Von da an verfiel sie in Schweigen. Sogar in ihrer eigenen Wohnung, hinter verschlossenen Türen und Fenstern, allein mit ihrer Mutter und ihrem Sohn, redete sie nur ganz wenig.
Als Säugling wurde Glatzkopf-Li scheel angesehen. Sobald seine Großmutter sich mit ihm auf dem Arm draußen sehen ließ, zeigten die Leute mit Fingern auf ihn. Manche umringten die Frau sogar wie einen Guckkästner und zerrissen sich das Maul über das Baby. »Der Spanner, der in der Scheiße ersoffen ist, von dem stammt das Balg! Ganz wie der Vater!« - so etwa gingen ihre hämischen Bemerkungen. (Wohlgemerkt: Bewusst oder unbewusst sagten sie nicht »Ganz der Vater!«, denn damit wäre ja nur die äußere Ähnlichkeit gemeint gewesen ... ) Man hätte denken können, es war das Baby, das sich für Frauenhintern interessierte. Glatzkopf-Lis Großmutter wurde abwechselnd rot und blass bei diesen Reden und ging von da an nicht mehr außer Haus mit dem Baby, stellte sich höchstens gelegentlich mit ihm auf dem Arm ans geschlossene Fenster, damit es ein bisschen Sonne abbekam, und trat blitzschnell wieder in die Dunkelheit des Zimmers zurück, sobald ein Passant sich neugierig umwandte. Auf diese Weise kam Glatzkopf-Li regelmäßig um sein Sonnenbad, sodass er überhaupt nicht so rosig und pausbäckig aussah wie andere Babys.
Unterdessen litt Lin Lan an ihrer Migräne. Immer wieder zog sie vor Schmerzen Luft durch die Zähne. Seit dem unrühmlichen Ende ihres Gatten hatte sie keinem Menschen mehr ins Gesicht geschaut, hatte nicht laut gewehklagt und sich trotz ihrer heftigen Kopfwehattacken jeden Schmerzenslaut verbissen (bis auf das Zischen der Luft, die sie unablässig durch die Zähne zog, und gelegentlich den einen oder anderen Wehlaut im Schlaf). Wenn sie ihren Sohn auf den Arm nahm und sein blasses Gesicht und die dünnen Ärmchen sah, weinte sie jedes Mal bitterlich. Dennoch brachte sie nicht den Mut auf, tagsüber, wenn die Sonne schien, mit dem Kleinen auf die Straße zu gehen.