Es folgte der lange Rückweg in die Stadt. Wieder ging Li Lan hinter dem Trauerzug her, immer noch den Korb in der einen, Glatzkopf-Li an der anderen Hand. Song Fanping, an der Spitze des Zuges, drehte sich mehrmals nach den beiden um, und als der Zug an die Stelle kam, wo sie in ihre Gasse abbiegen mussten, blieb er stehen und sagte leise etwas zu Li Lan. Er lud sie und ihren Sohn zum Abendessen zu sich nach Hause ein, zur Tofu-Mahlzeit zum Gedenken an die Tote, so, wie es in unserer kleinen Stadt Liuzhen Brauch ist.
Li Lan zögerte, schüttelte dann den Kopf und bog mit dem Jungen in ihre Gasse ein. Zu Hause angelangt, fiel Glatzkopf-Li, der fast den ganzen Tag auf den Beinen gewesen war, sofort in einen tiefen Schlaf, kaum dass er im Bett lag. Li Lan dagegen, zischend Luft durch die Zähne ziehend, saß im hinteren Zimmer und blickte mit leeren Augen aus dem Fenster.
Es war schon dunkel, da klopfte es an der Tür. Li Lan fuhr erschrocken hoch und öffnete. Draußen stand Song Fanping.
Sein plötzliches Auftauchen versetzte sie in Panik. Sie sah nicht den Korb, den er in der Hand hatte, vergaß, ihn zum Nähertreten aufzufordern, stand einfach nur da, den Kopf gewohnheitsmäßig gesenkt. Erst als Song Fanping ihr die Speisen, die er in seinem Korb gebracht hatte, überreichte, begriff sie, er war gekommen, um sie doch noch an dem Trauermahl teilhaben zu lassen. Es gelang ihr nur mit Mühe, ihrer Aufregung Herr zu werden, während sie die Schüsseln mit den verschiedenen Tofu-Gerichten aus seinen Händen entgegennahm, schnell in ihre eigenen Schüsseln umfüllte und dann sein Geschirr in fliegender Eile abwusch. Als sie ihm die gespülten Schüsseln zurückgab, zitterten ihre Hände. Song Fanping legte die Schüsseln in den Korb und wandte sich zum Gehen. Da hatte Li Lan bereits wieder wie gewohnt den Kopf gesenkt. Die Schritte des Mannes verhallten, und ihr fiel siedend heiß ein, dass sie ihn nicht einmal hereingebeten hatte. Als sie aufblickte und die dunkle Gasse hinunterspähte, war er bereits verschwunden.