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德语圣诞故事:Der gestohlene Sack
日期:2012-02-23 13:32  点击:0
"Wo ist die Zeit nur geblieben", sagte Großmutter Herta zu ihrer Tochter. 
Beide standen schon am frühen Nachmittag in der Küche und bereiteten das Abendessen vor. 
"Jetzt haben wir schon wieder Weihnachten und ich habe das Gefühl, als wären die letzten Feiertage gerade erst vorbeigegangen." 
"Mir geht es irgendwie ähnlich, aber das Essen ist nun mal Tradition bei uns", erwiderte Silvia, "es scheint auch jedem zu schmecken und außerdem gibt es das auch nur einmal im Jahr. Da freuen sich wenigstens alle und haben wenigstens an diesem Tag mal gute Laune." 
"Das klingt ja so zynisch, stimmt was nicht mit dir und Ernst?" 
"Ach, es stimmt so vieles nicht", antwortete sie. Silvia richtete sich auf und lehnte sich mit dem Rücken an den Küchenschrank. Ihren Blick richtete sie auf ihre Mutter und schaute ihr in die Augen. Dann wendete sie ihren Kopf und sah nachdenklich aus dem Küchenfenster, hinter dem fröhlich die Schneeflocken tanzten, um sich dann behutsam über die Landschaft zu legen. 
Es war ein schöner Anblick. Der schneebedeckte Garten strahlte eine so wundersame Ruhe aus, so dass man meinen könnte, jemand hätte über alles Dunkel der Welt Watte gelegt und alles Schlechte unter sich versteckt. Selbst die noch vor Tagen nackten, kahlen und bedrohlich wirkenden Äste der Bäume und Büsche hatten eine weiße unschuldige Gestalt angenommen. An der Oberfläche war die Welt in Ordnung. 
Silvia lächelte versonnen und einen kleinen Augenblick vergaß sie alle Sorgen. 
"Was ist denn mit Euch los?", stocherte Herta weiter. "Ihr seid doch immer so fröhlich, wenn ihr bei uns seid?" 
"Ja, so scheint es jedenfalls." 
Herta schaute ihre Tochter sorgenvoll an. 
"Was stimmt denn nicht, hat Ernst Probleme auf der Arbeit? 
"Ach nein, aber ich fühle mich in der letzten Zeit so allein gelassen!" 
"Wieso? Als Kripobeamter muss er doch viel umher. Zeit hatte er doch schon immer wenig. Oder hat er etwa eine Freundin?" Herta nickte wissend. "Kaum dass die Männer das traute Heim hinter sich gelassen haben, fallen denen nur Dummheiten ein. Schau dir nur meinen Alten an, der hat doch früher jeden Rockzipfel hinterher geschaut." 
"Aber er hat doch sicher nur geschaut, Mutter!" 
"Na, so genau weiß man das nicht. Schau ihn dir an, ist doch ein stattlicher Mann, oder?" Sie wog den Kopf hin und her. "Na ja, früher jedenfalls. Jetzt schläft er dort im Sessel neben dem Kamin, und bekommt von allem nur noch die Hälfte mit. Wo die Zeit nur geblieben ist? … Und? Hat er nun eine Freundin?" 
"Nein, das kann ich mir nicht vorstellen und darüber will ich auch gar nicht nachdenken. Aber wenn er schon so wenig Zeit hat, kann er denn nicht mal in der Freizeit etwas mit uns machen? Zusätzlich geht er ja noch mindestens einmal in der Woche zum Handball, zwischendurch mal Skat spielen, hierhin und dorthin, und ich stehe mit allem alleine da. Der ganze Haushalt, die Kinder, die Finanzen und und und. Mit allem stehe ich alleine da", wiederholte sie schroff. " Da hat man nun eine erwachsene Tochter und denkt, da kommt ein wenig Hilfe? Denkste! Nur den Freund im Kopf. Sie hatte versprochen heute Nachmittag ein wenig mit anzufassen! Und wo ist sie?" 
"Komm, sei doch nicht so hart mit Marie! Wir waren doch auch mal in dem Alter." 
"Es ist ja nicht nur das alleine! Schau dir doch Georg an. Wie oft ich heute schon gesagt habe: bring doch mal den Mülleimer raus. Da!" Sie zeigte auf den überquellenden Papierkorb. "Wenigstens heute könnte er sich mal bewegen." 
"Aber vielleicht macht er was für die Schule?", warf Herta ein. 
"Also, da kenn ich ihn ja, jetzt sind außerdem Ferien. Er sitzt nur oben in seinem Zimmer und macht nichts Gescheites. Das geht den ganzen Tag so. Aber mal auf die Idee zukommen und seiner Mutter zu helfen …? Nee, der Gedanke hat überhaupt keinen Platz in seinem Kopf. Oder das wenigstens mal ein freundliches Wort rüber kommt. Alle maulen sich nur gegenseitig voll." 
"Macht dir denn gar keiner mehr Freude hier im Haus? Wenigstens Hannes?" 
Silvia lächelte wieder. "Ich glaube Hannes freut sich auf den heutigen Abend. Dass der Weihnachtsmann kommt und für alle einige Geschenke im Sack hat." 
"Glaubt er denn noch an den Weihnachtsmann?" Die Großmutter freute sich, auf ein anderes Thema eingehen zu können, da ihr im Moment nichts einfiel, was ihrer Tochter helfen konnte. 
"Ach wo", antwortete Silvia, "mit fast zehn Jahren doch nicht mehr. Er weiß ja inzwischen, dass wir alle unsere Geschenke in den roten Sack stecken und Ernst dann abends gegen die Tür pocht. Es war ihm in den vergangenen Jahren auch langsam aufgefallen, dass immer wenn Ernst gerade auf Klo verschwunden war, der Weihnachtmann in der Zwischenzeit kam, gegen die Tür polterte und den Sack davor abgestellt hatte. Hannes wollte übrigens diesmal auch Geschenke für alle mit hineinstecken." 
"Siehst du. Ein Glück das du mich erinnerst. Unsere werde ich auch mal gleich hineinstecken. Wo steht er denn?", rief sie beim Hinausgehen. 
"Hinter der Kellertür", sagte Hannes, der schon vor einer Weile von beiden unbemerkt hereingekommen war. 
"Huch! Hast du mich erschreckt!" Großmutter zuckte zusammen. 
"Wo bleibt Papa denn nur? Er hatte schon gestern versprochen mit mir einen Schneemann zu bauen!" 
"Ich weiß es doch auch nicht, mein Kind. Frag doch mal Opa! Geh hin und weck ihn einfach auf." 
"Aber Papa soll das machen, der kann das besser." 
"Tja, da kann ich dir dann auch nicht helfen", sagte sie, strich ihm übers Haar und ging nach den Geschenken schauen. 
"Komm mal her, Hannes." Silvia hockte sich hin und breitete die Arme aus. "Na komm", wiederholte sie beschwichtigend. "Papa hatte mir gesagt, dass er morgen nicht arbeiten gehen muss und gleich nach dem Frühstück mit dir draußen spielen möchte" log sie. "Ist das in Ordnung?" 
"Immer morgen! Ich will aber jetzt." 
"Es wird doch aber gleich dunkel, geh nach oben und spiele noch ein bisschen. Außerdem wollen wir doch bald Bescherung machen und ich muss bis dahin noch einiges tun." 
Der Abend brach herein und entgegen schlechter Vorahnungen hatte sich die Familie komplett an der Festtafel versammelt. Wenngleich die Stimmung etwas zwanghaft erschien, war man bemüht, weihnachtlichen Frohsinn aufkommen zu lassen. 
"Die Gans schmeckt mal wieder hervorragend, genau wie sie sein muss", sagte Vater mit anerkennenden Blicken auf seine Frau. 
"Der Rotkohl hätte aber etwas mehr Zimt vertragen können … glaube ich jedenfalls", schaltete sich Marie ein. 
"Wir werden im nächsten Jahr darauf Rücksicht nehmen, aber vielleicht könntest du versuchen, diesen Mangel selbst zu beheben, indem du dich einfach wie versprochen in der Küche sehen lassen würdest." Mutter fing an, sich schon wieder zu ärgern. 
"Kommt Kinder, lasst mal gut sein, wir haben heute doch noch was vor. Wo kommen wir denn hin, wenn am Heiligen Abend noch schlechte Laune aufkommt", versuchte Großmutter zu besänftigen. 
"Morgen muss ich übrigens noch einmal ganz kurz ins Büro. Das wird aber nicht lange dauern!" 
Hannes schaute seinen Vater an und hörte sofort auf zu essen. Er warf das Besteck geräuschvoll auf den Teller und verschränkte stumm seine Arme vor die Brust. 
Vater rückte den Stuhl nach hinten und stand auf. "Ich werde mal auf die Toilette gehen." 
"Kannst du dir das nicht noch ein wenig verkneifen und warten bis wir alle fertig sind? Das ist doch jetzt ein ungünstiger Zeitpunkt." Mutter schüttelte den Kopf. 
"Ich muss aber jetzt. Wir sind ja sowieso schon fast fertig!" 
"Ernst hat wohl eine schwache Blase, hi hi", freute sich Großvater. "Als ich so alt war wie du konnte ich aber mehr vertragen", krähte er weiter. 
Sich von allem nicht beeindrucken lassend, schritt Vater aus dem Zimmer. 
Kurz darauf hämmerte es an der Hauseingangstür, während gleichzeitig die Hausklingel Sturm läutete und ein tiefes Ho ho ho erklang. Man vernahm ein leises schließen der Türe bevor wieder Stille eintrat. 
Opa meldete sich wieder: "Wer kommt denn da? Bekommt ihr heute noch Besuch?" 
Silvia schenkte den Worten keine Beachtung und fragte in die Runde: "Na, Kinder, wollen wir mal schauen wer das ist? Ich schätze das ist der Weihnachtsmann! Oder was meinst du, Hannes? 
"Nein!" 
"Was, nein?" 
"Das war nicht der Weihnachtsmann, das war Papa!" 
"Na gut, jedenfalls schauen wir jetzt alle mal nach!" 
Mit ihren drei Kindern ging Silvia in Richtung Haustür. 
Plötzlich rauschte die Klospühlung und Vater trat aus dem Badezimmer. 
"Ich habe da doch was gehört", sagte er bedeutungsvoll. 
Alle schauten ihn an. 
"Papa!" Georg schüttelte den Kopf. "Wie alt sind wir denn?" 
"Ist ja gut. Dann schauen wir mal nach." 
Die Haustür wurde geöffnet und draußen vor der Tür stand der rote Weihnachtssack, zugebunden mit einem festen Seil und liebevoll mit kleinen Tannenzweigen und Glöckchen geschmückt. 
"Nimm du ihn, Hannes, so schwer scheint der heute nicht zu sein. Am besten wir stellen ihn erst einmal neben den Kamin. Ich schlage vor, dass wir jetzt alle fertig essen, den Tisch abräumen und es uns dann gemütlich machen und somit sozusagen den Weihnachtsabend einläuten. Was sagt ihr dazu?" 
Alle nickten zustimmend. Hannes fasste den Sack und zog ihn hinter sich her. 
"Sei bitte vorsichtig, es könnte etwas Zerbrechliches drin sein." 
Vater, Mutter, Hannes, Georg und seine etwas ältere Schwester Marie nahmen wieder an der Tafel ihre Plätze ein und aßen weiter. Als dann alle fertig waren, stand Silvia auf. 
"Hannes, du kannst jetzt noch einen Augenblick in dein Zimmer gehen, Georg bringt den Mülleimer raus und die anderen helfen mir in der Küche, umso schneller sind wir fertig. In einer Viertelstunde treffen wir uns im Wohnzimmer und schauen uns die Geschenke an." 
Der Tisch wurde abgeräumt, das Geschirr abgewaschen, die vom Essen übrig gebliebenen Reste verpackt, nur Opa hatte sich davor rechtzeitig in Sicherheit bringen können. 
Als die Arbeit getan war, zog Vater die Schiebetür zum Wohnzimmer zur Seite, Großvater saß wieder in dem gemütlichen Sessel neben dem Kamin und nickte mit dem Kopf vornüber. "Opa, fang jetzt nicht an zu schlafen, ein paar Minuten musst du jetzt mal die Augen aufhalten", sagte Ernst etwas lauter. 
Otto zuckte zusammen, hob den Kopf und blickte fragend in die Runde. "Was ist los?" 
"Wir wollen jetzt den Abend einläuten!" 
"Welchen Abend?" 
"Den Weihnachtsabend, Bescherung machen!" Silvia hielt in der Hand eine Flasche Sekt. 
"Wir stoßen erst mal an und dann … Silvia stockte ein wenig …dann wollten wir eigentlich die Geschenke auspacken. Ja, wo ist denn der Sack geblieben?!" 
Der Platz neben dem Kamin war leer. Sie schaute sich um. Im ganzen Zimmer war nichts von ihm zu sehen. 
"Spinn ich denn? Hannes hatte ihn doch dort abgestellt! Schaut euch doch mal um, irgendwo muss er doch stehen. Sie wandte sich Opa zu. 
"Du hast doch die ganze Zeit hier gesessen, wo ist er jetzt hin?" 
"Ja, der stand wohl hier", überlegte er laut und rieb sich das Kinn "und jetzt ist er weg." 
"Das sehen wir auch!" Herta ging aus dem Zimmer und rief zur Treppe hinauf: "Hannes und Georg, kommt doch mal beide runter, wir wollen Bescherung machen!" 
Die ganze Familie war im Wohnzimmer versammelt und blickte sich fragend an. Der Sack war nicht zu finden. Daraufhin wurde im ganzen Haus gesucht. Hinter jeder Ecke schaute man. Der Keller, die Küche, der Flur, das Bad, die Küche, sogar die Kinderzimmer wurden durchstöbert. 
Als sich alle nach und nach wieder im Wohnzimmer einfanden, räusperte sich Ernst, stand von seinem Sessel auf und verschränkte seine Arme auf dem Rücken. "Wir haben es hier mit einem oberfiesen Diebstahl zu tun. Aber ...", er hob seinen Zeigefinger und machte eine kleine Pause, "… es kann keine fremde Person gewesen sein!" 
"Das ist doch nicht dein ernst, Ernst! Du meinst doch nicht wirklich, dass sich jemand von uns diesen Streich ausgedacht hat." Silvia empörte sich. 
"Doch, genau das meine ich! Setzt euch jetzt erst einmal alle hin und ich werde diesen Fall im Angesicht des hier anwesenden Täters auflösen! Was geschah, als wir den Sack von draußen herein geholt haben? Wo hast du ihn hingestellt, Hannes?" 
Hannes schaute auf den Boden und sagte leise: "Na, neben den Kamin, hast du doch gesehen!" 
"Genau! Nicht nur ich habe das gesehen, sondern alle anderen auch. Von diesem Augenblick an, nachdem ich die Wohnzimmertür zumachte, war er unbeobachtet." 
"Das hast du aber messerscharf kombiniert, Papa." Marie grinste in die Runde. 
"Nun werde mal nicht frech, ich versuche nur Licht in das Dunkel zu bringen." 
"Mehr Licht brauchen wir aber nicht, es ist sowieso schon zu hell hier", schaltete sich Opa dazwischen. 
"Jeder von uns hatte Gelegenheit und auch die Zeit, ihn zu verstecken. Während wir mit dem Aufräumen beschäftigt waren, ging jeder von uns mindestens einmal aus der Küche." 
"Wir müssen das Motiv herausfinden, dann haben wir auch den Mörder!" 
"Genau das meine ich auch, Georg. Und wer hatte ein Motiv?" Vater zeigte mit der ausgestreckten Hand auf ihn. 
"Weiß ich doch nicht!" 
"Du!" 
"Was?" 
"Ja, da hörst du richtig!" 
"Das ist doch nicht dein ernst, Ernst,", ahmte Georg seiner Mutter nach. 
Vater ließ sich nicht beirren. 
"Als wir alle vom Tisch aufstanden, bist du noch einen Augenblick in der Küche geblieben, um den Papierkorb zu nehmen, während Hannes schon nach oben ging. Ich habe gesehen, wie du Hannes hinterher schautest und scheinbar etwas in deinem Kopf gearbeitet hat. Erst nach etwa zwei Minuten bist du hinterher gegangen und hast entgegen deinen Gewohnheiten die Küchentür hinter dir zugemacht. Du hättest dann den Sack leicht und unbeobachtet aus dem Wohnzimmer entfernen können." 
"Na und? Ich kann doch wohl mal schauen, außerdem ist das kein Motiv." 
"Mit dir hatten wir in der letzten Zeit einige Gespräche. Wie oft hat dir deine Mutter schon gesagt, dass du dich mehr um deine schulischen Leistungen kümmern sollst. Du weißt doch selbst, dass so einiges nachzuholen ist. Vor den Ferien war sie sogar in der Schule und hat mit deinen Lehrern gesprochen. Die Zensuren vom letzten Zeugnis waren so schlecht, dass wir uns ernsthafte Sorgen um deine Zukunft machen müssen." 
"Was macht ihr euch Sorgen um meine Zukunft, ich bekomme das schon hin!" 
"Aber Junge", Silvia schüttelte leicht den Kopf, "merkst du denn nicht, dass uns deine Zukunft am Herzen liegt …das aus dir was Anständiges wird?" 
"Jetzt hast du uns aber immer noch nicht das Motiv verraten", versuchte Georg abzulenken, während er sich seinem Vater zuwandte. 
"Du wolltest uns eins auswischen, für den Ärger in der letzten Zeit." Vater nickte ihm zu und blickte ihn abwartend an. 
"Völliger Blödsinn, eine bessere Idee hast du wohl nicht. Also wenn so etwas ein Motiv sein soll, kommt doch nur einer in Frage." 
"So?" Vater zog die Augenbrauen nach oben. 
"Marie!" 
"Pah, da verschlägt es einem ja die Sprache. Ich bin doch wohl die letzte, die hier ein Motiv hat. Versuche jetzt nicht von dir abzulenken", wehrte sich Marie. 
Georg grinste verächtlich: "Warum ist denn dein Freund nicht hier? Na? Du durftest ihn doch heute Abend nicht mitbringen! Und aus Wut darüber hast du den Sack versteckt!" 
"Aber das glaubt doch hier keiner, oder?", wendete sie sich der Familie zu. 
Mutter schaute sie verlegen an. "Das war doch nicht böse von uns gemeint. Weihnachten wollten wir ganz in Familie feiern und wenn du willst", fügte sie beschwichtigend hinzu, "kannst du ihn später herholen." 
"Jetzt brauche ich ihn auch nicht mehr anrufen, außerdem wollen wir jetzt erst mal den Sack wieder finden. Kann es nicht sein, dass ihn Opa in seiner Schusslichkeit irgendwo gelassen hat und sich nun an nichts mehr erinnert?" 
"Immerhin saß er die ganze Zeit im Wohnzimmer", nahm Ernst den Faden wieder auf, "unmittelbar daneben!" 
"Nein", sagte Herta und streichelte ihm übers Knie, "das traue ich ihm ja nun wirklich nicht zu." 
"Du kannst mir aber noch ne Menge zutrauen", kicherte Opa, beugte sich zu ihr hin und kniff in ihre Seite." 
Herta rückte ein wenig von ihm ab. "Lass das jetzt mal sein!" 
"Nun, das glaube ich auch nicht. So schnell und leise ist Opa nicht, um unbemerkt den Sack verschwinden lassen zu können." 
"Wo ist er denn nun?", fragte Georg. 
"Wenn wir den Täter haben, wird es sich unmittelbar danach aufklären. Auf jeden Fall hat ihn der Dieb unter den Augen …also vielmehr unter den geschlossenen Augen von Großvater wegstibitzt." 
Vater drehte sich um und schaute Herta stumm an. Sie erwiderte den Blick, bis ihr nach einer kleinen Weile bewusst wurde, dass sie in Verdacht geraten war. 
"Nun wird doch der Hund in der Pfanne verrückt! Da such dir mal schön einen anderen aus! Wie kannst du nur darauf kommen dass ich was damit zu tun habe? …..Aah, ich ahne schon, ich bin die böse Schwiegermutter!" 
"Du bist doch nicht die böse Schwiegermutter, aber als ich gestern nach Hause kam habe ich, von dir und Silvia unbemerkt, mitbekommen wie ihr euch gestritten habt." 
"So? Und worüber?" 
"Es ging um die Schachtel Zigarren, die sie für mich in den Sack tun wollte." 
"Na das war ja auch keine gute Idee. Keiner von uns mag es wenn du im Haus rauchst, gerade auch weil Opa das nicht verträgt." 
"Ich vertrage aber eine ganze Menge", meldete sich Opa wieder. "Als ich so alt war wie du …" 
"Deswegen soll ich den Sack versteckt haben? Das ist doch lächerlich!" schnitt ihm Herta das Wort ab. 
Silvia richtete sich in ihrem Sessel auf. "Und ich habe gedacht, du hast das nicht mitbekommen. Du hast deine Ohren wohl überall?" 
"In meinem Beruf ist das ja wohl auch nötig." 
"Vielleicht hast du jetzt auch noch ein Motiv für mich parat?", antwortete sie abwartend. 
Ernst schob nachdenklich die Unterlippe vor. "Tja, also da könnte ..." 
"Spar dir das, wenn du auch noch die Augen in deiner eigenen Familie etwas weiter aufmachen würdest, könntest du noch allerhand mehr sehen." Sie machte eine kleine Pause. "So, Kinder, jetzt ist aber Schluss mit den Streitereien." 
Silvia stand auf und ging zu Hannes hinüber, der am Kamin hockte. Sie kniete sich vor ihm hin, nahm ihn in die Arme, drückte seinen Kopf an ihre Brust und fragte leise: "Warum hast du ihn versteckt?" Dann schaute sie ihn an. 
Hannes schlug die Augen nieder und senkte den Kopf. 
"Papa wollte keinen Schneemann mit mir bauen!" 
"Aber deswegen versteckt man doch nicht den Weihnachtssack." 
"Du hast nie Zeit! … Papa hat nie Zeit …gar keiner hat Zeit für mich. Außerdem beschimpfen sich alle nur gegenseitig." 
Die ganze Familie schwieg betreten. 
Silvia drückte den Kleinen an sich und sagte leise: "Ich glaube wir haben jetzt alle nachzudenken." 
Sie setzte sich auf dem Läufer vor dem Kamin und zog Hannes zu sich auf den Schoß. Beide blickten in das Feuer das langsam auszugehen drohte, während sie sich mit dem Ärmel eine Träne aus dem Auge wischte. "Weißt du was? Wir machen es uns jetzt alle gemütlich und erzählen uns schöne Geschichten. Ich hole jetzt ein Buch und du legst noch ein paar Stückchen Holz auf. Ist das eine gute Idee?" 
Hannes lächelte wieder. 
Silvia stand auf, nahm Ernst an die Hand und ging mit ihm in den Hausflur. Neben der Hauseingangstür auf dem Fliesenboden waren kleine Wassertröpfchen zu sehen und Hannes Stiefel standen etwas unordentlich neben den anderen Schuhen. 
Silvia deutete darauf. "Siehst du das?" 
Ernst nickte. "Komm wir holen jetzt den Sack, der steht bestimmt im Gartenhäuschen." 
Er machte die Tür auf und beide gingen ein paar Schritte hinaus. 
Draußen war es kühl. Es hatte aufgehört zu schneien und die mit Schnee bedeckte Landschaft glänzte im silbrigen Licht des Mondes. Im Angesicht dessen schien die Welt wieder in Ordnung zu sein. Ernst blieb stehen und zog Silvia an sich. "Weißt du …" 
"Sag jetzt nichts", flüsterte sie leise. 

 


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