Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer - wo immer Sie jetzt gerade auch sind: Ich begrüsse Sie ganz herzlich zu "Typisch Helene". Wir haben heute den 16. Juli, viele von Ihnen sind sicher schon in den Ferien, und es ist auch für uns die letzte Sendung vor der Sommerpause. Weil die ersten und letzten Male immer etwas Besonderes sind, habe ich mir für heute etwas ganz Besonderes für Sie ausgedacht: Wir reden nämlich über das Wasser in der Schweiz, über die Wetterschmöcker im Muotathal und darüber, wie man sich verhalten soll, wenn man beim Wandern einer Kuh begegnet.
Wir Schweizerinnen und Schweizer sind auf viele Sachen stolz: Wir sind stolz auf unsere direkte Demokratie, auf die Sauberkeit in den Städten und sogar auf unsere Fussballnationalmannschaft, die Nati. Sie hat an der WM in Südafrika zwar langweilig und harmlos [1] gespielt und ist in der Vorrunde ausgeschieden [2]. Aber immerhin war sie an der WM mit dabei. "Wo seid ihr denn gewesen?", fragen wir stolz zurück, wenn uns zum Beispiel die Österreicher oder die Finnen hochnehmen [3], weil wir so schnell wieder nach Hause fahren mussten. Sehr stolz sind wir natürlich auch auf Roger Federer, unseren Tennis-Champion - auch wenn er bei Wimbledon sehr früh verloren hat. Wir haben ein bisschen mit ihm geweint. Aber wir sind überzeugt, dass er das nächste grosse Turnier wieder gewinnt. Er ist schliesslich so zuverlässig wie die Schweizer Bahnen, die SBB, und wie die Schweizer Uhren.
Ganz besonders stolz sind wir aber auch auf etwas ganz anderes: Nämlich - auf unser Trinkwasser. Das Schweizer Trinkwasser, wir nennen es auch Hahnenwasser, also, das Wasser, das aus der Leitung [4] kommt, ist beliebt. Und zwar so beliebt, dass wir sogar lieber Hahnenwasser trinken, als Mineralwasser. Denn die Qualität des Wassers ist sehr hoch, viele sagen sogar, dass es sauberer ist, als Mineralwasser. Ich finde ganz einfach auch, dass es besser schmeckt. Wenn ich Besuch habe, stelle ich deshalb immer eine Flasche Hahnenwasser auf den Tisch, sehr selten serviere ich Mineralwasser zum Essen. Damit liege ich voll im Trend: Studien haben nämlich gezeigt, dass Frauen öfters Hahnenwasser trinken als Männer. Viele meiner Freundinnen füllen leere Pet-Flaschen immer wieder mit Leitungswasser auf, tragen sie in der Tasche herum und trinken daraus, sobald sie Durst haben. Die meisten von ihnen mögen Hahnenwasser so sehr, dass sie auch im Restaurant lieber Leitungs- statt Mineralwasser zum Menü trinken. Das ärgert die Wirte natürlich, weil das Hahnenwasser viel billiger ist als eine Flasche Mineralwasser. Aber damit nicht genug: Sie haben sicher schon gesehen, dass viele Menschen gerne aus öffentlichen Brunnen trinken. Und zwar in Städten wie auf den Bergen. Sie haben sich dann sicher auch gefragt, ob das denn gesund ist, oder ob das nicht schädlich sein kann. Man weiss ja nie, was in den Leitungen so herumliegt. Aber die Wasserinspektoren versichern, dass das Wasser so gut kontrolliert ist, dass man es sogar aus Brunnen geniessen kann. Solange es frisch aus der Leitung fliesst, kann kaum etwas passieren.
Übrigens, ein Liter einwandfreies [5] Hahnenwasser kostet im Durchschnitt 0.17 Rappen. Das wissen viele Schweizer trotz ihrer Liebe zum Wasser aus der Leitung nicht. Aber Sie wissen es jetzt. Damit können Sie auf jeder Party brillieren.
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Weil wir so schön von Wasser geredet haben, reden wir jetzt über eine andere Form von Wasser, und zwar über Regen und Schnee, über die Wettervorhersage [6]. Wir reden aber nicht über die modernen Wettervorhersagen, wie man sie im Fernsehen sieht, sondern über alte Methoden, die noch im Muotathal praktiziert werden. Das Muotathal ist ein Gebiet im Kanton Schwyz. Es liegt zwischen hohen Bergen und ist ein interessanter Ort für Wanderer. Wenn Sie also das nächste Mal nicht wissen, wohin Sie wandern gehen sollen, gehen Sie ins Muotathal. Vielleicht treffen Sie dort sogar auf einen Wetterschmöcker. Ein Wetterschmöcker ist ein Mann, der das Wetter riecht. "Schmöcken" heisst "riechen" auf Schweizerdeutsch. Dieser Mann kann das Wetter riechen, kann es also vorhersagen. Sieben Wetterschmöcker leben im Muotathal. Sie gehören zum "Meteorologischen Verein Innerschwyz", der 1947 gegründet [7] worden ist, um die alten Methoden der Wettervorhersage zu bewahren. Und die basieren auf Naturbeobachtungen. So beobachten die Wetterschmöcker zum Beispiel, wann Feldmäuse besonders aktiv sind oder wie stark ihr Fell [8] glänzt. Glänzt es, dann haben sie sich einen grossen Vorrat angefressen und es gibt einen langen, harten Winter. Oder sie beobachten, wie tief Regenwürmer in den Boden gehen: Gehen sie sehr tief, ist das ein Zeichen für einen nassen Frühling. Die Wetterschmöcker beobachten bei ihrer Arbeit sogar auch Frauen, denn Frauen haben einen guten Instinkt: Wenn Frauen für die Sommersaison zum Beispiel keine Sandalen kaufen, sondern feste Schuhe, heisst das, dass der Sommer lange nass bleibt. Vielleicht sollten wir von den Wetterschmöckern lernen und einander in Zukunft genauer auf die Schuhe schauen.
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Und jetzt zum Schluss, liebe Hörer, noch eine kleine Warnung [9]: Eine Warnung vor Kühen. Ja, Sie haben richtig gehört, vor Kühen. Kühe sehen mit ihren grossen braunen Augen und ihren flauschigen [10] Ohren zwar ganz gemütlich aus, sie sind aber manchmal nicht ungefährlich. In den vergangenen Monaten sind in der Schweiz einige Unfälle passiert, als Wanderer Kuhweiden durchquerten und den Tieren zu nahe gekommen sind. Aus diesem Grund gibt es nun vom Bauernverband [11] sogar Tipps, wie man sich gegenüber Kühen verhalten soll. Die Bauern sagen, dass man besonders vorsichtig sein muss bei Kühen, die mit ihren Kälbern [12] auf der Weide sind. Denn wie alle Mütter wollen auch Kühe ihre Babys beschützen. Für Wanderer gilt deshalb: Gehen Sie ruhig und unauffällig [13] in einer Distanz von 20 bis 50 Metern an den Tieren vorbei. Führen Sie Ihren Hund an der Leine und lassen Sie ihn im Notfall los. Und auch wenn Kälber noch so süss sind, streicheln Sie sie nicht. Die Mutterkuh könnte das falsch verstehen und glauben, dass Sie eine Gefahr für das Kleine sind. Schauen Sie den Tieren nicht direkt in die Augen und passen Sie auf, wenn eine Kuh den Kopf senkt, mit den Hufen [14] scharrt [15] oder brüllt: Das sind dann nämlich Zeichen, dass das Tier Ihnen droht [16]. Falls die Tiere tatsächlich näher kommen, bleiben Sie ruhig, drehen Sie ihnen nicht den Rücken zu, verlassen Sie die Weide langsam und fuchteln Sie ja nicht mit dem Wanderstock herum [17]. Sollte die Kuh Sie tatsächlich angreifen, geben Sie ihr einen Schlag auf die Nase. Aber bitte wirklich nur im aller grössten Notfall. Übrigens, der Schlag auf die Nase wirkt auch bei Haien [18].
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Das wars für heute, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer. Wir hören uns wieder am 3. September auf www.podclub.ch. Dann geht es unter anderem um den Schulanfang. Bis dahin wünsche ich Ihnen schöne und erholsame Ferien. Ich freue mich auf Sie! Auf Wiederhören.
[1] harmlos: nicht gefährlich
[2] ausscheiden: nicht mehr dabei sein
[3] hochnehmen: lachen über, necken
[4] die Leitung: Rohr, durch das das Wasser fliesst
[5] einwandfrei: perfekt
[6] die Wettervorhersage: Prophezeiung, wie das Wetter wird
[7] gründen: initiieren, zum Beispiel einen Club oder einen Verein
[8] das Fell: Haare bei Tieren, Pelz
[9] die Warnung: auf eine Gefahr aufmerksam machen
[10] flauschig: wie Pelz, weich
[11] der Bauernverband: Verein für Bauern
[12] das Kalb: junge Kuh
[13] unauffällig: nicht auffallen, nicht sichtbar sein
[14] die Hufen: Füsse von Kühen und Pferden
[15] scharren: die Füsse schnell vorwärts und rückwärts bewegen
[16] drohen: jemanden unter Druck setzen
[17] herumfuchteln: die Arme heftig bewegen
[18] der Hai: grosser Raubfisch