Es wehte ein kalter und starker Wind, die Wolken jagten vorbei; nur ab und zu konnte ich den Mond sehen.
»Durch den stillen Luftraum sehe ich nieder auf die fliehenden Wolken!« sagte er, »ich sehe große Schatten über die Erde hineilen! – Eben sah ich auf ein Gefängnis hinab, ein geschlossener Wagen hielt davor, ein Gefangener sollte fortgebracht werden. Meine Strahlen drangen durch das vergitterte Fenster bis an die Mauer; er ritzte zum Abschiede einige Zeilen darauf; es waren nicht Worte, die er schrieb, sondern eine Melodie, der Erguß seines Herzens in der letzten Nacht, die er an diesem Orte zubrachte; und die Tür öffnete sich, er wurde hinausgeführt und sah zu meiner runden Scheibe empor – – die Wolken segelten zwischen uns hin, als ob ich sein Gesicht nicht sehen, als ob er meines nicht sehen sollte; er stieg in den Wagen, dieser wurde geschlossen, die Peitsche knallte, die Pferde setzten sich in rasche Bewegung nach dem Walde hin, daß der Staub aufflog und meine Strahlen ihm nicht folgen konnten; aber ich blickte in das Gefängnisgitter; meine Strahlen glitten über die eingeritzte Melodie auf der Mauer hin, sein letztes Lebewohl; wo das Wort versagt, sprechen Töne! – Aber nur einzelne Noten konnten meine Strahlen beleuchten, der größere Teil wird immer für mich im Dunkel bleiben. War es eine Todeshymne, die er schrieb? Waren es Jubeltöne der Freude? Fuhr er zum Tode oder zur Umarmung seiner Lieben? Die Strahlen des Mondes lesen nicht alles, was selbst die Sterblichen schreiben.
Durch den großen Luftraum sehe ich nieder auf die fliehenden Wolken; ich sehe große Schatten über die Erde hineilen! –«