Die Krieger.
(Parodie nach Schiller's Gedicht: Die Künstler.)
Wie scheußlich, Mensch mit deinem Bajonnette,
Stehst du in der geschlossenen Mörderkette
Mit eingefuchtelter Vermessenheit,
Mit feigem Sinn, mit wüthender Gebehrde
Taktmäßig stampfend auf der blut'gen Erde;
Auf deines wilden Treibers Wink bereit,
In gleichgeformten willenlosen Horden,
Zehn Tausend gegen dich Geprügelte zu morden;
Mit mehr als thierischer Unmenschlichkeit
Voll Rache gegen nie geseh'ne Brüder –
Wie scheußlich stehst du da, des Krieges Hyder!
Am Ende deiner Erdengreuelzeit
Getrieben reif zur Höllenewigkeit!
Knecht jenes Knechts des Sklaven aller Knechte,
Der, gähnend auf dem Wollustthron, die Rechte
Der Menschheit tretend, kaum im Schlafe fühlt,
Daß er getreten wird; dem, immer gähnend,
Allein mit Menschen leicht zu spielen wähnend,
Am leichtesten wird mitgespielt!
Knecht des allein'gen unumschränkten, wahren
Beherrschers jener kleinen Herrscherschaaren,
Die blind nur ihm gehorchen, blind,
Bis sie im Pfuhl um seinen Thron erwachen,
Und der gesammten Hölle lautes Lachen
Zu spät es ihnen zubrüllt: was sie sind!
Feind der Natur, die jeden Schatz dir zollte
Auf deine Bitte gleich mit segenvollem Dank,
Die deine Hand zum Himmel bilden sollte,
Und unter deinem Fuß hinab zur Hölle sank!
Feind deiner selbst und aller deiner Brüder!
In deiner feigen, knechtisch-stolzen Wuth,
Berauscht von dem vergoßnen Bruderblut,
Vergiß doch nicht, du Hyder aller Hyder,
Die Hand zu fluchen, die dich fand,
Noch Schaf, auf jener stillen Unschuldswiese
Im längstverlornen Friedensparadiese
Und deiner frohen Heerde dich entwand,
Um unter Sclaven, im Despotenland
Freiwill'ger Kriecher und gezwungner Krieger,
Dich früh zum Fuchs zu bilden oder Tiger;
Die anfangs leise, mit verstecktem Schwert,
Den Keim der Würde kosend ausgelistet,
Den Neid in deinen Busen eingenistet,
Und die befleckende Begierde drin genährt!
Die tückische! die deine weiche Jugend
In eigennütz'ger Klugheit unterwies,
Und das Geheimniß der erhabnen Tugend
Dich nie, von ferne nur, errathen ließ!
Die endlich ganz zum Scheusal dich zu bilden,
(Dich einst ein Lamm in friedlichen Gefilden!)
Die große Brudermörderkunst erfand,
Wodurch, was Gott, Natur und Blut verband,
Getrennt, Natur und Blut empöret;
Volk gegen Volk, Land gegen Land
So lange wüthet, bis die Wuth sich selbst zerstöret! –
O Mittelding von Teufel und von Vieh,
O, sieh' dich selbst so wie du bist, und flieh'!
In Geilheit kann dich Orang-Outang meistern;
In Schlauheit kann ein Fuchs dein Lehrer seyn;
Die Politik theilst du mit Höllengeistern;
Die Taktik nur hast du allein.
Nur durch dies Fallthor diademter Tiger
Und infulirter Böcke sank herab
Dein freies Wesen in der Laster Sklavengrab.
Der erste Teufel war der erste Krieger;
Der erste Krieger ward der erste Potentat,
Sein Sitz der erste Hof, sein Hof der erste Staat –
Gott schuf dich Hirt, o Mensch! Er schuf dich um zum Jäger.
Die Mordlust ward allmählich immer reger;
Bald blühte des Verbilders Saat.
Was, bei dem Blute todtgeschlagner Haasen,
Mit wildem Schauder dich durchdrang,
Erzog in dir das zügellose Rasen,
Das sich dereinst zur Weltzerstörung schwang.
Was erst, nachdem Jahrtausende verflossen,
Die neue Fürstenpolitik ersann,
Lag im Symbol des ersten Mords verschlossen,
Als Abels Blut von Kains Keule rann!
Der Jäger schlug den Hirten. Jetzo lauern
Die Truppen, hier zu Pferde, dort zu Fuß,
Ergrimmt wie der, mit gleichem Brudergruß
Auf arme Bürger und verarmte Bauern.
Eh' noch ein Kannibal gestohlnes Blutgeld bot
Zum letzten großen Franken-Völkermorde;
Eh' noch ein Fürst dafür, aus bloßer Lust an Tod,
Die Hälfte seiner ungeheuern Horde
Aus eigner Heimath warf in's fremde Land;
Wer sah hinauf zu jenem ersten Morde,
Der dies nicht ahnend schon empfand?
Die, einen Schlangenkranz im Haar, mit Skorpionen
Um's Angesicht, in schwarzer Todesnacht,
Nur angeschaut von grinselnden Dämonen,
Verwüstend in der Tiefe lacht,
Geflohn auf ihrem Höllenthrone,
Die furchtbarwüthende Basilika,
Mit abgelegter Basiliskenkrone,
Steht sie als – Ordnung vor uns da!
Die Perlenschnur des Luxus umgewunden,
Mit Marzipan und Puppenwerk und Tand
In der uns gnädig hingestreckten Hand,
Der Kirche Schlüssel hinten angebunden,
Wird sie zur Gauklerin, daß Alle gern sie sehn –
O, was als Posse lange wir empfunden,
Wird bald als Jammer uns entgegen gehn!
Als der Erschaffende der Menschheit Jugend
In's öde Wildniß der Natur verwies,
Und ihr den einz'gen Weg zur Seligkeit der Tugend
Auf eignem Pfade frei nun finden hieß –
Als alle Himmlischen sich von ihr wandten,
Schloß sie, der Hölle Herrscherin, allein
Mit der sich überlassenen Verbannten
Verführend in die Sterblichkeit sich ein.
Hier schwebt sie, mit des Aberglaubens Fluge,
Die Sonne deckend, über's Sinnenland,
Und malt mit pfäffischem Betruge
Ein Schattenspiel auf unsre Kerkerwand.
Als in den Wolfesklauen dieser Amme
Die zarte Menschheit kaum geruht,
Gleich schürte heil'ge Mordsucht dort die Flamme,
Gleich rauchte hier unschuldig Blut.
Das Herz, das sie an goldnen Zügeln lenket,
Verschmäht der Tugend freies Gottgeleit;
Ihr krummer Nachtpfad, irrwischschimmernd, senket
Sich in die Lasterbahn der Selbstigkeit.
Die ihrem niedern Götzendienste leben,
Was kümmert sie der ganzen Welt Geschick?
Der Fäulniß, Maden gleich, in Schooß gegeben,
Empfangen sie des Wurmes faules Leben,
Der Sklaven süßes Recht zurück.
Glückselige – die sie, aus Millionen
Die Faulsten! ihrem trägen Dienst geweiht,
In deren Brust sie würdigte zu thronen,
Durch deren Wink die Mächtige gebeut,
Ihr Siebenschläfer auf den Thronen!
Und ihr, der Immerschlafenden Geleit,
Die sie, bei ringsumdampfenden Altären,
Erkor, durch Räuchern jener Schlaf zu nähren,
Vor deren Aug' allein sie hüllenlos erscheint,
Wenn ihr in Gallapracht euch um ihr'n Thron vereint!
Freut euch der fürchterlichen Stufe,
Worauf euch Ariman gestellt!
Der Krieg bricht wieder los! Er brüllt! Er bellt!
Zur Jagd! Zum Mord! Gehorcht dem Höllenrufe!