5.1 Mustertext 1
Chancengleichheit in der Bildung
(Auszug aus „Trainging TestDaF“)
Die Frage, ob Studiengebühren wieder eingeführt werden sollen, ist zur Zeit in Deutschland aktuell. Um eine wichtige Entscheidung treffen zu können, müssen Vor- und Nachteile von Studiengebühren eingeschätzt werden.
Vor dieser Erörterung jedoch soll ein Blick auf die Situation in anderen Ländern geworfen werden. Wie sieht es dort mit Studiengebühren aus?
Nach Angaben der Zeitschrift „Forschung und Lehre“ (Nr. 8, 1999, S. 398) ist die Situation der Studiengebühren in Europa eher heterogen. In Frankreich, Österreich, Schweden wie auch in Deutschland kann man gebührenfrei studieren. Das ist aber nicht der Fall in Belgien, Italien, in der Schweiz, Großbritannien oder in den Niederlanden. An der Spitze der Studiengebührenpyramide steht Großbritannien, wo sie von 1900 bis 7000 variieren können. Die niedrigsten Gebühren gibt es in Italien (von 255 bis 765 DM) und in Belgien (100-1050 DM). In der Schweiz sind die Gebühren etwas höher, aber der Unterschied, ist nicht so groß (von 600 bis 1500 DM). Einen Sonderfall stellen die Niederlande dar. Die Studiengebühren dort sind einheitlich für alle und betragen an jeder Hochschule 2160 DM.
In Europa gibt es also Länder mit und Länder ohne Studiengebühren. In Deutschland werden bislang keine Studiengebühren verlangt, aber es wird zur Zeit darüber diskutiert, ob man wieder Studiengebühren einführen soll.
Dabei können in der öffentlichen Diskussion grundsätzlich zwei Auffassungen unterschieden werden. Die einen glauben, dass die Studiengebühren zur Verbesserungen des Studienangebots und der Studienleistungen beitragen werden. Die anderen sind der Meinung, dass Bildung staatlich und auch gebührenfrei bleiben soll. Man kann nicht ohne weiteres der einen oder der anderen Auffassung zustimmen, denn das sind eigentlich zwei Pole eines Problems. Für Studiengebühren spricht, dass die Universitäten dann mehr Einnahmen haben und sich mehr Personal leisten können oder mehr Bücher anschaffen können. Gegen Studiengebühren spricht, dass dann einige aus finanziellen Gründen nicht studieren können, obwohl sie begabt sind.
Ich glaube, es sollte immer eine Alternative geben, d.h. es sollte beide Möglichkeiten – sowohl gebührenfreie als auch gebührenpflichtige Ausbildung vorhanden. Damit vermeindet man, dass einige Sozialschichten, die sich Studiengebühren nicht leisten können, benachteiligt werden. In Russland gibt es beide Varianten. An den Universitäten kann man sowohl um einen gebührenpflichtigen als auch um einen staatlichen Studienplatz bewerben. Das Wichtigste, was wirklich vermieden werden muss, ist, dass einige Fächer ausschließlich gebührenpflichtig studiert werden können. Das macht solche Berufe elitär und führt zur sozialen Ausgrenzung.
Das Motto sollte also lauten: „Gleiche Chancen für alle“.
5.2 Mustertext 2
Zwang zur Bildungsoffensive
Wissenschaft und Technik werden in immer mehr Bereichen zu einem unentbehrlichen Bestandteil unseren alltäglichen und beruflichen Lebens. Jedes Mitglied einer modernen Gesellschaft hat schon mal die Erfahrung gemacht, dass man sowohl im Alltags- als auch im Berufsleben von einer ganzen Reihe Arbeitsgeräten und –verfahren konfrontiert wird, deren Bewältigung eine gute Ausbildung und berufliche Qualifikation voraussetzt. Wer jedoch keine angemessene Ausbildung und Qualifikation hat, steht oft „draußen vor der Tür“ der modernen Gesellschaft. Je mehr sich eine Gesellschaft von einer sogenannten Industrie- zu einer Informationsgesellschaft entwickelt, desto höher sind die Anforderungen an die Arbeitskräfte. Vor diesem Hintergrund stellt sich selbstverständlich die Frage, ob das Bildungsniveau in einem Land ausreichend ist. Wenn nicht, ob so schnell wie möglich eine Bildungsoffensive gestartet werden soll.
Bevor die Frage des Bildungmangels und mögliche Lösungen erörtert werden, soll zuerst die Bildungs- insbesondere die Hochschulbildungssituation in einigen ausgewählten Ländern betrachtet werden. Die OECD und das Statistische Bundesamt haben in diesem Zusammenhang viele Daten in der Form von statistischen Grafiken zusammengestellt.
In dem Balkendiagramm der OECD zum Thema Hochschulbildung wird es klar, wieviel Prozent der jungen Erwachsenen in einem bestimmten Land ein Studium an einer Universität oder Fachhochschule beginnt. Unter den elf ausgewählten OECD-Ländern beginnen in Finnland und Schweden jeweils 76% und 65% aller jungen Erwachsenen ein Studium. Das macht ungefähr zwei Drittel oder mehr der jeweiligen Jahrgänger aus. Im Gegensatz dazu beginnt nicht einmal ein Drittel von jungen Erwachsenen in Deutschland und Tschechien ein Studium. Hinsichtlich der Studienanfänger schneiden auch Länder wie Spanien und Großbritannien im Mittelfeld deutlich besser ab als Deutschland. Dabei besteht in Deutschland ein vergleichbarer Bedarf an Akademikern wie in Frankreich oder Großbritannien. Da wundert sich nicht, dass man in Deutschland von einem „Akademikermangel“ spricht.
Zweifelslos haben viele Faktoren zum Mangel an Akademikern „beigetragen“. Eine signifikante Verbesserung der Qualität der Hochschulbildung im Allgemeinen und eine stärkere Marktorientierung von Studienfächern würden beispielsweise mehr Studienanfänger zu einem Studienabschluss bringen und natürlich auch mehr Schüler zur Entscheidung für ein Studium bewegen. Allerdings soll bei der Suche nach Ursachen für den Akademikermangel auch den sekundären Bildungsbereich genau betrachtet werden. In Deutschland – wie eine Grafik des Statistischen Bundesamts zeigt – haben nur 24 von 100 Schülern ein Abitur gemacht. Noch weniger Schüler, nämlich nur 1%, haben eine Fachhochschulreife gemacht. Die Mehrheit der Schüler haben entweder einen Realschulabschluss oder einen Hauptschulabschluss. 9% der Schüler haben sogar überhaupt keinen Abschluss. Das heißt, dass die Mehrheit der Schüler nicht direkt für ein Studium qualifiziert sind.
Damit wird es klar, dass das Schulwesen in Deutschland eine wichtige Ursache für den Akademikermangel ist. Zwar konzentriert man sich bei der Diskussion um die Erhöhung des Bildungsniveaus in erster Linie auf die Reform des Hochschulwesens in Deutschland, die Daten aus den Statistiken sprechen jedoch deutlich dafür, dass auch der Schulbereich gleichzeitig reformiert werden muss.
Daher kann man sagen, dass eine Bildungsoffensive in Deutschland überfällig ist. Es ist nicht die Frage ob, sondern wie. Es muss was geschehen. Zum ersten soll eine signifikante Erhöhung des Abitur-Anteils an Schulabschlüssen erzielt werden. Eine weitere Verbesserungsmöglichkeit liegt darin, dass Studienfächer besser an den Arbeitsmarkt angepasst werden. Darüber hinaus ist es auch Zeit für die deutschen Hochschulen, Ihre Attraktivität durch Verbesserung der Bildungsqualität unter Beweis zu stellen.
Eine Bildungsoffensive hat China – mein Heimatland – noch nötiger als Deutschland. Zwar ist in den letzten Jahren eine enorme Verbesserung des Bildungswesens in China erkennbar, es ist jedoch noch ein großer Abstand zu den OECD-Ländern da. Zum anderen soll man mehr Schüler – insbesondere auf dem Land – in die Obere Stufe der Mittelschule aufnehmen, damit sie sich später für ein Studium qualifizieren können. Außerdem soll das Hochschulwesen in China weiter ausgebaut und gleichzeitig qualitativ verbessert werden.
Am Ende ist festzuhalten, dass sich sowohl Deutschland als auch China um die Bildung bemühen müssen, auch wenn die Ausgangspositionen nicht gleich sind.
5.3 Mustertext 3
Verpackungsverbrauch --- so viel wie notwendig, so wenig wie möglich
Seitdem der Umweltschutz zu einem zentralen Thema einer modernen Gesellschaft geworden ist, fragt man sich, wie der Verpackungsverbrauch in Grenzen gehalten werden kann. Nach langjährigen Diskussionen entschied man in Deutschland, die Menge der Verpackungen durch gesetzliche Bestimmungen zu reduzieren. Eine Verpackungsverordnung ist 1991 in Kraft getreten. Mehr als 10 Jahre danach wurde wieder ein Pfand auf Verpackungen wie Glas, Weißblech, Kunststoff etc. eingeführt.
Trotz der per Gesetzgebung geschaffenen Tatsache in Deutschland stellt sich immer noch die Frage, ob das Pfandsystem den Verpackungsmüll verringern kann. Die einen vertreten die Meinung, dass das neue Pfandsystem dazu gut ist, die Produzenten über den Kostenhebel (mehr Kosten für die Rücknahme) zu zwingen, wenigere umweltbelastende Verpackungen auf den Markt zu bringen. Die Gegner des Pfandsystems behaupten, dass die Rückgabe der Verpackungen wesentlich komplizierter geworden ist. Das heißt, dass das Pfandsystem für die Umwelt nicht unbedingt ein Plus ist.
Damit eine solide Grundlage zur weiteren Diskussion der Problematik gelegt werden kann, sollen zuerst die einschlägigen Daten aus einer Statistik genauer betrachtet werden. Die Gesellschaft für Verpackungsforschung hat 2003 und 2004 eine Statistik über „Verpackungsverbrauch in Deutschland“ veröffentlicht. Die Statistik hat sich mit dem Zeitraum von 1991 bis 2001 befaßt. Im Jahr 1991, dem Jahr der Einführung der Verpackungsverordnung in Deutschland, wurden über 13 Millionen Tonnen von Verpackungen verbraucht. Die Statistik zeigt, dass die Verordnung positiv ausgewirkt hat. Im Jahr 1997 konnte der Verpackungsverbrauch auf weniger als 12 Millionen Tonnen reduziert werden. Auch wenn der Verbrauch in den Jahren 2000 und 2001 wieder angestiegen, ist er unter dem Niveau von 1991 geblieben. Unter der Berücksichtigung des angestiegenen Konsums insgesamt in Deutschland muss man die Einführung der Verordnung als einen Erfolg bewerten. Der Erfolg ist jedoch nicht groß genug, um die Gegner des Pfandsystems zu überzeugen. Schließlich ist das Pfandsystem ein „Erfolg“ des unter der Erwartung gebliebenen Erfolgs der Verordnung aus dem Jahr 1991.
Die aus der Statistik zu entnehmende Auswirkung der Verpackungsverordnung spricht eigentlich für das Pfandsystem, allerdings aus mehreren Gründen nicht eindeutig. Der eine Grund liegt darin, dass eine positive Auswirkung des Pfandsystems keine von der Statistik untermauerte Tatsache, sondern nur eine per Analogie erzielte Projektion ist. Ein weiterer Grund ist die Verkomplizierung der Rückgabe der Verpackungen durch das Pfandsystem. Es ist nicht auszuschließen, dass das Pfandsystem nicht zur Reduktion des Verpackungsmülls führt. Schließlich muss man dann auch berücksichtigen, dass der dezentrale Transport der Einwegverpackung an sich selbst eine Belastung auf die Umwelt ist. Allerdings kann man nicht deswegen zu der Schussfolgerung springen, dass das Pfandsystem völlig nutzlos sei. Daher kann man sich auch nicht an die Meinung der Pfandgegner anschließen. Man muss abwarten, bis neue statistische Daten über das Pfandsystem publiziert werden.
In China, meiner Heimatland, besteht kein vergleichbares System wie das Pfandsystem in Deutschland. Die Situation dort ist auch völlig anders. In einem Entwicklungsland wie China sind die Arbeitskosten sehr niedrig. Dazu werden die Verpackungen als wichtige Rohstoffe betrachtet. Aufgrund dieser beiden Tatsachen wäre ein Pfandsystem in der jetzigen Entwicklungsphase nicht unbedingt notwendig. Tausende Müllsammler sammeln jeden Tag und in jeder Ecke wiederverwertbare Verpackungen. Sie kaufen bei privaten und öffentlichen Haushalten Dosen und Plastikflaschen etc. ab und verkaufen diese an Recyclingsfirmen weiter. Damit ist ein inoffizielles Pfandsystem entstanden.
Aus der nicht eindeutigen Statistik und aus dem Grund der nicht von der Statistik erfaßten Faktoren wie Rücktransport der wiederverwertbaren Verpackungen kann man in der jetzigen Phase weder für noch gegen das Pfandsystem sein. Allerdings ansichts des insgesamt bescheidenen Erfolgs der Verpackungsverordnung in Deutschland und des spontan entstandenen Systems zur Entsorgung von Verpackungen in China könnte man auch an alternative Lösungen denken, z.B. an eine radikale Verteuerung der Rohstoffe zur Herstellung von Verpackungen. Teurere Rohstoffe führen zum sparsamen Einsatz von Verpackungen und zur Wirtschaftlichkeit der Rücknahme der Verpackungen.