Hier gibt es nichts zu sagen, denn in diesem Kalenderblatt ist absolut nichts los. Der 11. April 1954 war der langweiligste Tag des 20. Jahrhunderts.
Die Frage, ob die Menschheit aus der Geschichte lernt, ist bis heute nicht eindeutig beantwortet. Die einen sagen: "Ja schon, mühsam zwar, aber immerhin, es geht voran! Fortschritt ist möglich! Der Mensch lernt aus seinen Fehlern." - "Vergiß es", sagen die andern. "Nichts hat er je aus der Geschichte gelernt. Es ist immer dasselbe: nämlich Mord und Totschlag und Gier und Wahnsinn." Und dann gibt es noch eine dritte Gruppe, die auf die Frage vorzugsweise antwortet: "Gute Frage, nächste Frage! Nichts Genaueres weiß man nämlich nicht."
Mit den Worten einer weisen bayerischen Frau ...
Einig könnten sich diese drei Gruppen höchstens darin werden, dass die Weltgeschichte zwar Vieles sein mag, aber ganz bestimmt nicht langweilig! Langeweile gibt es nur im Geschichtsunterricht, in der Historie hingegen nie. Nun ist "langweilig" zugegebenermaßen ein sehr dehnbarer und subjektiver Begriff. Sagen wir stattdessen lieber "ereignislos". Geschichte hingegen ist ereignisreich! Denn irgendwo wird immer ein König geköpft, ein Volk gequält, ein Weltreich zerstört oder ein Kontinent geplündert. Es rührt sich halt was, in der Geschichte! Oder um es mit den Worten einer weisen bayerischen Frau zu sagen: "Nirgends geht’s a so zua, wie auf dera Welt!"
Dass die Historie gar nicht anders kann, als ereignisreich zu sein - das haben wir bis vor kurzem auch geglaubt. Bis diese Meldung aus England kam: Im altehrwürdigen Cambrigde haben schlaue Software-Entwickler einen Computer mit 300 Millionen Daten gefüttert und ihn anschließend gefragt: "Was war der langweiligste Tag des zwanzigsten Jahrhunderts?" Also, langweilig im Sinne von ereignislos. Dieser Computer ist kein plumper Wiederkäuer von bloßen Fakten, sondern angeblich in der Lage, all die Informationen über Personen, Ereignisse und Plätze sinnvoll zu ordnen und in neue Zusammenhänge zu bringen. Er weiß sogar Antwort auf für ihn völlig neue Fragen. Demnach hätte dieser Computer das, was wir der Menschheit vorhin nicht ohne Weiteres zubilligen wollten, nämlich Vernunft und Lernfähigkeit!
Absolut nichts los
Wie auch immer. Unlängst teilte das elektronische Superhirn der dummen Menschheit mit: "Der langweiligste Tag des zwanzigsten Jahrhunderts war der 11. April 1954." Dieser Tag war - und dafür muss man nun wirklich kein Superhirn sein - ein Sonntag! Was sonst! An diesem Sonntag, sagt uns der Computer, war absolut nichts los. Kein bedeutendes Ereignis! Keine Schlacht, kein Attentat, nicht einmal die Geburt einer historischen Persönlichkeit war zu verbuchen. Es war einfach nur: Nichts! Oder genauer gesagt: Gar nichts! Nur langweilig war´s! Also "langweilig" im Sinne von ereignislos.
Von dieser Sorte Tage könnten wir eigentlich mehr brauchen. Tage ohne Hauen, Tage ohne Stechen, Tage ohne historische Größe - einfach nur Sonntage! Und keiner weit und breit, der sich über die Ereignislosigkeit beklagte. Dann wäre wohl auch die Frage endgültig beantwortet, ob der Mensch aus der Geschichte lernt. Und wann er sich künftig selbst feiern darf; nämlich jedes Jahr am 11. April. Am Tag der Langeweile!