"HeLa"-Zellen, wie sie seitdem heißen, kann heute jedes Medizinlabor für ein paar hundert Dollar bestellen. Aus der Forschung sind sie nicht mehr wegzudenken. Ohne sie gäbe es zum Beispiel keinen Impfstoff gegen die Kinderlähmung. Die Familie Lacks ahnte davon freilich lange nichts. Niemand hatte Henrietta gefragt oder auch nur informiert. Und als die Nachkommen in den 1970er-Jahren zufällig von der Bedeutung der Zellen erfuhren, waren mögliche finanzielle Ansprüche längst verjährt. Immerhin hat im Jahr 2010 einer der seinerzeit beteiligten Forscher aus Baltimore einen Grabstein für Henrietta Lacks gestiftet. Die Angehörigen hatten sich keinen leisten können.
Henrietta Lacks hatte nicht viel Glück im Leben. Früh starb sie an Krebs, am 4. Oktober 1951. Doch ihre Zellen leben weiter. Als "HeLa-Zellen" sind sie bis heute nicht mehr aus der medizinischen Forschung wegzudenken.
Henrietta war neun Jahre alt, als ihre Mutter starb. Der Vater sah keinen anderen Ausweg, als die zehn Kinder auf die Verwandtschaft zu verteilen. Henrietta wuchs auf der Tabakplantage ihres Großvaters in Virginia auf. Dort lebte auch ihr Cousin David Lacks. Als er sie zum ersten Mal schwängerte, war Henrietta gerade 14.
Eine einzige Reise im kurzen Leben
Es waren die 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts, und die USA immer noch gebeutelt von den Folgen der bis dahin schwersten Weltwirtschaftskrise. In den Südstaaten traf es Afroamerikaner wie die Lacks‘ besonders hart: Geld und Bildung waren Mangelware, Krankheiten gehörten zum Alltag. Henrietta wurde wieder schwanger, das Kind kam behindert zur Welt. Erst ab 1941, da war sie zwanzig, ging es aufwärts: Sie heiratete ihren Cousin und zog dorthin, wo es für David Arbeit in einem Stahlwerk gab und für die Familie ein richtiges Steinhaus, sogar mit Gasheizung: nach Baltimore, Maryland. Fast 400 Kilometer nach Norden - die einzige Reise im kurzen Leben von Henrietta Lacks.
Zehn Jahre und drei Kinder später bemerkte Henrietta Blutflecken in ihrer Unterwäsche. Im Johns-Hopkins-Krankenhaus fanden Ärzte einen bösartigen Tumor an ihrer Gebärmutter. So groß wie ein Vierteldollar, weich, glänzend und von der Farbe einer Aubergine, notierte einer der Mediziner. Eine Woche später folgte die damals übliche Strahlenbehandlung: Radiumkapseln wurden direkt rund um die Geschwulst eingepflanzt. Die sonst honigfarbene Haut der Patientin wurde daraufhin schwarz, erinnerte sich einer der Söhne später. Henrietta Lacks sollte diese brachiale Behandlung acht qualvolle Monate lang überleben.
HeLa-Zellen - unsterbliches Leben?
Vor der Bestrahlung hatten die Ärzte noch einen Teil des Tumors herausgeschnitten.
Nicht um das Leben von Henrietta zu verlängern, sondern weil einer der Ärzte, George Gey, versuchte, die Zellen aus solchen Geweben künstlich im Labor zu vermehren. Bis dahin hatte er keinen Erfolg mit seinen Versuchen gehabt. Doch Henriettas Tumorzellen teilten sich ungehemmt. Innerhalb eines Tages verdoppelte sich ihre Zahl. Am 4. Oktober 1951 verkündete George Gey, endlich gebe es unsterbliche Zellen eines Menschen - eine Sensation für die Forschung. Auf der "Farbigenstation" des Johns-Hopkins-Krankenhauses starb am selben Tag die Krebspatientin Henrietta Lacks - sie hatte den Kampf gegen genau diese Zellen verloren.
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