Die allgemeinste benennung dessen, der zum unmittelbaren dienst der gottheit berufen ist (minister deorum Tac. Germ. 10), führt sich auf ihren namen selbst zurück. vom gothischen guþ (deus) wird das adj. gaguds (pius, ευσεβής), gagudei (pietas, ευσέβεια) gebildet; ahd. und mhd. finde ich für pius êrhaft, eigentlich reverens, das auch venerandus ausdrücken kann, unser nhd. fromm hat erst spät diesen sinn überkommen, das mhd. vrum ist bloß tüchtig, treflich. Der gott dienende, fromme mann heißt goth. gudja (ιερεύς) Matth. 8, 4. 27, 1. 63. Marc. 10, 33. 11, 27. 14, 61. Luc. 1, 5. 20, 1. Joh. 18, 19. 22. 19, 6. ufargudja (αρχιερεύς) Marc. 10, 33. gudjinôn (ιερατεύειν) Luc. 1, 8. gudjinassus (ιερατεία) Luc. 1, 9. [Fußnote].
Daß diese ausdrücke heidnisch waren folgt aus dem einstimmigen altn. gođi (pontifex) hofs gođi (fani antistes) Egilss. 754. Freys gođi Nialss. c. 96. 117 (fornm. sög. 2, 206.) gođord (sacerdotium). einen andern grund dafür gibt das verschwinden des worts in den übrigen dialecten, etwa wie alah verschwand, das den Gothen noch unbedenklich schien. nur eine leise spur erscheint in dem ahd. cotinc Diut 1, 187, womit tribunus glossiert wird(goth.gudiggs?). Wie aber Ulfilas gudja und sinista (πρεσβύτερος, der ältere, angesehene, der priester) verbindet, sagt ein merkwürdiges zeugnis bei Ammianus Marcell. 28, 5 aus, daß der burgundische oberpriester sinisto hieß: nam sacerdos omnium maximus apud Burgundios vocatur sinistus, et est perpetuus [Fußnote], obnoxius discriminibus nullis ut reges. Vom zusammenhang der priester mit dem adel handle ich RA. 267. 268 [Fußnote].
Noch heidnischer sind die ahd. priesternamen harugari Diut. 1, 514b [Fußnote] und parawari Diut 1, 150a: beide aus jenen benennungen der tempel haruc und paro (s. 54. 55) hergeleitet und die vorhin behauptete identität dieser begriffe bestätigend. schwerlich wurden sie vom glossator zur verdeutschung des lat. aruspex erfunden, sie waren längst in unserer alten sprache vorhanden. pluostrari (s. 29) hieß der priester, in sofern er opferte.
Daß aber cotinc die bedeutung tribunus haben konnte zeigt den genauen zusammenhang zwischen priester und richteramt, der vorzüglich in einem andern der hochd. mundart eigenthümlichen ausdruck hervorbricht. êwa, êa bezeichnete nicht bloß das weltliche, sondern auch das göttliche gesetz, die früher genau verbunden und gleich heilig waren, êwart, êowart also den pfleger, hüter des gesetzes, den νομικός, goth. vitôdafasteis, den gesetzes und rechtskundigen. K. 55a 56a. b. gl. Hrab. 974a N. ps. 50, 9. das schwachformige êwarto hat O. I. 4, 2. 18. 72. gotes êwarto I. 4, 23. so noch im 12 jh. êwarte Mar. 21 und ohne allen bezug auf das jüdische amt, ganz synonym mit priester: der heilige êwarte Reinh. 1705. der bâruc und die êwarten sîn Parz. 13, 25. Wh. 217, 23 von sarazenischen priestern [Fußnote]. Daneben galt das nahliegende êosago, êsago für judex, legislator. RA. 781.
Der dichter des Heliand bedient sich des ausdrucks wihes ward (templi custos) 150, 24, und versucht, um dem heidnischen wie dem fremden worte auszuweichen, umschreibungen: the giêrôdo man 3, 19. the frôdo man 3, 21. 7, 7, frôdgumo 5, 23. 6, 2. godcund gumo 6, 12, was an jenes gudja anschlägt, vielleicht aber auch den eigenthümlichen sinn berührt, den bei Wolfram ›der guote man‹ hat [Fußnote]. die romanischen ausdrücke prudens homo, bonus homo (prudhomme, bonhomme) sind nicht ohne bezug auf die alte rechtspflege. Einmal Joh. 18, 13 verdeutscht Ulfilas αρχιερεύς durch aúhumists veiha, niemal ιερεύς durch veiha.
Mit dem christenthum drangen fremde benennungen ein [Fußnote]. die Angelsachsen nahmen, in verkürzter form, das lat. sacerdos auf: sacerd, pl. sacerdas; Alfred übersetzt Bedas pontifex und summus pontificum (beides von einem heidnischen) 2, 13 biscop und ealdorbiscop. T. und O. haben gleichbedeutig das aus episcopus entspringende bisgof, biscof O. I. 4, 4. 27. 47; auch Hel. 150, 24 biscop. Später werden priester (nach presbyter, also jenem begrif des vornehmen und ältesten) und pfaffe (papa) die allgemeinsten namen. ags. preost, engl. priest, franz. prestre, prêtre, bei Veldek reim prêster: mêster. En. 9002.
Wenn Jul. Caesar von den Germanen sagt (de bello Gall. 6, 21): neque druides habent, qui rebus divinis praesint, neque sacrificiis student, so braucht diese nachricht nicht für unrichtig und dem was Tacitus von den deutschen priestern und opfern meldet, widersprechend erklärt zu werden. Caesar behauptet alles im gegensatz zu den Galliern. diese hatte er 6, 16 als den opfern äußerst ergeben geschildert, und ›non studere sacrificiis‹ wird im zusammenhang nichts anders bedeuten als: sich der opfer sparsam bedienen. ebensowenig herschte unter den Deutschen das gallische fein ausgebildete druidensystem; sie ermangelten aber nicht ihrer eigenthümlichen opfer und priester.
Die deutschen priester, wie wir es schon aus dem übergreifen der namen erkannten, waren zugleich bei gottesdienst und volksgericht thätig. In den heerzügen gebührt ihnen allein, nicht den feldherrn die zucht, da der ganze krieg gleichsam in gegenwart der gottheit geführt wird: ceterum neque animadvertere neque vincire nec verberare quidem nisi sacerdotibus permissum: non quasi in poenam, nec ducis jussu, sed velut deo imperante, quem adesse bellantibus credunt. Germ. 7. [Fußnote]. auch die gleich folgenden worte beziehen sich auf die priester, sie nehmen aus dem heiligen hain die bilder und zeichen mit ins feld. Cap. 10 lehrt, daß der sacerdos civitatis dem loßen mit zweigen vorsteht, sobald es für das volk geschah. war die angelegenheit keine öffentliche, so kann der hausvater selbst das geschäft verrichten und der priester brauchte nicht zugezogen zu werden. eine merkwürdige beschränkung der priestergewalt und ein zeichen, wie weit in dem eigentlichen privatleben das recht des freien mannes gieng; aus gleichem grunde, scheint es mir, durften in frühster zeit symbolische handlungen unter den parteien vorgenommen werden ohne zwischenkunft des richters (RA. 201). Auch wenn aus dem gewieher der öffentlich unterhaltenen weißen rosse geweissagt werden sollte, begleiteten priester den heiligen wagen und beglaubigten das geschäft. Der gottheit wagen berührt allein der priester, ihre nahende gegenwart wird von ihm erkannt, er geleitet sie ehrfurchtsvoll, und führt sie zuletzt in ihr heiligthum zurück cap. 40. Segimund, des Segestes sohn, den Tac. ann. 1, 57 sacerdos nennt, war nicht deutscher, sondern römischer priester (apud aram Ubiorum) gewesen und nach zerreißung der fremden binde (vittas ruperat) in die heimat entflohen.
Diese wenigen der priester nur gelegentlich erwähnenden stellen lassen ihr amt lange nicht überschauen [Fußnote]. ohne zweifel lag ihnen, außer jenen geschäften, die verrichtung feierlicher gebete, die tödtung der opferthiere, die weihung der könige und leichen, vielleicht auch der ehen, die abnahme der eide und manches andere ob. Von ihrer tracht, ihren insignien und abstufungen wird gar nichts gemeldet, einmal gedenkt Tacitus cap. 43 eines sacerdos muliebri ornatu, gibt aber nichts näher an; ohne zweifel bildeten die priester einen gesonderten, vielleicht erblichen stand, wenn auch minder mächtigen und einflußreichen als in Gallien. wahrscheinlich gab es außer jenem sacerdos civitatis höhere und geringere. Namentlich aufgeführt wird ein einziger, der cattische Libes (Λίβης τω̃ν Χάττων ιερεύς) bei Strabo, den mit anderen gefangnen Deutschen die pompa des Germanicus nach Rom schleppte. Tacitus (so viel wir ihn übrig haben) geschweigt seiner [Fußnote]. Bemerkenswerth ist noch des Jornandes aussage, daß die gothischen priester pileati hießen, im gegensatz zu den capillati, dem übrigen theil des volks, und daß sie während dem opfer ihr haupt mit hüten bedeckten, vgl. RA. 271 [Fußnote]
Die gothischen pileati (kl. schr. 3, 227 ff. GDS. 124) erinnern an die tria genera pileorum, quibus sacerdotes utuntur: apex, tutulus, galerus nach Suetonii fragm. p. m. 335. vielleicht muß das von Stälin 1, 161. 162 mitgetheilte bild eines bärtigen mannes auf einen priester gedeutet werden. das geschorne haar der christlichen und buddhistischen (?) mönche und nonnen ist wohl als ein zeichen der knechtschaft gottes aufzufassen. GDS. 822.
. Ođinn heißt Sîđhöttr, der breithutige.
Aus der folgenden zeit, und bis zur einführung des christenthums haben wir fast gar keine kunde weiter, wie es sich im innern Deutschland mit den priestern verhielt; ihr dasein folgt aus dem der tempel und opfer. Eine nicht unwichtige nachricht hat Beda hist. eccl. 2, 13 bewahrt, dem heidnischen priester der Angelsachsen war es waffen zu tragen und auf hengsten zu reiten untersagt: non enim licuerat, pontificem sacrorum vel arma ferre, vel praeterquam in equa equitare. sollte das noch mit der bestimmung zusammenhängen, die freilich auch biblisch erklärt werden kann, daß christliche geistliche, wenn sie land umreiten, auf eseln und füllen (nicht auf pferden) sitzend erscheinen (RA. 86–88)? auch Festus bemerkt: equo vehi flamini diali non licebat, ne si longius digrederetur sacra neglegerentur [Fußnote]. die übertragung solcher in die gewohnheit und sitte des lebens eingreifenden gebräuche mochte ganz zulässig sein. Ich werde anderswo auszuführen trachten, daß in gebärden oder stellungen, die für gewisse rechtshandlungen erfordert werden, manches noch an priesterliche gebräuche bei opfern und gebeten erinnert. Es ist nicht unwahrscheinlich, wie heidnische stätten in christliche umgewandelt wurden, daß man auch für vortheilhaft hielt, unter den bekehrten völkern die alten priester zu dem neuen gottesdienst heran zu ziehen. sie waren der gebildetste theil des volks, am ersten fähig die christliche lehre zu fassen, und ihren landsleuten zu empfehlen. aus der mitte des heidnischen priesterthums mögen daher zwar die heftigsten feinde, aber auch die eifrigsten anhänger der neuerung hervorgegangen sein [Fußnote]. an einer stelle der bonifazischen briefsammlung wird über vermischung christlichen und heidnischen brauchs geklagt, die sich unverständige oder leichtsinnige und strafbare priester zu schulden kommen lassen [Fußnote]. das konnte in schuldloser unerfahrenheit, oder mit wolbewuster absicht geschehen, aber fast nur von solchen, die zugleich des heidenthums kundig waren.
Selbst den nordischen priesterstand beschreiben die edden und sagen äußerst unvollständig. eine merkwürdige stelle der Ynglîngasaga cap. 2, welche die Asen überhaupt als einwanderer aus Asien, und Asgard ihren sitz als eine große opferstätte ansieht, macht die zwölf vornehmsten Asen zu opferpriestern (hofgođar): skyldu þeir râđa fyrir blôtum ok dômum manna î milli, und fügt hinzu, daß sie dîar (divi) und drôttnar (domini) genannt worden seien. diese vorstellung, wenn auch nichts als vermutung Snorris, zeigt uns die hohe würde, worin das nord. priesterthum stand, und wie man götter selbst an die spitze der opfer und gerichte setzte. aber dîar und drôttnar dürfen wir darum nicht mit den priestern vermengen.
Ich muß hervorheben, daß einzelne den göttern durch dienst und verehrung näher stehende menschen, voraus die priester, freunde der götter genannt werden [Fußnote] [Fußnote]. dahin gehört der name Freysvinr, ags. Freávine, Bregovine für helden und könige (s. cap. X. Frôwin). nach Eyrbygg. p. 6. 8. 16. 26 war Rôlfr ein Thôrs vinr, er hatte auf einer aue einen hof dieses gottes und wurde darum Thôrôlfr genannt, seinen sohn Steinn widmete er ihm und nannte ihn Thôrsteinn, wiederum widmete Thôrsteinn seinen sohn Grimr dem gott und nannte ihn Thôrgrimr, durch dies hingeben (gefa) wurde die bestimmung zum gođi oder priester ausgesprochen. Hallstein (nach Landn. 2, 23) gab seinen sohn dem Thôrr zum gođi. Man sieht, daß der priesterstand durch gewisse geschlechter fortgeführt wurde [Fußnote]. Aber auch Odysseus hieß Διΐ φίλος (Il. 10, 527). Αίολος φίλος αθανάτοισι θεοι̃σι Od. 10, 2. doch der letzte wird Od. 10, 21 ταμίης ανέμων, also priester genannt.
Wie genau das nord. priesteramt in die rechtspflege eingrif, bedarf hier keiner ausführung, in solcher eigenschaft scheinen die priester eine bedeutende wirksamkeit unter dem volk gehabt zu haben, während von ihrem politischen einflus an den königshöfen wenig die rede ist. man lese nur die Nialssaga. noch nach einführung des christenthums behielten die isländischen richter den namen und manche befugnisse der heidnischen gođar bei (Grâgâs 1, 109–113. 130. 165). Klöstern, aber auch landmeiern, zumal inhabern alter freistätten (anm. 246.) scheinen noch im MA. einzelne rechte zuständig, die sich auf den altheidnischen priesterstand zurückleiten lassen, wovon ich bei abhandlung der weisthümer ausführlich reden werde. so sollen sie für die ganze mark einen kessel, oder maß und gewicht, namentlich aber die zucht- oder wucherthiere halten, denen überall große gunst erwiesen wird [Fußnote].
Der gođi konnte zwar blôtmađr (sacrificulus), bliotr (Egilssaga s. 209) heißen, doch nicht alle blôtmenn waren priester, vielmehr bezeichnete dieses wort jeden an den opfern theilnehmenden, später unter den Christen überhaupt die Heiden. zu jener stelle des Tacitus von dem paterfamilias stimmt, daß jedweder iarl oder hersir, wenn er schon kein priester war, ein opfer verrichten durfte. Saxo gramm. p. 176 erzählt von dem getauften Harald: delubra diruit, victimarios proscripsit, flaminium abrogavit. unter jenen versteht er wol blôtmenn, unter flamines die priester. p. 104 meldet er, bei den upsalischen opfern seien effoeminati corporum motus, scenicique mimorum plausus, ac mollia nolarum crepitacula vorgekommen, von chören und tänzen der priester weiß auch das griech. alterthum.
Auf nachrichten über die kleidung der nordischen priester bin ich nicht gestoßen; fand zusammenhang der dichter mit ihnen statt? Bragi, gott des gesanges, hat nichts mit opfern zu thun. gleichwohl schien die dichtkunst ein heiliges, geweihtes geschäft: Ođin bediente sich gebundner rede, er und seine hofgođar heißen liođasmiđir (dichter). Yngl. saga cap. 6. sollte skâld (poeta, aber neutr.) sich berühren mit dem ahd. seltnen worte sgalto (sacer)? Diut. 1, 183, gl. ker. 69 scaldo. Selbst von christlichen sängern bald nach der bekehrung wird noch eins und das andere erzählt, was uns von heidnischen skalden überliefert ist.
Wie nah grenzt poesie an weissagung, der vates ist sänger zugleich und weissager, weissagung war aber das amt der priester. Ammianus Marcellinus 14, 9 erwähnt alamannische auspices und Agathias 2, 6 μάντεις oder χρησμολόγοι [Fußnote].
Ulfilas scheut sich ein goth. wort für das häufig vorkommende προφήτης zu brauchen, er setzt immer praúfêtus, und für προφη̃τις praúfêteis Luc. 2, 36. warum nicht veitaga, veitagô? diesmal sind die ahd. und ags. übertragungen kühner, sie geben wîzago, vîtega [Fußnote]. der priester, wenn er augurien und auspicien vorstand, war ein veitaga? vgl. inveitan s. 24. Die altn. benennung ist spâmadr, und der prophetin (ags. vîtegestre) spâkona. Solche weissager waren Mîmir und Grîpir. in altfranz. gedichten heißen sie devin (divini, divinatores), was nicht selten mit dem begrif der dichter zusammenfließt: uns devins, qui de voir dire est esprovez (Méon 4, 145); ce dient li devin. Ren. 7383 (wie Tristr. 1229 li contor dient) [Fußnote].
Hier fragt es sich nach den weissagerinnen, priesterinnen des alterthums.
Das mundium, worin tochter, schwester, frau standen, scheint sie in der ältesten, heidnischen zeit nicht von heiligen ämtern wie z. b. vom opfer [Fußnote] und von bedeutendem einfluß auf das volk auszuschließen.
Tacitus, nachdem er, wie gewaltig deutsche frauen auf die tapferkeit der krieger einwirken, und daß die Römer von einzelnen völkern zu größerer sicherheit edle jungfrauen fordern, gesagt hat, fügt hinzu: inesse quin etiam sanctum et providum (feminis) putant [Fußnote], nec aut consilia earum aspernantur, aut responsa negligunt. Schon Jul. Caesar 1, 50: quod apud Germanos ea consuetudo esset, ut matres fam. eorum sortibus et vaticinationibus declararent, utrum proelium committi ex usu esset, nec ne; eas ita dicere; non esse fas Germanos superare, si ante novam lunam proelio contendissent [Fußnote].
Keinen namen eines germanischen vates hat die geschichte aufbewahrt, aber mehrerer wahrsagerinnen. Tac. Germ. 8: vidimus sub divo Vespasiano Veledam (als gefangene im triumph), diu apud plerosque numinis loco habitam. hist. 4, 61: ea virgo nationis bructerae, late imperitabat, vetere apud Germanos more, quo plerasque feminarum fatidicas, et augescente superstitione arbitrantur deas. tuncque Veledae auctoritas adolevit: nam ›prosperas Germanis res et excidium legionum‹ praedixerat. 4, 65 als die Cölner mit den Tenctern ein bündnis schließen sollten, entboten sie: arbitrum habebimus Civilem et Veledam apud quos pacta sancientur. Sic lenitis Tencteris legati ad Civilem et Veledam missi cum donis, cuncta ex voluntate Agrippinensium perpetravere. sed coram adire, alloquique Veledam negatum. arcebantur aspectu, quo venerationis plus inesset. ipsa edita in turre; delectus e propinquis consulta responsaque, ut internuntius numinis portabat. 5, 22: praetoriam triremem flumine Luppia donum Veledae traxere. 5, 25: Veledam propinquosque monebat. in den verlornen capiteln des fünften buchs wäre vermutlich ihre gefangenschaft erzählt [Fußnote]. Dieser Veleda giengen andere voran: sed et olim Auriniam (schwerlich übertragung eines deutschen namens, wie etwa des altn. Gullveig; man mutmaßt auch Aliruna, Ölrôn, Albruna) et complures alias venerati sunt, non adulatione nec tamquam facerent deas. Germ. 8. Eine spätere, namens Ganna, führt Cassius Dio 67, 5 an [Fußnote]; im jahr 577 zog Gunthcramnus eine frau ›habentem spiritum phitonis, ut ei quae erant eventura narraret‹ zu rath (Greg. tur. 5, 14. bei Aimoin 3, 22 heißt sie mulier phytonissa d. i. πυθώνισσα); einer noch weit jüngeren Thiota, die aus Alamannien nach Mainz gekommen war, gedenken fuldische annalen im jahr 847 (Pertz 1, 365) [Fußnote]. wie Cassandra den untergang von Troja verkünden unsere weissagerinnen das ende der welt (s. unten) und Tacitus ann. 14, 32 erwähnen britischer druidinnen mit den worten: feminae in furore turbatae adesse exitium canebant vgl. 14, 30. in Völuspâ liegt uns aber das erhabenste beispiel vor.
Jene grauhaarigen, barfußen wahrsagerinnen der Cimbern bei Strabo (vorhin s. 45), in weißem gewand, linnenem wamms und mit ehernen spangen gegürtet, die gefangnen im kriege schlachtend und aus dem blut im opferkessel weissagend, erscheinen wie grauenhafte hexen gegenüber der bructerischen jungfrau; neben der divination üben sie zugleich priesterliches amt. ihrer genau geschilderten kleidung müsten wir die der priester vergleichen können.
Zwar im dienste der göttin (Tac. Germ. 40) zeigt sich gerade ein priester, der ihr wagengespann lenkt, umgekehrt treten nordische dienerinnen der götter auf. aus einer merkwürdigen, vom christlichen verfasser sichtbar gehässig dargestellten erzählung der Olaf Tryggv. saga (fornm. sög. 2, 73 ff.) läßt sich wenigstens entnehmen, daß in Schweden Freys unter dem volk umziehenden wagen eine jungfrau begleitete: Frey var fengin til þionosto kona ûng ok frîd, sie wird genannt kona Freys. Sonst heißt eine priesterin gyđja, hofgyđja, ganz nach gođi, hofgođi [Fußnote], vgl. Turiđr hofgyđja. Islend. sög. 1, 205. þorlaug gyđja Landn. 1, 21. Steinvör und Fridgerđr. sagabibl. 1, 99. 3, 268.
Aber auch die nordischen quellen heben weniger das priesterliche amt der frauen, als ihre gleichsam höhere gabe der weissagung hervor.
perita augurii femina. Saxo gr. 121. Valdamarr konûngr âtti môđur miök gamla ok örvasa, svâ at hun lâ î rekkju, en þo var hun framsŷn af Fîtons (Pythons) anda, sem margir heiđnir menn. fornm. sög. 1, 76. Hierher scheint die in den begrif eines übernatürlichen, höheren wesens, wie dort bei Veleda, greifende benennung dîs (nympha, numen) gehörig. vielleicht nicht zufällig heißt die spâkona verschiedentlich Thôrdîs (Vatnsd. p. 186 ff. fornm. sög 1, 255. Islend. sög. 1, 140. Kormakkss. p. 204 ff.), dîs aber, ein uraltes wort, dem ich früher das goth. filudeisei (astutia, dolus) verglichen habe, scheint nichts anders als das ahd. idis, alts. idis, ags. ides (femina, nympha). Gleich berühmt und verbreitet war der name völva, der allgemein eine zauberhafte wahrsagerin (Vatnsd. p. 44. fornm. sög. 3, 214. fornald. sög. 2, 165. 166. 506) bezeichnet, und dann auf eine bestimmte mythische Völva geht, von welcher eins der ältesten eddischen lieder Völuspâ handelt. entweder steht hier völu für völvu, oder es läßt sich die ältere form Vala (gen. Völu) behaupten, beiden würde ein ahd. Walawa oder Wala, das an jenes nur anders abgeleitete Walada mahnen kann, entsprechen. in der saga Eiriks rauda tritt Thorbiörg, die kleine Vala auf (edda Sæm. hafn. 3, 4). Heiđr heißt nicht bloß die völva der edda (Sæm. 4b vgl. 118a), sondern auch die der Orvaroddssaga; vgl. sagabibl. 3, 155. Hyndla (canicula) die auf wölfen reitende, in der höle wohnende weissagerin. ich vermute, auch die jungfrauen Thorgerđr und Irpa (fornm. sög. 2, 108 3, 100. 11, 134–137, 142. 172), denen fast göttliche ehre widerfuhr und der beiname hörgabrûđr (nympha lucorum), aber auch der name guđ (numen) Nialss. cap. 89 gegeben wurde, sind aus dieser reihe nicht auszuschließen. ebenso ist in den valkyrien außer dem göttlichen zugleich etwas priesterliches, man erwäge ihre jungfräulichkeit (s. cap. XVI. [Fußnote]).
Wir werden auf die, nach einem tiefen zug unserer mythologie, in das übermenschliche streifenden klugen und weisen frauen und noch andere ihnen zuständige namen zurückkommen; hier sollte ihr zusammenhang mit opfern, weissagung und priesterthum dar gethan werden.