Nachdem sie über ein Jahr gezögert hatte, stahl sie sich in einer mondhellen Nacht mit dem Baby auf dem Arm aus dem Haus. Den gesenkten Kopf an das Gesichtchen ihres Sohnes geschmiegt, lief sie wie gehetzt durch die Straßen und hielt sich dabei immer dicht an den Häusermauern. Erst als sie sich vergewissert hatte, dass vor und hinter ihr keine Schritte zu hören waren, verlangsamte sie das Tempo, schaute auf zum Himmel mit der hellen Mondscheibe und genoss die kühle Nachtluft. Auf der um diese Zeit völlig menschenleeren Brücke über den Fluss blieb sie stehen, um sich an dem Glitzern des Wassers im Mondlicht und den Wellen zu erfreuen. Die Bäume am Ufer schienen zu schlummern, ihre mondbeschienenen Wipfel waren gekräuselt wie das Wasser des Flusses. Das Spiel der Leuchtkäfer, die hin und her, auf und nieder schwirrten, erinnerte sie an das Auf und Ab einer Gesangsmelodie.
Das Kind auf dem rechten Arm, mit der Linken auf den Fluss unter der Brücke, die Bäume entlang des Ufers, den Mond am Himmel und die in der Luft tanzenden Leuchtkäfer zeigend, sagte Li Lan zu ihrem Sohn: »Das da heißt Fluss, und das ist ein Baum, da oben ist der Mond, und das sind Glühwürmchen.«
Zu sich selbst sagte sie: »Was für eine wunderschöne Nacht!« Sie war glücklich.
Von da an konnte Glatzkopf-Li, wenn er schon das Sonnenlicht entbehren musste, wenigstens nachts im Mondlicht baden. Wenn alle anderen Kinder längst schliefen, war er noch wach, weil seine Mutter mit ihm auf dem Arm wie eine Nachtschwärmerin unsere kleine Stadt durchstreifte.