benennungen unter allen deutschen volksstämmen ergibt. denn auch den Gothen können sie nicht fremd gewesen sein, wie ihr berühmter königsname Ermanaricus (Aírmanareiks) altn. Iörmunrekr darthut, und unbedenklich sind die Hermunduri eigentlich Ermunduri (gramm. 2, 175), wie das H in allen solchen formen häufig vorschlägt.
Was nun der wahrscheinliche sinn des wortes irman, iörmun, eormen war, auf den ich im verfolg zurückkommen werde, das springt in die augen, daß die Irmanseul in noch spät (s. 96) gefühltem bezug auf Mercur stand, dem das griechische alterthum ähnliche seulen und pfäle errichtete, die nach dem gott selbst Hermen hießen und an den deutschen namen gemahnen.
Die Sachsen mögen mehr davon gewust haben; unter den Franken, in Hochdeutschland verband man, vom achten bis in das dreizehnte jh. mit irmansûl, irminsul die allgemeine vorstellung eines heidnischen, auf einer seule errichteten bildes. unter truncus ligni dachte sich Ruodolf wahrscheinlicher einen auserlesenen, heilig gehaltenen baumstamm (mit oder ohne götterbild?), als eine von menschenhand gezimmerte seule; jenes stimmt auch zu der verehrung sub divo, zu dem von einigen chronisten gebrauchten ausdruck lucus und der einfachheit des ältesten walddienstes. wie sich das bild in den begrif des baums verliert, geht der baum in den des bildes über, und der westfälischen Irmenseule liegt die vorstellung von der hessischen Donnereiche sicher ganz nahe, beide verwandelten die bekehrer in Peterskirchen. Ich vermute näheren zusammenhang zwischen den Irmanseulen und den im späteren mittelalter, zumal im nördlichen Deutschland aufgerichteten Rolandseulen; in Schweden gab es Thorsseulen, bei den Angelsachsen Äthelstânseulen (Lappenberg 1, 376). Zuletzt noch die nachricht von einem heiligen stock in Neustrien, wie sie in der vita Walarici abbatis leuconensis († 622) enthalten ist, die aufzeichnung soll im 8 jh. geschehen sein: et juxta ripam ipsius fluminis stips erat magnus, diversis imaginibus figuratus, atque ibi in terram magna virtute immissus, qui nimio cultu morem gentilium a rusticis colebatur. Walaricus läßt den klotz umwerfen: et his quidem rusticis habitantibus in locis non parvum tam moerorem quam et stuporem omnibus praebuit. sed undique illis certatim concurrentibus cum armis et fustibus, indigne hoc ferentes invicem, ut quasi injuriam dei sui vindicarent. (acta Bened. sec. 2. p. 84. 85.) der ort hieß Augusta (bourg d'Augst, unweit der stadt Eu), es wurde hernach an der stätte eine kirche errichtet.
Ich glaube nachgewiesen zu haben, daß es götter und bildseulen im ältesten Deutschland gab. Noch wird es nöthig sein zu erwägen, wie das alterthum verfuhr, um fremde götternamen auf deutsche, und umgekehrt deutsche auf fremde anzuwenden.
Der darstellungsweise der Römer war es weit mehr angelegen, durch freie übersetzung halbe deutlichkeit zu erreichen, als durch beibehaltung barbarischer ausdrücke der nachwelt einen dienst zu erweisen. willkürlich aber verfuhren sie nicht dabei, sondern unverkennbar aufmerksam.
Mit Caesars Sol, Luna und Vulcan könnte man am wenigsten zufrieden sein, allein Tacitus scheint keine benennung römischer gottheiten ohne vorsicht und überlegung zu brauchen. er nennt bloß Mercur und Mars (Germ. 9. ann. 13, 57. hist. 4, 64), von vergötterten helden Hercules, Castor und Pollux (Germ. 9. 43), von göttinnen Isis (Germ. 9), die terra mater, mit deutschem namen (Germ. 10), die mater deum (Germ. 45). Ganz unvergleichbare, z. b. Apoll oder Bacchus werden niemals verglichen. Das auffallendste ist, daß Jupiter nicht vorkommt, und die auszeichnung Mercurs, der bei den Römern nur eine gottheit zweiten rangs bildet, bloß ein gott der kaufleute ist, hier als vornehmste unter allen erscheint: deorum maxime Mercurium colunt, dem auch allein menschenopfer fallen, während Mars und Hercules sich mit thieren begnügen. das hervortreten Mercurs erklärt sich wahrscheinlich daher, daß dieser gott auch unter den Galliern als hauptgottheit verehrt und zumeist abgebildet wurde (deum maxime Mercurium colunt, hujus sunt plurima simulacra Jul. Caes. 6, 17 [Fußnote]), die blicke der Römer nach Deutschland immer aber Gallien im vordergrund sahen; vielleicht hatten auch gallische berichterstatter den germanischen gott in dieses licht gestellt. beachtenswerth ist dabei die gallische verbindung des Mars und Mercurius in bildseulen (vorhin s. 91), gerade wie Tacitus die germanischen zusammen nennt (ann. 13, 57). Die auslassung Jupiters hat augenscheinlich ihren grund darin, daß sein cultus bei den völkern, die Tacitus zunächst kannte, dem des Mercurs nachstand; wir werden im verfolg sehen, daß die nördlichen, entlegneren stämme umgekehrt dem donnergott ihre hauptsächliche verehrung widmeten. Über Isis und Hercules will ich mich späterhin erklären; wen man sich unter den Dioscuren denken solle, ist schwer zu rathen; vermutlich doch zwei söhne Wuotans, und mit rücksicht auf den inhalt der edda würden sich Baldr und Hermödr, die beiden brüder, am meisten dafür eignen.
Diese anwendung classischer namen auf deutsche götter verbreitete sich allgemein und wird von den latein. schriftstellern der folgenden jahrhunderte mit genauer übereinstimmung beibehalten: einmal in umlauf gesetzt blieb sie lange zeiten hindurch üblich und verständlich.
Der gothische geschichtschreiber benennt uns nur einen gott auf römische weise, und es ist Mars: quem Gothi semper asperrima placavere cultura (Jornand. cap. 5), womit schon der scythische Ares (Herod. 4, 62. 63) verglichen werden mag.
Paulus Diac. schließt was er von Wodan erzählt mit der ausdrücklichen meldung (1, 9): Wodan sane, quem adjecta litera Gwodan dixerunt, ipse est qui apud Romanos Mercurius dicitur, et ab universis Germaniae gentibus ut deus adoratur. ebenso versichert Jonas von Bobbio, sein älterer landsmann, in dem bericht von den opfernden Alemannen: illi ajunt, deo suo Vodano, quem Mercurium vocant alii, se velle litare, wobei eine anderwärts eingeschaltete glosse weniger richtig sagt: qui apud eos Vuotant vocatur, Latini autem Martem illum appellant, wenn sich auch sonst Wuotan mit Mars berührt (s. unten).
Dem Gregor von Tours sind (oben s. 88) Saturn und Jupiter, dann aber Mars Mercuriusque die gottheiten, welche der heidnische Chlodovich anbetete. allgemeiner drückt er sich 1, 34 aus: Privatus, gabalitanae urbis episcopus – daemoniis immolare compellitur a Chroco Alamannorum rege im 3. jh. Widekind von Corvei nennt Mars und Hercules als götter der Sachsen (s. 91), der zusatz zu den Corveier annalen stellt die griech. und lat. benennungen Aris und Mars, Ermis und Mercurius nebeneinander.
Im indiculus paganiarum wird unter 8 aufgezählt: de sacris Mercurii vel Jovis [Fußnote]; unter 20: de feriis, quae faciunt Jovi vel Mercurio; der donnernde gott, dessen Tacitus geschweigt, ist also bei andern unvergessen, und nun verstehen wir auch Wilibalds erzählung von dem robur Jovis (s. 58) und Bonifac. ep. 25 (a. 723) den presbyter Jovi mactans [Fußnote].
In den additamentis operum Matthaei Paris. ed. W. Watts, Paris 1644. p. 25. 26 steht ein alter bericht von büchern, die man zu Verlamacestre bei der anlegung eines kirchbaues im zehnten jh. aufgefunden und verbrannt haben soll. eins derselben enthielt invocationes et ritus idololatrarum civium Varlamcestrensium: in quibus comperit, quod specialiter Phoebum, deum solis invocarunt, et coluerunt, secundario vero Mercurium, Voden anglice appellatum, deum videlicet mercatorum, quia cives et compatriotae . . . . fere omnes negotiatores et institores fuerunt. offenbar hat der berichterstatter von seiner gelehrsamkeit hinzugethan. die formeln und bräuche selbst würden viel erwünschtere auskunft geben.
Stellen, welche unter Diana eine deutsche göttin zu verstehen scheinen, sollen später mitgetheilt werden. Neptun wird einigemal genannt (oben s. 91).
Saxo grammaticus in seinem lat. stil, scheut sich vor anwendung römischer götternamen und gebraucht Othinus oder Othin, niemals dafür Mercurius; doch statt des gewöhnlichen Thor (s. 41. 103) einmal s. 236 Jupiter und malleus jovialis; Mars scheint s. 36 für Othin zu gelten, nicht für Tŷr, der bei ihm nirgends erwähnt wird. Ermoldus Nigellus, die götzen der Normanni anführend, sagt 4, 9 (Pertz 2, 501), daß sie für gott (vater) den Neptun, für Christus den Jupiter verehrten, Neptun muß hier Odin, Jupiter Thor bedeuten? dieselben namen kehren 4, 69. 100. 453. 455. wieder [Fußnote].
Melis-Stoke, schon im beginn des 14. jh., weiß noch, daß heidnische Friesen den Mercur anbeteten (1, 16. 17); ich kann die lat. quelle nicht nachweisen, aus welcher er dieses ohne zweifel schöpfte [Fußnote].
Wenn angenommen werden darf, und es scheint mir fast unbedenklich und nothwendig, daß seit dem ersten jh., in den sechs oder acht folgenden, eine ununterbrochene übertragung der angeführten und einiger ähnlichen lateinischen götternamen auf einheimische gottheiten Galliens und Germaniens statt fand, und unter den gelehrtgebildeten verbreitet wurde; so erlangen wir allein dadurch aufschluß über eine noch nicht befriedigend erklärte merkwürdige erscheinung: über die frühe in das halbe Europa eingedrungne heidnische benennung der wochentage.
Diese namen sind ein günstiges, nicht zu übersehendes zeugnis für das deutsche heidenthum.
Ich stelle mir die sache so vor [Fußnote].
Von Aegypten her durch die Alexandriner kam siebentägige woche (εβδομάς), wie sie in Westasien sehr alt ist, aber wol später erst planetarische benennung der wochentage bei den Römern auf, unter Jul. Caesar älteste erwähnung des dies Saturni, in verbindung mit dem jüdischen sabbat, bei Tibull 1, 3, 18. ηλίου ημέρα Justin. martyr. apolog. 1, 67; ‛Ερμου̃ und ’Αφροδίτης ημέρα bei Clemens alex. strom. 7, 12. die einrichtung durchgesetzt nicht lange vor Cassius Dio (37, 18), um den schluß des 2 jh. [Fußnote]. Früher bestand bei den Römern eine neuntägige woche, nundinae = novendinae. Das christenthum hatte die hebdomas von den Juden übernommen und konnte nun auch die abgöttischen tagnamen nicht leicht von der kirche abwehren [Fußnote]
Die siben stern siben tugende haltent,
Die muozen alle mensche haben, die dâ zît der tage waltent.
Titur. 2753.
Die namen der provenz. wochentage gibt Raynouard s. v. dia; altfr. demierkes f. mercredi, devenres f. vendredi. vgl. Roquefort suppl. v. kalandre.
.
Diese namen, samt der wocheneintheilung, waren aber früher als der christliche glaube von Rom aus nach Gallien und Deutschland übergegangen. In allen romanischen ländern dauern die planetarischen namen bis auf heute fort (meist in sehr verkürzter gestalt), nur für den ersten und letzten wochentag ausgenommen: statt dies solis wählte man dies dominica, ital. domenica, span. domingo, franz. dimanche; statt dies Saturni blieb das jüdische sabbatum, ital. sabbato, span. sabado, franz. samedi (= sabdedi, sabbati dies). aber die heidnischen benennungen auch dieser beiden tage waren lange noch volksmäßig: ecce enim dies solis adest, sic enim barbaries vocitare diem dominicum consueta est. Greg. tur. 3, 15.
Leider entgeht uns kenntnis der gothischen tagnamen. das allein bei Ulf. vorkommende sabbatê dags, sabbatô dags, beweist nichts, wie wir eben sahen, wider die planetarische benennung der übrigen sechs oder fünf tage. ein sunnôns dags, mênins dags lassen sich mutmaßen, die vier übrigen, für uns die wichtigsten, wage ich nicht anzugeben. Es wäre für unsere ganze untersuchung vom höchsten werth, wenn sie sich erhalten hätten.
Ahd. sunnûn dag O. V. 5, 22. gl. blas. 76a Lacombl. arch. 1, 6; mânin tac (ohne beleg, denn mânitag, mânotag bei Graff 2, 795. 5, 358 haben keinen, mânetag steht N. ps. 47, 1). dies Martis, bei den Alamannen wahrscheinlich Ziuwes tac, im 11. jh. Cies dac gl. blas. 76a [Fußnote], bei den Baiern und Longobarden wol anders. dies Mercurii vielleicht noch Wuotanes tac? das abstracte diu mittawecha N. ps. 93, mittwocha gl. blas. 76b. dies Jovis Donares tac, Toniris tac N. ps. 80, 1. donrestac gl. blas. 76a Burcard von Worms 195b: ›quintam feriam in honorem Jovis honorati‹; dies Veneris Fria dag O. V. 4, 6. Frîje tag T. 211, 1; endlich mit umgehung des heidnischen dies Saturni, wie im romanischen und gothischen, sambaztag T. 68, 1. N. 91, 1, [Fußnote] samiztag N. 88, 40, sûnnun âband, unser sonnabend, schon O. V. 4, 9, wahrscheinlich kürzung für sunnûndages âband, feria ante dominicam, denn vespera solis meinte man nicht. auch dem roman. dies dominica entspricht zuweilen frôntag N. ps. 23, tag des herrn.
Sollte man glauben, daß aus den zahlreichen mhd. sprachdenkmälern die namen der wochentage nicht leicht zu entnehmen sind? zwar sunnen tac (suntac Berth. 118) und mântac (Parz. 452, 16, mæntac, 498, 22. Amis 1648) [Fußnote] leiden keinen zweifel; auch nicht Donrestac (Donerstag. Uolrich 73a, Dunrestac Berth. 128), Duristag schreibt eine halbniederd. urk. a. 1300 bei Höfer s. 57), Dornstag eine von 1495 in Useners femgerichten s. 131; Frîtac (Parz. 448, 7. 470, 1. Walth. 36, 31. Berth. 134) Vriegtag. Uolrich 73a; samztac (Parz. 439, 2. Berth. 138) sunnen âbent Trist. 3880. Aber ungewisheit schwebt wieder über dem dritten und vierten tag. Jener hieß, nach merkwürdiger unterscheidung, in Baiern Eritac, Erctac (die rechte form nicht ganz sicher, eritag Adelungs vat. hss. 2, 189. ergetag Berth. 122, beispiele aus urkunden sammelt Schm. 1, 96. 97); in Schwaben hingegen Ziestac, das aus Ziewestac entsprungen ist. beide sich ganz abliegende formen leben unvertilgt in der heutigen volkssprache fort; bair. ierte, östreich. iärta, irita, vicentinischdeutsch eörtä, ortä; alem. ziestag, zinstag, ziestig, zistig, zienstig, zeinstig, zinstag, die einschaltung der liquida hat den ausdruck verderbt und falsche nebenbegriffe herbeigeführt. im mittlern Deutschland scheint die form diestag, tiestag vorzuherschen (an der Rhöne diestik), woraus unser nhd. dienstag (schlechter dinstag, das IE hat guten grund) herrührt, falsch ist die schreibung dingstag, mit dem gedanken an ding, judicium. dinstag steht in Gaupps magdeb. recht p. 272. Den vierten tag finde ich nie, weder mhd. noch in späteren volksmundarten, nach dem gott benannt, es müste sich denn das in der anmerkung beigebrachte gwontig als Gwuotenstag, Wuotenstag rechtfertigen lassen; überall hat hier jene abstraction um sich gegriffen, ist aber fast selbst unverständlich und in ein masc. mittwoch, mittich (Berth. 124. mäktig Stald. 2, 194 vgl. gothl. mäjkädag Almqv. 442a) verwandelt worden, an der mitkun steht im cod. zaringobad. no 140 (a. 1261). So ist auch für den fünften tag der zahlnahme phinztac (Berth. 128. Ottoc. 144a. Grätzer urk. von 1338. Schwabenspiegel s. 196. Schm. 1, 322) phingstag, durch griechischslavischen einfluß (πέμπτη, petek, piatek, patek, nur daß die Slaven den freitag darunter verstehen) in einige oberdeutsche gegenden gedrungen [Fußnote].
Auch die altsächsichen benennungen mangeln uns, müssen aber in wesentlichen punkten von den ahd. abgewichen sein, wie die späteren dialecte verkündigen. fast sicher anzunehmen ist Wôdanes dag für den vierten der woche, denn noch heißt er in Westfalen Godenstag, Gonstag, Gaunstag, Gunstag, zu Aachen Gouesdag, in niederrhein. urkunden Gudestag z. b. Günther 3, 585. 611 (a. 1380. 1387). Gudenstag Kindlinger hörigk. p. 577. 578 (a. 1448). der dritte mag gelautet haben Tiwesdag, der fünfte Thunaresdag, der sechste Frîundag? zumeist verschieden war wol der name des siebenten, man bildete nach dies Saturni Sâteresdag? vgl. westph. Saterstag, Saiterstaig Günter 3, 502 (a. 1365). Ssp. 2, 66 liest eine hs. für sunavend Satersdach.
Mnl. I sondach Maerl. 2, 159. II manendach. Huyd. op St. 3, 389. maendach Maerl. 2, 139. III Disendach Maerl. 2, 140, anderwärts Dicendach, Dissendach. Gannaert strafrecht s. 124. 481, wie es scheint verderbt aus Tisdach. IV Woensdach Maerl. 2, 143. V Donresdach Maerl. 2, 144. VI Vrîdach Maerl. 2, 159. des Vrîndaghes Maerl. 2, 143. 157. VII Saterdach Maerl. 2, 114. 120. 123. 157. 159. 276. 3, 197. 343, daneben sonnacht Maerl. 2, 164. 3, 240.
Nnl. I zondag. II mândag. III dingsdag, früher dinsdag, Dissendag. IV Woensdag, belgisch Goensdag. V Donderdag. VI Vrîdag. VII Zaterdag.
Altfries. I sonnadei. II monadei. III Tysdei. IV Wernsdei. V Thunresdei, Tornsdei. VI Frigendei, Fredei. VII Saterdei, belege für alle diese formen hat Richthofen.
Neufries. I sneyn, verkürzung aus sinnedey, sendei, senned, (vgl. Frêd), das auslautende n in sneyn mag, wie im altfries. Frigendei, überrest der älteren schwachen form des gen. sg. sein. II moandey. III Tyesdey. IV Wânsdey. V Tongersdey. VI Frêd, gekürzt aus Fredey. VII sniuwn, snioun, gekürzt aus sinnejuwn, sonnabend. vgl. tegenwoordige staat van Friesland 1, 121. Wassenberghs bidraghen 2, 56. Halbertsma naoogst s. 281. 282.
Nordfries. I sennendei. II monnendei. III Tirsdei. IV Winsdei. V Türsdei. VI Fridei. VII sennin (in = abend).
Ags. I sonnan däg. II monan däg. III Tives däg. IV Vôdenes, Vôdnes däg. V Thunores däg. VI Frige däg. VII Sætres däg, Sæternes däg.
Engl. I sunday. II monday. III Tuesday. IV Wednesday. V Thursday. VI Friday. VII Saturday.
Altn. I sunnudagr [Fußnote]. II mânadagr. III Tŷrsdagr, Tŷsdagr. IV Ođinsdagr. V Thôrsdagr. VI Friadagr, Freyjudugr. VII laugardagr.
Schwed. I söndag. II måndag. III Tisdag, woher selbst finn. tystai. IV Onsdag. V Thorsdag. VI Fredag. VII lördag.
Dän. I söndag. II mandag. III Tirsdag. IV Onsdag. V Torsdag. VI Fredag. VII löverdag [Fußnote]
Mnl. I. sondach Deckers lekensp. 1, 38. II. maendach Decker a. o. III. dinxdach Decker. disdag, desdag Coremans s. 49. disendaighes Hedu s. 443. de klerk 1, 804. disendach Uhland 1, 415. IV. woonsdach Decker. V. donredach Decker. donderdach Lanc. 13970. VI. vridach Decker. den vrindach Lanc. 25310. sfrîndaghes Maerl. 3, 284. sfrindaechs de klerk. 1, 708 a. 1303. VII. saterdach Decker. im leven van Jezus s. 27. 28. 74. 75. 234 wird der jüdische begrif von sabbat unpassend immer durch saterdach gegeben.
Neufries. III tihsdi, tisdej. Höfers zeitschr. 1, 107. wie VII sniuon, snioun ist snavendes aus sunavendes gekürzt in einer anhaltischen urk. von 1322 bei Höfer s. 163.
Nordfriesische formen bei Outzen s. 38. IV. Weadansdai. landeskunde 4, 248. auf Silt Winjsday. Müllenhoff s. 167. für V. Türsdei kommt auch Tüsdei vor. VII. das nordfr. in abend in sennin gleicht dem een abend in der englischen volkssprache, schott. gude een, Shakesp. gooden.
Ags. IV. Mercoris die hoc est Vôdnesdag. Kemble 5, 94 (a. 844).
Altengl. III tweisdaie. IV. wensdaie Garner proceedings s. 232.
Altn. Gulaþ. s. 9: III. Tysdagr. IV. Ođensdagr. V. þorsdagr. VI. Freadagr. VII. þvatdagr.
Schwed. I. sunnudaghr östg. (vgl. anm. 320). VII. löghurdagh. östg.
Norweg. IV. mekedag. VI. Freadag. dipl. norveg. bd. 3. no. 787. a. 1445.
Jütisch. IV. Voensdag, Voinsdau. Molbech. dial. 653. VI. Freia. VII. Luora. Foersom. s. 12.
Anglisch. IV. Vonsdaw.
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Man sieht, nur in dem siebenten tag entfernt sich der nord. name von dem sächsischen und friesischen: laugardagr bedeutet badetag, weil am schluß der woche gebadet wurde. und doch ist vielleicht hier zusammenhang? ein lat. gedicht des neunten jh. auf die schlacht von Fontenay (Bouquet 7, 304) hat den merkwürdigen vers: sabbatum non illud fuit, sed Saturni dolium, ein teufels bad? vgl. cap. XII. Saturn.
Wenn auch die Germanen von frühster zeit an die siebentagwoche nach den reihen und folgen des mondwechsels [Fußnote] gekannt haben; so ist ihnen die benennung der tage und deren anordnung offenbar aus der fremde zugebracht worden. sonst würde einzelnes abweichen, und Saturn aus dem spiel geblieben sein, für den sich kein einheimischer gott darzubieten scheint.
Aber nicht weniger verwerflich wäre, die einführung der woche und der tagnamen den Christen beizulegen. so gut sie unter heidnischen Römern in gang kamen, konnten sie es unter heidnischen Galliern und Deutschen, ja, bei dem lebhaften verkehr dieser drei völker ist eine schnelle verbreitung überaus natürlich [Fußnote]. Das christenthum hatte die jüdische woche, und duldete namen, die ihm ein häufiger anstoß, aber bereits zu tief eingewurzelt waren und sich nur theilweise verdrängen ließen. Jene worte Gregors zeigen den ganzen widerwillen der geistlichkeit, und noch deutlicher geht es aus der (im syntagma de baptismo p. 190 gedruckten) äußerung eines isländischen bischofs im j. 1107 hervor, welcher sie wirklich für Island abschafte und durch bloße zahlnamen ersetzte. Wie hätten jemals die bekehrer gelitten, daß verhaßte namen der abgötter den neubekehrten zum täglichen gebrauch überliefert würden, wären sie nicht schon längst unter dem volk hergebracht gewesen? und wie hätten in Deutschland die lateinischen götter in deutsche übersetzt werden dürfen, gleichsam um sie dem volk erst recht nahe zu rücken, wenn dieses nicht schon jahrhunderte lang damit vertraut gewesen wäre?
Das hohe alter der übertragungen ergibt sich auch ganz aus ihrer genauen einstimmung mit dem sprachgebrauch der ersten jahrhunderte, sobald es darauf ankam, deutsche götter in römische zu verwandeln. Meiner vermutung zufolge muß die einführung der wochentagnamen wenigstens in das vierte oder fünfte jh. bei uns gesetzt werden; vielleicht hatte sie nicht überall in Deutschland zugleich statt.
Unsere vorfahren, in natürlicher täuschung befangen, huben frühe an, den ursprung der wochentagnamen auf die eigenen götter ihrer heimat zu beziehen.
Wilhelmus malmesbur., die ankunft der Sachsen in Britannien berichtend, erzählt von Hengist und Horsa, daß sie aus dem edelsten geschlecht abstammen: erant enim abnepotes illius antiquissimi Voden, de quo omnium pene barbararum gentium regium genus lineam trahit, quemque gentes Anglorum deum esse delirantes, ei quartum diem septimanae, et sextum uxori ejus Freae perpetuo ad hoc tempus consecraverunt sacrilegio (Savile 1601. p. 9). Umständlicher bei Galfredus monemut. (lib. 6. ed. 1587 p. 43), Hengist sagt zu Vortigern: ingressi sumus maria, regnum tuum duce Mercurio petivimus. ad nomen itaque Mercurii erecto vultu rex inquirit cujusmodi religionem haberent? cui Hengistus: deos patrios Saturnum, atque ceteros, qui mundum gubernant. colimus maxime Mercurium (wie bei Tac. 9.), quem Woden lingua nostra appellamus. huic veteres nostri dicaverunt quartam septimanae feriam, quae usque in hodiernum diem nomen Wodenesdai de nomine ipsius sortita est. post illum colimus deam inter ceteras potentissimam, cui et dicaverunt sextam feriam, quam de nomine ejus Fredai vocamus. Da Matthaeus westmonast. (flores, ed. 1601. p. 82) in einzelnem abweicht, mögen auch noch seine worte hier stehen: cumque tandem in praesentia regis (Vortigerni) essent constituti, quaesivit ab eis, quam fidem, quam religionem patres eorum coluissent? cui Hengistus: deos patrios, scilicet Saturnum, Jovem atque ceteros, qui mundum gubernant, colimus, maxime autem Mercurium, quem lingua nostra Voden appellamus. huic patres nostri veteres dedicaverunt quartam feriam septimanae, quae in hunc hodiernum diem Vodenesday appellatur. post illum colimus deam inter ceteras potentissimam, vocabulo Fream, cujus vocabulo Friday appellamus. Frea ut volunt quidam idem est quod Venus et dicitur Frea, quasi Froa a frodos, quod est spuma maris, de qua nata est Venus secundum fabulas, unde idem dies appellatur dies Veneris. Die angelsächsische sage, unbesorgt um die mischung eigner und fremder fabel, zweifelt also gar nicht an dem hohen alterthum der namen unter ihrem volk.
Critischer äußert sich Saxo gramm. p. 103 über die nordische benennung, sie rühre von den heimischen göttern her, diese aber seien nicht einerlei mit den lateinischen. das beweisen ihm Thor und Othin, nach welchen der fünfte und vierte tag der woche genannt werde, wie im latein nach Jupiter und Mercur. denn Thor, als Othins sohn, lasse sich dem Jupiter, d. h. Mercurs vater unmöglich vergleichen, folglich auch nicht der nord. Othin, Thors vater, dem römischen Mercur, d. h. Jupiters sohne. der unterschied ist allerdings triftig, es geht aber daraus nur hervor, daß zu der zeit, wo man Othin und Mercur gleichzustellen begann, Mercur als ein celtischer gott und wahrscheinlich mit sehr von der classischen vorstellung abweichenden eigenschaften gedacht wurde. In seinem sinn hat Saxo ganz recht, seine bemerkung bestätigt den frühen heidnischen ursprung dieser tagnamen [Fußnote], er läßt sich aber, wie wir s. 101 sahen, doch von der durchdringenden identität Thors und Jupiters beschleichen [Fußnote].
Auch die varianten der wochentagsnamen nach verschiedenheit der volksstämme verdienen alle rücksicht; man gewahrt, daß sie nicht gerade starr aufgenommen oder beibehalten wurden, sondern nationalbegriffe immer noch ein gewisses recht darauf ausübten. Das längere heidenthum in Friesland und Sachsen machte, daß die alten namen des vierten und siebenten tags fortwährten, während sie in Hochdeutschland früher in vergessenheit sanken. vorzüglich bedeutsam ist uns aber die abweichung der Alamannen und Baiern bei dem dritten tag; wie hätte sie erst in späterer zeit, als die vorstellung von dem heidnischen gott, der den Mars repräsentiert, bereits verworren war, entspringen mögen? wie die christliche geistlichkeit, wenn von ihr die namengebung ausgegangen wäre, eine solche unterscheidung genehmigen können?
Die hinter uns liegenden völker, Slaven, Litthauer, kennen die planetentagnamen nicht, sondern zählen gleich den Griechen [Fußnote], nicht weil sie später bekehrt, sondern später mit der lateinischen bildung vertraut wurden. die Finnen und Lappen zählen nicht, dagegen wieder meistens die Esten [Fußnote]
Estn. I. pühhapääw, heiliger tag. II. esmaspääw, erster tag. III. teisipääw, zweiter tag. IV. kesknäddal. V. neljapääw, vierter tag. VI. rede (redi), fasttag? VII. laupääw oder poolpäiw, halber tag.
Finn. I. sunnuntai. II. maanan. III. tiistai. IV. keskiwijcko. V. tuorstai. VI. perjandai. ist dies ein vom fünften tag verschobenes Peruntag (vgl. Perendan s. 108), oder, da die Finnen kein F haben, entstellt aus Fredag? VII. lauwandai.
Schwed. lapp. I. ailek. II. manodag. III. tisdag. IV. kaska wakko. V. tuoresdag. VI. perjedag. VII. lawodag.
Norw. lapp. I. sodno beive. II. vuosarg. III. mangebarg. IV. gaskvokko. VI. fastobeive, fasttag und perjedag.
. auch die von Byzanz aus ergehende christianisierung entschied hierbei nichts, sie hatte auf Litthauer und Finnen keinen und nur auf einen theil der Slaven einfluß. Diese zählen aber so, daß sie von montag, als erstem tag nach der ruhe, anheben, folglich dienstag ihr zweiter, donnerstag ihr vierter ist, ganz abweichend von der lat. und isl. zählung, die den montag als zweiten, donnerstag als fünften annimmt. daher ist der slav. patek freitag, jener oberd. pfinztag donnerstag. die mitte der woche nennen sie sreda, sereda, srida (woher litth. serrada), was vielleicht auf die hochd. benennung einwirkte. auch die Finnen haben keskiwijcko (halbe woche von keski medium), es wäre nicht unwichtig auszumitteln, wann zuerst und aus welcher ursache Hochdeutsche und Slaven die abstracte benennung mittewoche und sreda (böhm. středa) einführten, während Niederdeutsche und Romanen Wodan und Mercur behielten. Nur bei den lüneburger Wenden ist eine spur des götternamens, dies Jovis hieß ihnen Perendan, von Peren, Perun, donnergott; wie es scheint bloße nachahmung des deutschen namens, da sie in den übrigen tagen mit den andern Slaven einstimmen [Fußnote].
Reines ergebnis aller dieser betrachtungen ist, daß wir berechtigt sind, in lateinischen, Deutschland und seine götter behandelnden denkmälern mit größter wahrscheinlichkeit Mercurius von Wuotan, Jupiter von Donar und Mars von Ziu zu verstehen. die verdeutschten wochentaggötter sind eine probe auf des Tacitus interpretatio romana.