Rolihlahla hatte ihn sein Vater genannt, "Unruhestifter", und sein Leben lang machte Nelson Rolihlahla Mandela seinem Namen alle Ehre. Am 12. Juni 1964 wurde der Kämpfer gegen die Apartheid zu lebenslanger Haft verurteilt.
Rolihlahla stolperte am ersten Schultag ungeschickt ins Klassenzimmer, weil er zum ersten Mal in seinem Leben Schuhe anhatte. Nicht etwa, weil seine Familie so arm gewesen wäre - im Gegenteil, sein Vater gehörte der Herrscherfamilie der Tembu vom Volk der Xhosa in Südafrika an. Aber Schuhe tragen gehörte nicht zu den ortsüblichen Gewohnheiten. Den Namen Rolihlahla hatte ihm sein Vater gegeben: "Einer, der am Ast eines Baumes zieht", was "Unruhestifter" bedeutet.
Der Bursche verursacht zu viel Unruhe
Und das wurde er, er krempelte alles um. Einen ganzen Kontinent. Mindestens.
Mit Neun verlor er den Vater und kam in die Obhut des königlichen Onkels. Mit Sechzehn erlitt er mit allen anderen Jugendlichen seines Stammes den Initiationsritus, die Beschneidung ohne Betäubung. Er wurde zum Mann und ging aufs College nach Fort Hare in Alice, eine der östlichen Provinzen Südafrikas.
Weil das Essen dort schlecht war und die Studenten kein Mitbestimmungsrecht hatten, organisierte Rolihlahla zusammen mit anderen Kommilitonen den Protest - und wurde der Lehranstalt verwiesen. Der Bursche verursacht zu viel Unruhe, dachte sich der Onkel und suchte eine Braut für ihn aus. Heiraten! Sesshaft werden! Ruhe geben! Doch als der junge Mann davon erfuhr, riss er kurzentschlossen aus. Mit seinem Cousin, ebenfalls unfreiwilliger Ehekandidat, floh er nach Johannesburg - wo ihm plötzlich die ganze Brutalität der Rassentrennung vor Augen trat: getrennte Busse, WC-s, Parkbänke - verbotene Badestrände, zugewiesene Wohnorte, willkürliche Verhaftungen. Stundenlang fuhren die Schwarzen von elenden Townships zu den Luxusvierteln der Weißen, um schlechtbezahlte, niedrige Arbeit zu verrichten.
Rolihlahla - der inzwischen noch andere Namen bekommen hatte, er hieß nun auch Nelson und Dalibunga - war und blieb ein Unruhestifter. Sein intensives politisches Engagement blieb nicht ungestraft.
Mal ließ man ihn wiederholt durch Prüfungen fallen, mal wurde er nicht einmal zu ihnen zugelassen. Er wurde verhaftet, freigelassen, wieder verhaftet, musste untertauchen und wurde immer berühmter.
27 Jahre im Gefängnis
Eigentlich war er, wie Gandhi, für Gewaltlosigkeit gewesen. Bis er merkte, dass das nicht funktionierte. Wollten er und seine Mitstreiter etwas verändern, fand Rolihlahla, so ging das nicht ohne Waffen. Er wurde zum Anführer des bewaffneten Flügels des Widerstandes, der sich vor allem auf Sabotageakte konzentrierte.
Am 12. Juni 1964 wurde der 46-Jährige zu lebenslanger Haft verurteilt, wegen Sabotage und Aufruf zum bewaffneten Kampf. Er kam in ein berüchtigtes Gefängnis, eine ehemalige Leprakolonie auf einer kleinen Insel. Selbst dort konnte er seine Anhänger noch motivieren, für Freiheit und Gleichberechtigung zu kämpfen. Bildung hielt er dabei für das wichtigste Mittel, und weil er bereits so einflussreich war, setzte er durch, dass Gefangene in der Haft studieren durften.
27 Jahre lang saß er Gefängnis. Als er freikam, war er alt und krank, aber ungebrochen in seinen Überzeugungen und charismatisch wie eh und je. Das berüchtigte Gefängnis, in dem Nelson Rohlihlahla so lange in einer Vierquadratmeter-Zelle einsaß, bekam bald einen anderen Namen, nämlich seinen Nachnamen: Es wurde nur noch "Mandela University" genannt.