Es war einmal ein Mann, der ehrte die Füchse sehr. In seinem Zimmer hatte er einen Altar für sie errichtet; da zündete er täglich Weihrauch an. Und an allen Festtagen des Jahres brachte er als Speis- und Trankopfer Hühner und Wein dar. So ward sein Besitz von Tag zu Tag gemehrt. Trieb er Handel, so machte er stets reichen Gewinn. Bebaute er das Feld, so hatte er stets doppelte Ernten.
Zur Zeit der Taipingrebellion brachte der Mann seine ganzen Kornvorräte nach der Stadt in das Haus eines Verwandten, um der Plünderung zu entgehen. Im Haus seines Verwandten aber war ein Sohn. Der war dem Trunk und Spiel ergeben. Er stahl immer von dem Korn des Mannes. Er verkaufte es und brachte das Geld im Handumdrehen durch. Im ganzen nahm er wohl an die hundert Scheffel. Als die Räuber sich aus der Gegend verzogen hatten, brachte der Bauer sein Getreide wieder nach Hause. Nun hätte man denken sollen, daß er beim Messen des Getreides bemerkt hätte, daß es sich verringert habe. Aber es hatte sich nicht nur nicht verringert, sondern noch dazuhin um beinahe hundert Scheffel vermehrt. Von da ab ward der Mann erst recht reich, so daß man in der ganzen Gegend von ihm sprach als dem reichen Mann von der Füchse Gnaden.
Er hatte einen Nachbarn, der war von Hause aus wohlhabend. Er war stark und mutig und in allen Fechterkünsten geübt. Sechs Männer konnte er zusammen in die Luft heben und wegtragen. Er trank gerne Wein und liebte den Verkehr, und alle Krieger, die in die Gegend kamen, besuchten ihn. Sein Haus war immer voll von Gästen, so daß im Laufe der Zeit sich sein Vermögen doch etwas verringerte. Schließlich wurde er alt, und seine Kräfte verfielen. Da suchte ein Fuchs sein Haus heim. Aber dieser Fuchs zeigte sich nicht durch Besessenheit eines Menschen, sondern richtete ohne weiteres allerlei Unfug an. Er ließ die Hausleute nicht zur Ruhe kommen. Bald zeigte sich vor dem Fenster eine Teufelsfratze, bald streckte sich zur Tür eine blaue Hand herein, die Speisen wegnahm, bald flog der Mühlstein in die Höhe und stürzte kreisend auf den Boden mit lautem Krachen, bald sah man in den Speisen, wenn sie eben anfingen gar zu werden, Hunde- oder Hühnerdreck, bald fielen, wenn die Frauen im Hause arbeiteten, handgroße Lehmstücke von der Decke herunter ihnen auf den Kopf, bald zeigte sich am Dachrand ein Schein, und rief man ihn an, so brachen die hellen Flammen hervor. Die Hausfrau war erbost darüber und fing zu schimpfen an, da schlugen ihr die Flammen unterm Rock hervor. Beständig kam es vor, daß die Leute im Hause krank wurden vor Schreck.
Als der Spuk begann, da wurden alle Familienglieder davon betroffen, nur an den Hausherrn selbst wagte er sich nicht heran. Doch konnte dieser auch nichts dagegen tun.
Nun war ein Zauberer im Nachbardorf; von dem hieß es, er könne die Füchse austreiben. Er wurde gebeten. Aber ehe er kam, mußte man ihm zehn Lot Silber darwägen.
Dann begann er seinen Zauber im Saal. Er malte Runen und sagte Zaubersprüche her. Schließlich hörte man den Fuchs bellen.
Er packte mit der Hand nach ihm, dann sprach er überrascht: »Er ist mir entwischt. Ich habe ihm nur ein Büschel Haare herausgerissen.«
Und richtig hatte er ein Büschel Haare in der Hand.
Kaum hatte der Zauberer jedoch das Haus verlassen, da fing der Spuk aufs neue an. Vermutlich hatte er selbst das Bellen des Fuchses hervorgebracht und die Haare vorher im Ärmel versteckt.
Der Hausherr hatte sichs aber in den Kopf gesetzt, unter allen Umständen des Fuchses habhaft zu werden. So bewaffnete er denn seine Söhne und Knechte mit Flinten. Zeigte sich irgendwo ein Spuk, so schossen sie darnach. Solange man schoß, hörte es auf; aber kaum hatte man aufgehört zu schießen, so fing es wieder an. Kurz, man konnte der Sache nicht beikommen.
Ein Pächter der Familie hatte eine Frau, die war Hexe; die sagte eines Tages: »Der Fuchsgott freut sich, wenn die Menschen ihn verehren. Ihr müßt ihn nicht bekämpfen. Ihr müßt ihm eine Mahlzeit als Opfer darbringen; dann will ich den Fuchsgott bitten, daß er mit euch Frieden schließt und alles Leid in Freude sich verwandelt.«
Der Hausherr war für nichts zu haben. Aber die Hausfrau verabredete sich im geheimen mit der Hexe. Ein Nebenzimmer wurde hergerichtet, darin wurden feiner Wein und köstliche Speisen aufgestellt, und die Hexe verbrachte allein die Nacht in diesem Raum. Als der Tag zu dämmern begann, da ging man hin und sah nach ihr. Speisen und Wein waren fort, und die Hexe war sinnlos betrunken.
Lallend erzählte sie: »Es sind eine ganze Anzahl großer Götter gekommen, die saßen da, genossen Wein und Speisen und freuten sich gar sehr. Sie ließen mich auch mit essen. Ich erzählte ihnen von der guten Absicht des Hausherrn und riet ihnen, Frieden zu schließen. Die Götter haben's auch versprochen.«
Aber noch ehe sie ausgeredet hatte, flog von draußen ein Stein herein; der fiel gerade auf den Tisch und zertrümmerte alle Teller und Tassen. Da hielt die Hexe die Hand vors Gesicht und wischte hinaus.
Bei Nacht hatte sie ein Knecht belauscht. Es war aber nichts zu sehen gewesen, daß sie gebetet hätte, sondern die Hexe hatte heimlich ihren Sohn bestellt; mit dem hatte sie sich zusammen voll getrunken und gegessen, und was übriggeblieben, hatte der Sohn in einem Korbe weggetragen.
Eine junge Magd wurde schließlich auch besessen; sie mußte Nahrungsmittel und Schmuckgegenstände stehlen. Dafür wurde sie von der Hausfrau geschlagen. Nun kam es über sie, daß sie sich in der Mühle aufhängte. Mehrere Male rettete man sie. Schließlich erhängte sie sich doch. Der Vater der Magd fing einen Prozeß an. Darüber ging das ganze Besitztum der Familie verloren, und der Hausherr kam an den Bettelstab.
Er mußte das Haus verkaufen, und man bezog eine einfache Strohhütte.
Eines Abends saß der Hausherr bei einem Becher Wein allein im Hofe. Da sah er auf der Mauer etwas Schwarzes hocken, das war so groß wie ein Hund, und seine Augen funkelten wie Blitze. Der Hausherr tat, als bemerkte er es nicht, und griff heimlich nach seiner Hetzpeitsche. Dann schlug er mit aller Macht darnach und traf es gerade auf die Stirn. Es machte einen Purzelbaum und fiel jenseits der Mauer auf den Boden. Als man darnach suchte, war es schon verschwunden. Von da ab hatte der Spuk ein Ende; aber die Familie war darüber verarmt.